Zukünftige Vergangenheit: Generation im Spannungsfeld von Imagination und Rekonstruktion

Zukünftige Vergangenheit: Generation im Spannungsfeld von Imagination und Rekonstruktion

Veranstalter
Kirsten Gerland / Benjamin Möckel / Daniel Ristau, DFG-Graduiertenkolleg „Generationengeschichte. Generationelle Dynamik und historischer Wandel im 19. und 20. Jahrhundert“, Georg-August-Universität Göttingen
Veranstaltungsort
Vortragsraum im Historischen Gebäude der Paulinerkirche, Papendiek 14, 37073 Göttingen
Ort
Göttingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
06.05.2011 - 07.05.2011
Deadline
29.04.2011
Von
Kirsten Gerland

„Erinnerung“ und „Generation“ stellen zwei Großbegriffe dar, die in den kulturwissenschaftlichen Debatten der letzten Jahrzehnte einen wahren Boom erlebt haben. Sie sind nicht nur interdependent zueinander, sondern zugleich unmittelbar mit „Zeitlichkeit“ verknüpft. „Erinnerung“ stellt eine der „wesentlichen Grundkategorien“ dar, mittels derer sich „Generationen“ charakterisieren und untersuchen lassen (Ulrike Jureit). Generationelle Zugehörigkeitsgefühle und Vergemeinschaftungsprozesse können wiederum Formen und Inhalte von „Erinnerung“ prägen.

Winfried G. Sebalds Formulierung der „Zeitheimat“ verdeutlicht, dass sich diese „gefühlten Gemeinschaften“ (Habbo Knoch) nicht ohne die Triade von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft denken lassen. „Generation“ wird als ein Modus individueller wie gemeinschaftlicher Erinnerung interpretiert, der unter bestimmten Bedingungen wirkmächtig werden kann. Das „Einschreiben“ in eine „Generation“ spiegelt die dynamischen Verortungen in der Zeit wider, die kollektiv verhandelt werden. Dieser Prozess ist sowohl durch Reflexionen über die Vergangenheit geprägt, als auch durch in Vergangenheit und Zukunft weisende Erwartungen gesteuert.

Welches Erklärungspotenzial bietet die Erinnerungsdimension für die Auseinandersetzung mit generationellen Phänomenen vor allem hinsichtlich der Perspektive auf eine „zukünftige Vergangenheit“? Inwieweit kann also eine Verschränkung des Erinnerungs- mit dem Erwartungsbegriffs ein sinnvolles Instrumentarium bieten, um „Generation“ und „Zeit“ stärker in Bezug zu setzen?

Wie sich „Generationen“ im Spannungsfeld von Imagination und Rekonstruktion, von Erwartung und Erinnerung konstituieren, soll auf horizontaler und vertikaler Ebene (intra- und intergenerationelle Beziehungen) analysiert werden. Auf der Tagung wollen wir diese Fragestellungen hinsichtlich der Zusammenhänge von öffentlich-gesellschaftlicher und privat-familialer Ebene sowie der Bedeutung individueller biografischer wie großer gesellschaftlicher Brüche und geschlechtsspezifischer Dispositionen diskutieren. Schließlich ist zu fragen, ob „Generation“ an nationale Erinnerungskulturen gebunden bleibt oder auch transnational als „globale Gefühlsgemeinschaft“ wirksam werden kann.

Die Tagung wird von den Stipendiatinnen und Stipendiaten des Graduiertenkollegs veranstaltet.
Organisatoren: Kirsten Gerland, Benjamin Möckel und Daniel Ristau

Um Anmeldung bis zum 29. April 2011 wird gebeten unter: franka.maubach@mail.uni-goettingen.de, bmoecke1@gwdg.de.

Programm

Freitag, 6. Mai 2011

8:30-9:00 Frühaufsteher-Kaffee

9:00-9:15 Dirk Schumann (Göttingen): Begrüßung

9:15-9:30 Thematische Einführung

Kirsten Gerland/Daniel Ristau (Göttingen): Generation und Erinnerung: Die Erwartung

9:30-11:00 Roundtable-Diskussion: „Zukünftige Vergangenheit“: Transdisziplinäre Zugänge

Chair: Bernd Weisbrod (Göttingen)

Speaker: Ulrike Jureit (Hamburg); Christoph Cornelißen (Kiel); Meike Sophia Baader (Hildesheim) [angefragt]

Diskussion

11:00-11:30 Pause

11:30-13:00 Panel 1: Familie in Bewegung: Gegenwartsorientierungen zwischen Vergangenheitsbezügen und Zukunftsentwürfen

Chair: Alexandra Retkowski (Göttingen)

Anna Brake (Augsburg): Habitus und Erinnerung in familialen Bildungsstrategien – Synthese zweier Konzepte zur Analyse intergenerationaler Tradierungsprozesse

Viola Stephan (Göttingen): Machtbalancen im Wandel und (Re-)Interpretationen der Vergangenheit: Interethnische Familien aus und in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion

Kommentar: René Lehmann (Erlangen)

Diskussion

14:30-16:00 Panel 2: Euphorie und Enttäuschung: Die Napoleonischen Kriege als multiple „Generationsbildner“

Chair: Rebekka Habermas (Göttingen)

Wolfgang Burgdorf (München): Die Generation von 1806

Christoph Jürgensen (Göttingen): Literarische Mobilmachung: Formen und Funktionen von “Generation“ in der antinapoleonischen Literatur

Kommentar: Ute Planert (Wuppertal)

Diskussion

16:00-16:30 Pause

16:30-18:00 Panel 3: Gemeinschaften der Katastrophe: „Kollektivierte Erinnerungen“ und generationelle Selbstvergewisserung im Kontext der Weltkriege

Chair: Franka Maubach (Göttingen)

Sonja Levsen (Freiburg): Erfahrungs- oder Erwartungsgemeinschaften? Interpretationen des Ersten Weltkriegs als Generationsbildner im deutsch-britschen Vergleich

Benjamin Möckel (Göttingen): "Warum schweigt die junge Generation?" Die Jugend des Zweiten Weltkriegs im Spannungsfeld ambivalenter Generationserwartungen

Kommentar: Malte Thießen (Oldenburg)

Diskussion

ab 18:00 gemeinsames Abendessen

Sonnabend, 7. Mai 2011

8:30-9:00 Frühaufsteher-Kaffee

9:00-10:30 Panel 4: Grenzenloses Erinnern? Auf dem Weg zu transnationalen Generationsgemeinschaften

Chair: Maik Tändler (Göttingen)

Peter Wehling (Augsburg): Erinnern und Vergessen zwischen Generation, Nation und Transnationalisierung

Silja Behre (Bielefeld): Die „letzte Generation“? – Zur Konstruktion der 68er-Generation in Deutschland und Frankreich

Kommentar: Anna von der Goltz (Cambridge)

Diskussion

10:30-11:00 Pause

11:00-12:30 Panel 5: Generation im Spannungsfeld von Imagination und Rekonstruktion: Bestandsaufnahmen

Chair: Eva-Maria Silies (Lüneburg)

Christina Radicke (Göttingen): Familiale Tradierungsprozesse: Die Gegenwart von Vergangenheit und Zukunft

Lisa Peppler (Göttingen): Familiale Erinnerungen und Erwartungen von Ärzten türkischer Herkunft in Deutschland

Sabrina Wagner (Göttingen): Erwartungen im literarischen Feld

Daniel Ristau (Göttingen): Die „Regeneration“ der jüdischen Jugend: Zukunftsbilder in den Debatten um die Stellung und Modernisierung des Judentums im 19. Jahrhundert

Kommentar: Beate Fietze (Berlin)

Diskussion

12:30-13:00 Pause (mit kleinem Imbiss)

13:00-14:00 Abschlussdiskussion

Chair: Dirk Schumann (Göttingen)

Speaker: Giulia Frontoni (Mainz), Stefan Willer (Berlin), Bernd Weisbrod (Göttingen)

14:00 Ende der Tagung

Kontakt

Kirsten Gerland

Humboldtallee 3, 37073 Göttingen

Kirsten.Gerland@mail.uni-goettingen.de

http://www.generationengeschichte.uni-goettingen.de
Redaktion
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