Entdecken und Verstehen. Bildungsarbeit mit Zeugnisssen von Opfern des Nationalsozialismus. 5. Seminar Quellen aus NS-Prozessen

Entdecken und Verstehen. Bildungsarbeit mit Zeugnisssen von Opfern des Nationalsozialismus. 5. Seminar Quellen aus NS-Prozessen

Veranstalter
Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"; Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas; Stiftung Topographie des Terrors; Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz
Veranstaltungsort
Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Ort der Information Cora-Berliner-Straße 1, 10117 Berlin Dokumentationszentrum Topographie des Terrors Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz Am Großen Wannsee
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
06.05.2011 - 07.05.2011
Deadline
29.04.2011
Von
Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"

Zur Wahrnehmungsgeschichte des Holocaust und anderer nationalsozialistischer Massenverbrechen leisteten die NS-Prozesse erheblichen Beitrag. Den ersten international bedeutsamen Markstein nach den Nürnberger Prozessen setzte der Prozess gegen Adolf Eichmann 1961 in Jerusalem. Wenige Jahre später standen im Land der Täter 21 einstige SS-Angehörige, die in Auschwitz Dienst geleistet hatten, im größten Schwurgerichtsprozess der bundesdeutschen Justizgeschichte vor Gericht. Auch der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess markiert langfristig eine Zäsur in der Bundesrepublik; in der DDR wurde das Verfahren überwiegend kritisch kommentiert. Dass die juristische Aufarbeitung im Westen bereits 1958 durch den Ulmer Einsatzgruppenprozess entscheidende Anstöße erhielt und nach Jahren des Schweigens und der Verdrängung beträchtliche Aufmerksamkeit erregt hat, ist bis heute kaum bekannt.

In diesen und vielen anderen NS-Prozessen, die folgen sollten, trafen Jahrzehnte nach Kriegsende NS-Täter und die einstigen Opfer aufeinander und trugen im Rahmen der juristischen Vorgaben ihre Perspektiven auf die NS-Verbrechen vor. Allein im Eichmann- und im Auschwitz-Prozess wurden weit über 300 Überlebende als Zeugen gehört. Viele von ihnen berichteten zum ersten Mal von der Verfolgung, der Zeit in den Konzentrations- und Vernichtungslagern und der Ermordung ihrer Familienangehörigen. Ihre Aussagen waren es, die eine internationale Öffentlichkeit mit dem persönlichen Ausmaß und der Dimension des Genozids insgesamt konfrontierte. Die Täter hingegen trugen wenig oder nichts zur Aufklärung bei. Ihr Verhalten vor Gericht reichte von beharrlichem Schweigen bis hin zu weitschweifigen Exkulpationsreden.

Die Akten und Tonbandmitschnitte aus NS-Prozessen gelten als einzigartige Quellenbestände für die Zeitgeschichtsforschung. In der historischen Bildung hingegen werden diese Quellen, die im Rahmen der justitiellen Aufarbeitung gesammelt und generiert wurden, kaum wahrgenommen bzw. eingesetzt. Zum einen liegen bisher nur wenig didaktisch aufbereitete Materialien vor. Zum anderen existiert im pädagogischen Kontext sicherlich auch eine gewisse Zurückhaltung aus der Befürchtung heraus, dass es sich bei diesen Zeugnissen um trockene, ja spröde Quellen handelt, die in der Sprache der Juristen abgefasst und damit für Jugendliche kaum zugänglich sind. Dass die Aussagen und Dialoge vor Gericht eindrucksvolle Dokumente sind, die das historische Geschehen multiperspektivisch beleuchten, eine erschütternde Konfrontation zwischen Tätern und Opfern dokumentieren, quellenkritisches Arbeiten heraus fordern und zudem mit den Presse-, Radio- und Fernsehberichten eine Vielzahl an zeitgenössischen Reaktionen aus der breiten Gesellschaft bereit stellen, ist in der schulischen wie außerschulischen Bildungslandschaft noch wenig bekannt.

Die Veranstaltung versteht sich als Fortbildung zur justiziellen Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit, insbesondere zu Rolle der Zeugen, und zur langfristigen Wirkung der Prozesse. Dabei werden unterschiedlichste Quellen vorgestellt ebenso wie praxisbezogene Materialien und Methoden.

Das Seminar findet anlässlich der Ausstellung „Der Prozess – Adolf Eichmann vor Gericht“ statt.

Eine Ausstellung der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, der Stiftung Topographie des Terrors und
der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

Programm

Freitag, 6. Mai 2011
ab 10.30 Uhr Registrierung
Veranstaltungsort: Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Ort der Information; Cora-Berliner-Straße 1, 10117 Berlin

11.30 Uhr
Begrüßung
Dr. Ulrich Baumann, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
Günter Saathoff, Vorstand der Stiftung EVZ
Dr. Norbert Kampe, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

12.00 bis 13.30 Uhr
Einführungsvorträge
Geschichte im Gerichtssaal – juristische Aspekte von NS-Prozessen
Ralf Oberndörfer, Rechtshistoriker, Histox - Institut für Geschichtsarbeit, Berlin

Opfer als Akteure
Katharina Stengel, Fritz-Bauer-Institut, Frankfurt a.M.

Heimsuchungen. Anmerkungen von Holocaust-Überlebenden zu ihrer Zeugenschaft vor Gericht
Dr. Daniel Baranowski, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Berlin

FAHRT VOM DENKMAL FÜR DIE ERMORDETEN JUDEN EUROPAS
ZUR TOPOGRAPHIE DES TERRORS

14.00 Uhr
Begrüßung und Einführung in die Ausstellung „Der Prozess – Adolf Eichmann vor Gericht“
Dokumentationszentrum Topographie des Terrors
Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin
Lisa Hauff, Stiftung Topographie des Terrors, Dr. Ulrich Baumann

15.30 Uhr
Sitzung der Arbeitsgruppen

AG 1
»...er nannte sich einen idealistischen Deutschen und ernannte mich zu einem idealistischen Juden« - Der Prozess gegen Adolf Eichmann in filmischen Quellen
Dr. Ulrich Baumann, Lisa Hauff

AG 2
Auskunft geben über das eigene Tun
Prozesstaktiken und Reflexionen von Angeklagten in den Einsatzgruppen-Prozessen in der Bundesrepublik Deutschland
Dr. Peter Klein, wiss. Angestellter der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, Berlin

AG 3
Der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965
Quellen und Perspektiven der Opfer-Zeugen, der Täter und der deutschen Gesellschaft in Ost und West
Merle Funkenberg, Erziehungswissenschaftlerin, Göttingen; Dagi Knellessen, Erziehungswissenschaftlerin, Berlin;

17.00 Uhr
Kaffeepause

17.30 Uhr
Fortsetzung der Arbeitsgruppen AG 1, AG 2, AG 3

19 Uhr
Abendessen

20.00 Uhr
Filmvorführung mit anschließender Diskussion
Rosen für den Staatsanwalt
BRD 1959, 98 Minuten, Regie: Wolfgang Staudte
Einführung: Dr. Tobias Ebbrecht, Bauhaus Universität Weimar

Samstag, 7. Mai 2011

9.00 Uhr
Fortsetzung der Arbeitsgruppen AG 1, AG 2, AG 3

11.00 Uhr
Kaffeepause

11.30 Uhr
Berichte aus den Arbeitsgruppen, Abschlussdiskussion
Moderation: Dr. Wolf Kaiser, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

13.00 Uhr
Mittagsbuffet

14 Uhr
Abfahrt zur Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz
Am Großen Wannsee 56-58, 14109 Berlin
Führung durch die Ausstellung mit Dr. Wolf Kaiser

Kontakt

Dagi Knellessen

Lindenstr. 20-25 10969 Berlin

030-69598247

knellessen@stiftung-evz.de

http.//www.bildungsarbeit-mit-zeugnissen.de
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Deutsch
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