Gagarin als Erinnerungsfigur und Archivkörper. Workshop zum 50. Jahrestag des ersten bemannten Weltraumflugs

Gagarin als Erinnerungsfigur und Archivkörper. Workshop zum 50. Jahrestag des ersten bemannten Weltraumflugs

Veranstalter
Holt Meyer (Universität Erfurt); Matthias Schwartz (Freie Universität / Humboldt Universität zu Berlin); Kevin Anding (Universität Erfurt); in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst
Veranstaltungsort
Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
15.04.2011 - 15.04.2011
Deadline
28.02.2011
Website
Von
Matthias Schwartz

Jurij Gagarin ist wohl der einzige Held der Sowjetunion, der deren Zusammenbruch weitgehend unbeschadet überstanden hat. Nach wie vor gilt er in Umfragen in Russland als leuchtendes Beispiel für die Errungenschaften der eigenen Vergangenheit. Diese ,Aneignung’ Gagarins ist in gewisser Hinsicht erstaunlich, denn seine Person ist vom ersten Moment der Rückkehr auf die Erde an von der sowjetischen Propaganda für das eigene Gesellschaftsprojekt vereinnahmt worden: Er fungierte in der Aufbruchsstimmung der Chrušcev-Zeit und danach als ‚neuer Mensch‘, der die Erde in Frieden und Freundschaft vereinen sollte. Und selbst nach seinem tragischen Unfalltod im März 1968 galt er jedem Schulkind hinter dem Eisernen Vorhang als Inbegriff der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Auch wenn diese Art von Fortschrittsoptimismus zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges weitgehend verblasst ist, bleibt die Erinnerung an Gagarin in vielen Ländern nicht nur in Ost- und Ostmitteleuropa, sondern weltweit präsent.

Gagarin wurde als Figur auf paradoxe Weise in einen engen ideologischen Korsett geboren und überdauerte als solche als grenzüberschreitende Erinnerungs-Figur. Die in den letzten 50 Jahren entstandenen Gagarin-Erinnerungs-Zeichen sind in ihrer Anzahl und in der Varietät ihrer Typen, Medien und Genres kaum überschaubar.

Die Konferenz fragt danach, wie sich das Bild Gagarins im Kontext einer veränderten Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in Osteuropa und insbesondere Russland gewandelt hat. Welche Aspekte seines Lebens, welche Komponenten seines Mythos treten heute in den Fokus der Aufmerksamkeit? Welche Charakteristika verschwinden aus dem individuellen und dem kulturellen Gedächtnis? Wie wurde er ideologisch gerahmt und wie hat sich sein Image, wie haben sich die Konturen der Legenden- und Mythenbildung um diese ‚Lichtgestalt‘ im Laufe eines halben Jahrhunderts verändert? Wie analysiert man das Spannungsfeld zwischen ideologischem Zwang und Emanzipationspotential, das in der Figur liegt? Was bleibt im Archiv erhalten? Welche Spuren gehen verloren; welche werden neu gelegt? Wie modifizieren und prägen die zeitgenössischen Prozesse Jurij Gagarin als Erinnerungsort: zum Beispiel die von Pierre Nora diagnostizierte Beschleunigung der Geschichte, die Religion des Bewahrens und die Archivüberproduktion, der Zwang zum Erinnern und das Gefühl der Diskontinuität? Diesen Fragen soll in interdisziplinärer Perspektive nachgegangen werden.

Erbeten sind an die unten angegebene E-Mail-Adresse ein kurzes, nicht mehr als einseitiges Abstract für eine halbstündige Präsentation sowie ein knapper Lebenslauf mit Stichworten zu den Forschungsinteressen. Stichtag der Einsendung ist Montag, der 28. Februar 2011.

Programm

Kontakt

Matthias Schwartz
Osteuropa-Institut, Freie Universität Berlin
schwartz@zedat.fu-berlin.de


Redaktion
Veröffentlicht am