Politische Märtyrer – Sinnzuschreibungen in Vormoderne und Moderne

Politische Märtyrer – Sinnzuschreibungen in Vormoderne und Moderne

Veranstalter
Christoph Dartmann - Verena Voigt, Exzellenzcluster "Religion und Politik in Kulturen der Vormoderne und der Moderne", Münster
Veranstaltungsort
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
10.12.2010 - 11.12.2010
Von
Christoph Dartmann - Verena Voigt

Der selbst gewählte oder billigend in Kauf genommene gewaltsame Tod zählt zu den bedrückenden Erfahrungen der Gegenwart. Für das Ziel, möglichst viele andere mit in den Tod zu reißen, haben in den letzten Jahren zahllose Menschen freiwillig ihrem Leben ein Ende gesetzt. Berichte über Selbstmordattentäter gehören auch jenseits der Attentate vom 11. September zu den beinahe täglich in den Medien präsenten Neuigkeiten. Des Weiteren werden Opfer politischer und sozialer Auseinandersetzungen als Märtyrer verehrt. In diesen Phänomenen mischen sich politische, soziale und religiöse Motive in kaum entwirrbarer Weise. Unsere Tagung möchte die aktuellen Befunde in die Perspektive ihrer kulturellen und religiösen Traditionen stellen. Denn in den abrahamitischen Religionen genießt das Martyrium, die Bereitschaft, durch sein Leben Zeugnis für die Wahrheit oder für den wahren Gott abzulegen, hohe Reputation. So hat Tertullian das Blut der Märtyrer als Samen der Kirche bezeichnet. In der Stilisierung moderner Märtyrer spielt der Rekurs auf traditionale, religiöse Deutungsmuster eine zentrale Rolle. Andererseits belegt das Befremden, mit dem diese Sinnzuschreibungen zum gewaltsamen Sterben kommentiert werden, wie fremd diese religiösen Traditionen im aktuellen Diskurs erscheinen. Deswegen fragen wir auf der einen Seite nach Deutungen und auch der Praxis des Martyriums in der Geschichte des Judentums, des Christentums und des Islam. Auf der anderen Seite sollen Aneignungsprozesse nachgezeichnet werden, durch welche die religiösen Deutungsschemata in den Dienst des Nationalstaats, des technisch-industriellen Fortschritts oder moderner politischer Emanzipationsbewegungen gestellt werden. Welche Bedeutung haben ältere Deutungsmuster und aus welchen Sinnressourcen speist sich die moderne Praxis?

Programm

Raum: J119, Johannisstr. 1-4, 48143 Münster

Freitag, 10. Dezember 2010

14.00
Verena Voigt, Christoph Dartmann
Politische Märtyrer – Sinnzuschreibungen in Vormoderne und Moderne

1. Sektion: Vom frühchristlichen Märtyrer zum medial inszenierten Gottesmenschen

14.30
Eva Baumkamp, Wie verhält man sich richtig? Cyprian von Karthago und die Märtyrer und Bekenner in Karthago

15.15
Kaffeepause

15.45
Christoph Dartmann, Wie wird ein Toter zu Märtyrer? Zur Deutung des Gewaltsamen Todes bei innerchristlichen Auseinandersetzungen des Mittelalters

16.30
Katja Patzel-Mattern, "Sterben auf dem Feld der Pflicht". Die sprachliche und bildliche Inszenierung der Opfer der Explosionsunglücke bei der BASF 1921 und 1948

17.15
Hubertus Lutterbach, Der Tod von Papst Johannes Paul II. Zur 'Stilisierung' von Gottesmenschen im Kontext moderner Sinnsuche

Samstag, 11. Dezember 2010

2. Sektion: Zwischen religiösen und nationalen Bedeutungszuschreibungen: Märtyrer im Islam

9.15
Silvia Horsch, Auf dem Schlachtfeld der Märtyrer. Sunnitische Märtyrerkonzepte im frühen Islam und in der Gegenwart

10.00
Verena Voigt, Der Märtyrer als Same der neu entstehenden Nation – Märtyrersymbolik am Beispiel Palästina und Sri Lanka

10.45
Kaffeepause

3. Sektion: Märtyrer im Judentum – Geschichte und Gegenwart

11.15
Regina Grundmann, „Heiligung des göttlichen Namens“? Jüdische Martyriumsvorstellungen in Antike und Mittelalter

12.00
Eva-Maria Schrage, Nie wieder! (Über-)Leben und Tod in der israelischen Kultur

12.45
Schlussreflexion

Kontakt

Christoph Dartmann

EXC "Religion und Politik", Johannisstr. 1-4, 48143 Münster

dartmac@uni-muenster.de

http://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/index.shtml
Redaktion
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