Formen und Funktionen sozialer Gedächtnisse - Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven

Formen und Funktionen sozialer Gedächtnisse - Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven

Veranstalter
MitarbeiterInnen des Forschungsprojekts "Soziale Erinnerung" (Dr. Gerd Sebald), Institut für Soziologie Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltungsort
Institut für Soziologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Kochstr. 4, 91054 Erlangen
Ort
Erlangen
Land
Deutschland
Vom - Bis
10.12.2010 - 12.12.2010
Deadline
30.09.2010
Von
Lehmann, René

Die Konferenz "Formen und Funktionen sozialer Gedächtnisse -- Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven" findet am Institut für Soziologie der Universität Erlangen statt. Die Tagung beginnt am Freitag den 10. Dezember 2010 und endet am 12. Dezember. Sie ist als Plenarkonferenz mit Panelsektionen konzipiert. Für jeden Panelvortrag sind 45 Minuten vorgesehen (30 min für den Vortrag und 15 min für die Diskussion). Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Wir bitten darum die Vortragsvorschläge bis 30. September unter der Adresse info@soziale-erinnerung.de einzureichen.

Die Problemstellung der Konferenz richtet sich auf die theoretische Durchdringung der sozial- und kulturwissenschaftlichen Untersuchungen zu sozialen Gedächtnissen. Vor dem Hintergrund einer großen Anzahl von empirischen Forschungen zu sozialer Erinnerung und Gedächtnissen seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den Sozial- und Kulturwissenschaften, ist die geringe Dichte von übergreifenden theoretischen Überlegungen dazu ein erstaunlicher Befund. Hier möchte die Tagung ansetzen und mögliche Integrationspotentiale der unterschiedlichen theoretischen Ansätze und empirischen Untersuchungen ausloten.

In der Selbstbeschreibung der Moderne tritt an die Stelle einer Großerzählung zur Vergangenheit eine Vielzahl sozialer Gedächtnisse auf unterschiedlichen Ebenen, die nicht miteinander kompatibel sein müssen. Aktuelle Analysen zu sozialen Gedächtnissen sind jedoch entweder auf sich interaktionistisch konstituierende Gruppengedächtnisse gerichtet oder aber auf höherstufige Gedächtnisformen (Systeme, Diskurse, Organisationen, Nation etc.) ohne erstens die unterschiedlichen Ebenen genauer zu bestimmen und zweitens die Übergänge und Wechselwirkungen zwischen den jeweiligen Formen ausreichend zu klären. Eine Theorie sozialer Gedächtnisse steht deshalb vor dem Problem, gesellschaftliche Dynamik, kulturelle Pluralisierung und Differenzierungsprozesse zu integrieren, ohne Interaktionszusammenhänge wie Familien oder Milieus auszublenden. Die im Umlauf befindlichen Begriffe und Formbestimmungen von sozialen Gedächtnissen sollen dafür jedoch nicht einfach nebeneinander gestellt werden. Stattdessen möchten wir die diesen Begriffsbildungen zugrunde liegenden Formierungs- und Konstitutionsprozesse theoretisch und empirisch in den Blick nehmen, um damit Konfliktlinien, aber auch mögliche Integrationspotentiale auszuloten. Die Tagung möchte theoretische Konzepte und empirische Forschungen zu sozialen Gedächtnissen in einem interdisziplinären Rahmen diskutieren sowie auf dieser Basis nach theoretischen Erweiterungen und Anschlussmöglichkeiten fragen. Von performativen Praxen, narrativen Interaktionssituationen, bis hin zu Diskursen sollen Konstruktionen und Repräsentationen von Vergangenheit betrachtet werden – in Verbindung mit Problemstellungen wie Vergessen, Authentizität, Faktizität und Geltung oder Traditionsbruch. Damit soll einerseits die Zukunftsgerichtetheit sozialer Gedächtnisse in Form von sich immer wieder neu konstituierenden Erwartungshorizonten deutlich werden. Andererseits gilt es, soziale Gedächtnisse in ihrer Funktion als Tradierungsmechanismen zu analysieren, hinsichtlich der spezifischen Selektivitäten, die sich an den Schnittstellen (zwischen Personen, Gruppen, Generationen, Diskursen etc.) ausbilden und das je spezifische Verhältnis von Erinnerung und Vergessen konstituieren. Entsprechend wichtig ist die Bestimmung der jeweiligen Funktionalität von Gedächtnissen für die Prozesse der sozialen und individuellen Sinnbildung, sei es in biographischer oder systemischer Hinsicht. Daran schließt wiederum die Reflexion institutionalisierten Erinnerns und des eigenen Sprechortes an: WissenschaftlerInnen sind an der Praxis des (institutionalisierten) Erinnerns direkt und indirekt beteiligt und stehen somit selbst vor der Herausforderung dessen Kontexte, Bedingungen, (politischen) Zwecke und die damit verbundenen Ideologien zu befragen.
Als Plenarvortragende sind eingeladen: Paul Connerton (Oxford/UK), Elena Esposito (Modena/Reggio Emilia/ Italy), Mary Fulbrook (London/UK), Jeffrey K. Olick (Virginia/USA), Gabriele Rosenthal (Goettingen/Germany), Joanna Tokarska-Bakir (Warsaw/Poland), Christian Gudehus (Essen/Germany)

Es können u.a. Beiträge zu folgenden Themenbereichen eingereicht werden (auch weitere Vorschläge sind möglich):
- Individuum - Interaktion - Gesellschaft: Grenzen und Übergänge zwischen den Gedächtnisformen
- Metaphern, Begriffe und Formen sozialer Gedächtnisse und ihre Formierungsbedingungen
- Einfluss gesellschaftlicher Differenzierung auf soziales Erinnern (Generationen, Klassen, kulturelle Pluralisierung, Gender etc.)
- Transformation sozialer Gedächtnisse (Wechselwirkungen gesellschaftlicher Transformationsprozesse und sozialer Gedächtnisse)
- Faktizität, Authentizität und Erfahrungsraum
- Medien, Diskurse und ihre Funktionen für das Erinnern
- Repräsentationen der Vergangenheit (Körpergedächtnis, Rituale, Gedächtnisorte etc.)
- Soziale und individuelle Praxen der Erinnerung
- Transgenerationelle Weitergabe und Tradierungsbrüche
- Erinnern und Vergessen zwischen Institution, Macht und Ideologie

Abstracts von max. einer Seite sollten bis zum 30. September 2010 an info@soziale-erinnerung.de gesendet werden. Zusagen werden bis Ende Oktober versandt. Die Veröffentlichung eines Tagungsbandes ist geplant.

Programm

Kontakt

René Lehmann

Institut für Soziologie, Universität Erlangen-Nürnberg, Bismarckstr. 8
91054 Erlangen
09131-8522792
09131-8523372
rene.lehmann@soziol.phil.uni-erlangen.de

www.soziale-erinnerung.de
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