Globalgeschichte und Außereuropäische Geschichte sind von ihrem einstigen Exotenstatus mittlerweile ins Zentrum der Historischen Forschung gerückt. Geschlechtergeschichtliche Aspekte wurden dabei noch zu wenig berücksichtigt, wie auch die deutsche Geschlechtergeschichte die Konstruktion von Geschlecht meist im europäischen Kontext untersucht. In Anlehnung an das Konzept des entanglement stellt die 16. Tagung des Arbeitskreises Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit (AKGG-FNZ) daher „Verflochtene Lebenswelten“ in den Mittelpunkt. Mit dem Begriff der „Verflochtenen Lebenswelten“ ist impliziert, dass unterschiedliche Gruppen und Zusammenhänge durch Praktiken und Diskurse verbunden werden. Derartige Verbindungen können durch die verschiedensten Faktoren konstruiert sein: geographisch, kulturell, sozial, religiös. Uns interessiert dabei besonders, welche Relevanz die Kategorie Geschlecht für die Verflechtung der Lebenswelten wie auch für die Konstruktion von deren Grenzen hatte. Dies kann auf vielen Ebenen untersucht werden, beispielsweise bezüglich der Wahrnehmung, der Interaktion, des Wissens oder des Konsums.
Der Begriff der „Verflochtenen Lebenswelten“ setzt zwei (oder mehr) Entitäten voraus, die als anders wahrgenommen wurden. Wie deren Differenzen konstruiert und wahrgenommen, aber auch in Frage gestellt wurden, welche Kategorien und Kriterien dafür genutzt wurden und wie sich deren Relevanz verschob, ist unter anderem im Vergleich globaler wie europäischer Verflechtungen zu ermitteln. Schon in der Frühen Neuzeit wurde das „Andere“ oft verweiblicht; Versuche der Etablierung von Herrschaft kamen häufig – wenn auch nicht immer – einer Maskulinisierung von Macht gleich; Geschlechterbeziehungen dienten anderseits als ethnographisches Element bzw. als „Marker“ von Alterität.
Transkulturelle Interaktion war ein möglicher Kontext, in dem Unterschiede definiert, aber auch neue transkulturelle Praktiken ausgehandelt wurden. Mögliche Themen sind hier: grenzüberschreitende Ehen, Verwandtschafts- und Heiratskreise, geschlechtsspezifische Funktionalität von Übersetzer/inn/en und kulturellen Vermittlern, das „Gendering“ von Praktiken und Strategien in mehrkulturellen Interaktionsräumen, geschlechtsspezifische z.T. mit Zwang verbundene Mechanismen des Transfers, der Akkulturation und Transformation, insbesondere mit Blick auf außereuropäische Kulturen und Regionen im Zuge der europäischen Expansion.
Die Tagungen des Arbeitskreises sollen methodologisch-theoretische Debatten initiieren oder jedenfalls intensivieren. Dies kann nur dann gelingen, wenn die einzelnen Beiträge maßgeblich den Fokus auf die verwendeten Methoden bzw. den theoretischen Hintergrund ihres jeweiligen Forschungsansatzes legen.
PS: Wir weisen darauf hin, dass für ReferentInnen i.d. Regel keine Reise- und Tagungsgebühren übernommen werden können.