Interpassivität bezeichnet eine Handlungsform, durch die das eigene Genießen bzw. sonstige Empfindungen an andere Menschen oder Dinge delegiert werden. Interpassivität kann demnach zur Annäherung an folgende Phänomene beitragen: Dosengelächter in Fernsehshows, Denkmäler (die sich an unserer Stelle erinnern), christliche oder andere religiöse Vorstellungen (Jesus leidet für uns), Pornovideos (stellvertretender Sex) oder die parlamentarische Demokratie (Entscheidungsdelegation).

In dieser skurrilen Theorie liegt eine besondere Stärke: Sie unterminiert den herkömmlichen Gegensatz zwischen Aktivität und Passivität und wirft ungewöhnliche Fragen auf: Wohin führt die Auslagerung der Gefühle? Zu gesteigerter Entfremdung? Oder zu emanzipatorischen Perspektiven – könnten uns die Maschinen nicht nur von der Arbeit befreien, sondern auch von Konsum? Welche gesellschaftspolitischen Konsequenzen bringt diese ungewöhnliche Perspektive mit sich? Wann sind wir überhaupt aktiv und wollen wir es sein?

Ziel der Tagung ist es, das analytische Potenzial des Begriffs Interpassivität zu schärfen oder gegebenenfalls in Frage zu stellen. Die Übersetzung in sozialwissenschaftliche Theorie und Praxis steht daher ebenso zur Debatte wie die exemplarische Verwendung von Interpassivität als Analysewerkzeug. Verschiedene kulturelle, soziale und politische Praktiken, die gemeinhin dem Modus der Interaktion zugeschrieben werden, sollen in diesem Kontext in Frage gestellt und geprüft werden.

Der international besetzte Wokshop wird zwei Tage lang über die verschiedenen Aspekte der Interpassivität referieren. Zum Abschluß findet eine „interpassive Show“ statt, auch für Nicht-Teilnehmer die Gelegenheit, Ergebnisse und Beispiele interpassiver Forschung kennenzulernen.