Perspektiven der Aufklärung – zwischen Mythos und Realität. Internationale Konferenz

Perspektiven der Aufklärung – zwischen Mythos und Realität. Internationale Konferenz

Veranstalter
Dr. Dietmar J. Wetzel; Aleksander M. Zieliński, Universität Bern, Institut für Soziologie
Veranstaltungsort
Universität Bern
Ort
Bern
Land
Switzerland
Vom - Bis
16.09.2010 - 17.09.2010
Deadline
01.04.2010
Website
Von
Wetzel, Dietmar J.

Das Postulat von Immanuel Kant demzufolge Aufklärung "der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (1784) sei, lässt sich als Beginn einer Epoche begreifen, die in der Soziologie aber auch in der Selbstbeschreibung der Gesellschaft unter dem Stichwort Moderne verhandelt wird. Die Epoche der Aufklärung bildete den Ursprung für eine Reihe von emanzipatorischen Projekten, die nicht nur das Zusammenleben der Menschen untereinander betrafen, sondern auf entscheidende Weise auch das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt prägten. Spätestens seit der zuerst von Adorno und Horkheimer beschriebenen "Dialektik der Aufklärung" gilt es nicht mehr als unbestritten, ob die Richtung, in der diese Entwicklung verläuft nur zu erwünschten Ergebnissen führt und geführt hat. Insofern wäre es wünschenswert, wenn die Einnahme historischer Perspektiven sowohl über den Mythos als auch über die Realität des „Phänomens Aufklärung“ Auskunft erteilen könnten. Angesichts von Öko-, Finanz- und Wirtschaftskrise müssen die Schattenseiten einer fortschrittsorientierten Aufklärung stärker denn je berücksichtigt werden. Trotz prominenter Versuche am "Projekt der Moderne" (Habermas) festzuhalten, resp. es in einer zweiten, reflexiven Moderne weiterzuführen (Beck/Giddens/Lash), lässt sich ein zunehmendes Unbehagen gegenüber den Versprechen der Aufklärung feststellen. Dieses Unbehagen kommt heute in verschiedenen theoretischen Perspektiven zum Ausdruck, teils offenkundig, teilweise eher immanent:
Die von der Kritischen Theorie u.a. normativ ausgearbeitete Demokratietheorie beklagt eine Krise der (politischen) Repräsentation; die Systemtheorie verlangt angesichts der rasanten Zunahme der Komplexität der gesellschaftlichen Zusammenhänge eine Umstellung auf Beobachtung 2. Ordnung; der Poststrukturalismus radikalisiert die Suche nach einer "anderen" Aufklärung und einer "zukünftigen Demokratie"; neueste Entwicklungen in der Psychopharmakologie tragen wesentlich dazu bei, dass die Psychoanalyse an gesellschaftlicher Relevanz einbüßt; die Science Studies stellen die Einzigartigkeit des Menschen in einer hoch technologisierten Welt in Frage.

Es ist dieser Pluralismus der Perspektiven, der zum Ausgangspunkt unserer Konferenz genommen werden soll, um danach zu fragen, wie Vertreter unterschiedlicher zeitgenössischer Denkrichtungen resp. "Schulen" sich die Frage nach der (Un-)Möglichkeit von Aufklärung auch im Hinblick auf eine Demokratisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse stellen. Dabei bevorzugen wir einen doppelten Zugang: Einerseits geht es - nach außen gerichtet - um die stets aktuelle Frage nach dem politischen Projekt der Aufklärung, seinen Möglichkeiten und Perspektiven; andererseits - stärker aus der Binnenperspektive der Forschung betrachtet - darf auch der wissenschaftliche Impetus nicht unterschlagen werden, der im weitesten Sinne mit der "Suche nach Wahrheit" zusammenhängt, welche wiederum mit "Wahrheitspolitiken" (Foucault) im Verbund steht. Pointiert gefragt: Wie können heute kritische Sozial- und Naturwissenschaftler wissenschaftliche Aufklärung betreiben und dabei gesellschaftliche Zusammenhänge in einem größeren Zusammenhang genauer beleuchten? Ausgehend von dieser grundsätzlichen Fragestellung, sollten sich die Beiträge an den folgenden Themenblöcken ausrichten:

- Welchen Stellenwert hat das Projekt Aufklärung heute? Welche Veränderungen lassen sich aus historischer Perspektive beobachten?
- Was wurde/wird damit je nach Epoche verbunden?
- Was bedeutet Aufklärung aus der Sicht einer bestimmten (Sub-)Disziplin?
- Wie wird die Kritik an der Aufklärung/Demokratie gerechtfertigt, welche Alternativen gibt es?
- Was war/ist das Versprechen der Demokratie?

In ihren Beiträgen sollen sich die Teilnehmenden an - aktuellen oder früheren - Forschungsprojekten orientieren, um sich dem übergeordneten Thema nicht nur theoretisch, sondern in der konkreten Auseinandersetzung mit empirischem Material zu nähern. Dabei ist es ausdrücklich erwünscht, konkrete Untersuchungen (z.B. zur Biopolitik der Gene, Governance und/oder Gouvernementalität) mit eher abstrakteren, theoretischen Zugängen (Zukünfte der Aufklärung; Demokratie zwischen Konsens und Dissens) zu verknüpfen.

Erwünscht sind Vorschläge im Umfang von 1-2 Seiten (500 Wörter) mit kurzen Angaben zur wissenschaftlichen Vita. Diese richten Sie bitte bis zum 1.April 2010 an:

wetzel@soz.unibe.ch und milosz13@gmx.ch

Kostenübernahme: Für die eingeladenen WissenschaftlerInnen können Reise- und Übernachtungskosten übernommen werden.

Programm

Kontakt

Dr. Dietmar J. Wetzel
Universität Bern
Institut für Soziologie
Lerchenweg 36
CH – 3012 Bern


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