Skandal! Mechanismen öffentlicher Aufmerksamkeitserzeugung

Skandal! Mechanismen öffentlicher Aufmerksamkeitserzeugung

Veranstalter
Prof. Dr. Christer Petersen, Juniorprofessor für Angewandte Medienwissenschaften, BTU Cottbus; Kristin Bulkow, M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft, TU Dresden
Veranstaltungsort
Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Ort
Cottbus
Land
Deutschland
Vom - Bis
22.01.2010 - 23.01.2010
Deadline
31.10.2009
Website
Von
Prof. Dr. Christer Petersen

Skandale machen Normverletzungen in großem Stil sichtbar, produzieren öffentliche Empörung über ein vermeintliches Fehlverhalten und lassen im Verstoß die Regeln der jeweiligen diskursiven und performativen Praxis sichtbar werden. Während beispielsweise in der Endphase der Busch-Administration Verletzungen des Kriegs- und Menschenrechts in Haditha, Abu Ghraib oder Guantanamo von den westlichen Medien skandalisiert wurden, empörte man sich kurz nach den Anschlägen des 11. Septembers vorzugsweise über Äußerungen, die nicht konform mit der medialen Selbstinszenierung der USA als einem singulären Opfer gingen – so etwa über Karlheinz Stockhausens Statement, die Attentate seien „das größte Kunstwerk, das es je gegeben hat, […] das es überhaupt gibt für den Kosmos.“

Hieran zeigt sich beispielhaft, dass sich Skandale nicht nur über ihren jeweiligen Diskurs hinaus ausweiten können. Ein künstlerisches Statement kann zum Politikum werden. Auch scheint das, was als skandalträchtig gilt, historisch und nicht zuletzt auch massenmedial bedingt: Erst im Verstoß gegen ein jeweils gültiges Tabu und im Rahmen massenmedialer Verbreitung kann sich ein Skandal voll entfalten, überhaupt erst zu einem Skandal werden. Das gilt nicht nur für politische Skandale, sondern auch für kulturelle oder medial inszenierte, wie Reich-Ranickis Wutrede anlässlich der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2008 oder Janet Jacksons „Nippelgate“.
Wir wollen uns im Rahmen quantitativer und qualitativer Methoden dem Phänomen des „modernen Skandals“ in drei Panels nähern. Innerhalb jedes der – nicht unbedingt trennscharfen – thematischen Panels sollen (nicht nur) ausgehend von Fallanalysen grundsätzliche Überlegungen zur Rekurrenz der Strukturen und Ökonomien, der Mechanismen und Strategien von Skandalen im Feld der Medien, der Politik und Kultur angestellt werden.

Politikskandale – Skandalpolitik

Existiert so etwas wie der paradigmatische politische Skandal, etwa Watergate oder die Barschel-Affäre? Lässt sich eine Typologie des politischen Skandals rekonstruieren, beispielsweise hinsichtlich des Ablaufs und der Folgen? Und umgekehrt: Welcher Politik folgt die Offenlegung, die Inszenierung, aber auch die Abwiegelung oder Vertuschung eines Skandals? Was zeichnet etwa ein erfolgreiches Skandalmanagement aus? Und inwieweit benötigt Politik in einer Mediengesellschaft Skandale, um sich selbst zu inszenieren?

Kulturskandale – Skandalkultur

Aus dem Kunstbetrieb und dem Feuilleton sind regelmäßige Skandale nicht mehr wegzudenken. Offensichtlich braucht der Künstler vor dem Hintergrund eines spätmodernen Innovationszwangs den Skandal, um das Provokative und jeweils Neue des eigenen Werkes öffentlichkeitswirksam zu inszenieren. Lässt sich diese These verallgemeinern? Gilt diese für eine postmodernistische Kunst genauso wie für eine modernistische, für Hochkultur genauso wie für Popkultur? Außerdem: Existieren unterschiedliche Skandalkulturen? Lassen sich also Spezifika regionaler oder nationaler Skandalkulturen synchron oder diachron ausdifferenzieren?

Medienskandale – Skandalmedien

In welchen Fällen werden die Medien selbst zum Objekt der Skandalisierung? Wodurch also zeichnet sich ein Medienskandal aus? Und grundsätzlicher: Sind Skandale heutzutage ohne ihre massenmediale Verbreitung überhaupt noch denkbar? Inwieweit sind es darum die Massenmedien, die als Skandalierer auftreten, den Skandal überhaupt erst produzieren? Inwiefern bedienen sich Medien in ihrer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ des Skandals als spektakulärem Ereignis? Inwieweit ist somit die Ökonomie der Massenmedien eine Ökonomie der Skandalisierung, sind Massenmedien immer auch Skandalmedien?

Teilnahme

Der Call richtet sich an Wissenschaftler aus den Bereichen der quantitativen und qualitativen Medien-, Politik- und Kulturforschung. Die Bewerbung sollte ein Exposé (2500 Zeichen) für einen maximal 20-minütigen Vortrag mit Angabe des Panels sowie eine Kurzvita (500 Zeichen) enthalten und bis spätestens 31. Oktober 2009 (Terminverlängerung!) an die Tagungsassistentin Beatrix Altmeyer: btu-skandal-tagung@gmx.de sowie an beide Veranstalter gemailt werden.
Es ist die Publikation eines Tagungsbandes vorgesehen. Die Tagung ist gebührenfrei. In vorab zu begründenden Fällen kann an auswärtige Referenten ein Reise- und Übernachtungskostenzuschuss gezahlt werden.

Programm

Kontakt

Prof. Dr. Christer Petersen

BTU Cottbus, Institut für Elektronik und Informationstechnik
Siemens-Halske-Ring 14, 03046 Cottbus
0355 69 2184
0355 69 2150
petersen@tu-cottbus.de


Redaktion
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