Vom bürgerlichen Erziehungs- und Bildungsideal zum Standortfaktor in der Städtekonkurrenz. Kultur und Kulturpolitik in Städten der Bundesrepublik 1945-2010

Vom bürgerlichen Erziehungs- und Bildungsideal zum Standortfaktor in der Städtekonkurrenz. Kultur und Kulturpolitik in Städten der Bundesrepublik 1945-2010

Veranstalter
LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte
Veranstaltungsort
Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.10.2010 - 09.10.2010
Deadline
31.10.2009
Website
Von
LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, Cordula Obergassel M.A.

Die Tagung soll den Wandel des Kulturlebens und der Kulturpolitik in den Städten der alten und neuen Bundesrepublik während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts behandeln.

Der Zeitraum lässt sich in drei Phasen untergliedern. Zwischen dem Ende des Dritten Reiches und den 1960er Jahren zeichnete sich die Kulturpolitik durch eine Rückbesinnung auf die idealistischen Zielsetzungen der klassischen bürgerlichen Kultur, die Kontinuität der Förderung des Heimatbewusstseins und die Öffnung für die kulturelle Moderne aus. Über die Akzeptanz dieser Zielsetzungen hinaus richteten sich die Interessen der Bevölkerung vor allem auf Angebote der Massenkultur. Die späten 1960er und die 1970er Jahre waren institutionell durch das Ziel einer „Kulturpolitik für alle”, d.h. die Förderung von kultureller Partizipation und Kommunikation, geprägt. Gesellschaftlich zeichnete sich diese Phase durch eine Vielzahl kultureller Eigeninitiativen einzelner, oft gesellschaftskritischer Gruppen aus, die die „Kultur für alle“ durch eine „Kultur von allen“ ergänzen wollten. In der dritten Phase seit den 1980er Jahren wurde Kultur verstärkt zu einem Instrument des Stadtmarketings und der kommunalen Wirtschaftsförderung. Das kulturelle Angebot beinhaltete jetzt zunehmend „Events“ und „Leuchtturmprojekte“ und richtete sich auf Imagebildung. Es sollte einerseits dazu dienen, die Stadt für Unternehmen, Fachkräfte und Touristen attraktiv zu machen, andererseits aber auch den Einwohnern Identifikationsmöglichkeiten mit ihrer Stadt zu geben und ihr lokales Heimatbewusstsein zu stärken. In der Bevölkerung ließen die bisherigen kulturellen Eigeninitiativen zugunsten einer Haltung des Kulturkonsums nach. Dafür entwickelten sich eine hohe Freizeitmobilität und die Bereitschaft zu einem Kulturtourismus, um das Angebot an städtischer Eventkultur wahrzunehmen.

Bei der Beschreibung und Erklärung des Wandels des kulturellen Lebens und der Kulturpolitik in den bundesrepublikanischen Städten sollen drei Aspekte besondere Berücksichtigung erfahren. Zum Ersten sollen die Folgen des wirtschaftlichen und sozialen Wandels sowie der wechselnden kulturellen Paradigmen und politischen Konzepte auf nationaler und internationaler Ebene für das kulturelle Leben in der Stadt behandelt werden. Inwieweit beeinflussten z.B. die Verschiebungen in der Sozialstruktur mit der Abnahme der Arbeiter- und der Zunahme der Dienstleistungsberufe, ferner die Herausbildung der ‚jungen Generation’, der Frauenbewegung und der Zuwanderer aus dem Ausland das informelle, organisatorische und institutionelle Spektrum der lokalen Kultur? Welche Rolle spielten der Wandel ideologischer Leitbilder, die Empfehlungen und Einflüsse übergeordneter Ebenen (z.B. Deutscher Städtetag, Länder, Bund) oder die nationale und internationale Städtekonkurrenz?

Zum Zweiten soll die Kulturpolitik der etablierten Kräfte innerhalb der Stadt untersucht werden: von den Gewerkschaften über die Unternehmer und die Kirchen bis hin zur Kommune. Welche Akteure konnten ihre Interessen in besonderer Weise durchsetzen? Über welche Palette an ideellen und praktischen Mitteln (Personal- und Finanzpolitik, Organisations- und Institutionengründungen, Traditionserfindungen etc.) verfügte sie? Wie stark war insbesondere die Eigenständigkeit der kommunalen Kulturpolitik mit ihren Organisationen und Institutionen?

Die Behandlung dieser inner- und außerstädtischen Rahmenbedingungen und Einflüsse soll letztlich dazu dienen, die vorstehend skizzierte Phasengliederung des kulturellen Lebens in der Bundesrepublik zu überprüfen und festzustellen, inwieweit die kulturellen Aktivitäten der sozialen und politischen Kräfte zu kulturellem Austausch, zur Überwindung traditioneller sozialer Segregationen, letztlich zu Formen interstädtischer Urbanität oder städtischer Individualität beitrugen.

Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen und Themenkomplexe sind sowohl chronologisch als auch systematisch angelegte Beiträge zum kulturellen Leben und zur Kulturpolitik in bundesrepublikanischen Städten unterschiedlicher Größenordnung nicht nur aus lokaler, sondern auch aus überlokaler Perspektive während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erwünscht. Städte aus Westfalen sollten repräsentiert sein. Interessenten, die mit einem historischen, sozial-, wirtschafts- oder politikwissenschaftlichen Beitrag an dieser Tagung teilnehmen wollen, werden gebeten, bis zum 31. Oktober 2009 eine ein- bis zweiseitige Themenskizze zu den oben vorgestellten chronologischen Schwerpunkten oder den systematischen Zielsetzungen an die Organisatoren zu senden. Reise- und Unterbringungskosten werden vom LWL-Institut übernommen; eine Drucklegung der Beiträge in den „Forschungen zur Regionalgeschichte” ist geplant.

Dr. Karl Ditt (karl.ditt@lwl.org), Tel.: 0251/5915690
Cordula Obergassel M.A. (cordula.obergassel@gmx.de), Tel.: 0151/58143078

LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte
Karlstraße 33
48147 Münster

Programm

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