Anekdote – Biographie – Kanon. Zur Geschichtsschreibung in den schönen Künsten

Anekdote – Biographie – Kanon. Zur Geschichtsschreibung in den schönen Künsten

Veranstalter
In Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Literaturarchiv in Bern konzipiert und veranstaltet durch Prof. Dr. Melanie Unseld (Oldenburg) und PD Dr. Christian von Zimmermann (Bern)
Veranstaltungsort
Schweizerische Nationalbibliothek / Centre Dürrenmatt
Ort
Bern / Neuchâtel
Land
Switzerland
Vom - Bis
19.03.2009 - 21.03.2009
Von
PD Dr. Christian von Zimmermann

A N E K D O T E – B I O G R A P H I E – K A N O N

Unter dem Titel "Anekdote – Biographie – Kanon" findet vom 19. bis 21. März 2009 am Schweizerischen Literaturarchiv in Bern und am Centre Dürrenmatt in Neuchâtel eine interdisziplinäre Tagung statt, die sich mit der Rolle der Einzelpersönlichkeit von Künstlern, Musikern, Literaten einerseits in der Aufarbeitung der Kunst-, Musik- und Literaturgeschichte, andererseits bei der Vermittlung von Kunst, Musik und Literatur beschäftigen soll. Im Zentrum stehen dabei Fragestellungen der jüngeren kritischen Biographieforschung nach Biographisierungsgeschichten, nach wechselnden Funktionen biographischen Schreibens.

A N E K D O T E
Während die Anekdote als ein didaktisches Instrument zur Veranschaulichung der individuellen Persönlichkeit einzelner Komponisten, Maler, Poeten etc. durchaus weiterhin eingesetzt wird, vermag eine vergleichende Anekdotenforschung die Wiederkehr stereotyper Handlungs- und Rollenmuster aufzuzeigen. In unterschiedlicher Form und auf unterschiedlichste historische Persönlichkeiten gemünzt wird etwa der Grundkonflikt zwischen dem Genie und den Normen der Gesellschaft thematisiert. Schon Ernst Kris und Otto Kurz haben in ihrer weiterhin grundlegenden Studie 'Die Legende vom Künstler' darauf hingewiesen, dass scheinbar Individuelles in Anekdoten und Biographien sich auf stereotype Vorstellungen vom 'Künstler' zurückführen lässt. Gerade aus Anekdoten lassen sich diese Stereotypen abstrahieren sowie in ihren häufig didaktischen Verwendungszusammenhängen analysieren.

B I O G R A P H I E
In den letzten Jahren ist in der kritischen Biographieforschung immer wieder auf die Abhängigkeit biographischer Darstellungen von einerseits einer Geschichte der Menschenbilder und andererseits einer Geschichte wechselnder ethischer Konzepte, in deren Funktion die Biographie tritt, aufgezeigt worden. Das historisch etwa unter dem Einfluss medizinischer, biologischer, psychophysischer, psychischer und rassischer Persönlichkeitsmodelle wechselnde Bild des Künstlers, des Musikers, des Dichters beeinflusst jedenfalls die biographische Darstellung. Das rückt die Strategien der Biographisierung und die Geschichte der Biographisierung einzelner Persönlichkeiten in den Vordergrund. Tatsächlich setzt sich allmählich die Forderung durch, dass Biographien jeweils auch eine Reflektion der Biographisierungsgeschichte enthalten sollten. Die kritische Biographieforschung kann jedenfalls auch neue Perspektiven für eine Geschichtsschreibung in den Künsten eröffnen. Dabei sind die Bereiche Anthropologie und Ethik neue Akzente, welche eine kritische Biographieforschung ins Zentrum stellt.

K A N O N
Unter den verschiedenen Diskursen, Interessen und didaktischen Erwägungen, welche die Bildung des Kanons jeweils bestimmen, ist gewiss auch das Verhältnis zwischen Biographie und Kanon zu bestimmen. In welchem Verhältnis steht die Biographie der Persönlichkeit zur Kanonisierung ihrer Werke? Welche biographischen Selektionskriterien beeinflussen den Kanon der Werke (Geschlecht, 'Rasse', soziale Herkunft, nationale Zugehörigkeit etc.). Lässt sich ein Wechsel des Kanons mit einem Wandel der Menschenbilder in Verbindung setzen (völkische Kanonbildung)? Daneben entwickeln sich merkwürdige Sonderformen des Kanons, indem etwa Kataloge von Persönlichkeiten mit spezifischen kuriosen Erscheinungen zusammengestellt werden resp. im kulturellen Gedächtnis abrufbar sind (z. B. schwerhörige Komponisten, tuberkulöse Künstler, Dichter etc.).

Ziel der Tagung ist es, die Biographieforschung in Musik-, Kunst- und Literaturwissenschaft ins Gespräch zu setzen, um sich gegenseitig über Arbeitsansätze zu informieren und nach den gemeinsamen Grundproblemen in personenbezogenen Darstellungsformen in der Geschichte der Künste zu suchen. Durchaus erwünscht ist dabei auch das Ausloten von Übergangsbereichen zu anderen Formen der personenbezogenen Darstellung der Künste von Ausstellungskonzepten über biographische Forschungsansätze bis hin zu Werkeditionen. Nicht im Zentrum der Beiträge sollten dagegen Formen der Selbstinszenierung und Autobiographik stehen, sofern nicht ein deutlicher Zusammenhang zu den hier berücksichtigten personenbezogenen Darstellungsformen besteht.
Eine Publikation der Beiträge ist geplant.

Programm

T A G U N G S P R O G R A M M

Die Tagung umfasst Vorträge von Geschichts-, Musik, Kunst- und Literaturwissenschaftlerinnen aus vier Ländern.
ReferentInnen in alphabetischer Folge:

Blum, Prof. Dr. Gerd
Bork, Dr. Camilla
Fetz, PD Dr. Bernhard
Gockel, Prof. Dr. Bettina
Grage, Prof. Dr. Joachim
Hamacher, PD Dr. Bernd
Hanuschek, Prof. Dr. Sven
Hentschel, Prof. Dr. Frank
Klengel, Prof. Dr. Susanne
Kremer, Prof. Dr. Joachim
Mautner, Prof. Dr. Hendrikje
Muysers, Dr. Carola
Noeske, Dr. Nina
Pausch, Dr. Dennis
Richter, Mirjam, M.A.
Rippl, Prof. Dr. Gariele
Roessler, Dr. Johannes
Ruge, PD Dr. Enno
Schaser, Prof. Dr. Angelika
Schneemann, Prof. Dr. Peter J.
Schütt, Dr. Julian
Soeting, Dr. Monica
Unseld, Prof. Dr. Melanie
Wirtz, PD Dr. Irmgard (Moderation des Podiumsgesprächs)
Zimmermann, PD Dr. Christian von
Zimmermann, Dr. Nina von

Ein detailliertes Programm steht zum Download bereit (siehe unten).

Kontakt

PD Dr. Christian von Zimmermann

Universität Bern
Institut für Germanistik
0041 31 631 86 62

vonzimmermann@germ.unibe.ch

http://www.vonzimmermann.de/a_b_k_20090319.pdf
Redaktion
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