'Nietzsche-Macht-Größe'. Internationaler Kongress der Nietzsche-Gesellschaft e.V

'Nietzsche-Macht-Größe'. Internationaler Kongress der Nietzsche-Gesellschaft e.V

Veranstalter
Nietzsche-Gesellschaft e.V., Naumburg an der Saale
Veranstaltungsort
Naumburg-Haus, Naumburg-Sale
Ort
Naumburg an der Saale
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.08.2009 - 30.08.2009
Deadline
15.05.2009
Von
Andreas Urs Sommer

„Nietzsche-Macht-Größe“
Internationaler Kongress der Nietzsche-Gesellschaft e.V.
27.-30. 8. 2009 in Naumburg an der Saale
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Volker Caysa/ MA Konstanze Schwarzwald

Mit der Postmoderne wurde nicht nur das Ende der großen Erzählungen ausgerufen, und damit auch das Ende der Metaphysik, der Geschichtsphilosophie, sondern auch jegliche Art von Pathos, Erhabenheit, von Größe insgesamt geriet unter Verdacht. Die Demission der Helden, ihres Ethos und ihrer Mythen war angesagt. Wer das Große in welcher Art auch immer thematisiert, gilt im philosophischen Mainstream als größenwahnsinnig oder als philosophischer Reaktionär.
Gleichzeitig mehren sich Tendenzen, die man als Rehabilitierung oder als Rückkehr des Großen bestimmen könnte. „Große Gefühle“, die Nietzsche zur Sprache brachte, werden wieder zum Thema.
Nietzsches Denken über das Große ist aber nicht nur nicht von seiner Affektenlehre, sondern v.a. nicht von seiner Theorie der Macht zu trennen. Macht macht groß und er denkt über die Größe der Macht durchgehend in seinem Werk nach.
Nietzsches gesamtes Werk durchzieht die Thematik des Großen. Sowohl adjektivisch als „Große Vernunft“, „Große Gesundheit“, „Große Politik“ oder „Großer Mittag“ wird sie problematisiert, wie sie auch enthalten ist in Metaphern wie: der „ewigen Wiederkehr des Gleichen“, des „Übermenschen“, des „Willen zur Macht“ der „Pfeile der Sehnsucht“ oder des ereignishaft einschlagenden „Blitzes“.
Um „das Große“ in Nietzsches Werk zu thematisieren, ist es notwendig, das Kleine, Feine und auch Phrasenhafte anzusprechen. Nietzsches Blick für kommende Größe ist nicht zu trennen von seinen scharfsinnigen Analysen des Kleinen. Wie die Idee der „Großen Politik“ nicht von der Kritik an der „Kleinen Politik“ zu trennen ist, so stellt die Überwindung der „Kleinen Vernunft“ die „Große Vernunft“ dar. Was der „Übermensch“ sein könnte, kann nur begriffen werden, wenn man weiß, was der „kleine“ „letzte Mensch“ ist.
Für Nietzsche gibt es keine Größe ohne den Sinn für das Kleine, die Kritik am Kleinen deutet auf kommende Größe. Trotz Nietzsches Vorliebe der Stilisierung des Großen als großem Charakter, ist ihm das Kleine zumindest als Kontrast und damit Erläuterung des Großen ex negativo vonnöten.
Wie Nietzsche aber auch das Große kritisch betrachtet als allzuoft Grobes, so nobilitiert er das Kleine, Feine, Sublime ohne das kein Wille zur Macht fähig wäre über sich selbst hinauszuschaffen. So, wie das Dionysische nicht ohne das Apollinische zu denken ist, so wird auch das Große nicht möglich ohne die Stilisierung des Kleinen.

Sektionen

Martine Prange, Helmut Heit: Das Große und die Geschichte

Geschichte, besonders auch das Große darin, zählt zu den zentralen Themen und Bezugspunkten der Philosophie Nietzsches. Hierbei ist wohl weniger an ein monumentalistisches Geschichtsverständnis zu denken, dessen Nutzen für das Leben er bezweifelt, sondern vielmehr an Genealogien, die nicht nur die großen Politiker und großen Denker umfassen, sondern auch das unsäglich Kleine und die Subtilitäten der menschlichen Psychologie. Nietzsches Auffassungen von dem Grossen und der Geschichte sind Gegenstand dieses Arbeitskreises.

Henning Tegtmeyer, Knut Ebeling: Das Große und die Ästhetik

Man kann Nietzsches Philosophie nicht ohne seine großartige Ästhetik und seine Ästhetik des Großartigen verstehen. Nietzsche strebte eine Ästhetisierung der Philosophie und ein Philosophisch-Werden der Ästhetik an. Im Anschluss an das antike Denken kennt und bewundert Nietzsche diverse Erscheinungsformen menschlicher Größe und Gottähnlichkeit, z.B. Tapferkeit, Großzügigkeit und
Stolz, Weisheit und Gerechtigkeit, aber auch Ironie und Unabhängigkeit.
Der Einfluss v.a. antiker, aber auch modern-klassischer ästhetischer Auffassungen von menschlicher Größe auf Nietzsches Denken ist nicht zu übersehen.

Pia Schmücker, Thomas Brobjer: Große Gefühle

Rationalität gründet in Emotionalität und umgekehrt werden - wie die "theory of mind" zeigt - Gefühle auch gedacht und mentalisiert. in einem umfassenden Leibverständnis wie dem Nietzsches ist das kein paradox. 'großes' denken und 'große' Gefühle gehören zusammen. was aber sind überhaupt Gefühle, wodurch unterscheiden sie sich von Affekten, Leidenschaften oder Stimmungen? und was macht überhaupt Gefühle "groß" und was macht sie "klein"? welche Rolle spielen Gefühle in Nietzsches Konzept der "großen Gesundheit"?

Timo Hoyer, Dirk Solies: Das Große Leben

In der Vergangenheit hat es nicht an Ansätzen gefehlt, Nietzsches Denken zu „entdämonisieren“ und für Fragestellungen der Praktischen Philosophie fruchtbar zu machen. Hinsichtlich des Lebensbegriffs scheint dies schwierig: Nietzsches Vorstellung vom „großen“ Leben steht in Opposition zu allem naturwissenschaftlich Begründbaren und geht, so scheint es, über den Geltungsbereich des ethisch Aussagbaren hinaus.
Großes Leben, damit sind bei Nietzsche die „große Gesundheit“ ebenso gemeint wie die „grossen Stimulantien“ des Lebens. Wenn er vom „großen Wachstum“ des Individuums spricht und die Forderung „etwas Großes zu werden“ aufstellt, sind damit auch Probleme der Bildung, Erziehung und Züchtung aufgeworfen.
In den Sektionsvorträgen und -diskussionen soll es um die Fragen gehen, welche Bedeutung die Vorstellung vom „großen“ Leben im ethischen und bildungsphilosophischen Denken Nietzsches besitzt und welcher Stellenwert der Kategorie im heutigen philosophischen Diskurs zukommt oder zukommen sollte.

Tobias Grave, Marco Brusotti: Nietzsches Sinn für das Kleine

Lassen sich Nietzsches scheinbar gegensätzliche evaluative Äußerungen im Begriffsfeld "groß/klein" zu einem kohärenten Bild zusammenfügen, wenn man seine Auffassungen des Kleinen nicht selbst als Kleinigkeiten versteht? Wie hängen z. B. die für den Rausch charakteristische "Verfeinerung des Organs für die Wahrnehmung vieles Kleinsten und Flüchtigsten" und die in Ecce Homo beklagte eigene "Hülflosigkeit vor allem Kleinen", seine "absurde Reizbarkeit der Haut gegen kleine Stiche" zusammen? Welche Rolle spielt der Sinn für das Kleine in der Ästhetik? Z. B. in der Musik? Wie ambivalent ist das Lob, wenn Wagner als "Kenner alles kleinen Unendlichen" bezeichnet wird, "der kleine Kostbarkeiten bei Seite legt"? Inwieweit meint der Sinn für das Kleine décadence und nicht etwa Stärke? Inwieweit verhindert er den Irrtum und inwieweit dient er ihm? Gibt es eine Verbindung zu der in der Genealogie kritisierten "Selbstverkleinerung des Menschen" oder mit Zarathustras Klage über die verkleinernde Tugend? Diese und andere Fragen sollen in der Sektion verhandelt werden. Im allgemeinen sollen die Beiträge das Begriffsfeld "klein vs. groß" bei Nietzsche übersichtlich machen und mit Fokussierung auf das Kleine theoretisch durchdringen.

Ralf Eichberg, Claus Zittel : Große Einflüsse Nietzsches

Nietzsche wurde "groß" vereinnahmt, er vereinahmte aber auch in großem Stil. Die Real-und Geitesgeschichte der letzten einhundert Jahre ist nicht ohne die Wirkungen von Nietzsches Denken begreifbar. Offenbarte sich in diesen Wirkungen der Gehalt der Philosophie Friedrich Nietzsches oder wurde sie durch ihre Wirkungen verfälscht?

Zu den Sektionen sind Vortragsangebote erwünscht.
Anmeldung zu den Vorträgen in den Sektionen (max. 30 min.) mit Abstract (max. 2000 Zeichen) und Curriculum Vitae bis 15. Mai 2009.
Einzusenden an:
Nietzsche-Gesellschaft e.V.,
Weingarten 18, 06618 Naumburg/ Saale
Email: info@nietzsche-gesellschaft.de

Programm

Hauptvorträge

Marco Brusotti (Berlin/ Lecce) „Spannung. Ein Begriff für Groß und Klein.“

Volker Caysa (Leipzig/ Lodz) „Über die Größe der Macht und die Macht der Größe. Nietzsches Kritik der Groß-Macht“

Beatrix Himmelmann (Urbana/ Illinois) „Der große Mensch. Konzepte Nietzsches – mit Blick auf Goethe“

Barbara Neymeyr (Freiburg i. Br.) „Psychologie der Größe“

Henning Ottmann (München) „Größe ist, was wir nicht sind.“

Annemarie Pieper (Basel) - „Das große Ereignis. Nietzsches narrative Dekonstruktion der Metaphysik“

Renate Reschke (Berlin) „So beginnt die Philosophie mit einer Gesetzgebung der Größe“

Andreas Urs Sommer (Freiburg i. Br.) „Große Menschen züchten. Nietzsche ‘Anti-Darwin’“

Pirmin Stekeler-Weithofer (Leipzig) „Große Sprache – Nietzsches spekulative Sätze“

Christoph Türcke (Leipzig) „Macht und Widerstand. Zwischen Nietzsche, Freud und Foucault“

Nietzsche und Große Projekte
Hermann Siemens: Das Nietzsche-Wörterbuch-Projekt: Darstellung des Konzepts und einiger Resultate am Beispiel des Wortes Größe
Andreas Urs Sommer: Der Nietzsche-Kommentar der Heidelberger Akademie der Wissenschaft
Christian Niemeyer: Das Nietzsche-Lexikon

Kontakt

Ralf Eichberg

Nietzsche-Gesellschaft e.V.,
Weingarten 18, 06618 Naumburg (Saale)

info@nietzsche-gesellschaft.de

http://nietzsche-gesellschaft.de/