Das Jahr 1989 in den deutsch-tschechoslowakischen Beziehungen

Das Jahr 1989 in den deutsch-tschechoslowakischen Beziehungen

Veranstalter
Deutsch-Tschechische und Deutsch-Slowakische Historikerkommission
Veranstaltungsort
Ort
Banská Bystrica, Slowakei
Land
Slovakia
Vom - Bis
08.10.2009 - 11.10.2009
Deadline
01.04.2009
Von
Volker Zimmermann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa

Das Jahr 1989 in den deutsch-tschechoslowakischen Beziehungen

Tagung der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen
Historikerkommission in Banská Bystrica (Slowakei), 8.–11. Oktober 2009

In den zwanzig Jahren, die inzwischen seit dem Großereignis „1989“ vergangen sind, haben sich die Geschichtswissenschaften verschiedener Staaten intensiv mit dem politischen Umbruch in Europa beschäftigt. Dies ermöglicht es, den Forschungsstand kritisch und vergleichend zu reflektieren, Interessenkonjunkturen festzustellen sowie Defizite und künftige Forschungsfelder aufzuzeigen. Die Jahrestagung 2009 der Deutsch-Tschechischen und der Deutsch-Slowakischen Historikerkommission wird sich daher mit dem Niedergang der staatssozialistischen Systeme der DDR und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik sowie mit verschiedenen Aspekten dieses Prozesses befassen, die im Zusammenhang mit dem deutsch-tschechoslowakischen Verhältnis stehen. Diskutiert werden Ursachen und Abläufe des Zusammenbruchs der Regime, zwischenstaatliche Beziehungen ebenso wie transnationale Kontakte und Netzwerke, aber auch heutige gesellschaftliche Betrachtungen und Deutungen von „1989“ in der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland.
In der ersten Sektion werden zunächst Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Zusammenbrüchen der DDR und der ČSSR herausgearbeitet, und zwar hinsichtlich der wirtschaftlich-sozialen und politischen Voraussetzungen sowie des allgemeinen Legitimationsverlustes der staatssozialistischen Herrschaft in beiden Staaten, der sich bekanntermaßen unter anderem in der Fluchtbewegung von DDR-Bürgern über das Gebiet der Tschechoslowakei äußerte. Bei der Thematisierung der äußeren Voraussetzungen gegen Ende der 1980er Jahre soll neben dem Einfluss der Führungsmächte im Ost-West-Konflikt auch die Impulsrolle der polnischen Entwicklung zur kritischen Diskussion stehen.
Dies stellt auch den Übergang zur zweiten Sektion dar: Sie behandelt anschließend verschiedene Beziehungsebenen zwischen der DDR und der Tschechoslowakei wie die – im Übrigen noch wenig erforschten – offiziellen Beziehungen sowie die transnationalen Kontakte und Netzwerke von Kirchen, Umwelt- und Friedensbewegungen in den 1980er Jahren. Gerade die Erforschung des letzteren Phänomens verspricht Aufschluss darüber zu geben, wie sich Teilbereiche der sozialistischen Gesellschaften unterhalb der offiziellen Ebene wechselseitig beeinflussten – und damit, etwa durch Kampagnen zugunsten inhaftierter befreundeter Dissidenten im Nachbarstaat, ebenfalls zur langsamen Erosion der Parteimacht beitrugen.
Auch bezüglich der Rolle der Bundesrepublik, die Gegenstand des dritten Panels ist, soll der Blick keineswegs nur auf die offizielle Ebene gerichtet werden: Die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen werden ebenso angesprochen wie die Haltungen verschiedener Parteien und anderer gesellschaftlicher Akteure, insbesondere der Massenmedien, zu den Ereignissen in der DDR und der Tschechoslowakei. Dabei handelt es sich um Wahrnehmungen und Beurteilungen der tschechoslowakischen Ereignisse, aber auch um Implikationen, die sich daraus für den bundesdeutschen politischen Diskurs in der kurzfristigen Perspektive der Wendezeit ergaben.
Von Interesse sind ferner die Vorstellungen von der Zeit nach einem politischen Umbruch, die sich 1989 herausbildeten und in der vierten Sektion zur Sprache kommen sollen. Dabei ist es auch möglich, in einer vergleichenden Perspektive zwischen allen drei Staaten (BRD, DDR, ČSSR) bzw. auch anderen Ländern (insbesondere in der Sowjetunion) die Vorbereitung verschiedener Akteure (Dissidenten, Diplomatie, Parteien, Geheimdienste, Militär usw.) auf den Wandel zu diskutieren. So können zum Beispiel exemplarisch Zukunftsdiskurse von Dissidenten in der DDR und der Tschechoslowakei analysiert werden. Die Betrachtung sollte – sofern möglich – nicht nur Überlegungen verschiedener oppositioneller Gruppen hinsichtlich der Zukunft des jeweils eigenen Staates, sondern auch hinsichtlich der Zukunft der deutsch-tschechoslowakischen Beziehungen berücksichtigen.
Das fünfte und letzte Panel beschäftigt sich schließlich mit der heutigen Erinnerung an das Jahr 1989 und den Untergang der staatssozialistischen Regime. Hier bietet es sich an, die Darstellung dieses Themas in deutschen, tschechischen und slowakischen Schulbüchern zu untersuchen, die Musealisierung von „1989“ in allen drei Staaten zu problematisieren und die Rolle der Erinnerung an die Wende im öffentlichen Diskurs einerseits als politische Legitimationsformel, andererseits als eventuellen Differenzfaktor zu betrachten, da dies gerade im Jubiläumsjahr 2009 wieder an Bedeutung gewinnen dürfte. Bei dieser Gelegenheit sollten die Referenten nicht nur den aktuellen Stand der Vermittlung historischen Wissens referieren, sondern auch Themenbereiche und Präsentationsformen benennen, die ihrer Ansicht nach künftig eine größere Rolle spielen müssten. Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang auch eine Berücksichtigung der Frage, inwiefern das Phänomen der „Ostalgie“ in den fünf neuen Ländern der Bundesrepublik eine Entsprechung in der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik findet. Dabei soll die Darstellung der „Ostalgie“ als beinahe ausschließlich politisch geprägte idealisierende Protest-Sehnsucht nach der alten Zeit kritisch diskutiert werden und die Erscheinung im Kontext des weltweit auftretenden „Comebacks“ der Kultur- und Lebensstilformen der 1970er und 1980er Jahre im letzten Jahrzehnt zumindest angesprochen werden.

Wir bitten vor allem zu diesen Themengebieten Vortragsvorschläge. Interessenten werden gebeten, diese mit einem kurzen Abstract (1 bis max. 2 Seiten) bis zum 1. April 2009 an eine der folgenden Adressen zu schicken:

Deutscher Ansprechpartner:
PD Dr. Volker Zimmermann
Katedra nĕmeckých a rakouských studií
Institut mezinárodních studií FSV UK
U Kříže 8
150 00 Praha 5
zimmermv@uni-duesseldorf.de

Slowakische Ansprechpartnerin:
Dr. Edita Ivaničková
Historický ústav SAV
Klemensova 19
813 64 Bratislava
histivan@savba.sk

Tschechischer Ansprechpartner:
Doc. Dr. Miloš Řezník
Technische Universität Chemnitz
Europäische Regionalgeschichte
D-09107 Chemnitz
milos.reznik@phil.tu-chemnitz.de

Programm

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PD Dr. Volker Zimmermann
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150 00 Praha 5
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