Zweiter Kalter Krieg und Friedensbewegung: Der NATO-Doppelbeschluss in deutsch-deutscher und transatlantischer Perspektive

Zweiter Kalter Krieg und Friedensbewegung: Der NATO-Doppelbeschluss in deutsch-deutscher und transatlantischer Perspektive

Veranstalter
Deutsches Historisches Institut, Washington D.C. Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Veranstaltungsort
Hertie School of Governance, Quartier 110, Friedrichstraße 180, 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.03.2009 - 28.03.2009
Deadline
20.03.2009
Von
Deutsches Historisches Institut Washington D.C. und Institut für Zeitgeschichte München-Berlin

Im „Gedenk-Marathon“ des Jahres 2009 gerät eine wichtige Zäsur des Kalten Krieges zu Unrecht in den Hintergrund: der NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979. Damals beschloss die NATO für den Fall eines Scheiterns der Rüstungskontrollverhandlungen mit der UdSSR das westliche Mittelstreckenpotential als Gegengewicht zu neuen sowjetischen SS-20-Raketen zu modernisieren. Dies hatte unmittelbare Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen sowie auf die innere Entwicklung europäischer und nordamerikanischer Gesellschaften: Neben dem fast zeitgleich erfolgten sowjetischen Einmarsch in Afghanistan markierte der NATO-Doppelbeschluss die Wende von einer Ära weltpolitischer Entspannung hin zur neuerlich verschärften Ost-West-Konfrontation im „Zweiten Kalten Krieg“.
Der Beschluss mobilisierte in zahlreichen westlichen Gesellschaften innenpolitisches Protestpotential. Hier formierten sich mit Menschenketten, Sitzblockaden und Großdemonstrationen gesellschaftliche Widerstände von bisher nicht gekanntem Ausmaß gegen die Durchsetzung der Nachrüstung. Aber auch östlich des „Eisernen Vorhangs“ bewegte das Friedensthema zahlreiche Menschen.

Anläßlich des 30. Jahrestags des NATO-Doppelbeschlusses beleuchtet eine gemeinsame Konferenz des Instituts für Zeitgeschichte München–Berlin und des Deutschen Historischen Instituts Washington, D.C., diese historische Wegmarke auf der Basis jüngster Forschungsergebnisse und neu zugänglicher Quellen. Im Sinne einer konsequenten Internationalisierung der Zeitgeschichte trägt die Konferenz nicht nur dem dabei zentralen westdeutsch–amerikanischen Verhältnis Rechnung, sondern darüber hinaus der gesamteuropäischen Dimension dieser Entscheidung. Der Fokus wird nicht nur auf die rivalisierenden Supermächte USA und UdSSR und die beiden deutschen Staaten gerichtet, sondern auch auf Politik und gesellschaftliche Reaktionen in Großbritannien, Italien, den Niederlanden, in Frankreich und Polen.

Der NATO-Doppelbeschluss wird dabei methodisch in seinen transatlantischen, innereuropäischen und gesellschaftlichen Kontext eingebettet. Das Interesse richtet sich auf die Verknüpfung von Staat und Gesellschaft, von weltpolitischen Akteuren und heimischem Publikum ebenso wie auf transnationale Kooperationen innerhalb der Friedensbewegung(en) und der Elitennetzwerke der sogenannten „strategic community“. Was waren in Ost und West die langfristigen gesellschaftlichen Folgen der Konfrontation zwischen politischem „Establishment“ und Friedensbewegung? Wurde paradoxer Weise mit dem Doppelbeschluss vielleicht letztlich sogar der Grundstein zur Überwindung des Kalten Krieges gelegt? Führende Experten aus Deutschland, Europa und den USA suchen Antworten auf diese Fragen zu geben.

Prominente Akteure der damaligen Zeit – Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher; Karsten Voigt, Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, damals außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion; Rainer Eppelmann, „friedensbewegter“ Pfarrer in Ost-Berlin und letzter Verteidigungsminister der DDR; Marie-Luise Beck, Gründungsmitglied der GRÜNEN und als MdB Mitglied des Auswärtigen Ausschusses – erinnern zudem in einer öffentlichen Podiumsdiskussion an die damals heiß diskutierten Fragen.

Programm

Donnerstag, 26. März 2009

Grußworte

14.00 – 14.30 Uhr

Sektion I
Die Supermächte: Politische Entscheidungen und Reaktionen

Moderation: Detlef Junker, Universität Heidelberg

14.30 – 16.30 Uhr

Die amerikanische Nuklearstrategie im Wandel: SALT II, die Westeuropäer und der NATO-Doppelbeschluss
Michael Ploetz, IfZ München-Berlin

Verhandlungen und Stationierung: Die USA und die Implementierung des NATO-Doppelbeschlusses
Klaus Schwabe, RWTH Aachen

Sowjetische Euro-Raketenrüstung und Auseinandersetzung mit den Reaktionen des Westens. Motivationen und Entscheidungen
Gerhard Wettig, Kommen

16.30 – 17.00 Uhr: Kaffeepause

Sektion II
Zeitzeugenforum

Moderation: Horst Möller, IfZ München-Berlin

17.00 – 19.00 Uhr

Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister a. D.
Marieluise Beck, Mitglied des Deutschen Bundestages
Rainer Eppelmann, Vorsitzender der Bundesstiftung zur
Aufarbeitung der SED-Diktatur
Karsten Voigt, Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit

Freitag, 27. März 2009

Sektion III
Der NATO-Doppelbeschluss in deutsch-deutscher Perspektive

Moderation: Joachim Scholtyseck, Universität Bonn

9.00 – 10.30 Uhr

Der Weg zum NATO-Doppelbeschluss in westdeutscher Perspektive: Die Politik der Regierung Schmidt-Genscher
Tim Geiger, IfZ München-Berlin

Von der „Wende“ zur Nachrüstung: Die Politik der Regierung Kohl-Genscher
Andreas Rödder, Universität Mainz

10.30 – 11.00 Uhr: Kaffeepause

11.00 – 12.30 Uhr

Doppelbeschluss und Nachrüstung als innerparteiliches Problem der SPD
Friedhelm Boll, Universität Kassel

Zwischen Unterstützung und Ablehnung der sowjetischen Linie: Die DDR, der Doppelbeschluss und die Nachrüstung
Hermann Wentker, IfZ München-Berlin

12.30 – 14.00 Uhr: Mittagspause

Sektion IV
Der NATO-Doppelbeschluss und die Friedensbewegung in Ost und West

Moderation: Ursula Lehmkuhl, Freie Universität Berlin

14.00 – 16.00 Uhr

Von den USA nach Westeuropa: Friedensbewegung als
transnationales Phänomen der westlichen Welt
Martin Klimke, DHI Washington
Die westdeutsche Friedensbewegung im Spannungsfeld
zwischen Ost und West
Helge Heidemeyer, BStU Berlin

Zwischen Staat und Kirche, zwischen Ost und West:
Die Friedensgruppen in der DDR
Detlef Pollack, Universität Münster

16.00 – 16.30 Uhr: Kaffeepause

Sektion V
Gesellschaftliche Auswirkungen von NATO-Doppelbeschluss und Friedensbewegungen

Moderation: Ronald Granieri, University of Pennsylvania,
Philadelphia

16.30 – 18.30 Uhr

Die gesellschaftlichen Auswirkungen in der Bundesrepublik
Philipp Gassert, DHI Washington

Zwischen Militarisierung und abnehmender Systemloyalität:
Die ostdeutsche Gesellschaft an der Wende zu den 1980er Jahren
Anja Hanisch, IfZ München-Berlin

Schrittmacher, Störenfried oder Zaungast?
Die amerikanische Friedensbewegung und das Ende des Kalten Krieges
Wilfried Mausbach, Universität Heidelberg

Samstag, 28. März 2009

Sektion VI
Doppelbeschluss und Nachrüstung in der NATO und im Warschauer Pakt

Moderation: Beate Neuss, Universität Chemnitz

9.00 – 11.00 Uhr

Großbritannien: Zwischen Unterstützung für den Doppelbeschluss und „Campaign for Nuclear Disarmament“
Beatrice Heuser, University of Reading
Kristian Stoddart, University of Southampton

Die Niederlande: Unklare Regierungslinie und starke Friedensbewegung
Beatrice de Graaf, Universiteit Leiden

Italien und der Kampf um die „Euromissili“
Leopoldo Nuti, Università Roma Tre

11.00 – 11.30 Uhr: Kaffeepause

11.30 – 13.00 Uhr

Polen und die Nachrüstung: Solidarność und sonst kein Thema?
Mark Kramer, Harvard University

Frankreich: Unbeeinträchtigte Unterstützung für den
Doppelbeschluss?
Georges-Henri Soutou, Université de Paris IV (Sorbonne)

13.00 – 13.30 Uhr: Mittagspause

Sektion VII
Resümierende Abschlussdiskussion

Die Bedeutung des NATO-Doppelbeschlusses für Politik und Gesellschaft in der Ost-West-Konfrontation

Moderation: Hans-Peter Schwarz, Universität Bonn

13.30 – 15.00 Uhr

Diskutanten:
Helmut Altrichter (Universität Erlangen-Nürnberg),
Eckart Conze (Universität Marburg),
Jost Dülffer (Universität Köln),
Helga Haftendorn (Freie Universität Berlin),
Jeffrey Herf (University of Maryland).

Eintritt zu allen Veranstaltungen frei.

Programmübersicht unter:
http://www.ghi-dc.org/files/pdf/2009/conferences/kalterkrieg/kalterkrieg_prog.pdf

Weitere Informationen:
http://www.ghi-dc.org/index.php?option=com_content&view=article&id=785&Itemid=361p;Itemid=361

Kontakt

Hannelore Georgi

Institut für Zeitgeschichte München-Berlin

03084370511
03084370520
georgi@ifz-muenchen.de

http://www.ghi-dc.org/files/pdf/2009/conferences/kalterkrieg/kalterkrieg_prog.pdf und http://www.ifz-muenchen.de/tagung nato-doppelbeschluss-html
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