Historische Gerechtigkeit. Geschichtspolitik im Vergleich

Historische Gerechtigkeit. Geschichtspolitik im Vergleich

Veranstalter
Arbeitskreis „Politik und Geschichte“ in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in Kooperation mit dem Fritz-Bauer-Institut. Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Frankfurt am Main
Veranstaltungsort
Ort
Frankfurt am Main
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.11.2009 - 28.11.2009
Deadline
30.04.2009
Von
Schmid, Harald

Gerechtigkeit ist eines der ältesten Themen der politischen Philosophie. Leitbilder gerechten Handelns sind grundlegend für Politik und Gesellschaft, und zwar unabhängig vom jeweiligen Regierungssystem, wenngleich die konkreten formalen und materialen Vorstellungen und Praxen der Gerechtigkeit höchst unterschiedlich sind. Gelten diese, in der Regel auf soziale Gerechtigkeit bezogenen allgemeinen Leitbilder auch für den Komplex „historische Gerechtigkeit“ oder ist das Bemühen um Aufklärung von Staatsverbrechen und um Ausgleich für vergangenes Unrecht ein ideologisches Konzept oder ein bloß temporäres Produkt des „Jahrhunderts der Extreme“ (Eric J. Hobsbawm)?

Die regulative Idee historischer Gerechtigkeit hat sich zu einem Zentralthema des 20. und 21. Jahrhunderts entwickelt: Weltkriege, diktatorische Herrschaften, Genozide und Völkervertreibungen haben den Blick von Wissenschaft und Politik auf die „Opfer der Geschichte“ und auf die Bearbeitung der Folgen belastender Vergangenheit gelenkt. Insofern ist der Umgang mit historischem Unrecht mittlerweile zu einem etablierten Feld der Res publica geworden – national und international. Die wichtigsten Signalwörter dieses Diskurses heißen Opfer und Täter, Schuld und Verantwortung, Reparation und Wiedergutmachung, Erinnern und Vergessen, Vergebung und Versöhnung.

Was kann „historische Gerechtigkeit“ bedeuten? Welche Zwecke sind mit diesem Handlungskomplex verbunden und welche Akteure treten hier auf? In welchem Verhältnis stehen Vorstellungen und Realisierungschancen historischer Gerechtigkeit zu den Bedingungen politischer Systemtransformation? Sind sie eine Folge geschichtspolitischer Intervention und gedächtnisgeschichtlicher Rezeption? Mit diesen und weiteren Fragen setzt sich die Tagung theoretisch und empirisch auseinander. Leitende Perspektive ist die Frage nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten, Übereinstimmungen und Unterschieden von Gerechtigkeitsvorstellungen und -praxen verschiedener politischer Systeme und Akteure. Die Tagung richtet sich insbesondere an Politik- und Geschichtswissenschaftler/innen ebenso wie an (politische) Philosophen, aber auch an Experten, die in themenrelevanten Handlungsfeldern praktisch tätig sind.

Aufgrund unseres Tagungskonzepts möchten wir gezielt acht Vorträge einwerben, die unterschiedliche Konstellationen im Handlungsfeld historischer Gerechtigkeit untersuchen. Wir planen vier Panels, in denen wir uns zum einen mit Fällen befassen, in denen Staaten mit anderen Staaten um diese Gerechtigkeit ringen, zum anderen mit solchen Fällen, in denen Staaten und nichtstaatliche Gruppen in dieser Frage aufeinandertreffen. Konkret haben wir vier unterschiedliche Fallbeispiele historischer Staatskriminalität ausgewählt: Panel 1 greift den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden auf, Panel 2 den Algerienkrieg Frankreichs, in Panel 3 geht es um den Vietnamkrieg der USA, und Panel 4 thematisiert die stalinistische Repression in Russland. Vier Referate sollen die zwischenstaatliche Auseinandersetzung um Gerechtigkeit aufgreifen (Frankreich/Algerien und USA/Vietnam), vier weitere sollen sich mit der Aufarbeitung staatlicher Verbrechen gegenüber einem Bevölkerungsteil auseinandersetzen (Deutschland/Juden und Russland/Stalinismus-Opfer). Gemäß des Tagungskonzepts soll jedes Panel mit zwei Vorträgen besetzt werden, um im Rahmen der ausgewählten Ereigniskomplexe aus je spezifischer Perspektive der Hauptakteure die gegenläufigen Interessen gezielt zu beleuchten. Wir suchen also jeweils einen Vortrag zu folgenden Aspekten des Generalthemas der Tagung:

Panel 1:
- Der/die deutsche/n Staat/en nach 1945
- Juden in Deutschland nach 1945

Panel 2:
- Der französische Staat
- Der algerische Staat

Panel 3:
- Der US-amerikanische Staat
- Der vietnamesische Staat

Panel 4:
- Der russische Staat
- Die Opfer des stalinistischen Terrors

Für diese acht Fallstudien möchten wir Referentinnen und Referenten einladen, auf der Tagung einen Vortrag zu halten. Bitte senden Sie bei Interesse ein Exposé inklusive Angaben zur Person (max. eine Seite Umfang) bis spätestens zum 30. April 2009 an dvpw-akpug@freenet.de.

Bitte beachten Sie, dass der Arbeitskreis „Politik und Geschichte“ keine eigenen finanziellen Mittel besitzt. Deshalb können wir Fahrt- und Übernachtungskosten leider nicht übernehmen.

Programm

Kontakt

Harald Schmid

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

dvpw-akpug@freenet.de

http://www.uni-stuttgart.de/soz/avps/pug/
Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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