Alles in Scherben!...? Film – Produktion und Propaganda in Europa 1940–1950. 21. Internationaler Filmhistorischer Kongress

Alles in Scherben!...? Film – Produktion und Propaganda in Europa 1940–1950. 21. Internationaler Filmhistorischer Kongress

Veranstalter
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung und Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin; Forschungsstelle für Zeitgeschichte (ZFH) an der Universität Hamburg
Veranstaltungsort
Gästehaus der Universität Hamburg, 20148 Hamburg, Rothenbaumchaussee 34
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.11.2008 - 22.11.2008
Von
Roschlau, Johannes

Ein Jahrzehnt im Ausnahmezustand steht im Mittelpunkt von cinefest 2008, dem von CineGraph, Hamburg, und Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin, zusammen mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte (ZFH) an der Universität Hamburg veranstalteten V. Internationalen Festival des deutschen Film-Erbes (15.-23.11.2008), und dem damit verbundenen 21. Internationalen Filmhistorischen Kongress. Die Veranstaltungen konzentrieren sich nicht – wie in Filmwissenschaft und Filmliteratur üblich – entweder auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs oder die Nachkriegszeit, sondern nehmen die 1940er Jahre als Ganzes in den Blick.

Statt der Zäsur des Jahres 1945 und dem Konstrukt einer »Stunde Null« betont diese Perspektive die Faktoren, die über den gesamten Zeitraum – unter veränderten politischen Verhältnissen und in unterschiedlichen Ausprägungen – die Filmproduktion in Deutschland und Europa wesentlich beeinflussten und sich damit auch in die Filme der Zeit einschrieben: Strikte politische Kontrolle des öffentlichen Lebens, ideologische Lenkung und propagandistische Instrumentalisierung der Medien, Zerstörung der Infrastruktur und Mangelwirtschaft sowie die Infragestellung bzw. Auflösung gesellschaftlicher Werte und Normen. Der Fokus auf das ganze Jahrzehnt erlaubt es dem heutigen Betrachter, nicht nur Kontraste, sondern auch Querverbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen den Produktionen der frühen und späten 1940er Jahre zu erkennen.

Der Internationale Filmhistorische Kongress beschäftigt sich insbesondere mit dem Spannungsfeld von Beharrung und Neuanfang, in dem sich die Filmproduktion nach 1945 in Deutschland und Österreich, aber auch in ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern bewegte. Dabei ist vor allem danach zu fragen, wo die evidenten politischen Brüche auch zu Veränderungen führten und welche Faktoren für inhaltliche, ästhetische, personelle, institutionelle und wirtschaftliche Kontinuitäten sorgten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Filmen und Genres, in denen die propagandistische Indienstnahme und die ideologische Wirkung des Mediums besonders deutlich werden.

Im dokumentarischen Bereich, der für die »harte« Propaganda zuständig war, werden die Entwicklung der Wochenschauen und Kulturfilme sowie die Karrieren ihrer Kameraleute und Regisseure Thema sein. Zudem widmet sich der Kongress mit einem Panel über die Produktion von Propagandafilmen für die Bevölkerung der besetzten osteuropäischen Länder und die deutsch-kroatischen Filmzusammenarbeit zwei bisher weitgehend unerforschten Aspekten der NS-Films. Auch die NS-Filmpolitik in den okkupierten westeuropäischen Ländern ist Gegenstand mehrere Vorträge, die die nationalsozialistische Reorganisation des Filmwesens in Frankreich, Belgien und den Niederlanden und ihr Fortwirken beim Neuaufbau der dortigen Kinematografie in den Jahren nach der Befreiung untersuchen.

Im Spielfilmbereich steht die Entwicklung von Rollenmodellen und Geschlechterbildern in Zeiten des gesellschaftlichen Ausnahmezustands im Mittelpunkt zweier weiterer Panels. Dabei ist vor allem von Interesse, welche (Leit-)Bilder von Jugendlichen und Frauen gezeichnet und welche Ansprüche in dieser Extremsituation an sie herangetragen werden. Nicht zuletzt wird der Umgang mit dem NS-Filmerbe in der frühen Nachkriegszeit in einem Panel beleuchtet, das die Strategien der alliierten Kontrollpolitik und die Präsenz der NS-Filme im Nachkriegskino diskutiert.

Programm

Metropolis-Kino (Steindamm 54)
19:00 Eröffnungsfilm: ... UND WIEDER 48! (SBZ 1948. Regie: Gustav von Wangenheim, 100 min)
Im Anschluss laden wir zu einem Umtrunk im Metropolis.

Donnerstag, 20. November 2008

Gästehaus der Universität (Rothenbaumchausee 34)
09:00 Begrüßung

09:15 – 12:00 Panel 1:KONTINUITÄTEN IN WOCHENSCHAU UND DOKUMENTARFILM

Hans Peter Fuhrmann, Hamburg: Ähnlichkeiten in der Form, Brüche bei den Konzeptionen. Wochenschauen in Deutschland vom Kriegsbeginn bis in die frühen 1950er Jahre

Günther Agde, Berlin: Von der Front aufs Baugerüst. Kontinuitäten und Brüche in Dokumentarfilmbildern deutscher Wochenschau-Kameraleute 1940 – 1950

Kay Hoffmann, Stuttgart: Ein wirklicher Neuanfang blieb aus. Zum Kulturfilm der 1940er und 1950er Jahre

12:00 Buchvorstellung: Prag-Film AG 1941-1945. Im Spannungsfeld zwischen Protektorats- und Reichs-Kinematografie. (Tereza Dvořáková, Ivan Klimeš), u.a.

13:30 – 16:00 Panel 2: NS-FILMPROPAGANDA IN OSTEUROPA

Ralf Forster, Berlin/Potsdam: Deutsche Filmpropaganda im »Ostraum«.
Die Zentral-Filmgesellschaft Ost 1941-45

Hans-Joachim Schlegel, Berlin: Strategien der Propagandafilme für die »Ostvölker«

Daniel Rafaelic, Zagreb: German-Croatian cinema-collaboration from 1941 to 1945

Metropolis-Kino
17:00 Kurzfilmprogramm: NS-Filmpropaganda für die besetzten Ostgebiete
DER FÜHRER UND SEIN VOLK (D 1941, Alfred Stöger, Fragment), 13 min
ROTER NEBEL (D 1942, Vahagen Badal), 17 min
WIR FAHREN NACH DEUTSCHLAND (D 1942/43, George Dahlström), 25 min, deutsch eingesprochen
WIR LEBEN IN DEUTSCHLAND (D 1943, Eberhard Lösser), 20 min
Einführung: Hans-Joachim Schlegel, Berlin

19:00 SOLDATEN VON MORGEN (D 1941, Alfred Weidenmann), 18 min
JUNGENS (D 1940/41, Robert A. Stemmle), ca. 85 min. Mit Einführung und Diskussion

21:00 ...UND WENN'S NUR EINER WÄR'...(SBZ 1948/49, Wolfgang Schleif), 85 min. Einführung: Christiane Mückenberger

Freitag, 21. November 2008

Gästehaus der Universität
09:00 – 12:00 Panel 3:ROLLENMODELLE

Irina Scheidgen, Hamburg: Frauenbilder im NS-Film der Kriegszeit

Anja Berens, Kassel: Aufbruch zur Kontinuität – Kontinuität im Aufbruch. Geschlechterkonstruktionen im west- und ostdeutschen Nachkriegsfilm 1945–1952

Tim Gallwitz, Hamburg: Vergangenheitsbewältigung und Umerziehung in Ost und West. Remigranten werben um die akademische »Jugend«: Gustav von WANGENHEIMS ...UND WIEDER 48 und Fritz Kortners DER RUF.

12:00 DVD-Vorstellung: Filme und Mediencollagen 1975-1986 (Lutz Dammbeck), u. a.

13:30 – 16:00 Panel 4: JUGENDFILME

Ines Steiner, Wien/Frankfurt a.M.: »Fliegen ist ein Stück Religion«. Fliegermythen im NS-Jugendfilm

Christiane Mückenberger, Potsdam: Motive und Ziele der frühen DEFA-Jugendfilme

Metropolis-Kino
17:00 Doppelprogramm: Propagandafilme ehemaliger Sowjet-Avantgardisten
ÛNYI FRIC (DER JUNGE FRITZ) (SU 1943, Grigorji Kosincev, Leonid Trauberg), 30 min, OF, deutsch eingesprochen
KLÂTVA TIMURA (TIMURS SCHWUR) (SU 1942, Lev Kulešov), 55 min, OF, deutsch eingesprochen
Einführung: Hans-Joachim Schlegel, Berlin

19:00 BESATZUNG DORA (D 1942/43, Karl Ritter), 90 min
Mit Einführung und Diskussion (Jan Distelmeyer u. a.)

21:00 AMERIKA SIEHT SICH SELBST (D 1942), 13 min
HITLER'S CHILDREN (US 1943, Edward Dmytryk), 83 min, OF

Samstag, 22. November 2008

Gästehaus der Universität
09:00 – 11:45 Panel 5: DAS NS-FILMERBE

Isa van Eeghen, München: Western Allied control of Third Reich feature films. From radical »deintoxication« plans to a tripartite list of forbidden films

Thomas Brandlmeier, München: Überläufer, alte deutsche Tonfilme und alliierte Filme im deutschen Nachkriegskino

Rainer Dick, Kaiserslautern: Zwischen Typecast und Arbeitslosigkeit. Schauspieler und ihre Rollenfestlegung vor und nach dem Neuanfang

11:45 Projektvorstellung: Lost Films (Jürgen Keiper)

13:15 – 15:30 Panel 6: FILMPRODUKTION IN WESTEUROPA UNTER DEUTSCHER BESATZUNG

Roel Vande Winkel, Ghent; Brett Bowles, Albany: Reassessing Alfred Greven and the Export of German Cinema

Egbert Barten, Wormerveer: The Dutch Connection. Alfred Greven's dealings with Dutch film industry and the short-lived company Nederland Film (1941-1944)

Robert Fischer, München: André Bazin und das Kino der Besatzung und des Widerstands

15:30 – 16:00 Abschlussdiskussion

Metropolis-Kino
17:00 VENUS VOR GERICHT (D 1941, Hans H. Zerlett), 86 min
Mit Einführung und Diskussion

19:00 YOUR JOB IN GERMANY (US 1945, Ted Geisel, Anatole Litvak), 11 min, OF
HALLO, FRÄULEIN! (D 1949, Rudolf Jugert), 91 min. Einführung: Rainer Dick, Kaiserslautern

21:00 QUAI DES ORFEVRES (FR 1947, Henri-Georges Clouzot), 105 min, OmeU. Einf.: Robert Fischer, München

Sonntag, 23. November 2008

Metropolis-Kino
17:00 VOR UNS LIEGT DAS LEBEN (D 1948, Günther Rittau), 92 min. Zu Gast: Michael Günther

19:00 DIE SCHWARZE ROBE (D 1943/44, Fritz Peter Buch), 105 min. Einführung: Irina Scheidgen, Hamburg

21:00 EIN EXPERIMENT (D 1949, Rudolf Krohne), 10 min
DER RUF (D 1948/49, Josef von Baky), 104 min. Einführung: Tim Gallwitz, Hamburg

Kontakt

Johannes Roschlau, Erika Wottrich

Schillerstr. 43
22767 Hamburg
040-352194, 040-18884566
040-345864
kongress@cinegraph.de, roschlau@cinegraph.de
wottrich@cinegraph.de

www.cinefest.de, www.cinegraph.de