Emotionen und historisches Lernen revisited

Emotionen und historisches Lernen revisited

Veranstalter
Juliane Brauer, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin; Martin Lücke, Freie Universität Berlin
Veranstaltungsort
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Lentzeallee 94, 14195 Berlin, Großer Sitzungssaal
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
06.07.2011 - 08.07.2011
Deadline
26.06.2011
Von
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Forschungsbereich Geschichte der Gefühle (Karola Rockmann)

In den 1980er Jahren gab es in der Geschichtsdidaktik erstmals die Bereitschaft, über Erkenntnisse der Lernpsychologie in Bezug auf historische Bildung nachzudenken. Zu einem vorläufigen Abschluss erster zaghafter Überlegungen kam es mit der im Jahr 1992 stattgefundenen Tagung zum Thema „Emotionen und historisches Lernen“. Dem 1994 erschienenen Tagungsband sind zwei bemerkenswerte Sachverhalte zu entnehmen: Zum einen wird Emotionalität als eine spezifisch geschichtsdidaktische Kategorie erkannt – gerade hinsichtlich der sich in den 1990er Jahren etablierenden Alltags- und Mentalitätsgeschichte. Zum anderen scheint in fast allen Beiträgen eine bedenkenswerte Angst vor Emotionen durch.

Fast zwanzig Jahre später und nach einem „emotional turn“ in der Geschichtswissenschaft müssen die damaligen Befürchtungen überdacht werden. In der Alten Geschichte und der Geschichte des Mittelalters beispielsweise wird zunehmend nach der Bedeutung von Emotionen in der Strukturierung des sozialen Raumes gefragt. Interessanterweise erfolgt ausgerechnet für diese vergleichsweise quellenarmen historischen Zeiten der methodische Zugriff auf Alltagsbereiche über die Fokussierung auf Emotionen. Aber auch in der Neueren Geschichte und Zeitgeschichte wird nach der Wirkmächtigkeit von Emotionen in historischen Prozessen gefragt und es geraten insbesondere ihre sozialen Repräsentationsformen in den Blick. Das historiografische Interesse an Gefühlen – so belegen diese neueren Überlegungen bereits – ermöglicht durch ein Neu-Lesen der vorhandenen Quellen einen analytischen Nahblick auf bisherige historische ‚Dunkelkammern’ und liefert Deutungsmuster für soziale Prozesse. Angesichts einer beachtlichen Zahl von Publikationen, die vielversprechende Konzepte zur Integration von Emotionen als Analysekategorie für die Geschichtsschreibung anbieten, ist es an der Zeit, neue Vorschläge zu unterbreiten und zu diskutieren, wie Emotionen auch für einen theoretisch innovativen Zugriff auf die Konzeption historischen Lernens genutzt werden kann.

Ziel der Tagung ist es, erste Standards zu formulieren, an denen sich zukünftig historisches Lernen mit und über Emotionen orientieren kann. Die Beiträge werden als Grundlage und Anregung zur weiteren Diskussion in Lehre und Forschung verstanden.

Auf der geplanten Tagung werden Geschichtsdidaktikern/innen und Vertreter/innen der fachhistorischen Forschung Potenziale von Emotionen für das historische Lernen benennen und diskutieren. Dabei werden zwei Richtungen verfolgt: Zum einen, welchen systematischen Ort Emotionen in historischen Lernprozessen einnehmen können, welchen Beitrag sie also bei der Ausbildung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins leisten, welche Funktion ihnen bei der Genese historischer Identitäten zukommt und ob sie etwa auch produktiv genutzt werden können, wenn Vergangenes historisch imaginiert wird. Zum zweiten – hier gerät historisches Lernen über Emotionen ins Blickfeld – soll auf der Tagung untersucht werden, wie die Geschichte der Emotionen zum Thema historischen Lernens werden kann, also was vergangene Emotionen für die historische Sinnbildung bedeuten und ob sie historisches Fremdverstehen fördern können.

Programm

Mittwoch, 6. Juli 2011

15.00 – 15.30
Willkommen und Einführung

Juliane Brauer (MPI für Bildungsforschung Berlin)
Martin Lücke (Freie Universität Berlin)

15.30 – 16.00
Ute Frevert (MPI für Bildungsforschung Berlin): Bildungsforschung und die Geschichte von Gefühlen

16.00 - 16.15

Kaffeepause

16.15 – 17.45

Keynote
Bodo von Borries (Universität Hamburg): Emotionen und historisches Lernen – Bilanzen und Ausblicke
Moderation: Juliane Brauer und Martin Lücke
17.45 – 19.00

Abendempfang

Donnerstag, 7. Juli 2011

9.00 – 11.00
Panel 1: Lernen, Erinnern und Emotionen: Theoretische und empirische Einblicke in lernpsychologische und kulturwissenschaftliche Forschung
Chair: Laura Martignon (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

1. Vortrag Reinhard Pekrun (Ludwig-Maximilians-Universität München): Emotionen und Lernen

2. Vortrag Juliane Brauer (MPI für Bildungsforschung Berlin): Erinnern, Vergessen und Emotionen. Geschichtskulturelle Perspektiven

Kommentar: Susanne Popp (Universität Augsburg)

11.00 – 11.30

Kaffeepause

11.30 – 13.30

Panel 2: Emotionen und Grundbegriffe historischen Lernens
Chair: Anne Schmidt (MPI für Bildungsforschung Berlin)

1. Vortrag Carlos Kölbl (Universität Hannover): Emotionspsychologie und Geschichtsbewusstseinsforschung - eine fruchtbare Kontaktperspektive?

2. Vortrag Johannes Meyer-Hamme (Universität Hamburg): Historische Identitäten, Emotionen und historisches Lernen

Kommentar: Wolfgang Hasberg (Universität zu Köln)

13.30 – 14.30

Mittagspause

14.30 – 16.30

Panel 3: Emotionen und Prinzipien historischen Lernens
Chair: Christina Isabel Brüning (Freie Universität Berlin)

1. Vortrag Michele Barricelli (Leibniz Universität Hannover): Historisches Erzählen und narrative Emotion – ein unwiderstehliches Verhältnis, geschichtsdidaktisch betrachtet

2. Vortrag Vadim Oswalt (Justus-Liebig-Universität Gießen): Multiliteracies, Emotionen und historische Imagination

Kommentar: Bärbel Völkel (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

16.30 – 18.00

Pause

18.00 – 19.30

Abendvortrag am Friedrich-Meinecke-Institut, Koserstr. 20, Hörsaal B
Jörn Rüsen (Private Universität Witten/Herdecke gGmbH): Historisch trauern – geschichtskulturelle Überlegungen zum ästhetisch-emotionalen Umgang mit dem Holocaust

Moderation: Juliane Brauer und Martin Lücke

anschließend Abendempfang mit Imbiss

Freitag, 8. Juli 2011

9.00 – 11.00

Panel 4: Emotionengeschichte als Thema historischen Lernens: Inhalte
Chair: Bea Lundt (Universität Flensburg)

1. Vortrag Benno Gammerl (MPI für Bildungsforschung Berlin): Homosexualität und Gefühlsleben in der Bundesrepublik Deutschland

2. Vortrag Natalija Basic (Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung): Feindbilder, Konflikte, Emotionen

Didaktische Konstruktion: Martin Lücke (Freie Universität Berlin)

11.00 – 11.30

Kaffeepause mit Imbiss

11.30 – 13.30

Panel 5: Emotionengeschichte als Thema historischen Lernens: Zugänge
Chair: Irmgard Zündorf (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)

1. Vortrag Berit Pleitner (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg): Angeregt - mitgerissen - überwältigt? Emotionen als Element von Re-enactment und musealen Präsentationen

2. Vortrag Christine Gundermann (Freie Universität Berlin): Emotionale Codierung historischer Fakten? Comics als Medium historischen Lernens

Kommentar: Alfons Kenkmann (Universität Leipzig)

13.30 – 14.30

Abschlussplenum

Juliane Brauer (Max-Planck-Institut MPI für Bildungsforschung Berlin)
Martin Lücke (Freie Universität Berlin)

Kontakt

Karola Rockmann

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Lentzeallee 94, 14195 Berlin
030/824 06 379

rockmann@mpib-berlin.mpg.de

http://www.emotionen-historischeslernen.de/
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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