Centre Marc Bloch de Recherches en Sciences Sociales, Berlin

Seminarreihe in Zusammenarbeit mit der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales "Um die Geschichte... konstruiert sich die Nation" - "Autour de l'histoire s'ecrit la nation"

3. Arbeitstagung:

"Die Woerter der Macht, die Macht der Woerter"

13.- 14. April 1997

Wer nationale Entwicklungen in ihrer Vielfalt erfassen will, kann heute auf das Instrumentarium der Diskursanalyse nicht mehr verzichten. Seit Herder ist die Konstituierung der Nation in bezug auf Sprache und "Volk" gedacht worden. Die geographische oder soziale Diskrepanz zwischen Sprache und Bevolkerung hat im Laufe unseres Jahrhunderts zu vielen Konflikten gefuehrt, kriegerischen ebenso wie unkriegerischen.Wenn man gleichzeitig beobachtet, das die politische Aneignung einer Sprache, ihre "Aussprache" und Artikulation ebenso wie ihre Repraesentation, aktiver Bestandteil des politischen Geschehens ist, wird man sich besonders dafuer interessieren, wie sich diese Verknuepfungen zu ihrer oeffentlichen Wahrnehmung verhalten. Jede kritische Problematisierung von Nationalgeschichten und nicht zuletzt auch der juengsten Veranderungen in Mitteleuropa verweist zwangslaeufig auch auf sprachliche "Einsaetze": Welche Sprache fur welches Volk? In welcher Sprache artikuliert sich die Macht? Wie laesst sich das diskursive Dispositiv definieren, das der jeweils vorgegebenen Normalitat entspricht? Gestuetzt auf neuere linguistische und historische Forschungen werden die Teilnehmer der Arbeitstagung versuchen, diesen und aehnlichen Fragen anhand verschiedener Problemstraenge (Sprache/Volk, Macht/Widerstand/Normalitaet, nationaler Diskurs und Sprachtransfer) und Fallbeispielen nachzugehen: Franzoesische Revolution, nationalsozialistisches Deutschland, DDR und BRD, sowjetisches und postsowjetisches Russland, schlieslich auch: das europaeische Judentum und sein nationales Erwachen. Da der amerikanische "linguistic turn" inzwischen auch in deutschen akademischen Kreisen heftig diskutiert wird, soll diese interdisziplinaere und internationale Arbeitstagung zugleich eine Gelegenheit bieten, ueber gewisse "Einsaetze" dieser Debatte nachzudenken, die nicht nur epistemologische, sondern auch methodische und empirische Fragen aufwirft.

Tagungsort:

Programm

Sonntag, den 13. April 1997
16 h 30 - 19 h 30

Eroeffnung:

• Etienne Francois (Centre Marc Bloch) "La gradualite des mots",
• Oswald Ducrot (EHESS, Paris) "Der Kampf um die judische Sprache: Yiddisch oder Hebraeisch?",
• Delphine Bechtel (Universitaet Paris III, Institut d'tudes germaniques)

Montag, 14. April 1997
10 h - 13 h

• "Woerter wie Arsen. Zur Sprache im Nationalsozialistismus", Peter Schoettler (Centre Marc Bloch Berlin)
• "Macht und Ohnmacht der Worter: Emotionalitaet und Moralitaet im Sprachgebrauch der Oppositionsgruppen wahrend und nach der Wende", Manfred Hellmann (Institut fur deutsche Sprache, Mannheim)
• "Parole ideologique, parole publicitaire: deux formes du discours encratique (Russie sovietique et post-sovietique)", Sergej Zenkin (Moskau)

15 h - 18 h

• "Puissance des concepts et pouvoir du discours dans les debats revolutionnaires sur la 'souverainete nationale' (1790-1795)", Sophie Wahnich (CNRS, Amiens)
• "Die Entwicklung des deutschen Revolutionsbegriffs zwischen 1778 und 1815 im Medium franzoesisch-deutscher Ubersetzungen", Rolf Reichardt (Universitaeten Mainz u. Giessen)
• "Nation, Nationalismus und Normalitat: Aspekte eines aktuellen semantischen Spannungsfeldes aus interdiskursanalytischer Sicht", Juergen Link (Universitat Dortmund)

Marc Bloch: Historiker und Widerstandskampfer 1886-1944

Ausstellung im Foyer der Humboldt-Universitat zu Berlin, Unter den Linden.

25. April - 9. Mai 1997

Veranstalter: Centre Marc Bloch de Recherches en Sciences Sociales, Humboldt- Universitat zu Berlin, Institut Francais de Berlin.

Marc Bloch war einer der grosen Historiker unseres Jahrhunderts. Durch seine Schriften zur Sozial- und Mentalitaeten-Geschichte des Mittelalters sowie zur Theorie der Geschichtsschreibung hat er die Historiographie unserer Zeit massgeblich beeinflusst. Doch Bloch war nicht nur ein herausragender Gelehrter, sondern auch ein aktiver Demokrat, der als Mitglied der Resistance sein Leben fur die Befreiung seines Landes opferte. Am 16. Juni 1944 wurde er in der Naehe von Lyon von der Gestapo erschossen. Die Ausstellung, die kurzlich in Frankreich erarbeitet wurde, stellt die wichtigsten Etappen aus Leben und Wirken des Historikers vor, der im Wintersemester 1908/09 selbst Student der Friedrich-Wilhelms-Universitat zu Berlin war.

Eroeffnung: 25. April, 18 Uhr, im Foyer der Humboldt-Universitat, Unter den Linden 6. In Anwesenheit des franzosischen Botschafters, Sr. Ex. Francois Scheer, sowie des aeltesten Sohnes von Marc Bloch, Herrn Etienne Bloch, Paris.

Eroeffnungsvortrag: Dr. Ulrich Raulff, Frankfurt am Main, "Vom Ursprung zur Aktualitaet. Marc Bloch, die Zeitgeschichte und das Problem der Gegenwart."

Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog (Franzosisch-Englisch). Am Samstag, den 26. April, 9.30 h - 17.30 h, findet ausserdem im Senatssaal der Humboldt-Universitat eine gemeinsam mit dem Centre Marc Bloch durchgefuehrte wissenschaftliche Tagung statt.

Programm:

• Eroeffnung durch Prof. Dr. Etienne Francois, Etienne Bloch (Paris): Marc Bloch, une biographie impossible
• Dr. Peter Schoettler (Berlin): Marc Bloch und das Deutschland seiner Zeit
• Bertrand Mueller (Lausanne): Marc Bloch et les sciences sociales
• Prof. Dr. Otto Gerhard Oexle (Goettingen): Historische Kulturwissenschaft als Aufgabe: Marc Bloch
• Prof. Dr. Ludolf Kuchenbuch (Hagen): Marc Bloch und Karl Marx? Annaeherungen an eine fragliche Beziehung
• Prof. Dr. Michael Borgolte (Berlin): Die Erfindung der europaeischen Gesellschaft. Marc Bloch und die deutsche Verfassungsgeschichte seiner Zeit

(Editor's Note: Leider uebertraegt der ASCII-Code nur sehr unvollkommen die franzoesische Orthographie, verzeihen Sie das z.T. ungewohnte Schriftbild rw)

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