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Psychiatrie - Geschichte- Gesellschaft
Neue Ansaetze zu einer Geschichte der Psychiatrie in der Schweiz 1850-2000
Arbeitstagung in Bern (Unitobler), 13. Januar 2001, 9.00-18.15 Uhr
Tagungsinhalt:
Derzeit steht die Geschichte der Psychiatrie im Brennpunkt des oeffentlichen Interesses. Massgeblich dazu beigetragen haben verschiedene Publikationen zur Rolle der Schweizer Psychiatrie bei der Entwicklung eugenischer Denk- und Handlungsmuster wie etwa bei der Einfuehrung des Sterilisationsgesetzes des Kantons Waadt von 1928 oder im Fuersorgewesen. Ins oeffentliche Zwielicht geraten sind dadurch ebenfalls beruehmte Schweizer Psychiater wie Auguste Forel oder Eugen Bleuler. Obwohl die Oeffentlichkeit bekanntlich selektiv reagiert, zeigt sich heute tatsaechlich ein breites Beduerfnis nach einer differenzierten Beschaeftigung mit der Geschichte der Psychiatrie. Die Geschichte der Psychiatrie ist in der Schweiz traditionell Gegenstand der Medizingeschichte, deren Erkenntnisinteresse lange durch die Beduerfnisse der Medizin bestimmt worden ist. Dies hatte zur Folge, dass die Geschichte der Psychiatrie vielfach losgeloest von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen betrachtet worden ist. Auf der andern Seite war die Geschichte der Psychiatrie stark durch eine politisch motivierte Antipsychiatrie gepraegt, deren Argumentation nicht primaer historisch-wissenschaftliche Ziele verfolgte.
Seit einigen Jahren beschaeftigen sich HistorikerInnen intensiv mit der Geschichte der Psychiatrie in der Schweiz und greifen dabei auf neue theoretische und methodische Ansaetze zurueck. Inzwischen ist in diesem Rahmen eine Vielzahl von Forschungsarbeiten entstanden, so dass sich ein Austausch ueber Methoden und Forschungsgegenstaende einer sozialwissenschaftlich ausgerichteten Psychiatriegeschichte aufdraengt. Die Tagung moechte Forschende, die sich mit der Geschichte der Psychiatrie beschaeftigen, zu einem Gedankenaustausch ueber Methoden sowie Stand und Luecken der Forschung einladen. Im Zentrum steht deshalb einerseits die Praesentation und Diskussion laufender oder abgeschlossener Forschungsprojekte im Rahmen von kleinen Workshops. Andererseits soll in einem Podiumsgespraech der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung der heute viel diskutierten Eugenik im Rahmen der Geschichte der Psychiatrie zukommt.
Tagungsprogramm
Bitte fordern Sie die kostenlose Tagungsbroschuere (mit Infos zu allen ReferentInnen und Abstracts der Referate) an bei: Marietta Meier (marmeier@hist.unizh.ch; Tel: +41-1-364 04 03) oder Martin Lengwiler (Forschungsstelle fuer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Raemistr. 64, 8004 Zuerich, mlengwiler@compuserve.com).
Programm
9'00-9'30: Einleitung (Catherine Fussinger, Université de Lausanne; Martin Lengwiler, Universitaet Zuerich)
9'30-11'30: Workshops I und II (parallel)
Workshop I: Professionalisierung und institutionelle Ausdifferenzierung /
Professionnalisation et différenciation institutionnelle
- Ursula Bausenhart, Universitaet Basel: Professionalisierung auf dem Land:
Handlungsspielraeume von Aerzten im Kantonsspital Liestal um 1930
- Hans Jakob Ritter, Universitaet Basel: Reinheitsvorstellungen der Psychiatrie
in der Schweiz der Zwischenkriegszeit
- Caroline Jagella, Universitaet Zuerich: Auf der Suche nach einer neuen
Sprache fuer das Gehirn und die Gesellschaft: Monakow und Bleuler in Zuerich
1894 bis 1939
Workshop II: PatientInnen und Wissenschaftspraxis I / Patient-e-s et pratique
d'un savoir I
- Alexandre Nugues-Bourchat, Jean-Christophe Vincent, Université de
Lyon: Les dossiers de patientes de l'hôpital psychiatrique du Vinatier
- Geneviève Heller, Université de Lausanne: Les motifs d'admission
dans les asiles et hôpitaux psychiatriques de Cery et de Bel-Air dans
les années 30
- Roswitha Dubach, Universitaet Basel: Arbeit mit Krankengeschichten (1892-1945)
der psychiatrischen Klinik Koenigsfelden: Einige Gedanken und Erkenntnisse
zum methodischem Ansatz
11'30-11'45: Pause
11'45-13'00: Podiumsdiskussion: Psychiatrie und Eugenik in der Schweiz / Psychiatrie et eugenisme en Suisse. TeilnehmerInnen: Jacques Gasser, Université de Lausanne; Regina Wecker, Universitaet Basel; Jakob Tanner, Universitaet Zuerich; Béatrice Ziegler, Universitaet Zuerich. Moderation: Marietta Meier, Universitaet Zuerich; Urs Germann, Universitaet Bern.
13'00-14'30: Mittagessen
14'30-16'30: Workshops III und IV (parallel)
Workshop III: Psychiatrie und Nachbardisziplinen / Psychiatrie et disciplines
voisines
- Hans-Konrad Schmutz, Universitaet Zuerich: Die Steuerung rassenhygienischer
Grundlagenforschung an der Universitaet Zuerich zwischen den beiden Weltkriegen:
Eine historische Fallstudie
- Ursula Hoyningen-Sueess, Universitaet Zuerich, Carlo Wolfisberg, Universitaet
Luzern: Die Professionalisierung der Sonderpaedagogik: Eine
Handlungsalternative zur Psychiatrie?
- Esther Tisa, Universitaet Zuerich: "Alkoholpolitik" versus Psychiatrie?
Das "neue Wissen" ueber Alkohol und Alkoholiker/innen 1880-1920
Workshop IV: PatientInnen und Wissenschaftspraxis II / Patient-e-s et pratique
d'un savoir II
- Claudia Buess, Universitaet Basel: Kranken/GeschichteN: Psychiatrische
PatientInnendossiers als historische Quelle. Eine Methodendiskussion
- Brigitta Bernet, Universitaet Zuerich: Das Schizophrenie-Konzept der
Jahrhundertwende im Kontext von Psychiatrie, Kriminologie und Strafjustiz
- Christoph Schlatter, Universitaet Zuerich: "... dass der Explorand an einer
Homosexualitaet leidet": Homosexuelle Maenner in der Schaffhauser Psychiatrie
1926 bis 1970
16'30-16'45: Pause
16'45-18'15: Schlussdiskussion. Moderation: Catherine Fussinger, Université de Lausanne; Martin Lengwiler, Universitaet Zuerich
Tagungsort
Die Tagung findet an der Unitobler, in den Raeumlichkeiten des Historischen Instituts der Universitaet Bern, statt. Adresse: Historisches Institut, Unitobler, Laenggassstrasse 49, 1. Untergeschoss-1. Obergeschoss, 3000 Bern 9. Lageplan: vgl. http://www.bau.unibe.ch/fakplaene/phil_hist/historie.html. Anreise: vom Hauptbahnhof Bern mit dem Bus Nr. 12 bis Haltestelle "Unitobler". Fuer die Raeumlichkeiten beachten Sie bitte die Plakate am Tagungstag bei den Eingaengen zum Historischen Institut.
Organisation:
Catherine Fussinger, Institut universitaire d'histoire de la médecine et de la santé, Université de Lausanne (cfussinger@vtx.ch) Urs Germann, Schweizerisches Bundesarchiv, Bern (Urs.Germann@bar.admin.ch) Martin Lengwiler, Forschungsstelle fuer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Universitaet Zuerich (mlengwiler@compuserve.com) Marietta Meier, Forschungsstelle fuer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Universitaet Zuerich (marmeier@hist.unizh.ch)
Sponsoren:
Die Tagung wird ermoeglicht ua. durch Beitraege folgender Institutionen: Forschungsstelle fuer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Uni Zuerich, Historisches Seminar der Uni Bern, Institut universitaire d'histoire de la médecine et de la santé, Université de Lausanne
Copyright ©1996-2002, H-Soz-u-Kult · Humanities · Sozial- und Kulturgeschichte