Call for papers

Wissen – Bildung – Gelehrsamkeit: Gelehrte Frauen in der Fruehen Neuzeit?

Workshop 23./24. 6. 2001 an der FU Berlin, Friedrich Meinecke-Institut,

Koserstr. 20, 14195 Berlin

Gab es fuer Frauen in der Fruehen Neuzeit die soziale Rolle der Gelehrten oder Gelehrtin, analog zur maennlichen sozialen Rolle des Gelehrten? Wissen, Bildung und Gelehrsamkeit war fuer Frauen in der Fruehen Neuzeit alles andere als selbstverstaendlich und nicht unbedingt erwuenscht. Will man sich mit gelehrten Frauen befassen, muss zuallererst die Frage nach den Moeglichkeiten des Wissenserwerbs und der moeglichen Funktion von Wissen beachtet werden; zu unterscheiden ist zwischen Wissen, Bildung und Gelehrsamkeit. Hierbei soll uns aber nicht eine inhaltliche Unterscheidung beschaeftigen. Wir gehen davon aus, dass Gelehrsamkeit an soziale Rollen geknuepft war (und ist) und dass die Frage, ob es sich bei den entsprechenden Kompetenzen um blosses Wissen, um Bildung oder um Gelehrsamkeit handelte, eng mit deren sozialen, politischen oder repraesentativen Funktionen verbunden war bzw. von den Moeglichkeiten der Lebensgestaltung und dem Wissensgebrauch abhing.

Gelehrte Bildung war in der Fruehen Neuzeit eine Moeglichkeit, einflussreiche, mit Autoritaet und sozialem Status ausgestattete Positionen zu erlangen, in den christlichen Mehrheitsgesellschaften wie in den juedischen Minderheiten. Nicht zuletzt bot gelehrte Bildung auch Gelegenheiten zu sozialem Aufstieg.

Gelehrte Bildung hatte nicht nur inhaltlich viele Facetten, sondern auch als soziale Wirklichkeit mehrere Gesichter. Sie galt, einerseits, als Schluesselqualifikation, mit der bestimmte soziale Positionen zu erreichen waren. Andererseits war, wie die Lebenswege zahlreicher gelehrter Frauen in der Fruehen Neuzeit zeigen – Anna Maria van Schurman, Maria Cunitia, Laura Bassi, um nur einige wenige zu nennen –, die gelehrte Qualifikation als solche keineswegs ausreichend, um als Gelehrter oder Gelehrte anerkannt zu werden. Unter anderem spielte offenbar maennliches Geschlecht eine ausschlaggebende Rolle, wenn es um soziale Anerkennung und soziale Positionen ging, in der christlichen Mehrheitsgesellschaft auch die Zugehoerigkeit zur christlichen Religion. Was also bedeutete es fuer Frauen in der Fruehen Neuzeit – christliche wie juedische –, gelehrt zu sein?

In unserem workshop soll es nicht nur darum gehen, ihre jeweiligen gelehrten Qualifikationen zu wuerdigen und in ihre zeitgenoessische gelehrte Landschaft einzuordnen. Vor allem wollen wir uns die sozialen Rollen der gelehrten Frauen genauer ansehen. Dabei scheint, zumindest im Hintergrund, ein Vergleich mit den sozialen Rollen von maennlichen Gelehrten sehr aufschlussreich: welche Positionen, welchen Status, welche Autoritaet, welche sozialen Wuerdigungen und welche materiellen Entlohnungen sie erlangen konnten; mit welchen anderen sozialen Rollen die Rolle des/der Gelehrten kombiniert werden konnte oder musste. Interessant waere auch, inwiefern antike oder mittelalterliche Vorbilder fuer die Praegung der sozialen Rolle von GelehrtInnen herangezogen wurden. Nicht zuletzt duerfte auch die Querelle des femmes genau unter diesem Aspekt hoechst ergiebig sein. Als Beispiele koennen Gelehrte wie die Philologin und Theologin Anna Maria van Schurman oder die Astronomin Maria Cunitia ebenso in Frage kommen wie etwa die eine oder andere Herrscherin, die neben anderen auch gelehrte Qualifikationen besass.

Wir erhoffen uns Vorschlaege fuer Vortraege, die in unterschiedliche Milieus und Kulturen (etwa: christlich, juedisch) und Rollenkonstellationen hineinfuehren und Beobachtungen und Ueberlegungen zur Fragestellung durchaus anhand von Fallbeispielen praesentieren.

VeranstalterInnen:

Dr. des. Gabriele Jancke und Dr. Michaela Hohkamp,
Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften,
Friedrich-Meinecke-Institut,
Freie Universitaet Berlin
Koserstr. 20, 14195 Berlin


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: Michaela Hohkamp <hohkamp@zedat.fu-berlin.de>
Subject: CfP: ... Gelehrte Frauen in der Fruehen Neuzeit (Berlin, 23.-24.6.2001)
Date: 01.02.2001


Copyright ©1996-2002, H-Soz-u-Kult · Humanities · Sozial- und Kulturgeschichte

Termine 2001