Frauen - Kloster - Kunst. Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters

Frauen - Kloster - Kunst. Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters

Organisatoren
Prof. Dr. Carola Jäggi (Universität Erlangen); Prof. Dr. Hedwig Röckelein (Universität Göttingen); Dr. Jan Gerchow (Historisches Museum Frankfurt)
Ort
Mülheim/Ruhr
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.05.2005 - 16.05.2005
Url der Konferenzwebsite
Von
Katrinette Bodarwé, Göttingen; Carola Jäggi, Erlangen

Parallel zur Ausstellung "Krone und Schleier", die von März bis Juli 2005 in der Bundeskunsthalle Bonn und im Ruhrlandmuseum Essen Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern einem breiten Publikum zugänglich machte, fand vom 13. bis 16. Mai 2005 in der Katholischen Akademie des Bistums Essen "Die Wolfsburg" ein internationales Kolloquium unter dem Titel "Frauen-Kloster-Kunst. Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters" statt, organisiert von Prof. Dr. Carola Jäggi (Universität Erlangen), Prof. Dr. Hedwig Röckelein (Universität Göttingen) und Dr. Jan Gerchow (damals Ruhrlandmuseum Essen, jetzt Historisches Museum Frankfurt). Ziel der Tagung war es, die Dynamik der Ausstellung zu nutzen und in Mülheim möglichst viele ForscherInnen zu versammeln, die sich in jüngster Zeit mit der Kunstproduktion und -rezeption mittelalterlicher Frauenkommunitäten auseinandergesetzt haben. Die ReferentInnen waren im Zuge eines internationalen Ausschreibungsverfahrens ermittelt worden, wobei von den rund 100 Bewerbungen, die auf den Call for Papers hin bei uns eingegangen waren, nur die Hälfte berücksichtigt werden konnte. Zusätzlich zu den knapp 50 ReferentInnen nahmen ca. 100 TeilnehmerInnen an der Tagung teil, davon ca. 40 Studierende. Es war uns ein bewusstes Anliegen, insbesondere jüngere WissenschaftlerInnen sowohl als ReferentInnen als auch als ZuhörerInnen zu gewinnen, da es letztlich an ihnen liegen wird, ob die im Kolloquium thematisierten Fragestellungen in der zukünftigen Forschungsdiskussion weiterleben oder nicht. An den ersten zwei Tagen führten Plenumsvorträge in insgesamt fünf Themenkomplexe ein, die an den folgenden Tagen in Form von parallel geführten Workshops mit kürzeren Beiträgen vertieft wurden.

Die erste Sektion war mit "Krone und Schleier" übertitelt und sollte die verschiedenen Aspekte der Übergangsriten von weltlichem zum klösterlichen Leben zum Inhalt haben. Den Einstieg dazu bot PD Dr. Eva Schlotheuber (München), die mit Jungfrauenweihe, Krönung, Schleierübergabe und Profeß die bekannten Riten in ihrer unterschiedlichen inhaltlichen Bedeutung und in ihrer historischen Entwicklung beschrieb. Dr. Nikolaus Gussone (Münster) legte seinen Schwerpunkt hingegen auf die liturgischen Quellen. Er zeigte auf, wie sich in der Liturgie die Jungfrauenweihe als zweite Taufe mit der Vorstellung der Eheschließung mit Christus verbindet. Prof. Dr. Heinrich Rüthing (Bielefeld) wiederum konnte anhand von Bild- und Textquellen Nonnenkronen und Nonnenkrönungen als besonders im niedersächsischen Raum verbreitetes Ritual bezeugen, doch wurde in der Diskussion auch deutlich, dass die aus der Brautkrone und der Vorwegnahme der himmlischen Krone gewonnene Symbolik weitaus breiter bekannt gewesen sein muss.

Die zweite Sektion thematisierte die Bildung in religiösen Frauengemeinschaften. Der Vortrag von Dr. Katrinette Bodarwé (Göttingen) verfolgte beispielhaft die Entwicklung des Verhältnisses der Frauenkommunitäten zur klassischen lateinischen Bildung bzw. die Rolle, die den religiös lebenden Frauen von den Bildungseliten ihrer Zeit zugesprochen worden ist. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte konnten in vielen Fällen belegen, daß die negative Einschätzung der realen Bildungssituation der Frauengemeinschaften die Folge von Überlieferungs- oder Forschungslücken ist. Um die unbefriedigende Quellenproblematik zu umgehen, wählte Prof. Dr. Nigel F. Palmer (Oxford) mit der Betrachtung der dem Zisterzienserkloster Salem unterstellten acht Frauenkonventen den Weg der Rekonstruktion eines Kloster-Clusters, um die literarische Kultur der Konvente zu beschreiben. Durch die Kombination von Quellen mehrerer Gemeinschaften gelang es ihm, die gemeinsamen kulturellen Vorstellungen der Zisterzienserinnen zu beschreiben.

Die dritte Gruppe von Plenumsvorträgen leitete in die Themen "Doppelklöster" und "Patrone" ein. Prof. Dr. Michèle Gaillard (Metz) entwickelte anhand der historischen und memorialen Überlieferung ein neues Bild von der Reform des Doppelklosters Remiremont im 8. Jahrhundert, indem sie die Entstehung des bekannten Liber Memorialis erst in die 870er Jahre datierte. Dies führte sie zu einer neuen Beurteilung der karolingischen Reformpolitik. PD Dr. Martina Backes und Dr. Barbara Fleith (Fribourg) knüpften mit der Betrachtung der heiligen Odilia von Hohenbourg an die karolingische Gründungsepoche an, verfolgten aber die Rezeption der Gründungspatronin in Hohenbourg und Straßburg in textlichen und textilen Quellen bis ins Spätmittelalter, wobei sie feststellen konnten, dass die Heilige bzw. ihr Bild von den Straßburger Stiftsdamen im 15. Jahrhundert gezielt zur Selbstidentifizierung und als Argumentationshilfe gegen die Reformansinnen des Bischofs eingesetzt wurden.

In der Sektion "Kloster und Welt" beschäftigte sich Dr. Letha Böhringer (Köln) mit den beginalen Lebensformen im urbanen Kontext Kölns und zeigte, wie die eigennützigen Interessen des Stadtrats wie der ansässigen Stifte und Klöster das Verhältnis zu den frommen Frauen bestimmten. Prof. Dr. Katharina Krause (Marburg) wendete dagegen den Blick nach innen und beschrieb anhand der sog. "Basilika"-Bilder im Kapitelsaal des Augsburger Katharinenklosters, wie die Dominikanerinnen die Welt in die Klausur holten, um dort vermittels der Bilder eine Romwallfahrt im Geiste durchzuführen.

Mit den Themen "Raum" und "Reform" endeten die Plenumsvorträge. Dr. des. Claudia Mohn (Stuttgart) stellte bauliche Besonderheiten wie Beichtfenster oder Drehläden für das Durchreichen der Kommunion in fränkischen Frauenzisterzen vor, um zu zeigen, wie liturgische Riten angesichts der strikten Klausurbestimmungen, die für die Zisterzienserinnen galten, verändert werden konnten und auf diese Weise eigene, frauenspezifische Strukturen entstanden. Dem großen Thema "Reform und Kunst" bzw. den verschiedenen Formen der Interaktion zwischen der spätmittelalterlichen Klosterreform und der zeitgleichen Kunstproduktion in den betreffenden Kommunitäten war der Vortrag von Prof. Dr. Gudrun Gleba (Oldenburg) gewidmet, wobei sich ihre Ausführungen auf westfälische Beispiele konzentrierten.

Die genannten Sektionstitel dienten auch für die Workshops im zweiten Teil der Tagung als thematische Richtschnur, doch standen nun weniger grundsätzliche Erörterungen als vielmehr einzelne Fallbeispiele im Zentrum. Im Workshop "Bildung" stellte lic. phil. Marlis Stähli (Zürich) die Handschrift mit den Moralia Papst Gregors des Großen aus Zürich (Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Car. C 27) vor, ein Geschenk des Archidiakons von Metz an das Zürcher Fraumünster und ein seltenes Zeugnis für die Nutzung von Netzwerken zur Buchbeschaffung. Dr. Adam S. Cohen (Toronto) widmete seinen Vortrag der ungewöhnlichen Quellengattung romanischer Bronze-Schalen, die zum Teil aufgrund der auf klassische Bildungsinhalte rekurrierenden Darstellungen mit klösterlichen Gemeinschaften in Verbindung gebracht werden. Dr. des. Morgan Powell thematisierte den "visual turn" des 12. Jahrhunderts und machte am Beispiel des Speculum virginum und des Psalters Christines von Markyate auf die mit der Reformbewegung verbundene Medienrevolution um die Mitte des 12. Jahrhunderts aufmerksam, die der Visualisierung neue Aufgaben zusprach.

Im Workshop 2 ("Kloster und Welt") ging es um die Rolle der materiellen Kultur für die Kommunikation und Interaktion zwischen Frauenklöstern und konventsfremden Personen bzw. Institutionen. Dr. des. Björn Statnik (Berlin) untersuchte diese Thematik am Beispiel der Wandmalereien in der Vorhalle der Marienkirche von Niedernburg/ Passau, deren ungewöhnliche Ikonographie bisher nicht mit der Tatsache zusammengebracht wurde, dass die betreffende Kirche als Pfarre dem Frauenstift Niedernburg unterstand. Auch Kristin Böse M.A. (Köln) exemplifizierte die Frage nach "Weltbezug und Weltabkehr als Paradigma der Bildausstattung von Oblatinnen- und Terziarinnengemeinschaften" am Medium Wandmalerei, wobei sie ihr Augenmerk vor allem auf italienische Beispiele (insbesondere Tor de' Specchi in Rom) richtete. Die Beiträge von Dr. des. Tanja Kohwagner-Nikolai (Erlangen) und Dr. des. Sarah Romeyke (Berlin) waren hingegen der Textilkunst gewidmet; bei beiden standen Bildteppiche mit Themen aus der höfischen Dichtung und insbesondere die Frage nach den Umständen und Gebrauchszusammenhängen textiler Bearbeitungen solcher Epen (besonders der Tristan-Erzählung) im Zentrum, wobei sich Frau Kohwagner-Nikolai stärker auf die komplexen Verwendungs- und Funktionsmöglichkeiten dieser Teppiche im Kloster konzentrierte, während Frau Romeyke der Struktur der Bilderzählung sowie dem Verhältnis von Bild und Textvorlage nachging und anhand der Ergebnisse nachweisen konnte, dass Werke wie der Wienhäuser Tristanteppich trotz ihrer "profanen" Thematik in Frauenklöstern hergestellt worden sein dürften. Im Beitrag von Susanne Ruf M.A. (Dresden) ging es um die Kapelle der Familie Hardenraht an der Kölner Damenstiftskirche St. Maria im Kapitol, an der exemplarisch das wechselseitige Interessensgeflecht zwischen Frauenkonvent, Stiftern und städtischer Öffentlichkeit aufgezeigt wurde.

In den Workshop 3 mit dem Thema "Kunstproduktion" hatte kein Grundsatzreferat eingeführt, da der Boden hier bereits durch den gemeinsamen Besuch der Ausstellung in Essen und Bonn an den ersten beiden Tagungsabenden gelegt war. Auf diese Weise waren auch zahlreiche Objekte, die in den Beiträgen dieses Workshops analysiert wurden, durch eigene Anschauung bekannt. Dies betraf vor allem die Buchmalereien aus dem Nürnberger Katharinenkloster (Beitrag von Dr. Christine Sauer, Nürnberg) sowie aus dem Umkreis der Freiburger Klarisse Sibilla von Bondorf (Beitrag von Dr. Ulrike Bodemann-Kornhaas, München). Auch vom "Nonnenstaub", der unter den Bodenplanken im Nonnenchor des Ribnitzer Klarissenklosters gefunden wurde, waren einige Exponate im Bonner Teil der Ausstellung zu sehen; Dr. Regina Scherping gab einen Überblick über das breite Spektrum der in Ribnitz geborgenen Objekte und fragte nach deren ursprünglichem Gebrauchszusammenhang. So lässt bspw. der Fund zahlreicher Nähnadeln fragen, ob die Schwestern den Nonnenchor zu gewissen Zeiten "offiziell" als Werkhaus nutzten oder aber klandestinerweise kleinere Handarbeiten während der Gebetszeiten verrichteten. Um Textilien ging es auch im Vortrag von Barbara Schmidt-Eggert M.A. (Berlin). Ausgangspunkt ihrer Ausführungen war der gestickte Prunkornat (bestehend aus Antependium, Pluviale, Kasel, Dalmatika und Tunika), der zwischen 1239 und 1269 im Auftrag der Gösser Äbtissin Kunegunde II. entstanden war. Durch die mehrfache, nicht zu übersehende Anbringung des Porträts der Auftraggeberin und weiterer Stiftsdamen, die möglicherweise an der Ausführung der Stickereien aktiv beteiligt waren, hatte Kunegunde II. teil an den liturgischen Handlungen der Ornatsträger und konsolidierte darüber hinaus durch die Kombination von Selbstbildnis mit heilsgeschichtlichen Sujets ihre Rolle in der Gösser Stiftsgeschichte. Weniger um Selbstdarstellung denn um Imitatio und spirituelle Lektüre ging es im Beitrag von Dr. Mateusz Kapustka (Wrozlaw); anhand eines kleinen Privataltärchens aus dem Breslauer Klarissenkloster wurde die Funktionsweise dieser Objektgattung vorgestellt, die durch ihre vielfältige Wandelbarkeit eine schrittweise "Lektüre" der (gemalten) Heilsgeschichte erlaubt und die Betrachterin/ den Betrachter auf dem Weg der Imitatio Dei leitet.

Der Workshop 4 ("Patrone") beschäftigte sich mit der Bedeutung und Instrumentalisierung weltlicher und geistlicher Patrone von Frauenkommunitäten. Dr. Ralph Andraschek-Holzer (St. Pölten) verglich die in Zwettl wie in St. Bernhard entstandenen prologi teutonici, endgereimte Dichtungen über die Gründung der Konvente, und zeigte an ihnen, wie man durch die Anlage eines beschönigenden liber fundatorum mit einer versifizierten Gründungslegende um weitere politische Unterstützung warb. Der Thesaurus Mariaestellensis des im 13. Jahrhundert gegründeten und bis heute bestehenden Zisterzienserinnenklosters Marienstern diente in dem Vortrag von lic. phil. Marius Winzeler (Görlitz) als Beispiel für die Verbindung von Reliquienverehrung und Gründermemoria bzw. für die sich wandelnden Bedeutungen einzelner Schatzstücke bis in unsere Zeit. Dr. Kristina Hegner (Schwerin) stellte die erhaltenen Reliquien und Reliquiare des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Heiligkreuz in Rostock vor und zeigte an diesem Beispiel, wie man sich auch nach der Reformation um Erhalt und Tradierung der verehrten Reliquien bemühte.

Der 5. Workshop wendete sich dem Phänomen der geistigen wie handschriftlichen Zusammenarbeit von Frauen- und Männerkonventen in "Doppelklöstern" zu, ein Bereich, der erst in jüngster Zeit intensiver erforscht worden ist, wobei die konkrete Zuordnung einzelner Arbeitsschritte in vielen Fällen immer noch Probleme bereitet. Dr. Edeltraud Klueting (Innsbruck) stellte die dem Kloster St. Peter zu Salzburg zugeordneten Petersfrauen ins Zentrum ihrer Ausführungen und beschrieb die detektivgleiche Suche nach den Resten ihrer Bibliothek. Dr. Elsanne Gilomen-Schenkel (Basel) deutete den berühmten Guta-Sintram- Codex (Straßburg, Bibliothèque du Grand Séminaire, ms. 37) als sprechenden Repräsentanten des Doppelklosters Marbach/Schwarzenthann, der mit seinen Bildern und Texten neben der Memoria auch die Privilegisierung und die Consuetudines thematisiert. Dr. Stefanie Seeberg (Aachen) stellte anschließend die Illustrationen zweier Predigthandschriften aus dem Admonter Nonnenkonvent vor und diskutierte an ihnen, in wie weit Illuminationen Männer- bzw. Frauenkonvent zugeordnet werden könnten. Dr. Alison Beach (Williamsburg) beschäftigte sich ebenfalls mit den Admonter Konventen, jedoch mit der memorialen Überlieferung, wobei sie die in drei Admonter Nekrologen des 12. und 13. Jahrhunderts aufgeführten Namen mit der zeitgleichen Memorialtradition der Benediktinerabtei St. Lambert in der Steiermark verglich. In Zusammensicht mit den aus Admont überlieferten Briefen konnte sie so eine Männer wie Frauen umfassende Klosterlandschaft beschreiben.

Workshop 6 war dem Thema "Raum" gewidmet, das in der Ausstellung nur durch großformatige Fotos präsent war, so dass den Tagungsbeiträgen die Rolle zufiel, eine Anschauungslücke zu schließen. Den Anfang machte Gordon Blennemann M.A. (Mainz), der die Bauten der frühmittelalterlichen Frauenklöster in Metz in Hinblick auf ihre Binnengliederung und ihre liturgische Nutzung hin befragte. Margit Mersch (Göttingen) untersuchte am Beispiel des Zisterzienserinnenklosters Brenkhausen (Westfalen), inwiefern die architektonische Gestalt eines Frauenklosters das wechselhafte Zusammenspiel von Orden, Stiftern und Konvent widerspiegelt. Im Beitrag von Olaf Siart M.A. (Berlin) stand der Kreuzgang des Zisterzienserinnenklosters Himmelkron (Oberfranken) mit seiner spätgotischen Bauplastik im Zentrum; angesichts des dort erhaltenen mehrteiligen Reliefzyklus' mit Darstellungen aus der Heilsgeschichte, der Gewölbeengel und der gleicherweise im Gewölbe angebrachten Herolde, die Ordensketten von 16 weltlichen Ritterorden vorweisen, fragte Siart nach den verschiedenen, im Spannungsfeld von Memoria und Stifterrepräsentation stehenden Funktionen des Kreuzgangs in einem Frauenkloster. Dr. Kathryn Rudy (Utrecht) schließlich rekonstruierte anhand von Rubliken in einem niederländischen Gebetsbuch des frühen 16. Jahrhunderts die Art und Weise, wie und was eine fromme Frau der damaligen Zeit an einem plastischen Heiliggrab zu beten hatte, um gleich den drei Marien am Grabe Christi dem Auferstandenen möglichst nahe zu sein.

Nicht wenige der bereits genannten Beiträge gingen von Objekten aus, die im Zuge der Klosterreformen des 15. Jahrhunderts entstanden waren. Ziel dieser Reformen war die Re-Etablierung alter monastischer Werte wie Armut, Keuschheit, Gehorsam und gemeinschaftliches Leben. Zur Durchsetzung dieses Ziels bediente man sich sowohl der Literatur als auch der bildenden Kunst, was vielenorts zu einer vorübergehenden Blüte der klösterlichen Kultur führte, bevor die Reformation und später die Säkularisation den meisten Konventen ein definitives Ende bereiteten. Den Reformen des 15. Jahrhunderts war deshalb mit Workshop 7 ein eigenes Forum gewidmet. Dr. June L. Mecham (Kansas) untersuchte am Beispiel der Wandmalereien in der Annenkapelle in Wienhausen, wie die Reformäbtissin Katharina von Hoya, in deren Auftrag die Malereien entstanden, ihre Vorstellungen "richtiger" Frömmigkeit dem Konvent vor Augen führte. Aus dem Bereich der Heideklöster stammen auch die Handschriften, die Dr. Hans-Walter Stork im Kontext der Reform vorstellte; es handelt sich um Gebetshandschriften der Zeit um 1500 aus Lüne, Medingen und Ebstorf, die von den Klosterfrauen der betreffenden Klöster hergestellt wurden, wobei nicht klar ist, ob die Nonnen nur für den Eigenbedarf arbeiteten oder auch für auswärtige Besteller tätig waren. Ebenfalls in Medingen entstand das sog. "Wichmannsberger Antependium", dessen Herstellung und Funktion von Dr. Petra Marx in Blick auf die Klosterreform analysiert wurde. Der Workshop wurde abgeschlossen durch einen Beitrag von Dr. Anne Winston-Allen (Carbondale/ IL), die mit Hilfe der süddeutschen Schwesternbücher und anderer Handschriften aus Frauenklöstern der Teutonia die Netzwerke zu rekonstruieren versuchte, über die das Gedankengut der Observanten verbreitet wurden.

Die Tagung zeichnete sich durch eine ausgeprägte Diskussionsfreudigkeit aus, die nicht durch persönliche Profilierungssucht einzelner Exponenten, sondern vielmehr vom Wunsch nach wissenschaftlichem Austausch geprägt war. Durch den etwas abgelegenen Tagungsort waren individuelle Ablenkungen auf ein Minimum reduziert und dadurch eine hohe Konzentration gewährleistet. Gelegenheiten für Fachgespräche ergaben sich zusätzlich bei den gemeinsam eingenommenen Mahlzeiten und beim Besuch der Ausstellung. Das Programm wurde abgerundet durch einen Abendvortrag von Frau Dr. Renate Kroos (ehemals Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München), die in unkonventioneller Art und Weise darüber berichtete, mit welchen Schwierigkeiten sie konfrontiert war, als sie sich als junge Kunsthistorikerin in den 50er Jahren mit mittelalterlichen Textilien aus Frauenklöstern beschäftigte. Gleicherweise unkonventionell und eindrücklich war eine Lesung mittelhochdeutscher Texte durch Frau Prof. Dr. Hildegard Elisabeth Keller (Zürich). Es ist geplant, die Beiträge der Tagung baldmöglichst zu veröffentlichen.