Austausch – Transfer – Verflechtung. Methodische Begegnungen mit Frankreich im 20. und 21. Jahrhundert

Austausch – Transfer – Verflechtung. Methodische Begegnungen mit Frankreich im 20. und 21. Jahrhundert

Organisatoren
Tobias Bruns (Marburg), Ann-Kristin Glöckner (Halle an der Saale), Daniel Hadwiger (Tübingen) und Sina Steglich (Mannheim)
Ort
Tübingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
15.02.2018 - 17.02.2018
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Von
Martin Reimer, Institut für Geschichte, Technische Universität Dresden

Im Februar 2018 fand in Tübingen unter dem Titel „Austausch – Transfer – Verflechtung. Methodische Begegnungen mit Frankreich“ ein interdisziplinäres Forschungskolloquium statt, das dreizehn Nachwuchswissenschaftler/innen der Geschichtswissenschaften, der Soziologie, der Literatur- und Kulturwissenschaften die Möglichkeit bot, ihre Dissertationsvorhaben zur Diskussion zu stellen. Im Fokus des Kolloquiums, das bereits im Titel auf den 2002 von Michael Werner und Benedicte Zimmermann in seiner deutschen Version vorgelegten Aufsatz zur histoire croisée verwies1, standen gleichwohl nicht die verschiedenen Ansätze der französischen Transfer- und Verflechtungsgeschichte bzw. deren Rezeption in den deutschen Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Anliegen war vielmehr, nach ihrem konkreten forschungspraktischen Nutzen zu fragen.

Vor diesem Hintergrund formulierten die vier Organisator/innen – TOBIAS BRUNS (Marburg), ANN-KRISTIN GLÖCKNER (Halle an der Saale), DANIEL HADWIGER (Tübingen) und SINA STEGLICH (Mannheim) zu Beginn drei Leitfragen: (1.) Welche theoretisch-methodischen Impulse der französischen Forschung bilden den Rahmen der vorgestellten Forschungsprojekte? (2.) Wie lässt sich die Auswahl dieser „heuristischen Vorgriffe“ begründen? Oder anders gewendet: Worin liegt das erkenntnisfördernde Potential der jeweiligen Konzepte? (3.) Und schließlich: Wie lassen sich diese operationalisieren?

Ein erstes Panel, das jüngeren „theoretischen Programmen und philosophischen Reflexionen“ französischer Provenienz gewidmet war, wurde von MICHA KNUTH (Berlin) mit einem Beitrag zu der von Pierre Rosanvallon und Marcel Gauchet formulierten Idee einer Problem- und Begriffsgeschichte des Politischen (histoire conceptuelle du politique) eröffnet. Ausgehend von der Annahme, dass das Handeln menschlicher Kollektive stets von spezifischen politischen Rationalitäten geprägt sei, gehe es beiden um die Rekonstruktion von „Knotenpunkten“ der politischen Geschichte Europas, in denen sich jeweils ein Wandel der (zeit- und raumgebundenen) Begriffe, der Reflexions- und Interpretationskategorien des Politischen vollzog. Ziel sei es – im Dialog von Vergangenheit und Gegenwart – ein tieferes Verständnis für die Genese und die Probleme gegenwärtiger Demokratien zu ermöglichen. Außerdem warf Knuth einen Blick auf den Einfluss dieses theoretischen Programms auf die historische Forschung.

Im Anschluss diskutierte TIM SOMMER (Heidelberg) aus literaturwissenschaftlicher Perspektive Pascale Casanovas komparatistisches Modell zur Analyse eines – von ihr konstatierten – weltliterarischen Feldes, das sie in ihrem 1999 erschienenen Schlüsselwerk „La République mondiale des Lettres“ erstmals umfassend darlegt. Für dieses antagonistisch-kompetitiv verfasste Feld sei, wie die Literaturkritikerin in Anlehnung an Fernand Braudel und Pierre Bourdieu formuliert, eine „literarische Ordnung“ konstitutiv, in deren Rahmen einzelnen Werken, international bedeutenden Autoren und ihren nationalliterarischen Feldern „literarisches Kapital“ zugewiesen und damit spezifische – frankozentrische – Machtverhältnisse geschaffen würden. Nach einer pointierten Einführung in Casanovas Konzept, konzentrierte sich Sommer anhand der kritischen anglo-amerikanischen Rezeption der 2004 in englischer Übersetzung erschienenen Schrift vor allem auf transatlantische Austausch- und Transferprozesse im literarischen bzw. literaturwissenschaftlichen Feld.

Diesem ersten Panel schloss sich ein offener Abendvortrag von JAKOB VOGEL (Paris) samt Podiumsdiskussion mit JOHANNES GROSSMANN (Tübingen) und MATTHIEU OSMONT, dem Direktor des gastgebenden Institut Culturel Franco-Allemand, an. Vor dem Hintergrund der derzeit wieder verstärkt geführten Debatten um nationale und europäische Identitätsentwürfe ging Vogel anhand des 2017 erschienenen Sammelbands „Europa, notre histoire“ der Frage nach, weshalb es nötig und wie es möglich sei, heute eine Geschichte Europas zu schreiben.

Der zweite Tag des Forschungskolloquiums wurde mit einem Beitrag von KONSTANZE SOCH (Berlin) eröffnet, die anhand ihres 2017 abgeschlossenen Promotionsprojekts zum „innerdeutschen Paketverkehr im Kalten Krieg (1949-1989)“ mit den Teilnehmer/innen über Fragen der Auswahl und der praktisch-methodischen Umsetzung der hier zu verhandelnden Konzepte von Austausch, Transfer und Verflechtung sprach. Im Zentrum der Diskussion stand der von ihr gewählte Zugang der historie croisée, für den sich Soch nach eigenem Bekunden entschiedenen hatte, um die asymmetrischen Narrative der deutsch-deutschen Verflechtungsgeschichte methodisch aufzubrechen.

Diesem interessanten und instruktiven Praxiseinblick schloss sich ein Panel zu „Wandernden Ideen und Akteuren“ an: SOPHIE SCHWARZMEIER (Frankfurt an der Oder) referierte über die 1866 in Warschau geborene Physiologin, Psychologin und Pädologin Józefa Joteyko (1866-1928), die in den 1880er-Jahren als polnische Bildungsmigrantin zunächst in Genf, Brüssel und Paris Medizin studiert und anschließend als Forscherin, Dozentin und Netzwerkerin in Belgien sowie – in den Jahren des Ersten Weltkriegs – in Frankreich gewirkt hat. Schwarzmeier fokussierte auf die Bedeutung Joteykos für die transnationale Wissenszirkulation sowie wissenschaftliche Transfer- und Verflechtungsprozesse zwischen Westeuropa und Polen. Außerdem wies sie darauf hin, dass die Wissenschaftlerin, die es 1919 in den neu gegründeten polnischen Staat ziehen sollte, im Rahmen ihrer Tätigkeit stets auf die internationale Vernetzung polnischer Fachkolleg/innen bedacht gewesen war. Zugleich wurde in geschlechtergeschichtlicher Perspektive die Frage aufgeworfen, inwiefern sich Joteyko auf der transnationalen Handlungsebene Möglichkeitsräume eröffneten, die ihr als Frau im wissenschaftlichen Feld anderenfalls verschlossen geblieben wären.

Am Beispiel der US-amerikanischen Rockefeller-Stiftung und dem von ihr in den 1930er-Jahren initiierten Conseil universitaire de la recherche sociale, einer Infrastruktur zur Vergabe von Forschungsgeldern in Frankreich, ging TOMMY STÖCKEL (Berlin) der transnationalen Finanzierung und Verflechtung der jungen französischen Sozialwissenschaften nach. Dabei sei es der Rockefeller-Stiftung weniger um den Einfluss auf Forschungsthemen und -projekte gegangen, als vielmehr um den transatlantischen Transfer bzw. die Implementation von „bewährten“ US-amerikanischen Strukturen der Forschungsfinanzierung und -organisation. Stöckel wies außerdem darauf hin, dass hier auf methodisch-theoretischer Ebene die von Kapil Raj formulierte Kritik an der histoire croisée ernstgenommen und die bisher weitgehend vernachlässigten asymmetrischen Machtverhältnisse transnationaler Verflechtungen stärker thematisiert werden müssten.

Abschließend gab ANNA CORSTEN (Gießen) Einblick in ihr Forschungsprojekt zu jüdischen deutsch- bzw. austro-amerikanischen Exilhistorikern, die sich unter dem Eindruck von NS-Diktatur und Zweitem Weltkrieg zur Emigration gezwungen sahen. Eine erste Generation war, wie Hans Rosenberg, vor der Emigration Teil des deutschen bzw. österreichischen Wissenschaftsbetriebs und nahm die Arbeit in den Vereinigten Staaten – unter neuen Bedingungen – wieder auf. Eine zweite Generation, zu der Raul Hilberg und Gerda Lerner zu zählen sind, war im Kindes- und Jugendalter zur Flucht gezwungen und hatte an US-amerikanischen Universitäten ein Studium der Geschichtswissenschaften ergriffen. Corsten fokussierte in verflechtungsgeschichtlicher Perspektive auf die transatlantische Rezeption der Exilhistoriker/innen, d.h. nach ihrem Einfluss auf die Entwicklung der US-amerikanischen und (west-)deutschen Geschichtswissenschaften sowie nach ihrer Bedeutung für die historische Aufarbeitung von Nationalsozialismus und Holocaust in Deutschland, Österreich und den Vereinigten Staaten.

Ein drittes Panel erweiterte das Blickfeld des Kolloquiums auf Transfer- und Verflechtungsprozesse zwischen Europa und dem arabischen Raum bzw. in kolonialen Zusammenhängen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das von ZSÓFIA TURÓCZY (Leipzig) vorgestellte Projekt zu Freimaurernetzwerken im historischen Raum Südosteuropas zielte – in der methodischen Verschränkung von historischer Netzwerkforschung, Eliten-, Ideen- und Verflechtungsgeschichte – auf die Rekonstruktion und Analyse von transnationalen bzw. -imperialen Freimaurernetzwerken im Grenzraum von Donaumonarchie und Osmanischem Reich. Die divergierenden nationalen und religiösen Identitäten der Akteure – von Christentum und Islam, von Panslawismus und Turkismus – werden dabei ebenso thematisiert, wie die spezifische Bedeutung von Idealen und Selbstbildern, von habituellen Praktiken und Institutionen der jeweiligen Freimauerlogen für das Entstehen von grenzüberschreitenden Beziehungen und Netzwerken. Freimaurer werden damit also als mögliche transnationale bzw. -imperiale Subjekte und ihre Netzwerke gleichsam als Mittler von grenzüberschreitenden Transfer- und Verflechtungsprozessen analysiert.

Anhand der katholischen Mission des Ordens der Afrikamissionare in der Kabylei, den sogenannten „Weißen Vätern“, rekonstruierte STEFAN PREISS (Bochum) die konfliktreichen Beziehungen von europäischen und indigenen Akteuren im Spannungsfeld von katholischer Mission, Kolonialmacht und indigenem Eigensinn. Damit schreibt Preiss eine Konflikt- und Transfergeschichte zwischen Rom, Paris und der Kabylei, in der sich aus Perspektive der „Weißen Väter“ die Frage von Identität und Alterität in dreifacher Hinsicht stellt: mit Blick auf den von dem Ordensgründer Charles Lavigerie (1825-1892) entschieden vertretenen „Kabylenmythos“; mit dem Verhältnis der katholischen Missionare zur Kolonialverwaltung der zunehmend laizistisch-antiklerikalen Troisième République sowie schließlich in Konfrontation mit dem kolonialen Anderen – das heißt, in der Reflexion über die eigene Rolle im kolonialen Raum, die tatsächlichen Erfahrungen mit den Kabylen und den „Erfolg“ ihrer Mission.

JOHANNA KILGER (Tübingen) indes thematisierte die Bedeutung der lokalen, nationalen und transnationalen Kontakte und Netzwerke der wirtschaftlichen und politischen Akteure der französischen Hafenstadt Marseille, die ab 1891 genutzt wurden, um der – mit der Eröffnung des Gotthardt-Tunnels und der zunehmend protektionistischen französischen Wirtschaftspolitik – drohenden Marginalisierung des Marseiller Hafens und dem damit einhergehenden Niedergang der Stadt entgegenzutreten. Durch den Ausbau der kolonialen Tätigkeiten Marseilles sollten künftig mehr Rohstoffe für die lokale Industrie importiert und weitere Absatzmärkte erschlossen werden. Kilger wies in diesem Zusammenhang einerseits auf die zentrale Bedeutung der Verflechtung und Vernetzung der Marseiller Akteure untereinander sowie mit der Öffentlichkeit und Politik in Paris hin, die notwendig war, um eigene kolonialpolitische Vorstellungen – wie etwa die Eröffnung einer neuen Schiffsverbindung nach Nordafrika – auf nationaler Ebene artikulieren und organisieren zu können. Das Projekt spürt so der Bedeutung von Netzwerken und Kommunikationsräumen der Marseiller Akteure nach, die der Stadt – als Peripherie – Handlungsspielräume zur Umsetzung lokal- bzw. regionalspezifischer Interessen im (kolonial)politischen Feld eröffneten.

Am Fallbeispiel der hessischen Entwicklungshilfepolitik in der Zeit der frühen Bundesrepublik gab JOHANNES HÄFNER (Marburg) abschließend Einblick in ein Forschungsprojekt, das in der longue durée – von 1882 bis 1975 – die personellen, institutionellen und kulturellen Verflechtungen des hessischen Raums bzw. des Bundeslands Hessen mit den (ehemaligen) deutschen „Schutzgebieten“ rekonstruiert. Global-, kolonial- und landesgeschichtliche Perspektiven verschränkend, nimmt die Studie mit Hessen dabei einen Akteur bzw. Raum kolonialen Handelns jenseits der nationalstaatlichen Handlungsebene bzw. kolonialer Zentren wie Berlin oder Hamburg in den Blick und überwindet damit, so Häfner, die gängigen Narrative der deutschen Kolonialgeschichte, die vornehmlich auf imperiale Zentren und koloniale Peripherien fokussieren. In theoretisch-methodischer Hinsicht verweist das Projekt damit nicht nur auf die Transfer- und Verflechtungsgeschichte, sondern setzt gleichsam an die aktuelle Diskussion des Konzepts „re-centering peripheries“ an.

Seinen Abschluss fand das dreitägige Kolloquium mit einem Panel zu „Räumen, Praktiken und Techniken“ von Austausch-, Transfer- und Verflechtungsprozessen. Am Beispiel der von 1809 bis 1814 zwischen Paris und Mailand betriebenen Verbindung des Télégraphe Chappe – eines politisch-militärischen Kommunikationsnetzes des napoleonischen Empire – gab KONRAD HAUBER (Freiburg) Einblick in sein Projekt, das anhand optischer Telegrafen- und Signalsysteme Frankreichs, Großbritanniens und Portugals, nach der Bedeutung von Kommunikationssystemen für das Entstehen der klassischen infrastructure states zwischen 1790 und 1840 fragt. Der Transfer bzw. die Zirkulation von Experten, Wissen und Technik ist dabei ebenso Gegenstand der Studie, wie die Implementation (national)spezifischer Raumvorstellungen und Infrastrukturen in nationalstaatlichen und imperialen Räumen. Um die dadurch anstehenden Territorialitätsregime hinreichend beschreiben und analysieren zu können, erweitert Hauber diesen verflechtungsgeschichtlichen Ansatz mit dem von Falk Bretschneider und Christophe Duhamelle vorgelegten Konzept der Fraktalität um eine imperiengeschichtliche Dimension.

Die beiden sich anschließenden Vorträge fokussierten indes auf Austausch-, Transfer- und Verflechtungsprozesse unter dem Eindruck nationalsozialistischer Besatzungsregime: JAN HASSINK und MARTIN BORKOWSKI-SARUHAN (beide Göttingen) präsentierten ihre – eng aufeinander bezogenen – Dissertationsvorhaben, die mit Räumen und Praktiken des Sports in den binational geprägten Grenzräumen des Elsass und Ostoberschlesiens nicht nur Perspektiven der ost- und westeuropäischen (Kriegs)Geschichte miteinander verschränken, sondern gleichsam eine Alltagsgeschichte der Besatzung jenseits der – hinlänglich bekannten – Narrative von Kollaboration und Widerstand anstreben. Das Feld des Sports erweise sich zur Analyse komplexer Besatzungswirklichkeit(en) als besonders geeignet, bot doch insbesondere der Zuschauersport sowohl der Repräsentation und Durchsetzung fragiler Besatzungsordnungen als auch abweichendem Verhalten, Protest und Subversion Raum. In den Quellen werden daher Begegnungen, grenzüberschreitende Austausch- und Verflechtungsprozesse ebenso greifbar wie das Versprechen von Normalität und Kontinuität, das der Sport im kriegs- und besatzungsbedingten Ausnahmezustand bereitzuhalten schien.

Im Fokus des Beitrags von MARGOT LYAUTEY (Paris/Tübingen) stand die Entwicklung der französischen Landwirtschaft unter dem Eindruck der deutschen Besatzungsherrschaft, als Aspekt ihres Forschungsvorhabens zur Geschichte der modernisation agricole in Frankreich und Deutschland von den 1930er- bis in die 1950er-Jahre. Die Agrar- und Ernährungspolitik der deutschen Militärverwaltung in Frankreich zielte darauf, die von deutschen Agronomen konstatierte Ineffizienz der weitgehend veralteten französischen Landwirtschaft zu überwinden und ihre Erträge zugunsten der deutschen Besatzungsherrschaft zu steigern, da diese zur Verpflegung der eigenen Kräfte vornehmlich auf französische Erzeugnisse angewiesen war. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen des militärischen Besatzungsapparats nicht nur agrarpolitische Verwaltungsstrukturen geschaffen, sondern auf lokaler Ebene deutsche Landwirtschaftsführer eingesetzt sowie moderne Anbaumethoden und Agrarmaschinen aus dem Deutschen Reich eingeführt. Der Transferprozess wirkte weit über die Besetzungszeit hinaus, da Impulse durchaus ihre Fortsetzung fanden und deutsches Gerät auch nach 1944 zum Einsatz kam.

Im Zentrum der gemeinsamen Abschlussdiskussion stand – unter Rückgriff auf die eingangs formulierten Leitfragen – noch einmal die kritische Reflexion des wissenschaftlichen Mehrwerts, der Herausforderungen, Chancen und Grenzen der verschiedenen theoretischen bzw. methodischen Zugänge – mit besonderem Fokus auf der histoire croisée. Resümierend bleibt festzuhalten, dass das Kolloquium, das sich anhand von Fallbeispielen und Projektskizzen „anwendungsorientiert“ mit Ansätzen der transnationalen bzw. transkulturellen Transfer- und Verflechtungsforschung französischer Provenienz befasst hat, für alle Teilnehmer/innen ein Gewinn war. Hierfür ist den Organisator/innen, dem gastgebenden Institut Culturel Franco-Allemand sowie der „Studienstiftung des deutschen Volkes“, die die Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Stipendiaten machen Programm“ gefördert hat, ausdrücklich zu danken.

Konferenzübersicht:

Panel I: Theoretische Programme und philosophische Reflexionen

Micha Knuth (Berlin): Eine Begriffsgeschichte des Politischen? Über ein Theorieprogramm und seine Umsetzung bei Pierre Rosanvallon und Marcel Gauchet

Tim Sommer (Heidelberg): Weltliterarische Räume, nationalkulturelle Verteilungskämpfe: Pascale Casanovas La république des lettres und die anglo-amerikanische Literaturwissenschaft

Keynote
Jakob Vogel (Sciences Po, Paris): Europa transnational und global: Wie schreibt man Europas Geschichte?
Diskussion: Johannes Großmann (Universität Tübingen)/ Matthieu Osmont (Deutsch-Französisches Kulturinstitut Tübingen)

Praxiseinblick & Diskussion
Konstanze Soch (BStU, Berlin): Die histoire croisée in der Praxis. Kritische Reflexionen am Beispiel des deutsch-deutschen Päckchenverkehrs 1945-1989

Panel II: Wandernde Ideen und Akteure

Sophie Schwarzmeier (Frankfurt an der Oder): Eine polnische Bildungsmigrantin als Netzwerkerin in der Wissenschaft zwischen Belgien und Polen, 1908-1914: Transfer und Verflechtung auf dem Prüfstand

Tommy Stöckel (Berlin): Transnationale Forschungsfinanzierung in den Sozialwissenschaften. Die Rockefeller-Stiftung und der Conseil universitaire de la recherche sociale in den 1930er Jahren

Anna Corsten (Gießen): Unerbetene Erinnerer? Deutschsprachige Historiker im US-amerikanischen Exil und die Aufarbeitung der Vergangenheit

Panel III: Europa und die Welt

Zsófia Turóczy (Leipzig): Freimaurernetzwerke zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich. Eine Geschichte von mobilen Akteuren, wandernden Ideen und transnationalen Verflechtungen in Zeiten der Nationsbildung im 19. Und 20. Jahrhundert

Stefan Preiß (Bochum): Kolonialismus, katholische Mission und laïcité. Die „Weißen Väter“ in der Kabylei 1869-1919

Johanna Kilger (Tübingen/Paris): Transnationale Kommunikationswege und Handlungsspielräume. Interessenpolitik zwischen Marseille, Paris und dem Mittelmeerraum 1890-1920

Johannes Häfner (Marburg): Kontinuität, Diskontinuität und Verflechtung. Hessen und der Kolonialismus 1882-1975

Panel IV: Räume, Praktiken und Techniken

Konrad Hauber (Freiburg): Imperiale Zirkulation und fraktale Territorialitätsregime. Optische Telegraphie im napoleonischen Norditalien

Jan Hassink/Martin Borkowski-Saruhan (Göttingen): Alltag im Krieg jenseits von Kollaboration und Widerstand. Sport und Gewalt in den von Deutschland besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkrieges in Ost- und Westeuropa

Margot Lyautey (Paris/Tübingen): French agriculture under German occupation during World War II

Anmerkung:
1 Michael Werner/Bénédicte Zimmermann, Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28,4 (2002), S. 607-636.


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