„A Player and not just a Payer?“ The Work of German Political Foundations abroad with a special focus on Israel and the Palestinian Territories

„A Player and not just a Payer?“ The Work of German Political Foundations abroad with a special focus on Israel and the Palestinian Territories

Organisatoren
Universität Bochum; Universität Haifa
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.07.2016 - 03.07.2016
Url der Konferenzwebsite
Von
Alexandra Weinschenker / Lara Holtkamp, Historisches Institut, Ruhr-Universität Bochum

Unter der Leitfrage „A Player and not just a Payer?“ diskutierten deutsche, israelische und palästinensische Experten vom 1. bis 3. Juli 2016 an der Ruhr-Universität-Bochum die Rolle deutscher politischer Stiftungen im Ausland, wobei die Nahostregion im besonderen Mittelpunkt stand. Das zentrale Ziel der Konferenz war es, die Auslandsarbeit der Stiftungen aus politikwissenschaftlicher, historischer, soziologischer und anthropologischer Perspektive und vor der besonderen Konstellation des israelisch-palästinensischen Konflikts und der deutsch-israelischen, bzw. deutsch-palästinensischen Beziehungen zu diskutieren. Die Veranstaltung fand als Teil eines Kooperationsprojekts der Universität Bochum und der Universität Haifa statt, wo im März 2016 bereits ein vorbereitender Workshop mit einem besonderen Fokus auf die Folgen des israelischen Transparency Bill stattfand, an dem u. a. Kerstin Müller (Heinrich-Böll-Stiftung Tel Aviv) als Referentin teilnahm. Die Organisation des Projekts oblag Anna Abelmann und Katharina Konarek.1

Im ersten Panel präsentierte ANNA ABELMANN (Ruhr-Universität-Bochum) einen Ausschnitt ihres Forschungsprojekts, in dem sie die Bedeutung der deutsch-israelischen Fritz-Naphtali-Stiftung für die frühen Kontakte der Friedrich-Ebert-Stiftung in Israel in den 1960er- und 1970er-Jahren aufzeigte, die vor dem Hintergrund der belasteten deutsch-israelischen Beziehungen vor besonderen Herausforderungen standen. Das von den Stiftungen aufgebaute bilaterale Netzwerk zwischen Deutschen und Israelis trug erheblich zu einer Annäherung beider Länder und Gesellschaften bei und bereitete den Weg zur Institutionalisierung der Stiftung Ende der 1970er-Jahre in Tel Aviv.

Im zweiten Panel diskutierten WALTER KLITZ (Friedrich-Naumann-Stiftung Jerusalem), ERNST KERBUSCH (Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn) und MUHAMMAD AMMASH (Global Political Trends Center, Istanbul) Möglichkeiten, Chancen und Grenzen der Auslandsarbeit politischer Stiftungen aus Stiftungs- und Partnerperspektive.

Walter Klitz skizzierte kurz die Entwicklung der Friedrich-Naumann-Stiftung, die zunächst einen starken Fokus auf humanitäre Hilfe gerichtet hatte, bevor sie vor allem im Zuge der Transformationsprozesse in Osteuropa in den 1990er-Jahren zu einem aktiven Partner politischer Akteure wurde. Mit Blick auf die aktuelle Situation der internationalen Stiftungsarbeit, die in vielen Staaten mit einer zunehmend restriktiven Gesetzgebung konfrontiert wird, stellte er einen Wandel und einen zunehmend kleiner werdenden Handlungsradius für diese Akteursgruppe fest, der vor allem die kleinen Stiftungen treffe.

Ernst Kerbusch ging zurück zu den Wurzeln der Auslandsarbeit politischer Stiftungen, die sich vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Rückkehr Deutschlands als souveräner Staat in die internationale Gemeinschaft sowie des Ost-West-Konflikts entwickelten. Die Subventionen durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und die Einrichtung eines Forschungsinstitutes legten den Grundstein dafür, dass die Stiftungen heute als internationale „Think-and-Do-Tanks“ agierten und dabei in weitest gehender Unabhängigkeit von staatlichen Institutionen arbeiteten, wobei die ideologische Nähe zu den Herkunftsparteien das Potential für Interessenskonflikte minimiere.

Muhammad Ammash präsentierte die Partnerseite und stellte die Arbeit seines Instituts als praktisches Kooperationsbeispiel der politischen Stiftungen vor. Das Center arbeitet unter anderem im Bereich des israelisch-türkischen Dialoges sowie auf Zypern. Die politischen Stiftungen unterschieden sich vor allem dahingehend von anderen Partnerorganisationen, als dass sie nicht nur als Geldgeber, sondern auch als inhaltliche Partner aufträten.

Das dritte Panel richtete einen besonderen Fokus auf die Arbeit politischer Stiftungen in Krisen- und Konfliktsituationen, mit dem sich MARC FRINGS (Konrad-Adenauer-Stiftung Ramallah), IDIT SELTENREICH (ehemals israelische Botschaft Berlin) und DANI KRANZ (Universität Wuppertal) aus unterschiedlichen Perspektiven auseinander setzten.

Marc Frings stellte anhand einiger konkreter Beispiele die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Palästinensischen Gebieten vor, die nicht nur vor Ort der Förderung rechtsstaatlicher und zivilgesellschaftlicher Strukturen diene, sondern auch ein Zeichen für den Zustand der deutsch-palästinensischen Beziehungen sei und als solches auch von palästinensischer Seite wahrgenommen werde, zumal die Bundesrepublik heute der wichtigste EU-Partner der Autonomiebehörde ist. Weitaus schwieriger, aber dennoch möglich und wichtig sei die Arbeit der Stiftung im Gazastreifen, wo sich die Stiftung vor allem auf die Förderung von Wirtschaftsstrukturen, zum Beispiel mit Blick auf die dortige Start-up-Szene, konzentriere.

Idit Seltenreich definierte die Stiftungen klar als Player, von denen die meisten über mehr Auslandsvertretungen verfügten als das israelische Außenministerium. Für Israel, das auf internationaler Bühne häufig isoliert sei, böten die Stiftungen eine Chance zum internationalen Dialog mit Partnern, die bilaterale Kontakte ansonsten zu vermeiden versuchten. Aus israelischer Sicht spiele der politische Hintergrund der einzelnen Stiftungen zumeist keine Rolle. Sie würden vor allem als deutsche Akteure wahrgenommen und ihre breite Präsenz im Land als ein Zeichen der Freundschaft und Loyalität gewertet.

Dani Kranz ging in ihrem Vortrag auf die individuelle Ebene des israelisch-palästinensisches Konflikts ein, in dem internationale Akteure wie Stiftungen oder andere NGOs eine elementare Rolle übernehmen können. Die Vermittlerrolle falle vielen von Außen kommenden Akteuren jedoch schwer, da sie in dieser komplexen Konfliktsituation schnell dazu tendierten, Partei zu ergreifen. Die aktuellen politischen Tendenzen förderten die Separation zusätzlich.

Im Anschluss erfolgte eine von CHRISTOPH DINKELAKER (Al-Sharq) und TOBIAS PIETSCH (Al-Sharq) geleitete Diskussionsrunde mit der Leitfrage „Squaring the Circle? The Work of German Political Foundations abroad“, an der Walter Klitz, Idit Seltenreich, AREF HAJJAJ (Palestine Forum) und RIAD OTHMAN (medico) teilnahmen. Die Teilnehmer und das Publikum diskutierten grundlegende Fragen hinsichtlich der Präsenz politischer Stiftungen oder anderer internationaler NGOs in Krisen- und Konfliktregionen, darunter zum Beispiel inwieweit Stiftungen in ihrer Arbeit gehen können, bevor sie sich aktiv in innenpolitische Angelegenheiten anderer Staaten einmischen und wie dies von den Gastländern wahrgenommen wird. Als Beispiele wurde die Rolle der Stiftungen im israelisch-palästinensischen Konflikt, während des Oslo-Prozesses und der israelischen Sozialproteste angesprochen. Dabei wurde deutlich, dass vor allem die (scheinbar) fehlende Transparenz oder die lediglich auf einer Vertrauensbasis stattfindende Kooperation leichte Angriffspunkte bieten, wobei jedoch vor allem der Faktor Vertrauen grundlegend für die Auslandsarbeit der Stiftungen sei. Die äußerst lebendige Diskussion wurde beim anschließenden Mittagessen fortgesetzt.

Im vierten Panel setzten sich ELI SALZBERGER (Universität Haifa) und HEIKE MERTEN (Universität Düsseldorf) mit den juristischen Aspekten der Stiftungsaktivitäten im In- und Ausland auseinander.

Eli Salzberger zeichnete in seinem Vortrag die Einbettung der politischen Stiftungen in das israelische Rechtssystem von den 1980er-Jahren bis in die Gegenwart nach und rekapitulierte den aktuellen israelischen Diskurs hinsichtlich des inzwischen verabschiedeten Transparency Bill sowie die Wahrnehmung der internationalen Reaktion auf diesen Schritt. Er setzte diese Regierungsentscheidung in den regionalen Kontext, in dem seit dem Beginn des arabischen Frühlings vermehrt restriktive Gesetze gegen einheimische NGOs und ausländische Organisationen verabschiedet wurden.

Heike Merten gab zunächst einen detaillierten Überblick über die Entwicklung der politischen Stiftungen im Kontext des deutschen Parteiengesetzes und zeigte die engen Verbindungen zwischen Partei und Stiftung auf. Sie wies auf die nach wie vor fehlende, rechtliche Verankerung politischer Stiftungen hin und machte damit deutlich, dass auch neue Parteien gute Chancen auf die Errichtung, Anerkennung und staatliche Förderung einer eigenen politischen Stiftung hätten.

Abschließend zum zweiten Konferenztag hielt FANIA OZ-SALZBERGER (Universität Haifa) eine Keynote-Rede, in der sie die Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen von den Anfängen bis heute Revue passieren ließ. Aus israelischer Sicht befänden sich die Beziehungen gegenwärtig auf einem Höhepunkt, wobei das israelische Interesse im gleichen Maße steige, wie das der deutschen Seite zurückgehe. Im Hinblick auf den israelisch-palästinensischen und israelisch-arabischen Konflikt seien deutsche Akteure Vermittler mit großem Potential. Vor allem Organisationen wie die politischen Stiftungen verfügten über spezifische Möglichkeiten, mit neuen, „out of the box“-Wegen als Mediatoren zu agieren.

Im fünften Panel richteten KATHARINA KONAREK (Universität Haifa), AMAL ABU GHOUSH (International Peace and Cooperation Center Jerusalem), und JÖRG SCHULTZ (Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin) den Blick sowohl auf die Vergangenheit als auch die Zukunft der Auslandsarbeit politischer Stiftungen in der Nahostregion.

Katharina Konarek zeichnete die Rolle der politischen Stiftungen in der deutschen Außen- und Nahostpolitik sowohl in der Kooperation mit israelischen als auch palästinensischen Partnern nach. Die Stiftungen fügten dem eine zusätzliche Dimension hinzu, mit der vor Ort ein besonderes Vertrauen etabliert werden könne. Die langjährige und kontinuierliche Arbeit mit Partnern vor Ort und die Nähe zu den politischen Institutionen in der Bundesrepublik seien der Grundstein für das besondere Potential der Stiftungsarbeit im Ausland. Damit seien sie ein in der Außenpolitikforschung bisher wenig untersuchtes Phänomen, das in Betracht einer zunehmend komplexen und vernetzten Welt näher analysiert werden müsse.

Amal Abu Ghoush ging auf die Kooperation der Stiftungen aus Sicht eines Partnerinstituts ein und gab zunächst einen Überblick über die Ziele, Arbeitsweisen und Herausforderungen des IPCC, das eng mit der Ebert-Stiftung kooperiert. Sie unterstrich dabei, dass für die Kooperation das über einen langen Zeitraum entstandene Vertrauensverhältnis von besonderer Bedeutung sei und dass nicht nur die finanziellen Subventionen, sondern die inhaltliche Zusammenarbeit und der Zugang zum Stiftungs-Netzwerk und deren know-how von besonderem Wert für das Institut seien.

Nahostexperte Jörg Schultz zeichnete schließlich den Weg der Rosa-Luxemburg-Stiftung als jüngste der deutschen Stiftungen nach, die erst in den 1990er-Jahren ins Leben gerufen wurde und als Alleinstellungsmerkmal ähnlich wie die Heinrich-Böll-Stiftung über andere Wurzeln verfüge als die in den 1960er-Jahren ausgebildeten Stiftungen. Die Stiftungen seien kein Instrument deutscher Außenpolitik, sondern ein aktiver Player, der sich mit den neuen globalen Herausforderungen wandle. Die Luxemburg-Stiftung verfügt heute ebenfalls über eine Vertretung in Tel Aviv und Ramallah und gerade in diesem lokalen Pluralismus der Stiftungen sah Schultz eine hohe Attraktivität für potentielle Kooperationspartner.

Alle Panels wurden begleitet von intensiven und lebendigen Publikumsdiskussionen. In der Abschlussrunde bewerteten sowohl die Organisatoren als auch Referenten und Besucher die Konferenz als Erfolg. Sie stimmten dahingehend überein, dass es sich bei dem Forschungsfeld der politischen Stiftungen gerade auf dem Feld der Außenpolitik um einen nach wie vor jungen Untersuchungsbereich handle, der in Zukunft stärker in den Mittelpunkt gerückt werden sollte. Die Idee, ein Netzwerk für diesen Forschungsbereich zu schaffen wurde ebenso positiv aufgegriffen wie die Veröffentlichung der Vorträge in einem Konferenzband, der in den kommenden Monaten erfolgen wird.

Konferenzübersicht:

Panel I: The Work of German Political Foundations and other NGOs from a Historical Perspective
Chair: Katharina KONAREK, Universität Haifa

Anna ABELMANN, Ruhr-Universität Bochum

Panel II: Political Foundations and Think Tanks in Foreign Policy Analysis
Chair: Anna ABELMANN, Ruhr-Universität Bochum

Walter KLITZ, Friedrich-Naumann-Stiftung Jerusalem
Ernst KERBUSCH, Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn
Muhammed AMMASH, Global Political Trends Center Istanbul

Panel III: Work in Peace and Conflict Situations: German Political Foundations between Ramallah, Tel Aviv and Berlin
Chair: Michael WALA, Ruhr-Universität Bochum

Marc FRINGS, Director Konrad-Adenauer-Stiftung, Ramallah
Idit SELTENREICH, ehemals israelische Botschaft Berlin
Dani KRANZ, Universität Wuppertal

Discussion Round: Squaring the Circle? The Work of German Political Foundation abroad between Independency and Dependency
Moderation: Christoph DINCKELACKER (Al-Sharq), Tobias PIETSCH (Al-Sharq)

Walter KLITZ, Friedrich-Naumann-Stiftung Jerusalem
Aref HAJJAJ, Palestine Forum
Riad OTHMANN, medico
Idit SELTENREICH, ehemals israelische Botschaft Berlin

Panel IV: At Home and Abroad German Political Foundations the legal Aspects
Chair: Anna ABELMANN, Ruhr-Universität Bochum

Eli SALZBERGER, Universität Haifa
Heike MERTEN, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Keynote Speech: “Germany in Israel – Now and Then”
Fania OZ-SALZBERGER, Universität Haifa

Panel V: Looking back, looking ahead: German Political Foundations in a Globalized World
Chair: Dani KRANZ, Universität Wuppertal

Katharina KONAREK, Universität Haifa
Amaal ABU GOSH, International Peace & Cooperation Center Jerusalem
Jörg SCHULTZ, Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin

Anmerkung:
1 Zusätzliche Informationen zu dem Projekt finden sich unter http://www.ruhr-uni-bochum.de/political-foundations (24.11.2016).


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