Gender – Pietismus – Adel

Gender – Pietismus – Adel

Organisatoren
Arbeitskreis „Pietismus und Gender“; Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Franckesche Stiftunge zu Halle
Ort
Halle an der Saale
Land
Deutschland
Vom - Bis
21.10.2015 - 24.10.2015
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Von
Holger Trauzettel, Institut für Geschichte, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Thomas Grunewald, Franckesche Stiftungen, Halle an der Saale; Corinna Kirschstein, Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Nikolas K. Schröder, Franckesche Stiftungen, Halle an der Saale

Zur interdisziplinären Tagung „Gender – Pietismus – Adel“ lud der Arbeitskreis „Pietismus und Gender“ gemeinsam mit dem Interdisziplinären Zentrum für Pietismusforschung ein. In den Franckeschen Stiftungen widmeten sich die Tagungsteilnehmer vom 21. bis 24. Oktober 2015 der Beteiligung des Adels an der Frömmigkeitsbewegung des Pietismus und dabei insbesondere dem Engagement adliger Frauen in pietistischen Kontexten. Aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive wurde dabei den Fragen nachgegangen, inwiefern der Pietismus eigene Formen von Herrschaft ausbildete, inwiefern der Adelsstand die Beförderung des Pietismus ermöglichte und wie pietistische Adelskultur und die von ihr hervorgebrachten Objekte und Texte wechselseitig aufeinander bezogen waren.

Den einleitenden Abendvortrag hielt CORNELIA NIEKUS MOORE (Fairfax, USA) über das Verständnis von pietistischen Leichenpredigten als Fürstenspiegel. Moore erläuterte zunächst die Unterschiede zwischen den Textsorten Fürstenspiegel und Leichenpredigt, bevor sie als Gemeinsamkeit die Beispielhaftigkeit des Geschilderten als Verhaltensorientierung hervorhob. Genderhistorisch betonte sie die Beschreibung von Weltflucht und vorbildhaftem Sterben in sogenannten „Sterbeberichten“, die insbesondere für weibliche Adlige eine Möglichkeit der Exemplifizierung boten.

Über die Veränderungen im Selbstverständnis von Reichsgrafen durch den Pietismus sprach JAN-MARTIN LIES (Mainz) in der ersten Sektion „Herrschaft“. Lies beschrieb die Hinwendung einiger Reichsgrafen (besonders des Wetterauer Grafenvereins) zum Pietismus als Antwort auf die Herausforderungen von Mediatisierungsdruck, Erbteilungen und Standeserhöhungen. Diese stünden keineswegs „außerhalb der politischen und sozialen Drucklinien“. Mit der Annahme des Pietismus gehe eine „Kultur der Qualifizierung gegenüber einer Kultur der Quantifizierung“ einher.

Dass die Mitgliedschaft in der Herrnhuter Brüdergemeine nicht automatisch den völligen Verzicht auf Privateigentum und die Einfügung in eine Gütergemeinschaft bedeutete, zeigte MARITA GRUNER (Greifswald). Sie beschrieb die Eigentumsverhältnisse innerhalb der Gemeinde als „Besitz in Gemeinschaft“ und grenzte diese von ur-christlichen oder pseudo-sozialistischen Gütergemeinschaften ab. Dennoch betonte sie, dass das Gemeindemitglied nicht als Besitzer von Gütern, sondern als Verwalter angesehen wurde und Gott gegenüber Rechenschaft über diese Verwaltungstätigkeit schuldig war.

In ihrem Beitrag fasste XENIA VON TIPPELSKIRCH (Berlin) die bisherige Forschung zum Themenkomplex der radikalpietistischen Höfe zusammen und problematisierte einzelne Forschungsbegriffe und -narrative: Sie plädierte für eine Adaption von Ansätzen der Neuen Politikgeschichte sowie eine akteurszentrierte Perspektive bei der Untersuchung des Zusammenhangs von Frömmigkeitskonzepten und Geschlechterzuschreibungen. Statt einer essentialistischen Vorstellung von „Radikalpietisten“ sprach sie von radikalen Praktiken der Adligen, welche die eigene Herrschaft gefährden konnten.

WOLFGANG BREUL (Mainz) beleuchtete in seinem Vortrag über die Grafschaft Waldeck im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts den Anteil der Gräfinnen an den hallesch-pietistisch geprägten Reformen in der Armenfürsorge, dem Kirchen- und Schulwesen. Die Gräfin Johannette und die Grafentöchter wirkten neben Otto Heinrich Becker durch die Anstellung von radikalen Pietisten in verschiedenen Einrichtungen an der Umsetzung der Reformen mit. Die nach dem Tod des Grafen Christian Ludwig (1706) einsetzende Pietistenverfolgung in Waldeck beendete die dortigen Reformen abrupt und zeige die Begrenztheit weiblichen Einflusses.

Mit der 14 Jahre andauernden, vormundschaftlichen Regentschaft der Landgräfin Hedwig Sophie von Hessen-Kassel (1623-1683), untersuchte ULF LÜCKEL (Marburg) ein Beispiel reformiert-pietistischer Herrschaftspraxis. Aufbauend auf ihrer umfassenden und streng religiösen Erziehung und Ausbildung sei die Hohenzollernprinzessin Hedwig Sophie stets kritisch gegenüber den hessischen Theologen geblieben und habe sich auch im Rahmen ihrer Regierung gegen die männlichen Räte behaupten können. Die Bezeichnung ihrer Herrschaft als pietistisch sei vor allem, so Lückel, durch die Anstellung Theodor Undereycks als Hofprediger gerechtfertigt.

Veit Ludwig von Seckendorffs (1626-1696) Schriften zur allgemeinen Verbesserung der Stände, deren Ziel die Schaffung eines Modells und Maßstabs für den Christlichen Staat war, stellte MAGDOLNA VERES (Szeged, Ungarn) vor. Veres zeigte auf, dass für von Seckendorff die Vernachlässigung weiblicher Bildung die Notwendigkeit von Jungfrauen-Schulen begründet hatte. Seckendorffs Gedanken – manifestiert in den von ihm selbst entworfenen Schulbüchern – fanden eine breite Rezeption und gelangten via Gotha auch nach Halle.

Mit der Einführung des Pietismus in der kleinen Grafschaft Wernigerode durch das regierende Grafenpaar beschäftigte sich MAREIKE FINGERHUT-SÄCK (Magdeburg). Sie skizzierte den Grafen Christan Ernst (1691-1771) und seine Gemahlin Sophie Charlotte (1695-1762) als pietistisches Arbeitspaar. Beide verstanden sich als „Werkzeuge Gottes“ und teilten sich die Aufgaben bei dem gemeinsamen Ziel der Konsolidierung und Ausbreitung des Pietismus in der Grafschaft und darüber hinaus.

ANTJE SCHLOMS (Mühlhausen) zeigte in ihrem Vortrag in der Sektion zwei „Handlungsräume“, dass Frauen eine Vielzahl von Partizipationsmöglichkeiten bei der Gründung von und Mitarbeit in Waisenhäusern hatten, die nach halleschem Vorbild gegründet wurden. Sie betonte aber deren Zurückhaltung im sogenannten „Waisenhausstreit“ und in der aktiven Verwaltung der Waisenhäuser, die zumeist durch Inspektoren wahrgenommen wurden. Weiterhin konstatierte sie, dass zu Lebzeiten Franckes der Anteil adliger Frauen an Neustiftungen gegenüber denen bürgerlicher Herkunft überwog und sich die Adligen am Vorbild der Glauchaschen Anstalten orientierten.

Auf genderspezifische Differenzen im Handlungsraum kindlicher Frömmigkeit machte PIA SCHMID (Halle an der Saale) aufmerksam. Anhand der Leichenpredigt auf Sophia Dorothea von dem Knesebeck zeigte sie, dass adlige Mädchen über einen mit Gebet und Gehorsam eng gefassten „frommen Handlungsspielraum“ verfügten, sofern sie sich als „fromme Braut Gottes“ darstellten und religiös argumentierten. Im Gegensatz dazu stand das Beispiel Christlieb Leberechts von Exter (1697-1707), der ebenfalls einen eigenen frommen Handlungsspielraum beanspruchte, der aufgrund der ihm zuerkannten theologischen Autorität als religiöser Virtuose und Wunderkind deutlich weiter gefasst war.

Ausgehend von der Krönung Christians III. von Dänemark und dessen Gattin Dorothea im Jahr 1537 und des darin beschriebenen Ideals einer lutherischen Monarchin zeichnete KATRIN KELLER (Wien) in ihrem Abendvortrag Entwicklungslinien von Frömmigkeit und Konfession als Handlungsfeld hochadeliger Frauen bis in die Aufklärungszeit in den Bereichen Lektüre und Schriftlichkeit, Stiftungen sowie der Konfessionsbildung nach. Dabei betonte sie einerseits, dass Frömmigkeit den Kern weiblichen Handelns ausmachte, während sich Männer auch in Staat und Militär sichtbar betätigen, und anderseits, dass zwischen den christlichen Konfessionen trotz im Detail differenter Ausprägungen große Parallelen in Bezug auf weibliches frommes Handeln bestanden.

Mit der unstandesgemäßen Heirat Georg Christian Haines (1685-1757) mit der Gräfin Magdalena Christina von Kirchberg (geb. 1681) zeichnete THOMAS GRUNEWALD eine Mesalliance im direkten Umfeld August Hermann Franckes in den Jahren 1717-1719 nach. Grunewald analysierte die Strategien, die der Freiherr von Canstein (1667-1719) und Francke bemühten, um Haine aus dem direkten Umfeld des Königs zu entfernen und gleichzeitig die Hochzeit zwischen der Gräfin und Haine argumentativ zu rechtfertigen und als sozial akzeptabel darzustellen.

Die Kinderlosigkeit und zunehmende Entfremdung Dorothea Charlotte Louise von Gersdorfs von ihrem Ehemann war für LUBINA MAHLING (Tübingen) Anlass, um das Scheitern einer Frau in der ihr zugebilligten sozialen Rolle als Ehefrau und Mutter zu untersuchen. Wie Mahling zeigte, verteidigte sie jedoch aktiv die Güter gegenüber der Herrnhuter Gemeinde, bei der ihr Ehemann als „Alter Ego“ Zinzendorfs fungierte.

Im Hinblick auf die Handlungsstrategien Hochadeliger gegenüber A. H. Francke analysierte HOLGER TRAUZETTEL (Halle an der Saale) einen politischen Eklat, den Francke in Stuttgart gezielt provozierte. Ein gegen Francke verhängtes Predigtverbot musste der Herzog letztlich wieder aufheben. Die verstoßene Herzogin, die sich als tugendhafte Ehefrau im Gegensatz zu ihrem bigamistischen Gatten inszenierte, nutzte Francke für ihre Zwecke. Zugleich wollte Francke Aufmerksamkeit für seine Reise ins Reich gewinnen, so Trauzettel.

Die Bedeutung der Hauswirtschaft zeigte BARBARA BECKER-CANTARINO (Austin, USA) am Beispiel der Erdmuthe Dorothea von Zinzendorf (1700-1756). Während Zinzendorfs langer Aufenthalte in England und Britisch-Nordamerika emanzipierte sie sich von der sozialen Rolle als Hausmutter in der Tradition der Adelsökonomie zur Verwalterin der Herrnhuter Güter. Sukzessive übernahm sie nicht nur die Viktualienwirtschaft, sondern die Oberleitung für die Haushaltung des gesamten Gutsbetriebes und sorgte für Kapitalaufnahme und Verbesserung der Güter. Weil ihr Zinzendorf bei seiner Vertreibung die Herrschaftsrechte an Herrnhut übertrug, huldigten die Untertanen ihr persönlich.

Die Männermode des (protestantischen) Adels um 1700 untersuchte BEN MARSCHKE (Arcata, USA) in der Sektion „Dinge“. Er plädierte für eine Neubewertung der aufkommenden Einfachheit und militärischen Formensprache jenseits des Kontextes religiöser Bewegungen. Der Vergleich Preußens mit den Niederlanden und England, aber auch Russland und Schweden ergebe, dass im als Krise der Männlichkeit beschriebenen Wandel der Mode kein pietistischer oder puritanischer Einschlag, sondern vielmehr eine allgemeine Abkehr von bisherigen, französisch konnotierten Formen zu sehen sei.

Auf den Portraits pietistischer Adliger der 1740er- und 1750er-Jahre, vor allem von Frauen, findet man immer wieder den „Ordre de l’Union parfaite“, der 1732 von der dänischen Königin Sophia Magdalene gestiftet und von Frauen an einer blauen Schleife und von Männern am blauen Band getragen wurde. THOMAS RUHLAND (Kassel) referierte über diese bisher kaum bekannte gemeinschafts- und identitätsstiftenden Praxis, an der sowohl Familienangehörige der Königin als auch namhafte Pietisten – insgesamt etwa 400 Personen – Teil hatten.

CLAUS VELTMANN (Halle an der Saale) ging der Frage nach, wie die häufigen Abbildungen pietistischer Adliger im Harnisch zu verstehen seien, obwohl diese Personen teils keine militärischen Erfahrungen vorzuweisen hatten. Veltmann begriff diese Form der repräsentativen Darstellung vielmehr als Ausdruck der adligen Abstammung selbst, die an ein Verständnis von Adel als Wehrstand anknüpfte. Dennoch hätte es Ausnahmen von dieser Regel aus den Kreisen der Pietisten und Herrnhuter gegeben. Pietistische Frömmigkeit fand, so Veltmann, keinen expliziten Ausdruck in der bildlichen Darstellung Adliger.

ANNETTE C. CREMER (Gießen) untersuchte die Puppensammlung „Mon Plaisir“ der Auguste Dorothea von Schwarzburg-Arnstadt (1666-1751) in Hinblick auf eine mögliche pietistische Deutung als Form zur Schau gestellter Innerlichkeit. Die Puppensammlung, die die Lebensabläufe am Hof detailliert darstellte, sei, so Cremer, nicht nur eine Form der Kunstkammer und eine Art Hofkalender aus weiblicher Perspektive, sondern gebe auch die Sicht der Gräfin auf sich selbst, ihren Hofstaat und ihre Untertanen wieder und sei letztlich Teil der repräsentativen Adelskultur.

Die Teinacher Lehrtafeln der Prinzessin Antonia von Württemberg (1613-1679) hatte der Vortrag von EVA SCHAUER (Hannover) zum Thema. Die Lehrtafeln – eigentlich ein gemaltes Erbauungsbuch – beschrieben, so Schauer, die „himmlische Hochzeit“ Antonias, über die Teilschritte des Bruchs mit der profanen Welt, der Verwandlung und letztlich der Auferstehung mit Christus. In die Lehrtafeln seien nicht nur die Symbolik der Kabbala, sondern auch die „Leidensgeschichte“ Antonias sowie die Geschichte ihrer Familie eingearbeitet.

Am Beispiel des Reichgrafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700-1760) beschrieb PETER VOGT (Herrnhut) das Verhältnis von Nobilität und Pietist-Sein als doppeltes Paradoxon. So stellte Vogt einerseits die Notwendigkeit der Erhaltung und Nutzung der Adelsprivilegien Zinzendorfs für die Verwirklichung seines am apostolischen Vorbild orientierten Ideals brüderlicher Gleichheit heraus. Andererseits ermöglichte es dieses Ideal, Elemente höfischer Kultur auf die gottesdienstliche Praxis und Formen des Zusammenlebens in der Brüdergemeine zu übertragen und typisch adlige Verwaltungs- und Organisationsstrukturen zu übernehmen.

Ausgehend von Briefen Erdmuthe Benignas von Reuß-Ebersdorf an Heinrich XXIV. Reuß-Köstritz erarbeitete MARTIN PRELL (Jena) in der Sektion „Schreiben“ drei signifikante Selbstentwürfe der Gräfin: Erstens den der „bekehrten und in göttlicher Gunst stehenden Pietistin“, deren Leidensweg zugleich Herausforderung und Gunst Gottes gewesen sei. Zweitens der des „Werkzeuges Gottes in der Welt“ und drittens den der „selbstbewussten und herrschaftskompetenten Regentin“, wodurch sich die Gräfin gegenüber den anderen Vormündern ihres Sohnes und den Regenten der reußischen Teil- und Nebenlinien gerierte.

Die Verbindungen des radikalen Pietisten Ernst Christian Hochmann von Hochenau (1670-1721) zu adligen Frauen thematisierte GERALD MCDONALD (Bochum). Er berichtete über dessen Rolle an den Höfen in Laubach und Berleburg zur Jahrhundertwende 1699-1700. Als Ziel arbeitete MacDonald die Aufhebung der Ständeordnung heraus, die als Vorbedingung für die Ankunft Christi angesehen wurde. Daraus resultierten Hochmanns Eheverständnis, die „Erhebungen“ der Adligen in den Priesterstand und die Benennung der Beteiligten mit biblischen Namen.

EVA KORMANN (Karlsruhe) zeigte anschließend auf der Grundlage von Briefen, Gedichten und vor allem Aufsätzen Susanna Katharina von Klettenbergs, dass das Schreiben neben der Selbstvergewisserung und Erbauung auch der religiösen Vernetzung diente. Goethes „schöne Seele“, die eigene Erbauungsstunden abhielt, erörterte in diesen Schriften das Miteinander von Mann und Frau, Ehe und Freundschaft unter dem Einfluss von Bekehrung. Damit ging allerdings keine Einebnung von Standesunterschieden einher.

RUTH ALBRECHT (Hamburg) problematisierte anhand der Gräfin Adeline von Schimmelmann das Verhältnis von intensivierter Frömmigkeit und unterstellter Geisteskrankheit (divine madness) sowie die Strategien zur Inszenierung von Frömmigkeit. Die aus lutherischem Adel stammende Hofdame der Kaiserin Augusta unternahm 1898 eine eineinhalbjährige Vortragsreise per Segelschiff durch die USA. Die örtliche Presse berichtete über ihre vermeintlichen Kontakte zum Hochadel Europas, ihre Wohltätigkeit und den Verzicht auf Reichtümer und verschaffte den Auftritten Schimmelmanns große Aufmerksamkeit.

Abschließend betonte ULRIKE GLEIXNER (Wolfenbüttel), dass die bisherige Annahme eines Gegensatzes von Adelskultur und Pietismus nicht mehr haltbar sei, sondern der gegenseitige Kontakt vielmehr einen beiderseitigen Transformationsprozess angestoßen habe. Ehe sie einzelne Aspekte des Tagungsthemas zusammenzufasste, benannte sie methodische Herausforderungen einer pietistischen Genderforschung, die Geschlecht als mehrfach relationale Kategorie fassen und den Beitrag pietistischer Frömmigkeit zur Konstruktion von Geschlechterrollen stärker nachvollziehen müsse.

Konferenzübersicht:

Begrüßung:
Pia Schmid (Halle an der Saale)

Abendvortrag
Cornelia Niekus Moore (Fairfax, USA), Leichenpredigten als pietistische Fürstenspiegel

Sektion I: Herrschaft

Jan Martin Lies (Mainz), Für Gott, gegen Norm und Tradition. Die Veränderungen im Selbstverständnis pietistischer Reichsgrafen und Reichsgräfinnen und die daraus resultierenden sozialen und politischen Folgen

Marita Gruner (Greifswald), Persönlicher Besitz und Gütergemeinschaft. Drei adlige Schwestern in der Herrnhuter Brüdergemeine des 18. Jahrhunderts

Xenia von Tippelskirch (Berlin), Geschlechterspezifische Aspekte in der Herrschaftspraxis radikalpietistischer Höfe

Wolfgang Breul (Mainz), Gräfinnen und pietistische Reform in der Grafschaft Waldeck

Ulf Lückel (Marburg), Von Berlin nach Kassel: Landgräfin Hedwig Sophie von Brandenburg (1623-1683), die Wegbereiterin für den reformierten Pietismus in der Landgrafschaft Hessen-Kassel

Magdolena Veres (Szeged, Ungarn), Verbesserung der Stände nach Seckendorff – Entwurf der Jungfrauen-Schulen

Mareike Fingerhut-Säck (Magdeburg), Christian Ernst und Sophie Charlotte zu Stolberg-Wernigerode und der „Wernigeröder Pietismus“. Seine Einführung als Prozess zwischen Glaubensstiftung und Landesherrschaft

Sektion II: Handlungsräume

Antje Schloms (Mühlhausen), Adlige Frauen und ihr karitatives Wirken am Beispiel ausgewählter Waisenhäuser nach halleschem Vorbild

Pia Schmid (Halle an der Saale), Handlungsräume adliger Mädchen und Knaben 1680-1750. Eine Analyse von Exempelgeschichten

Abendvortrag
Kathrin Keller (Wien), Zwischen Reformation und Aufklärung. Frömmigkeit und Konfession als Handlungsfeld adeliger Frauen

Thomas Grunewald (Halle an der Saale), Die „Kirchberg-Affäre“ – Die Geschichte einer Mesalliance als „Präzedenzfall“

Lubina Mahling (Tübingen), Alte Klischees: Aktive Männlichkeit – passive Weiblichkeit? Friedrich Caspar und Dorothea Charlotte Louise von Gersdorf geb. von Flemming

Holger Trauzettel (Halle an der Saale), Jenseits persönlicher Frömmigkeit? Handlungsstrategien von Fürstinnen und Fürsten im Kontext von A.H. Franckes „Reise ins Reich“ (1717/18). Die Höfe Stuttgart, Darmstadt und Karlsruhe im Vergleich

Barbara Becker-Cantarino (Austin, USA), Zur Bedeutung der „Hauswirtschaft“ im Engagement adliger Frauen im Pietismus

Sektion III: Dinge

Benjamin Marschke (Arcata, USA), Männliche Dinge, weibliche Dinge: Pietistische Maskulinität und adlige Mode im Kontext des „Great Masculine Renunciation“ in der atlantischen Welt

Thomas Ruhland (Kassel), Der „Ordre de l’Union parfaite“ – Pietismus, Adelsnetzwerk und höfische Repräsentation

Claus Veltmann (Halle an der Saale), Der geharnischte Pietist. Anmerkungen zur Darstellung pietistischer Adliger im Porträt

Annette C. Cremer (Gießen), Ausgestellte Innerlichkeit? Die Puppenstadt der Auguste Dorothea von Schwarzburg

Eva Johanna Schauer (Hannover), Die Teinacher Lehrtafeln Antonias von Württemberg 1613-1679

Peter Vogt (Herrnhut), „Als Christ ist man nicht Graf“. Paradoxien pietistischer-aristokratischer Identität bei Zinzendorf

Sektion IV: Schreiben

Martin Prell (Jena), Selbstentwurf und Herrschaftspraxis. Die Briefe Erdmuthe Benignas von Reuß-Ebersdorf (1670-1732)

Gerald MacDonald (Bochum), Der radikale Pietist Ernst Christoph Hochmann von Hochenau und seine Kontakte zu adligen Frauen

Eva Kormann (Karlsruhe), Susanna Katharina von Klettenbergs religiöse Dichtung

Ruth Albrecht (Hamburg), Der Aufenthalt Adeline Gräfin Schimmelmanns in den USA (1898-1900) im Spiegel der zeitgenössischen amerikanischen Presse

Ulrike Gleixner (Wolfenbüttel), Adeliger Pietismus – Einklang oder Dissonanz. Fragen aus der Geschlechterforschung


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