Sulla Felix. Politics, Public Image, and Reception

Sulla Felix. Politics, Public Image, and Reception

Organisatoren
Alexander Thein, University College Dublin; Alexandra Eckert, Universität Oldenburg
Ort
Dublin
Land
Ireland
Vom - Bis
22.06.2016 - 25.06.2016
Url der Konferenzwebsite
Von
Alexandra Eckert, Lehrstuhl für Alte Geschichte, Institut für Geschichte, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg; Alexander Thein, University College Dublin

Vom 22. bis 25. Juni 2016 fand am University College Dublin die neunte Celtic Classics Konferenz statt. Diese Tagung hat sich seit ihren Anfängen im Jahr 1998 zu einer der größeren internationalen Konferenzen auf dem Gebiet der Altertumswissenschaften entwickelt. Eines ihrer Ziele ist es, die Kooperation etablierter Forscherinnen und Forscher über Fächer- und Ländergrenzen hinweg zu fördern. Die Konferenzsprachen sind Englisch und Französisch. So versammelten sich in diesem Jahr etwa 330 Teilnehmer, um in 21 Panels mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten die Ergebnisse ihrer neuesten Forschungen zu präsentieren.1

Die diesjährige Celtic Classics bot den Rahmen für ein internationales Kolloquium zu Leben und Nachwirkung des römischen Diktators Lucius Cornelius Sulla Felix (138-78 v. Chr.). Den Organisatoren Alexander Thein (University College Dublin) und Alexandra Eckert (Universität Oldenburg) gelang es, zwölf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Belgien, Deutschland, Großbritannien, Irland, den Niederlanden und Spanien für einen Vortrag zu gewinnen.

Sulla ist eine der zentralen Figuren der späten römischen Republik. Er marschierte als erster Römer mit einer Armee auf seine Vaterstadt. Im Jahr 86 v. Chr. eroberte Sulla Athen und plünderte die großen panhellenischen Heiligtümer Griechenlands. Drei Jahre später kehrte er nach Italien zurück und übernahm nach dem Bürgerkrieg Ende 82 v. Chr. die Macht in Rom. Als Diktator initiierte er umfangreiche Reformmaßnahmen. In dieser Zeit waren seine Mitbürger monatelangen blutigen Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt. Sullas Racheakte richteten sich nicht nur gegen politische Gegner aus der Elite, sondern kosteten Zehntausenden aus allen sozialen Schichten das Leben. Er selbst sah sich als ein von den Göttern Begünstigter, der alle seine Feinde besiegt hatte, um die res publica zu retten. Daher nannte er sich Felix, der Glückliche. Nach seinem Rückzug ins Privatleben schrieb er bis kurz vor seinem Tod 78 v. Chr. seine Memoiren, die einen großen Nachhall erfahren sollten.

Sowohl Sullas Taten, wie auch seine Nachwirkung sind in den letzten Jahren erneut in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und haben eine intensive Forschungsdiskussion ausgelöst. Entsprechend breit gefächert waren die Themen, die in den verschiedenen Panel-Sessions präsentiert wurden.

Die erste Panel-Session Political Culture and Competition leitete CRISTINA ROSILLO-LÓPEZ (Sevilla/Dresden) mit ihrem Vortrag “Sulla, the People and Elections” ein. Rosillo-López reflektierte darin die Rolle und Bedeutung der plebs als Wahlorgan während Sullas Herrschaft sowie Sullas Verhältnis zum römischen Volk. Sie diskutierte Claude Nicolets These, nach der Sullas Maßnahmen eine Wahlrechtsreform eingeschlossen hätten.2 Ferner setzte sie Sullas Verfassungsänderungen in Beziehung zu den Wahlreformen von Caesar und Augustus. Im folgenden Beitrag „Rome Away from Rome. Sulla as Trailblazer for the Option of Rival Government“ diskutierte JÖRG FÜNDLING (Aachen) einen der vielen Bereiche, in denen Sulla einen Präzedenzfall geschaffen hatte: die Etablierung einer Alternativ-Regierung außerhalb Roms. In einem großen historischen Bogen erläuterte er die Nachwirkungen von Sullas Beispiel in den Bürgerkriegen der späten und ausgehenden römischen Republik. Zu Fällen von Alternativ-Regierung zählte er Sertorius, die gegen Caesar gerichtete Allianz des Pompeius mit dem Senat, die rivalisierenden Feldherren Caesars in den Jahren 44/43 v. Chr. sowie das Agieren von Sextus Pompeius und Marcus Antonius.

Die zweite Panel-Session stand unter dem Motto „Warfare and Veteran Settlement“. BORJA ANTELA-BERNÁRDEZ (Barcelona) schlug in seiner Präsentation „The Lion and the Fox. L. Cornelius Sulla from a Warfare Perspective“ vor, Sullas militärische Erfolge und deren Nachwirkung in antiken Quellen einer Neubewertung zu unterziehen. Er warf die Frage auf, ob die meist positive Bewertung von Sullas Siegen in den antiken Quellen gerechtfertigt sei. Vor allem die Opferzahlen von Sullas Feldzügen verdienten in diesem Zusammenhang einen genaueren Blick. ARTHUR KEAVENEY (Canterbury) behandelte unter dem Titel „Paludes et silvae. The ruin of the veteran“ die Landzuweisungen, die Sullas Veteranen erhalten hatten. Er bezog sich zunächst auf die Aussage des Lepidus in Sallusts Historien, wonach Sullas Veteranen in Sümpfen und Wäldern angesiedelt worden waren. Anhand von Ciceros Rede „De lege agraria“ ging Keaveney der Frage nach, wie die Zuweisung von schlechtem Land zu erklären sei. Er sah die rasche Umsetzung der Maßnahmen und Betrügereien von Sullas Anhängern als mögliche Gründe.

In der Panel-Session „Sulla in the East“ beschäftigte sich PIERRE ASSENMAKER (Namur) mit dem Thema „Sulla and Aphrodisias. On the construction of oracular tradition and historical memory”. Ausgehend von der berühmten Episode bei Appian, wonach Sulla aufgrund eines ihm gegebenen Orakels eine goldene Axt an das Aphrodite-Heiligtum von Aphrodisias in Karien gesendet habe, untersuchte Assenmaker auch die lokale Münzprägung der karischen Stadt, die den Orakelspruch bestätigt. Überlegungen zu Sullas religiöser Selbstdarstellung im griechischen Osten beschlossen den Vortrag. Die Präsentation „What do Sulla and the Philosophers have in Common? Not much“ von INGER KUIN (Groningen) behandelte die Nachwirkung von Sullas Taten in Griechenland und Kleinasien in den Werken der griechischen Autoren Diodor, Strabo, Plutarch, Memnon, Pausanias and Aelian. Kuin konstatierte bei den späteren Autoren eine zunehmende Betonung von Sullas Rolle als Zerstörer griechischer Kulturschätze. Zu erklären sei diese Entwicklung mit der immer schwächer werdenden Wahrnehmung Griechenlands als politische Einheit in der Kaiserzeit.

Die vierte Panel-Session war der Erinnerung an Sulla Felix gewidmet. ALEXANDRA ECKERT (Oldenburg) analysierte in ihrem Vortrag „Reconsidering the Sulla Myth“ die von Umberto Laffi und François Hinard“ formulierte These einer Verdunkelung des Sulla-Bildes in den antiken Quellen.3 Laffi und Hinard gehen davon aus, ein dezidiert negatives Bild Sullas, der sog. Sulla-Mythos, sei erst nach dem Sieg des Sulla-Gegners Caesar über Pompeius entstanden. Nach Eckert zeigen jedoch antike Zeugnisse eine breite Ablehnung Sullas noch während dessen Lebenszeit. Grund dafür seien Sullas Vergeltungsmaßnahmen nach dem Sieg im Bürgerkrieg 82 v. Chr. gewesen, die eine völlig neue Dimension der Gewalt nach Rom und Italien gebracht hätten. Der Beitrag von CHRISTIAN WINKLE (Stuttgart) „L. Cornelius Sulla – Between res publica and memoria“ musste wegen kurzfristiger Verhinderung des Referenten leider ausfallen und wird im Rahmen des geplanten Konferenzbandes erscheinen. Winkle beschäftigt sich darin mit der Rolle von Sullas Memoiren im zeitgenössischen Kampf von Mitgliedern der römischen Nobilität um die öffentliche Meinung. Er geht weiterhin der Frage nach, weshalb römische Geschichtsschreiber ein solch negatives Bild von Sulla zeichneten.

FEDERICO SANTANGELO (Newcastle) eröffnete die fünfte Panel-Session, die dem Thema „Sulla and Historiography“ gewidmet war. Er erörterte unter der Überschrift „Sulla in the Bellum Iugurthinum“ die Relevanz des Feldzuges gegen König Jugurtha für Sullas frühe Karriere. Weiterhin betonte er die Bedeutung von Sallusts Bellum Iugurthinum als der entscheidenden Quelle für das Verständnis der fortdauernden Beziehung zwischen Sulla und König Bocchus von Numidien. Im zweiten Vortrag dieser Panel-Session „Sulla’s long shadow, and what Tacitus’ Annales can tell us about Sallust’s Historiae“ illustrierte ALISON ROSENBLITT (Oxford) die Möglichkeit, mittels Tacitus’ Annalen einen Zugang zu jenen heute verlorenen Teilen von Sallusts Historien zu finden, die ausführlich über Sullas Taten berichteten. Anhand einer genauen Untersuchung der Beschreibungen von Meutereien in den Annalen konnte Rosenblitt zeigen, wie aus Tacitus’ Schrift wichtige Informationen über die Darstellung Sullas bei Sallust gewonnen werden können.

In der abschließenden Panel-Session „Sulla in the Forum“ trug zunächst CATHERINE STEEL (Glasgow) mit „Sulla the Orator“ zu einem bisher in der Forschung vernachlässigtem Aspekt von Sullas Leben vor: seinen Auftritten als Redner. Sie präsentierte eine Untersuchung der Fragmente von Sullas Reden vor dem Senat, in contiones sowie in diplomatischen und militärischen Kontexten. Aus den erhaltenen Zeugnissen von Sullas Reden in der Öffentlichkeit folgerte Steel, Sulla sei sich der Instabilität von politischen Reformen bewusst gewesen, die alleine auf militärischer Gewalt beruhten. ALEXANDER THEIN (Dublin) zog in seinem Vortrag „The Lacus Servilius“ die weit verbreitete Forschungsmeinung in Zweifel, wonach die Massaker am Lacus Servilius Teil der sullanischen Proskriptionen gewesen seien. Auf der Grundlage einer Passage bei Cicero vertrat er die These, die Bluttaten am Servilischen Becken seien im Zuge von unkontrollierten Tötungen geschehen. Diese seien auf private Racheaktionen zurückzuführen, die ohne Sullas Wissen stattgefunden hätten. Thein schlug vor, eine feiner abgestufte Kategorisierung der Gewaltmaßnahmen Sullas während und nach dem Bürgerkrieg vorzunehmen, um die bisherige Fokussierung auf die Proskriptionen überwinden zu können.

Eine Table-ronde-Diskussion bildete den Abschluss des Kolloquiums. Darin thematisierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nochmals die Bedeutung Sullas für die späte römische Republik und die Kaiserzeit. Sullas Eingreifen in Griechenland und Kleinasien verdiene ein größeres Forschungsinteresse, als es bisher der Fall gewesen sei. Die von Sulla geschaffenen Präzedenzfälle hätten eine Nachwirkung entfaltet, deren Ausmaß und Dauer im griechischen Osten wie in Rom und Italien nicht unterschätzt werden dürfe.

Konferenzübersicht:

Session I: Political Culture and Competition
Chair: Federico Santangelo

Cristina Rosillo-López (Seville): ‘Sulla, the People and Elections’
Jörg Fündling (Aachen): ‘Rome Away from Rome: Sulla as Trailblazer for the Option of Rival Government’

Session II: Warfare and Veteran Settlement
Chair: Alexander Thein

Borja Antela-Bernárdez (Barcelona): ‘The Lion and the Fox: L. Cornelius Sulla from a Warfare Perspective’
Arthur Keaveney (Canterbury): ‘Paludes et silvae: the ruin of the veteran’

Session III: Sulla in the East
Chair: Alexandra Eckert
Pierre Assenmaker (Namur): ‘Sulla and Aphrodisias: On the construction of oracular tradition and historical memory’
Inger Kuin (Groningen): ‘What do Sulla and the Philosophers have in Common? Not much’

Session IV: Remembering Sulla Felix
Chair: Pierre Assenmaker

Alexandra Eckert (Oldenburg): ‘Reconsidering the Sulla Myth’
Christian Winkle (Stuttgart): ‘L. Cornelius Sulla – Between res publica and memoria’

Session V: Sulla and Historiography
Chair: Catherine Steel

Federico Santangelo (Newcastle): ‘Sulla in the Bellum Iugurthinum’
Alison Rosenblitt (Oxford): ‘Sulla’s long shadow, and what Tacitus’ Annales can tell us about Sallust’s Historiae’

Session VI: Sulla in the Forum
Chair: Cristina Rosillo-Lopez

Catherine Steel (Glasgow): ‘Sulla the Orator’
Alexander Thein (Dublin): ‘The Lacus Servilius’

Session VII: Round Table
Chairs: Alexandra Eckert / Alexander Thein

Round Table: all Panel members

Anmerkungen:
1 Der regen Beteiligung und dem gestiegenen Interesse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den USA und Kanada tragen die Organisatoren der Celtic Classics Konferenz Rechnung. Sie wechseln ab 2017 von einem zweijährigen zu einem jährlichen Turnus und wählten mit Montreal zum ersten Mal einen Tagungsort außerhalb Westeuropas. Die Celtic Classics Konferenz wird dort an der McGill-University vom 19. bis 22. Juli 2017 stattfinden. Zur Ankündigung vgl. http://www.fasticongressuum.com/single-post/2016/09/13/CALL-20102016-PANELS-10th-Celtic-Conference-in-Classics---Montreal-Canada (17.09.2016).
2 Claude Nicolet, Note sur Appien B.C. I,100,467. Sylla et la réforme électorale, Mélanges d’ Archéologie et d’ Histoire 71 (1959), 211-225.
3 Umberto Laffi, Il mito di Silla, Athenaeum 45 (1967), 177-213 und 255–277; François Hinard, La naissance du mythe de Sylla, REL 62 (1984), 81–95; François Hinard, L’énigme, l’exemplum et le mythe, Syllana Varia. Aux sources de la première guerre civile romaine, Paris 2008, 131–145.


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Englisch
Sprache des Berichts