De derde orde op orde. Die „Zweite religiöse Frauenbewegung“ im späten Mittelalter

De derde orde op orde. Die „Zweite religiöse Frauenbewegung“ im späten Mittelalter

Organisatoren
Nederlandse Organisatie voor Wetenschappalijk Onderzoek, Vrije Universiteit Amsterdam
Ort
Amsterdam
Land
Netherlands
Vom - Bis
01.10.2004 -
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Von
Letha Böhringer, Historisches Archiv der Stadt Köln

Seit 1998 wird an der Vrije Universiteit Amsterdam unter der Leitung von Koen Goudriaan das von der Nederlandse Organisatie voor Wetenschappelijk Onderzoek geförderte Projekt „De derde orde van Franciscus in het bisdom Utrecht“ durchgeführt 1. Der Titel des Projekts bedarf, zumal im deutschen Sprachraum, der Erläuterung. Es handelt sich nicht, wie man meinen könnte, um Untersuchungen zur Wirkung des Minoritenordens im späten Mittelalter, wie sie in Deutschland vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Observanzbestrebungen vielfach angestellt werden, sondern um Forschungen zur „Zweiten religiösen Frauenbewegung“ im späten Mittelalter. Ausgelöst durch gesellschaftliche Veränderungen und spirituell stark beeinflusst von der Devotio moderna wurden vom Ende des 14. bis ins 16. Jahrhundert hinein überaus zahlreiche Frauenkonvente unterschiedlicher Prägungen gegründet. Neben Beginenhäusern und informellen Gruppen devoter Frauen entstanden Schwesternhäuser vom gemeinsamen Leben, Gemeinschaften der Windesheimer Kanonissen, Dominikanerinnenkonvente und vor allem Klöster, in denen Frauen nach der Drittordensregel der Franziskaner lebten. Diese Regel, die 1289 durch den Franziskaner-Papst Nikolaus IV. in der Bulle „Supra montem“ promulgiert worden war, richtete sich eigentlich an Laien, die in der Welt lebten und sich in Büßergemeinschaften zusammenfanden. Weibliche Gemeinschaften „entdeckten“ diese Regel ein Jahrhundert später für ihre monastisch orientierten Häuser, wobei sie sich einerseits durch die Annahme einer approbierten Regel Anfeindungen entzogen und kirchenrechtlichen Vorschriften entsprachen, andererseits aber die keineswegs klare kirchenrechtliche Stellung der Drittordensgemeinschaften nutzten, um sie je nach eigenen Bedürfnissen, lokalen Möglichkeiten und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu interpretieren. Diese Terziarinnen bildeten im Bistum Utrecht die größte Gruppe monastisch lebender Frauen, sowohl hinsichtlich der Anzahl ihrer Klöster als auch hinsichtlich der Zahl der Konventualinnen.

Diese Bewegung wurde bislang weder in den Niederlanden noch in Deutschland intensiver untersucht, wenn man absieht von der wichtigen und auch während der Tagung immer wieder zitierten Dissertation von Gerhard Rehm 2. Das Phänomen ist vielschichtig und dynamisch, so dass sich ein Forschungsunternehmen in einem derart weiten Feld einen möglichst klar umrissenen Rahmen geben muss. Im Zentrum dieses Projekts steht die Erarbeitung eines Monasticons jener 166 Klöster, die in den historischen Grenzen des Bistums Utrecht der franziskanischen Drittordensregel folgten. Es handelt sich überwiegend um Frauengemeinschaften (148 Konvente), wobei die Patres der Männerhäuser zumeist die geistliche Betreuung sicher stellten. Die Darstellung der inneren und äußeren Geschichte dieser Gemeinschaften bildet den institutionengeschichtlichen Kern des Projekts. Über das Klosterbuch hinaus wird in den flankierenden Studien einer Equipe junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein weites Spektrum von kanonistischen, frömmigkeitsgeschichtlichen, bildungsgeschichtlichen und liturgischen Themen bearbeitet.

In seinem Eingangsreferat „Het onderzoek naar laatmiddeleeuwse monastieke geschiedenis: hoe nu verder?" befasste sich der Projektleiter Koen Goudriaan mit ausgewählten Problemen bei der Erstellung des Monasticons. In älteren und in manchen neuen Klosterbüchern wurde oft mit strengen kanonistischen Ausschlusskriterien hantiert (wie Vollmitgliedschaft in einem Orden oder einer Kongregation), so dass lose assoziierte oder strukturell ähnliche Kommunitäten unberücksichtigt blieben. Dies hat man vermeiden wollen, indem alle Gemeinschaften unter der Terziarenregel aufgenommen wurden, auch solche, die nicht Mitglieder im sogen. Kapitel von Utrecht waren. Dieses Kapitel ist ein 1399 gegründeter Zusammenschluss zahlreicher Drittordensklöster, für das aus den Jahren 1555 und 1570 Mitgliederlisten vorliegen. Hüten muss man sich vor der Vorstellung, dass die Kapitelsmitglieder mit der Annahme der Regel einer uniformen Lebensweise anhingen; vielmehr ist innerhalb wie auch außerhalb der Gemeinschaften von einer großen Vielfalt der religiösen Lebensgestaltung auszugehen. Problematisch wäre ferner, das Befolgen einer Regel zum Maßstab zu erheben und unregulierte Gemeinschaften aus dem Blick zu verlieren. Die Dissertation von Madelon van Luijk 3 hat eine Anzahl informeller „devoter Gemeinschaften“ zutage gefördert, die als Schwesternhäuser vom gemeinsamen Leben galten, tatsächlich aber kannten die Frauen weder Gemeinschaftsleben noch –besitz; sie bildeten „experimentelle“ Gruppierungen, die zu studieren besonders reizvoll ist. Eine Herausforderung für das Monasticon bildet die Berücksichtigung solcher Gruppen, die u.U. in ihrer weiteren Entwicklung zur Drittordensregel fanden und von dort aus nicht selten weitere Observanzwechsel vornahmen. Im Monasticon wurde die Geschichte einer Gemeinschaft bis zur Übernahme der Dritten Regel möglichst ausführlich aufgenommen; bei Wechsel zur einer anderen Regel (etwa der Augustinerregel) wurde diese „Nachgeschichte“ hingegen summarischer behandelt.

Koen Goudriaan betonte, dass sich die Erarbeitung eines Monasticon bereits als effizientes Verfahren bei der Auswertung der Archivalien erwiesen hat und dass eine derartige Aufstellung ohnehin ein nützliches Arbeitsinstrument ist. Doch was ist darüber hinaus das Ziel der Erforschung religiöser Gemeinschaften und ihrer Träger? In der älteren Forschung nannte man als Erkenntnisziel unbefangen die „Nederlandse vroomheid“ unter Berücksichtigung gesellschaftlicher und ökonomischer Faktoren, wie der sozialen Zusammensetzung der Konvente. In den letzten Jahrzehnten spielten allerdings geistliche Aspekte wie etwa die bewusste Entscheidung für eine monastische Regel und deren spirituelle Interpretation keine Rolle mehr. Heute wird das Fragespektrum wieder um geistliche Themen erweitert, nachdem die These, dass Modernisierung und Säkularisierung durch die neuere Geschichte hindurch Hand in Hand gingen und dass Religion mit ihren Manifestationen ein Modernisierungshindernis war, nicht mehr haltbar ist. Dies veranschaulichen zahlreiche Untersuchungen zur Devotio Moderna, z. B. hinsichtlich der Vermittlung schriftlicher religiöser Bildung durch devote Geistliche an Laien, hinsichtlich der Vermittlung von lateinischer und volksprachlicher Literatur einschließlich von Übersetzungen bis hin zur Förderung der Rezeption monastischer Frömmigkeitsformen durch devote Frauen. Die jahrhundertealte Klosterkultur wurde durch die Devoten neu interpretiert und einer aufgeschlossenen, urbanen Gesellschaft an der Schwelle zur Moderne vermittelt.

Dem Thema der juristischen Selbst- und Fremdeinschätzung der Terziarinnen wandte sich Hildo van Engen zu („Met het volste recht. De juridische pretenties van de teriarissen van het Kapittel van Utrecht“), der eine Dissertation zum Utrechter Kapitel im 15. und 16. Jahrhundert vorbereitet. Im Anschluss an drei juristische consilia aus der Mitte des 15. Jahrhundert wies er nach, dass sich die Terziarinnen von Zutphen als Religiose, als Angehörige des geistlichen Standes, betrachteten und darin in aller Regel von ihrer gesellschaftlichen Umgebung bestätigt wurden. Die im Kapitel von Utrecht vereinigten Frauengemeinschaften waren von vornherein an monastisch-kontemplativen Idealen orientiert. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts wurde etwa die Hälfte ihrer fast 150 Häuser klausuriert 4. Während die Schwestern anfangs nur ein Keuschheitsgelübde ablegten, verpflichteten sich in der Folgezeit viele zur freiwilligen Armut. Ab etwa 1480 wurden vielerorts die drei Gelübde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams abgelegt. Etwa 40 Konvente wechselten überdies zur Augustinerregel oder schlossen sich (in Einzelfällen) den Klarissen oder Zisterzienserinnen an. Die Umdeutung der Drittordensregel im Sinne der monastischen Lebensweise durch das Utrechter Kapitel ist in Europa nicht einzigartig, erfolgte aber zu einem recht frühen Zeitpunkt. Der Utrechter Bischof unterstützte die Bestrebungen des Kapitels, ebenso der Papst: 1414 privilegierte Johannes XXIII. die Mitglieder des Kapitels als religiosi et ecclesiastici. An dieser Stelle stellte sich die Frage, wie sinnvoll die Bezeichnung „Semireligiose“ für Terziarinnen und Terziaren ist, die sich vor allem unter dem Eindruck der Arbeiten Kaspar Elms eingebürgert hat 5. Sicher ist richtig, dass „Religiose“ im streng kanonistischen Sinn Frauen waren, die nach einer Regel lebten, ewige Gelübde ablegten, Habit trugen und klausuriert lebten; aber die Frauen im Kapitel von Utrecht entzogen sich solch engen Kategorien. Es gab klausurierte und unklausurierte Häuser und auch in Klöstern mit Klausur lebten nicht alle Schwestern klausuriert. Zudem legten manche Frauen ein volles Gelübde ab, lebten aber nicht in Klausur. Außerdem gab es hinsichtlich der Gelübde eine große Vielfalt von Usancen.

Kaspar Elms Interpretation, dass in den Auseinandersetzungen um die kirchenrechtliche Einordnung der Devotio Moderna von Kanonisten ein eigener „Status medius“ für derartige Gruppen postuliert wurde, ist durch John van Engen widersprochen worden 6. Van Engen verwies auf kanonistische und pastorale Denkschriften, in denen keine Rede von einer „via media“ war, sondern von einem erweiterten Begriff der Religiosität, der den Mitgliedern bestimmter Gruppen den Stand der „Religiosen“ zuerkannte. Er schloss, dass es einen kanonistisch definierten Status der Gruppen insgesamt nicht gegeben hat, sondern dass sich jede Gruppe ihre Positionen im Gefüge des Kirchenrechts selbst erkämpfen musste. Demzufolge (so wiederum Hildo van Engen) führt die Anwendung des Begriffs „semireligios“ auf die Klöster des Utrechter Kapitels dazu, dass man sie an einer kirchenrechtlichen Elle misst, die weder von ihnen selbst noch von ihrer Umwelt angelegt wurde. Ist es daher gerechtfertigt und sinnvoll, von „Semireligiosität“ zu sprechen? Allerdings war die Lebensweise der Terziarinnen de facto durchaus ambivalent und die von ihnen realisierte Lebensweise nicht fest im kanonischen Recht fixiert. Die Frauen nutzten Spielräume und Gestaltungsfreiheiten, die ihnen dieses Recht bot.

Um diesen Problemkreis entbrannte eine lebhafte Diskussion, in der Für und Wider des Forschungsbegriffs „semireligios“ aufeinanderprallten. Wenn beispielsweise das vollständige lateinische Chorgebet ein maßgebliches und damit auch ausschließendes Kriterium ist (wie auch z. B. Fastenpraktiken und Kleidung), fallen zahlreiche Frauengemeinschaften aus dem Raster „geistliche Gemeinschaften“ heraus. Doch schreibt damit die moderne Forschung nicht eine männliche „Außensicht“ auf die Schwestern fort, wenn kanonistische Gutachten den Maßstab auch moderner Begrifflichkeit bilden, ohne dass (der vielfach überstrapazierte Begriff sei hier einmal gebraucht) das „Selbstverständnis“ der Betroffenen berücksichtigt wird ? Man gewinnt den Eindruck, dass der Begriff wenig hilfreich ist, wann immer eine (schon von Elm geforderte) Phänomenologie eines Zweiges der „Semireligiosen“ erarbeitet wird. Freilich zeigte die kontroverse Diskussion, dass hier noch einiger Klärungsbedarf besteht.

Aus der kurz nach der Tagung im Druck erschienenen Dissertation Madelon van Luijks, die einen strukturellen Vergleich der Entstehung und Entwicklung der weiblichen Gemeinschaften in Leiden und Zwolle zum Thema hat (wie Anm. 2), wurde ein Ausschnitt vorgetragen, der sich mit der Situation speziell in Zwolle befasst (“Devote vrouwen in de stedelijke samenleving. De zusterhuizen van het gemene leven en de stedelijke magistraat in laatmiddeleeuws Zwolle“). In Zwolle entstanden im Gefolge einer verstärkten Urbanisierung und gefördert durch Geistliche aus dem Umkreis der Devotio Moderna weibliche Kommunitäten ganz verschiedener Prägung. Eine wichtige Rolle im Verhältnis von frommen Frauen und städtischer Obrigkeit spielte in Zwolle der Kampf gegen die Tote Hand, weil dort Grundbesitz eine wichtige Voraussetzung für die Zulassung zum Magistrat war. Dementsprechend rigoros wurde seitens der Stadt der geistliche Grundbesitz beschränkt. Die auf den ersten Blick erstaunliche Duldsamkeit der Zwoller Schwestern lässt sich damit erklären, dass die Konventualinnen hier ganz überwiegend Stadtkinder waren, die vielfach mit dem Magistrat verwandtschaftlich verbunden waren und sich daher dessen Interessen unterwarfen. Der Vortrag zeigte an einem besonders einprägsamen Beispiel, welch bestimmenden Einfluss lokale Faktoren bei der Herausbildung einer regionalen Klosterlandschaft ausübten.

Thom Mertens trug in seinem Beitrag „Verspreiding en funktie van het Middelnederlandse geestelijk lied“ zahlreiche Beobachtungen vor, die den erheblichen Wandel in der Liedliteratur an der Wende zur Neuzeit charakterisieren. Die Sammlungen wurden ab etwa 1470 angelegt, doch hatten die vielfach nach weltlichen Melodien gesungenen Lieder wohl eine längere orale Vorgeschichte. In Abkehr von mystisch-theologischen Inhalten spiegelt die spirituelle Schlichtheit der Texte deutlich den Einfluss der Devotio Moderna wider. Die einfachen kontemplativ-erbaulichen Verse von Weltverachtung und Selbstverleugnung wurden von Schwestern gesungen, die derartige Liedsammlungen in Privatbesitz hatten und offenbar in institutionell noch wenig gefestigten bzw. informell strukturierten Gemeinschaften lebten. Das gemeinsame Singen, etwa beim Arbeiten, konnte Zusammenhalt und Gemeinsinn der Frauen stärken.

In ihrem Vortrag „Mannenregels voor een vrouwenwereld? De spirituele opvoeding van zusters in derde ordegemeenschappen“ wandte Sabrina Corbellini Fragestellungen aus der gender-Forschung auf die erbauliche und lehrhafte Literatur der Terziarinnen-Konvente an: Wie groß war die geistliche Bewegungsfreiheit klausurierter Gemeinschaften? Zu den nicht eben zahlreichen Quellen zählen Memorienbücher, Chroniken, drei Bücherverzeichnisse sowie einige erhaltene Handschriften. In Chroniken schrieben die Gemeinschaften ihre kollektive Biographie fort und stellten die vorbildhafte Lebensweise verstorbener Konventualinnen dar – gelegentlich mit deutlicher Kritik an männlichen Autoritäten. Die Bibliotheken der Terziarinnen mit überwiegend erbaulichen Werken für die private Lektüre wiesen nur wenige Texte auf, die speziell an diese Gemeinschaften gerichtet waren; deren Inhalte verweisen auf die bedeutende Rolle, die Lehrbücher, Schreib- und Lesekunst und andächtige Lektüre in den Konventen gespielt haben müssen. Besonders kommt dies auch im Handbuch für den Agnesconvent in Amersfoort zum Ausdruck. Das von ihrem geistlichen Betreuer Jan de Wael (Johannes Gallicus) verfasste sogen. Informiringheboeck (1510/12) entwirft eine dreigeteilte Himmelsleiter auf dem Weg zum himmlischen Jerusalem, die jeweils für Novizen, Fortgeschrittene und erfahrene Religiose die dem jeweiligen Grad religiöser Tugend angepassten Frömmigkeits- und Askeseübungen sowie die angemessene Lektüre anempfiehlt.

Den Abschlussvortrag hielt Anneke Mulder-Bakker/Rijksuniversiteit Groningen, die als Nichtbeteiligte am Projekt ausdrücklich geladen war, um kritische Fragen zu stellen: „Buiten de orde. Godgewijde vrouwen, de stedelijke gemeenschap en de kerk“. Sie betonte die Bedeutung der aufgearbeiteten Quellenbestände für die weibliche religiöse Kultur des Mittelalters, warnte aber vor einer einseitig institutionengeschichtlichen Betrachtungsweise, die vor allem drei Gefahren birgt:

Es gilt vor allem, die Wünsche und Ideale der betroffenen Frauen im Blick zu behalten und nicht vorschnell Regel und Klausur als Norm und „Krönung“ klösterlichen Lebens zu bewerten – eine Perspektive, vor der auch bereits Koen Goudriaan warnte. Mulder-Bakker führte das Beispiel der Rekluse Ivetta von Hoei an, das zeigt, wie eine eigentlich abgeschieden lebende Frau mit Gebet, Rat und Zuspruch für ihre Mitmenschen enorme Wirkung auf ihre urbane Umgebung ausüben konnte. Zum zweiten besteht die Gefahr, das Leben weiblicher Kommunitäten vor der Übernahme einer Regel lediglich als „Auftakt“ zu betrachten und spirituelle Alternativen sowie Konflikte beim Wechsel der Lebensform herunterzuspielen. Damit eng verbunden ist das dritte Problem der Interpretation der Vorgänge um die Klausurierung einer Gemeinschaft, die einen tiefen und in vielen Texten (wie etwa Schwesternbüchern) reflektierten Eingriff in das Leben der betroffenen Frauen bedeutete. Wie bereitwillig diese die klösterliche Ausdeutung der Drittordensregel akzeptierten, steht ihrer Ansicht nach dahin, zumal Gruppen von Frauen immer wieder aufs Neue informelle Gemeinschaften wie Beginen oder devote congregationes bildeten. Viele Quellen zeugen vom Streben nach spiritueller Unabhängigkeit und vom Bildungseifer der Frauen, die sich oft von einem misogynen Klerus sowie einer restriktiven städtischen Obrigkeit bedrängt sahen, so dass die Klausur einen praktischen Kompromiss für ein unbehelligtes Dasein gebildet haben mag.

Kein Zweifel besteht daran, und das machte auch die Abschlussdiskussion deutlich, dass Projekte wie dieses die unentbehrliche Basis für die Erforschung der religiösen Kultur des späten Mittelalters bilden, die vor allem hinsichtlich des weiblichen Anteils noch zu wenig erforscht wird.

Anmerkungen:
1 Vgl. Sabrina Corbellini, Hildo van Engen, Koen Goudriaan und Madelon van Luijk, Verkenning: De derde orde van Franciscus in het bisdom Utrecht. Voorstelling onderzoeksprogramma VUA, in: Signum. Tijdschrift van de contactgrroup voor sociaal-economische en institutioneel-juridische geschiedenis van geestelijke en kerkelijke instellingen in de Nederlanden in de Middeleeuwen 13/2 (2001), S. 81-85.
2 Gerhard Rehm, Die Schwestern vom gemeinsamen Leben im nordwestlichen Deutschland. Untersuchungen zur Geschichte der Devotio moderna und des weiblichen Religiosentums (Berliner Historische Studien 11, Ordensstudien 5), Berlin 1985.
3 Madelon van Luijk, Bruiden van Christus. De tweede religieuze vrouwenbeweging in Leiden en Zwolle 1380-1580, Zutphen 2004.
4 Vgl. dazu bereits Hildo van Engen, Speciosus forma. Het Kapittel van Utrecht en de invoerung van de clausuur, in: Jaarboek voor middeleeuwse geschiedenis 5 (2002), S. 206-246.
5 Unter den zahlreichen einschlägigen Beiträgen vgl. in diesem Zusammenhang vor allem Kaspar Elm, Die Bruderschaft vom gemeinsamen Leben. Eine geistliche Lebensform zwischen Kloster und Welt, Mittelalter und Neuzeit, in: Ons geestelijk erf 59 (1985), S. 470-496.
6 John van Engen, Friar Johannes Nyder on Laypeople Living as Religious in the World, in: Vita Religiosa im Mittelalter. Festschrift für Kaspar Elm zum 70. Geburstag, hg. von Franz J. Felten und Nikolaus Jaspert, Berlin 1999, S. 583-615; Reprint in: John van Engen, Religion in the history of the medieval West, Aldershot 2004.


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