Kommunikation: Latenzen – Projektionen – Handlungsfelder. 7. Tagung der Reihe: Blickwinkel. Antisemitismuskritisches Forum für Bildung und Wissenschaft

Kommunikation: Latenzen – Projektionen – Handlungsfelder. 7. Tagung der Reihe: Blickwinkel. Antisemitismuskritisches Forum für Bildung und Wissenschaft

Organisatoren
Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt am Main
Ort
Kassel
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.06.2016 - 10.06.2016
Url der Konferenzwebsite
Von
Christa Kaletsch, Frankfurt am Main

Durch die Beschäftigung mit den politisch-diskursiven Sagbarkeitsfeldern von Antisemitismus fokussierte die Tagungsreihe die so genannte Mitte der Gesellschaft. Deren dominante und damit nicht markierte Diskurse wurden auf antisemitische Argumentationen untersucht und damit der Gefahr der Externalisierung in der Auseinandersetzung mit Antisemitismus begegnet. Anhand des Konzepts der Kommunikationslatenz wurden sowohl die subtilen Formen von Antisemitismus in den Blick genommen, als auch manifeste, eindeutige Artikulationen. Dabei wurden die psychischen Funktionen von Antisemitismus verdeutlicht und eine Auseinandersetzung mit bewussten Formen angestoßen. Ob und inwieweit bei einer Verschiebung der Grenze des öffentlich Sagbaren, insbesondere bezüglich des sekundären und israelbezogenen Antisemitismus, weiterhin von einer Kommunikationslatenz gesprochen werden kann, blieb am Ende der Tagung offen.

Unter dem Titel „Zwischen Intention und Unbewusstem. Antisemitische Artikulationen in der Alltagskommunikation“ widmete sich SEBASTIAN WINTER (Bielefeld) der subjektiven Grundlage des Antisemitismus. Dabei beleuchtete er die psychische Funktion antisemitischer Haltungen und wies auf den Zusammenhang zwischen nationaler Identifikation und (sekundärem) Antisemitismus hin.

Winter hob hervor, dass antisemitische Haltungen nach 1945 bestehen geblieben seien, „nicht trotz, sondern auch weil sie nicht öffentlich thematisiert, sondern als abwesend behandelt wurden.“ Die sozialpsychologische Genese erklärte Winter mit Kants Ausführungen über „Aufklärung als Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit“: Antisemitismus sei nicht durch richtige Informationen zu widerlegen, denn dem/der Antisemit_in fehle es nicht an Wissen, sondern an Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Die Unmündigkeit bzw. der Antisemitismus bringe ihr/ihm einen psychischen Gewinn. Sartre bestimme den Antisemitismus deshalb nicht als Gedanke, sondern „als Leidenschaft“.

Winter verdeutlichte die gemeinschafts- und zugehörigkeitsstiftende Funktion des Antisemitismus: Der „kollektive Narzissmus“ (Adorno) habe grundlegende Bedeutung für den Antisemitismus, denn diese Identifikation erfülle scheinbar den Wunsch nach absoluter, bruchloser Identität mit sich selbst und dem (völkischen, nationalen) Kollektiv. Allerdings bedeute die Unterordnung unter das Kollektiv beim Erleben von gemeinsamer Stärke auch eine „narzisstische Kränkung“ des Einzelnen („Du bist nichts, dein Volk ist alles!“). Diese „innere Zerrissenheit des Subjekts“ kompensiere der Antisemitismus.

Die Erklärungen des historischen Nationalsozialismus auf Grundlage der Freudschen Massenpsychologie bezog Winter abschließend auf die postnationalsozialistische Gesellschaft. Nach 1945 sei nicht mit dem kollektiven Narzissmus gebrochen worden, er habe sich jedoch anders realisiert. Nachdem die NS-Verbrechen bis in die 1980er-Jahre verleugnet worden seien, habe sich mittlerweile die Konstruktion einer „gelungenen Aufarbeitung der Vergangenheit“ entwickelt, aus der ein positives nationales Selbstbild abgeleitet werde. Darin verbirgt sich jedoch die Gefahr eines sekundären Antisemitismus, der zunehmend stark formuliert wird: Berechtigte Zweifel am Erfolg der Aufarbeitung werden nach Außen projiziert. Jüdinnen und Juden können auf dieser Grundlage als unnachgiebig und unversöhnlich konstruiert werden.

In ihrem Vortrag zu „Sprache und Macht“ kontrastierte NIKITA DHAWAN (Innsbruck) die Bedeutung der Redefreiheit als Zentrum liberal-demokratischer Gesellschaftsvorstellungen mit Erkenntnissen aus der postkolonialen Theorie und gab damit der Auseinandersetzung um Hate Speech erweiternde Impulse. Ihre Überlegungen zu Denk- und Diskursräumen führte sie anhand zweier Aspekte ein: das Recht auf Meinungsfreiheit und die Kraft des Humors. Mit Blick auf aktuelle Auseinandersetzungen über Satire, die rassistische und antisemitische Konstruktionen reproduziere, leuchtete Dhawan zunächst das Spannungsfeld zwischen Redefreiheit und deren Begrenzung durch staatliche Eingriffe aus. Dhawan arbeitete die Bedeutung des Sprechens und Gegensprechens im Verständnis der deliberativen Demokratie heraus. In der liberal-demokratischen Tradition gelte Sprechen primär als politisches Ermächtigungsmoment. Allerdings werde Gewalt in diesem Konzept aus dem Wirkungsbereich der Sprache ausgeschlossen. „Sie ist entweder etwas ihr Äußerliches oder etwas sie Bedrohendes und bildet insofern ein Hindernis für die Betätigung freier politischer Rede.“ Dhawan verwies daher bei der Auseinandersetzung mit (straf)rechtlicher Betrachtung rassistischer, antisemitischer Rede auf den Begriff der Zensur. Eingriffe in die Meinungsfreiheit zugunsten des Schutzes der seelischen und körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen seien in Gesellschaften einer liberal-demokratischen Tradition immer auch auf der Folie des besonderen Rechts auf freie Rede – zu sehen. Dhawan verwies auf Gewalt in gesellschaftlichen Diskursen: Seit dem von den Poststrukturalist_innen eingeläuteten linguistic turn gelten Gewalt und Sprache als untrennbar verbunden. Sprache kann demnach Unterdrückung produzieren. Die Auseinandersetzung mit Hate Speech kann daher auch als „Kampf um Selbstbehauptung“ gesellschaftlich minorisierter Positionen betrachtet werden. Während sich Judith Butler für das Modell der ermächtigenden Gegenrede ausspricht, erscheinen an anderer Stelle staatliche Eingriffe in die Redefreiheit notwendig, um Verletzungen zu vermeiden. Die Frage danach, was staatlich reguliert werden dürfte oder könnte, ließ Dhawan als ethisches Dilemma stehen.

Einblicke in sein aktuelles Forschungsprojekt zur (Re)Präsentation von (konstruierten) Identitäten gewährte der Historiker DANIEL WILDMANN (London) in seinem Vortrag „Deutsche TV-Krimis und deutsche Emotionen: Juden im Tatort“. Wildmann untersuchte anhand zweier Kriminalfilme in welcher Rolle und mit welchen moralischen Implikationen Juden (re)präsentiert werden und was dies über die deutsche Gesellschaft aussagt. Obwohl beide Regisseure anti-antisemitische Drehbücher entwickeln wollten, werden in beiden Filmen eine Vielzahl antisemitischer Stereotype reproduziert und Konstruktionen geliefert, die es den Zuschauer_innen erlauben, mit den antisemitisch agierenden Täter_innen und ihren Helfer_innen zu sympathisieren und in den beiden Kommissar_innen „gute Deutsche“ zu erleben. In beiden Filmen werden Juden als rätselhaft, unansehnlich und schwächlich dargestellt, die nicht Teil der modernen, aufgeklärten Gesellschaft in Deutschland sein können. Die in Deutschland lebenden jüdischen Figuren der Kriminalfilme würden so zu Anderen gemacht und aus dem Kollektiv der Deutschen ausgeschlossen. Die moralisch integren, couragierten Kommissar_innen als Identifikationspunkte erlaubten dem Publikum „antisemitische Imaginationen ohne schlechte Gefühle und mit guten Gewissen zu genießen“.

Das sich anschließende Podium widmete sich dem Thema: „Bilder von Juden in visuellen Medien: Erkenntnisse und Gesellschaftskritik“. Unter der Moderation von GOTTFRIED KÖSSLER (Frankfurt am Main) gingen die Referent_innen der Frage nach, warum ein Regisseur, der explizit einen Film gegen Antisemitismus machen möchte, antisemitische Imaginationen aufnimmt. Wildmann erklärte dies mit dem ambivalenten Bedürfnis, sich moralisch integer zu fühlen und gleichzeitig in „antisemitischen Klischees zu schwelgen“. Er nimmt in der deutschen Gesellschaft einen starken Wunsch wahr, „gute Deutsche“ zu sein. Die antisemitischen Affekte seien jedoch nicht überwunden. In diesem Zusammenhang verwies Dhawan auf die Ambivalenzen der (Re)Präsentationen von konstruiert Anderen und führte in Anlehnung an Edward Saids Konzept des Orientalism die Figur des „edlen Wilden“ ein. In der Skepsis gegenüber Aufklärung und Wissensvermittlung zur Überwindung von Antisemitismen zeigte sich das Podium einig. Laut Winter sei es wichtiger, innere Konflikte und Ambivalenzen ins Bewusstsein zu heben.

Antisemitismus artikuliert sich gegenwärtig insbesondere in subtilen Formen. Um diese impliziten Artikulationen aufzuzeigen, bot MATTHIAS JAKOB BECKER (Berlin) Einblicke in „Linguistische Analysen antisemitischer User-Kommentare in gemäßigten Onlinemedien“. Da Antisemitismus sich gleichzeitig wandelt und zentrale Denkfiguren behält, gab Becker einen Überblick über historisch spezifische antisemitische Konstruktionen. In seiner Analyse von Metaphern, Anspielungen, rhetorischen Fragen und Ironie rekonstruierte er die ihnen zugrunde liegenden Konzepte. Dadurch wurde deutlich, dass Antisemitismus je nach Setting und Sagbarkeitsfeld stärker ex- oder implizit ist. Konstant sind jedoch Bezüge zum Nationalsozialismus, zu Israel und das Bedürfnis nach positiver Identifikation mit Deutschland (Nationalismus).

MICHAEL HÖTTEMANN (Marburg) und ANNETTE LORENZ (Frankfurt am Main) boten ein Vertiefungsangebot zu Aushandlungen von Werten in der Kommunikation zum Nahostkonflikt an. Höttemann bot Einblicke in seine Forschungsarbeit, in der er auf Grundlage von Gruppendiskussionen mit Studierenden Strukturen und Dynamiken in der Debatte über den Nahostkonflikt untersucht. Dabei stellte er heraus, dass die Auseinandersetzung häufig wenig mit ihrem eigentlichen Gegenstand zu tun habe. Vielmehr kämen in ihr spezifische postnationalsozialistische Artikulationen zum Ausdruck, die sich etwa durch ein neues Schlussstrich- und Normalisierungsbedürfnis sowie durch die Verwendung eines reduzierten Antisemitismusbegriffs zeigen.

Historisch ungenau, falsch und antisemitische Konstruktionen reproduzierend – so lässt sich die Untersuchung der „Darstellungen von Jüdinnen und Juden in Schulbüchern“ zusammenfassen. WOLFGANG GEIGER (Frankfurt am Main) gewährte Einblicke in seine mit Martin Liepach vorgelegte Studie, in der über siebzig aktuelle Schulbücher analysiert wurden. Laut Geiger halte sich der Topos vom Zusammenhang zwischen Juden und Geld weiterhin, obwohl Schulbuchverlagen davon abgeraten wird, Antisemitismus mit dem „Mythos vom christlichen Zinsverbot“ zu erklären.

Differenzkategorien wahrzunehmen, sie bewusst zu machen und den (jugendlichen) Teilnehmenden zu helfen, aus ihnen auszusteigen – das ist die Empfehlung von HEIKE RADVAN (Berlin). Auf der Grundlage ihrer Forschungsergebnisse stellte die Erziehungswissenschaftlerin Formen der „pädagogische(n) Kommunikation über Antisemitismus und Interventionsformen in der offenen Jugendarbeit“ vor. Radvan bezeichnete es als zentral, den Konstruktionscharakter von Antisemitismus anzuerkennen.

Die Gründe, Antisemitismus nicht zu thematisieren, können vielfältig sein, erklärte MARINA CHERNIVSKY (Berlin) in ihrem Workshop zu „Sensibilisierung und Reflexion zu Verhandlungen von Antisemitismus im Kontext von Beratungssituationen“. Sie regte eine Auseinandersetzung mit den vielschichtigen Abwehrpraktiken und widersprüchlichen Distanzierungsstrategien an und beleuchtete die Hintergründe des Phänomens der Übertragung sowohl in Beratungssettings, als auch im Hinblick auf die transgenerationelle Weitergabe von Wissensbeständen und Emotionen.

Die Herausforderungen einer antisemitismuskritischen (Bildungs)Arbeit in einem heterogenen Lernraum erläuterte DEBORAH KRIEG (Frankfurt am Main). Im Zentrum ihres Workshops stand eine Methode, in der die Teilnehmenden das Zusammenspiel von antisemitischem Wissen, Antisemitismus als sprachliche Praxis und Alltagserfahrung nachvollziehen und die Nichtwahrnehmung der Perspektive potentiell Betroffener thematisiert werden konnten.

„Antisemitismus im Netz“ beschrieb die Medienjournalistin INGRID BRODNIG (Wien); anschließend stellte JUDITH RAHNER (Berlin) (pädagogische) Handlungsoptionen vor. Das von JÁNOS ERKENS (Frankfurt am Main) moderierte Podiumsgespräch fokussierte die Frage: „was können Betroffene und betroffene Institutionen tun?“, um sich gegen Anfeindungen im Netz zu schützen.

Meinungsvielfalt und sachlich geführte Diskussionen gebe es im Netz zwar auch, jedoch begünstigen insbesondere technische Faktoren wie „Echokammern“ die Radikalisierung von Nutzern und fördern menschenverachtende Positionen. Dadurch entstünde ein „falscher Eindruck. Diejenigen, die besonders radikal auftreten, sind nicht die Mehrheit“, betonte Brodnig und forderte von den Medienunternehmer_innen eine demokratische Architektur des Internets. Rassistische und antisemitische Positionen im Netz hätten auch „offline Effekte“, betonte Judith Rahner und verwies auf rassistische Übergriffe auf Geflüchtete.

In ihrem Tagungskommentar rekurrierte ASTRID MESSERSCHMIDT (Wuppertal) auf einzelne Aspekte der Tagung, reformulierte wichtige Erkenntnisse und gab Impulse für die weitere Auseinandersetzung. Unter dem Titel „Verstand und Mut“ kritisierte Messerschmidt, an verschiedenen Stellen der Tagung sei affirmativ auf Kants Aufklärungsbegriff Bezug genommen worden – ohne zu reflektieren, dass er inzwischen aus postkolonialer, feministischer und dialektischer Perspektive kritisiert worden sei.

Ausgehend von dem Begriffspaar „Sprechen und Schweigen“ hob Messerschmidt die Bedeutung von Butlers Konzept der Resignifikation hervor, das Dhawan eingebracht hatte. Die Leerstelle zwischen Zeichen und Bezeichnetem ermögliche es, die Wirkung von Wörtern in widerständiger Weise zu transformieren.

Im dritten Aspekt „Struktur und Identität“ bestimmte Messerschmidt zwei zentrale Funktionen des Antisemitismus: Gemeinschaftsbildung nach innen und Feindbildung nach außen. Antisemitismus sei häufig mit anderen Unterscheidungspraxen verflochten, weshalb die Wechselwirkungen zwischen Antisemitismus, Rassismus und Klassismus beachtet werden müssen. Hier könne an Erkenntnisse der Blickwinkel-Tagung 2014 angeknüpft werden, die das Verhältnis von Antisemitismus und Rassismus zum Gegenstand hatte.

Unterschiedliche Arten der „Rezeption und Besetzung“ von Begriffen und Konzepten standen im Mittelpunkt des vierten Aspekts. Postkoloniale Ansätze etwa würden, entgegen ihres eigentlichen Anspruchs auf Selbstreflexion und -kritik, auch in antiisraelischen Redefiguren eingesetzt. Ähnliches gelte für eine Kritik des Imperialismus, welche häufig in antikapitalistischen Zusammenhängen antiamerikanisch verwendet würde. Die Tagung habe die Chance geboten, sich über die politischen Kontexte der Aneignung dieser Begriffe und Konzepte klar zu werden.

Gegen eine Trennung von Bildungspraxis und Theorie sprach sich Messerschmidt in ihrer folgenden Ausführung zu „Bildungsarbeit“ aus. Für die antisemitismuskritische Bildungsarbeit sei beides zentral. Messerschmidt betonte, dass Antisemitismus selbst Teil von Bildungssozialisation sei. Die antisemitismuskritische Bildungsarbeit müsse sich dessen bewusst sein.

Abschließend kommentierte Messerschmidt die „Methodologie“: Während die Vorurteilsforschung von bestehenden Gruppen ausgehe, fokussierten andere Ansätze die Unterscheidung in Wir und Nicht-Wir, also die Prozesse der Gruppenkonstitution. Beide Zugänge seien berechtigt, müssten jedoch methodologisch abgegrenzt werden.

Die Tagung erweiterte die Perspektiven in der Auseinandersetzung mit Antisemitismus. Zum einen gerieten aktuelle Artikulationsformen und ihre Funktionen stärker in den Blick. Insbesondere der Zusammenhang zwischen steigenden nationalistischen Haltungen und sekundär antisemitischen Konstruktionen ist von Bedeutung. Die Relevanz sozialpsychologischer Aspekte in der Beschäftigung mit der Persistenz antisemitischer Haltungen wurde deutlich. Antisemitismus basiert auch auf einem leidenschaftlichen Festhalten-Wollen an Welt- und Selbstbildern. So lässt sich auch erklären, warum trotz der Heterogenität der Gesellschaft in Deutschland diese immer noch als eine homogene Volksgemeinschaft imaginiert wird. Dass die entsprechenden Ausschlussmechanismen nicht nur von rechtspopulistischen Bewegungen, sondern auch von der sogenannten Mitte der Gesellschaft formuliert werden, zeigte die Medienanalyse Wildmanns.

Erneut erwies sich die Frage als relevant, welche Vorstellung die in Deutschland lebenden Menschen von der Verfasstheit der Gesellschaft entwickeln. Das Konzept der pluralen Gesellschaft kann Differenzkonstruktionen nur überwinden, wenn Menschen konsequent in ihrer Mehrbezüglichkeit wahrgenommen werden und sich selbst darin erleben können. Der Tagungsdiskurs könnte noch stärker eine heterogenitätssensible Sichtweise fördern und die Ansätze und Reflexionen von Praktiker_innen mehr wahrnehmen: Derzeit dominieren Einblicke in Forschungsprojekte. Erkenntnisgewinne auf einer Handlungsebene für die pädagogische Praxis kommen noch zu kurz.

Konferenzübersicht:

Begrüßung und inhaltliche Einführung

Bertram Hilgen, Oberbürgermeister der Stadt Kassel

Thomas Heppener, Leiter des Referats »Demokratie und Vielfalt« im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Andreas Eberhardt, Vorstandsvorsitzender der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft«, Berlin

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt/Main

Sebastian Winter, Universität Bielefeld: Zwischen Intention und Unbewusstem: Antisemitische Artikulationen in der Alltagskommunikation

Nikita Dhawan, Universität Innsbruck: Macht und Sprache

Daniel Wildmann, Queen Mary University, London: Deutsche TV-Krimis und deutsche Emotionen: Juden im Tatort

Bilder von Juden in visuellen Medien: Erkenntnisse und Gesellschaftskritik

Podium:

Nikita Dhawan

Daniel Wildmann

Sebastian Winter

Moderation: Gottfried Kößler, Pädagogisches Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt

Überleitung

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt/Main

Vertiefungsangebote

1. Linguistische Analysen antisemitischer User-Kommentare in politisch gemäßigten Onlinemedien

Matthias Jakob Becker, Technische Universität Berlin

Gottfried Kößler, Pädagogisches Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt

2. Sensibilisierung und Reflexion zu Verhandlungen von Antisemitismus im Kontext von Beratungssituationen

Marina Chernivsky, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Projekt Perspektivwechsel, Berlin

3. Pädagogische Kommunikation über Antisemitismus und Interventionsformen in der offenen Jugendarbeit

Heike Radvan, Amadeu Antonio Stiftung, Berlin

4. Aushandlungen von Werten in der Kommunikation zum Nahost-Konflikt

Michael Höttemann, Universität Marburg

Annette Lorenz, Sozialpädagogin, Frankfurt/Main

5. Darstellung von Juden und Jüdinnen im Schulbuch

Wolfgang Geiger, Pädagogisches Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt

6. Konstruktive Konfliktbearbeitung im pädagogischen Umgang mit Antisemitismus

Deborah Krieg, Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt/Main

Antisemitismus im Netz: Was können Betroffene und betroffene Institutionen tun?

Ingrid Brodnig, Medienredakteurin, Wien

Judith Rahner, »ju:an« – Praxisstelle antisemitismus und rassismuskritische Jugendarbeit, Berlin

Moderation: János Erkens, Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt/Main

Tagungsbeobachtungen aus der Teilnehmer*innenperspektive

Tagungsbeobachtung

Astrid Messerschmidt, Erziehungswissenschaftlerin, Bergische Universität Wuppertal


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Deutsch
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