Christentum und Krieg in der Moderne

Christentum und Krieg in der Moderne

Organisatoren
Dieter R. Bauer, Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart Prof. Dr. Andreas Holzem, Universität Tübingen Dr. Wolfgang Zimmermann, Geschichtsverein der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Ort
Weingarten (Oberschwaben)
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.09.2004 - 29.09.2004
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Von
Sonja Neubauer, Rottenburg

Die alljährlich gemeinsam von Geschichtsverein und Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart veranstaltete Studientagung fand in diesem Jahr vom 26. bis 29. September in Weingarten statt - in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, unter der Leitung von Dieter R. Bauer, Andreas Holzem und Wolfgang Zimmermann. Das Thema der Tagung knüpfte an dem in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten wieder verstärkten Interesse in den Kultur- und Geisteswissenschaften am Themenbereich "Krieg- und Kriegserfahrung" an und widmete sich der Verbindung von "Christentum und Krieg in der Moderne". Welche Bedeutung hatte Religion in Zeiten des Krieges? Welche Deutungsformen von Krieg bot sie, wie sah das religiöse Erleben des Einzelnen und der Gesellschaft in Zeiten des Krieges aus, und welche Rolle nahmen die Kirchen im Krieg ein? Dies waren wesentliche Fragen, mit denen sich die Referenten und Teilnehmer der Tagung beschäftigen sollten.

Die Tagung wurde am Sonntagabend mit einem öffentlichen Vortrag von Andreas Holzem (Tübingen) eingeleitet: "Krieg und Christentum. Motive von der Vormoderne zur Moderne". Die Zeit der Religions- und Konfessionskriege gilt im Allgemeinen unter den Frühneuzeithistorikern mit Ende des Dreißigjährigen Kriegs 1648 als überwunden. Zur differenzierten Betrachtung, so Holzem, sei die Frage allerdings von einer Doppelperspektive aus zu betrachten: eine solche, die von der Makroebene her strukturgeschichtlich fragt, und eine solche, die das Geschehen von den Akteuren her erfahrungsgeschichtlich in den Blick nimmt. Im Zentrum seines Vortrags standen die Kontinuitäten von religiöser Kriegsdeutung und Kriegserleben von der Frühen Neuzeit bis in die Moderne. So blieb Religion zur Begründung und Bewältigung von Krieg bis in das 20. Jahrhundert unersetzlich. Weltliche Alternativen zur Legitimation von Krieg - etwa dynastisch, national oder wirtschaftlich motiviert - konnten sich nicht von religiösen Motiven lösen. Gerade auch im Zusammenhang mit Nation und Patriotismus ergibt sich ein komplexes Mischungsverhältnis von Dechristianisierung und Rechristianisierung. Nicht zuletzt erhielt sich die Formel des gottlosen Gegners als ein stark propagiertes Kriegsmotiv für alle Nationen - bis zum heutigen Tag.

Horst Carl (Gießen) sprach in seinem Vortrag "Die Armee als religionsferner Ort um 1800? - Zur Religionsgeschichte einer kriegsgeprägten Epoche" über das Spannungsverhältnis zwischen Kirche und Staat in der napoleonischen Zeit. Nach ihren Krisen in Folge der Revolutionsjahre hatten es die Konfessionskirchen in der napoleonischen Zeit geschafft, wieder eine Position in der Öffentlichkeit zu erlangen. Ihnen kam die Aufgabe zu, den Krieg religiös zu legitimieren und die Bevölkerung, insbesondere aber die Soldaten, auf den Krieg einzustimmen. Doch ließen die modernen Armeen als "totale Institutionen" konkurrierenden Deutungsmustern wenig Entfaltungsraum. Den nahmen die Kirche aber gerade an den Nahtstellen von zivilem Leben und Armee, bei der Einberufung der Wehrpflichtigen und beim Totenkult um so wirkungsvoller wahr. Indem der Tod von Soldaten durch die Kirchen als Heldentod überstilisiert wurde, erhielt er gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz.

"Krieg, Nation und Religion im öffentlichen Diskurs 1830-1870" war Thema des Vortrags von Nikolaus Buschmann (Tübingen). Im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich neben der traditionell religiösen Kriegsdeutung der Nationalismus als neue Vermittlungsinstanz für Krieg. Davon, dass einige Wissenschaftler den Nationalismus als "Säkularreligion" bezeichnen, distanzierte sich Buschmann: Religion und Nation dienten unterschiedlichen Funktionen. Doch bedurfte das Sinnangebot "Nation" religiöser Semantik zur Legitimation von Gewalt, zur Konstruktion von Feindbildern, zur Mobilisierung von Kampfbereitschaft und zur Sinnstiftung des Todes. Ein Blick in die kirchliche und politische Publizistik zeigt, dass der Nationalismus zunächst von den Konservativen beider Kirchen bekämpft wurde. Im Laufe des 19. Jahrhunderts, insbesondere bei der Frage, wie die deutsche Nation in Zukunft auszusehen habe, entstand eine starke Distanz zwischen den Konfessionen: es bildet sich eine eher protestantisch-nationale und eine eher konservativ-katholische Bewegung. Das konservative Bekenntnis zur Nation kam erst im Zuge des deutschen Siegs im deutsch-französischen Krieg von 1870/71, den man als Sieg der Staatstreue gegenüber der Volkssouveränität interpretierte. Somit konnten sich auch die Konservativen zum Nationalismus bekennen, ohne als Revolutionäre verrufen zu werden.

Den Kampf um die Ordnungssysteme "Nation und Konfession auf dem Schlachtfeld" erläuterte Christian Rak (Ehingen) am Beispiel von Feldgeistlichen im deutsch-französischen Krieg 1870/71. Mit massiven Feindbildern grenzten sich die Deutschen im Krieg vom angeblich sittlich-religiös degenerierten Erbfeind ab. Diese Vergewisserung der Überlegenheit der deutschen Nation wurde häufig konfessionell unterfüttert. So setzten beispielsweise deutsche Protestanten "französisch" mit "katholisch", "deutsch" mit "protestantisch" gleich. Während sich die Katholiken mit den nationalen Idealen noch eher schwer taten, erlebten national-protestantische Vorstellungen in diesem Krieg einen Schub. Deutsche Feldgeistliche standen als Vertreter ihrer Nation einerseits und ihrer Konfession andererseits im Spannungsfeld zwischen den politischen Ereignissen in der Heimat und der Situation im Feld. Ihre Aufgabe war es, den Konfessionsstreit aus der Armee fernzuhalten und die Soldaten zur Kampfbereitschaft zu ermutigen, da im Krieg die eigene Nation unbedingte Loyalität vor anderen Bezugsordnungen verdiente. Sie setzten deshalb im Feld religiöse Kriegsdeutungen pragmatisch, bisweilen theologisch zweifelhaft ein und passten ihre Darstellungen vom Krieg in der Öffentlichkeit, auch noch nach dem Krieg, den jeweiligen politischen und kirchlichen Diskursen an.

Klaus Schreiner (Bielefeld/München) sprach in seinem Vortrag "'Helm ab zum Ave Maria'. Kriegstheologie und Kriegsfrömmigkeit im Ersten Weltkrieg" insbesondere über religiöse Legitimation und Sinnsuche im Krieg. Auch die katholische Kirchenleitung begann sich im Ersten Weltkrieg traditioneller religiöser Deutungsmuster zu bedienen, um die nationalen Staatsinteressen zu legitimieren - Katholiken sollten ihre Kaisertreue unter Beweis stellen. Predigten wurden promonarchistisch und prostaatlich gehalten, man proklamierte die heilige Kommunion zum Schutzmantel Gottes im Feld und das Gebet in der Heimat zum Helfer an der Front. Ein besonderes Phänomen der insgesamt erhöhten religiösen Sensibilität dieser Zeit war die intensive Verehrung von Maria, die man zur Schutzheiligen im Krieg, ab 1918 zur Friedensbringerin erklärte. Religiöse Symbole wie Rosenkranz, Skapulier oder gar Marien-Statuen wurden für die Soldaten vermeintlich lebenswichtige Begleiter im Feld. Auch die seelsorgerisch-liturgische Praxis wurde von der Marienverehrung beeinflusst und ging soweit, dass Papst Benedikt XV. auf Bitten König Ludwigs III. von Bayern Maria 1916 zur "Patrona Bavariae" deklarierte.

Die Formung des Gedenkens an die Kriegsopfer im Klerus der Diözese Nancy nahm der Vortrag von Annette Jantzen (Strasbourg) in den Blick: "'Ein glorreiches, aber tragisches und schmerzliches Privileg'. Der Klerus des lothringischen Frontgebiets im Ersten Weltkrieg". Die öffentlichen Hauptformen des Gedenken sind eine Gedenktafel und ein Goldbuch aus der unmittelbaren Nachkriegszeit. Darin wurden des mobilisierten Klerus, aber auch der Zivilopfer und Überlebenden gedacht. Die Kriegserlebnisse wurden ambivalent gezeichnet, indem die Ehrbarkeit des Kriegsdienstes, gleichzeitig aber der Schrecken des Krieges betont wurden. Der Tod des Einzelnen wurde angesichts dieser Schrecken sowohl als Helden- als auch als Märtyrertod begriffen. Nation und Religion wurden untrennbar miteinander verbunden, nationalsymbolische Ziele, für die zu sterben als sinnvoll angesehen wurde, von religiösen Zielen gar überhöht. Die Opfer der Priester, die sich für Frankreich geopfert haben, habe Gott angenommen.

Sabine Kienitz (Tübingen) behandelte die innerkirchliche Debatte um den "§ 984 CIC und die Irregularität ‚ex defectu corporis'"; es ging um Kriegsversehrung und katholische Geistlichkeit im Ersten Weltkrieg. Hatte die katholische Kirche einerseits nationale Kriegsziele unterstützt und den Dienst auf dem Schlachtfeld einem Gottesdienst gleichgestellt, so passten kriegsbeschädigte Priester nicht in das Idealbild, wonach ein Priester nicht nur moralisch-sittlich, sondern auch körperlich makelfrei zu sein hatte, zumal aufgrund der symbolischen Funktion des Körpers in der Liturgie. Mit Verweis auf das geltende Kirchenrecht wurde kriegsbeschädigten Priesteramtskandidaten bis 1916/1917 die Weihe verweigert. Kriegsdienst und Priesteramt galten als nicht vereinbar. Erst in den späteren Kriegsjahren 1917/1918 ist für einige Bistümer in Deutschland nachweisbar, dass kriegsversehrte Priesteramtskandidaten Zugang zum Kirchendienst erhielten. Die konkrete Betroffenheit vom Krieg und dessen unmittelbaren Folgen hatte zu einem Umdenken gleichsam "von unten" geführt.

Christoph Holzapfel (Tübingen) befasste sich in seinem Vortrag "Der Krieg als ‚heilsame Leidensschule' (Thomas Nörber). Religiosität in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts" mit Kontinuität und Wandel der Religiosität am Beispiel der Hirtenbriefe der Diözesen Freiburg und Rottenburg während der beiden Weltkriege. Sie zeigen, dass der Erste Weltkrieg noch ganz im Zeichen des Bildes von Gott als allmächtigen Herrn der Geschichte und traditioneller Deutungsmuster für Krieg stand. Gott wurde als barmherzig und gütig, aber auch gerecht und streng beschrieben, Krieg als Gottesstrafe, Aufruf zur Buße und Leidensbereitschaft. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Motiv der Gottesstrafe von den Bischöfen Gröber und Sproll nicht mehr benutzt. Holzapfel zog den Schluss, die Bischöfe seien einerseits angesichts der modernen Art, Krieg zu führen, anderseits um dem nationalsozialistischen Krieg nicht eine religiöse Weihe zu erteilen, zur Zurückhaltung bewegt worden.

Mit dem Blick auf die künstlerische Verarbeitung von Kriegserleben wandte sich Edgar Lein (Braunschweig) in seinem Vortrag "Der Krieg in der modernen Malerei. Das Triptychon als sinnstiftende Form" der Kriegsdarstellung in den Werken von Otto Dix zu. Dieser hatte sich schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs als Freiwilliger gemeldet und ihn bis zum Schluss an der Front miterlebt. Seine Motivation, so sagte Dix, sei dabei gewesen, den Krieg zu erleben, um dessen wahre Facetten in der Kunst festhalten zu können. Insbesondere im "Kriegs-Triptychon" (1929-32) zeichnete er ein realistisches Bild vom Schrecken des Krieges. Dix übernahm darin nicht nur Motive der christlichen Kunst aus Gemälden von Grünewald, Cranach und Holbein, sondern verwendete auch die christliche Bildform des dreiteiligen Kultbildes. Sie bewirkte eine Sakralisierung des profanen Themas Krieg. Durch den Bezug zu Grünewalds Triptychon zog er eine Parallele zwischen dem Leidensweg der Soldaten und dem Leidensweg Jesu. Die Form des Triptychons wurde nach Dix' Vorbild im Nachkriegsdeutschland für Darstellungen von Krieg, Zerstörung und Folter häufig verwendet.

Stefan Hanheide (Osnabrück) skizzierte mit seinem Vortrag "Die Rolle der Religion in der Antikriegs-Musik des 20. Jahrhunderts" Werke der Antikriegsmusik im Umfeld der beiden Weltkriege, die parallel zur Antikriegsliteratur und -kunst entstanden. Aspekte von Religion lassen sich hier durch die Verwendung von liturgischen Titeln, liturgischen Formen, biblischen Texten und Gebetshaltungen fassen. Auch Komponisten, die dem Sozialismus nahe und der Religion entsprechend fern standen, wandten sich religiösen Formen zu. Für die Ausprägung und Intensität des Religiösen in den Werken war allerdings das Verhältnis des Komponisten zur Religion ausschlaggebend.

Antonia Leugers (München) hinterfragte in ihrem Vortrag "'Der Krieg und die Entwicklung im Inneren stellen Fragen. Der Zweite Weltkrieg in der Wahrnehmung des Ordensausschusses und der Bischofskonferenz" das Verhalten der Deutsche Bischofskonferenz und deren Ordensausschuss in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Nach einer anfänglichen Distanz der Bischofskonferenz zu Hitler ist für die ersten Kriegsjahre eine konservative, recht einvernehmliche Haltung der Bischöfe mit der Kriegsführung Hitlers zu erkennen. Angeführt wurde diese Position durch den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Bertram. Diese einvernehmliche Haltung begründete sich in der Angst vor dem Bolschewismus und der Vorstellung, dass Kirchen- und Staatsführung gleichermaßen von Gott erwählt seien. Das Problem, deutsche Katholiken zu legitimieren, die gegen französische Katholiken schießen, löste man noch traditionell mit dem Verweis, Franzosen seien schlechte Katholiken und würden sich im Allgemeinen unsittlich verhalten. 1940 entstand eine Opposition um Bischof Preysing, die diese Haltung anprangerte, und sich zunehmend genötigt sah, sich von der einen Vernichtungskrieg führenden Diktatur zu distanzieren. Doch erst 1943 wurde, in Abwesenheit Bertrams, mit dem Dekalog-Hirtenbrief ein Schreiben in der Bischofskonferenz angenommen und im September 1943 öffentlich verlesen, das Euthanasie und Sammellager vorsichtig verurteilte.

Als gleichermaßen verbindend bezeichnete Gerhard Besier (Dresden) in seinem Vortrag "Die Haltung des Protestantismus zum Krieg in den 1930er, 40er und 50er Jahre" den Antibolschewismus zwischen Protestantismus und Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg sollten die Kirchen einen Teil der Umerziehung des Volkes übernehmen und mit gutem Beispiel voran gehen. Mit einem öffentlichen Schuldbekenntnis tat sich die protestantische Kirche allerdings schwer. Die abgegebene "Stuttgarter Schulderklärung" vom Oktober 1945 löste dann tatsächlich eine Welle der Empörung in der Bevölkerung aus, die die Erklärung nicht religiös, sondern als politisches Eingeständnis einer deutschen Kollektivschuld verstand. In der evangelischen Kirche entwickelte sich in den Nachkriegsjahren eine Minderheit um Niemöller und Heinemann, die sich um eine neutrale Position zwischen den USA und der UdSSR bemühte. Sie wollte den Kalten Krieg und die Wiederbewaffnung verhindern. Das evangelische Volk stand in der Mehrheit allerdings hinter der Politik von Adenauer und Kardinal Frings, was eine noch immer anhaltende Angst vor dem Bolschewismus bezeugt.

Über die tief verwurzelten feindlichen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland ging es im Vortrag "Versöhnung nach Verfolgung und Vertreibung? Die deutschen und polnischen Katholiken nach dem Zweiten Weltkrieg" von Robert Zurek (Berlin/Warschau). In einem Exkurs erläuterte er, dass die drei Teilungen Polens im 18. Jahrhundert, die den Verlust einer bisher starken Westgrenze zur Folge hatten und einen ständigen gegenseitigen Anspruchstreit mit Preußen/Deutschland um die Gebiete zwischen alten und neuen Grenzen auslöste, die gegenseitige Verachtung zwischen Polen und Deutschen etablierte. Mit dem Überfall auf Polen und der Ermordung und Versklavung unzähliger Polen, darunter auch vieler katholischer Priester, fand die Verfeindung im Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt. Die Nachkriegszeit war geprägt von gegenseitiger Schuldzuweisung und Unversöhnlichkeit, auch auf kirchlicher Ebene. Während die Kommunisten in Polen die Angst vor den Deutschen schürten, betonten die Deutschen ihr Opferdasein infolge der Vertreibungen. Erst in den sechziger Jahren trieben politische Initiativen die Annäherung voran. In dieser Bewegung entwickelten sich zumindest Teile der Kirchen zur treibenden Kraft der deutsch-polnischen Aussöhnung.

Beschlossen wurde die Tagung mit einer Schlussdiskussion, die, da der Beitrag von Werner K. Blessing bedauerlicherweise krankheitsbedingt ausfallen musste ("Die Katastrophe der säkularen Moderne. Zur Deutung des Zweiten Weltkriegs im katholischen Milieu der Erzdiözese Bamberg 1945-1952"), sehr ausführlich geführt werden konnte. Dabei wurden, auf die Beiträge rückblickend, noch einmal die lang andauernden Kontinuitäten vom Dreißigjährigen Krieg bis in die Gegenwart herausgearbeitet. Es kristallisierte sich aber doch auch heraus, dass der Zweite Weltkrieg einen Bruch markieren könnte - jedenfalls mit Blick auf die deutschen Verhältnisse. Wurde über Jahrhunderte die theologische Argumentation auch gebraucht, um den Krieg im christlichen Kontext zu rechtfertigen und damit gleichzeitig diejenigen zu legitimieren, die ihn führten, so gelang dies in dem Maß nicht mehr, als die Reserve demjenigen gegenüber wuchs, den man nun für den Herrn dieses Krieges ansah. Kriegserfahrung verband sich hier unablösbar mit Diktaturerfahrung und musste so ver- und aufgearbeitet werden, was letztlich erst durch einen Generationenwechsel auf gesellschaftlicher, aber auch kirchlicher Ebene, vollzogen wurde.

Theologische Deutungsangebote wurden immer gebraucht und erwiesen sich als in hohem Maße anschlussfähig für andere Sinnangebote (Volk, Revolution, vor allem aber: Nation). Dabei bleibt aber kritisch zu untersuchen, warum diese die religiösen wie auch speziell konfessionellen Kategorien häufig wie selbstverständlich überlagerten und dominierten. Gefragt wurde in diesem Zusammenhang, ob mit der Identitätsform "Nation" nicht doch ein neues Sinnangebot installiert worden sei, welches sich zwar religiöser Metaphorik bediente, aber Religion im öffentlichen Diskurs (wenn auch in Deutschland gebrochen) weitgehend ablöste. In der Lebenswelt des Einzelnen allerdings scheint Religion eine stärkere Stellung behalten zu haben als Nation und Nationalismus.

Eine Veröffentlichung der Vorträge ist im Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 25/2006 geplant.


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