Fürstbischof Julius Echter – verehrt, verflucht, verkannt?

Fürstbischof Julius Echter – verehrt, verflucht, verkannt?

Organisatoren
Professur für Fränkische Kirchengeschichte, Universität Würzburg; Würzburger Diözesangeschichtsverein
Ort
Würzburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.04.2016 - 08.04.2016
Url der Konferenzwebsite
Von
Stefan W. Römmelt, Würzburg/Tübingen

2017 jährt sich der Todestag des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn zum 400. Mal. Die laut Götz Freiherr von Pölnitz „grandiose Persönlichkeit“ wirkt mit der Gründung des Juliusspitals und der Wiedergründung der 1402 erstmals von Fürstbischof Johann von Egloffstein gegründeten Universität auch bis in die Gegenwart fort. Das Wirken des frühneuzeitlichen Bischofs und Fürsten hat Maßstäbe gesetzt, die auch von den protestantischen Zeitgenossen des Gegenreformators und katholischen Reformers gewürdigt wurden. Dennoch wurde und wird Echter nicht nur verehrt, sondern auch scharf kritisiert. Dies gilt nicht nur für seine energische Rekatholisierungspolitik, sondern auch für die Überbauung des Würzburger jüdischen Friedhofs durch das Juliusspital und die vor allem in Echters letzten Regierungsjahren durchgeführten Hexen-verbrennungen.

Die vom Würzburger Diözesangeschichtsverein und der Professur für Fränkische Kirchengeschichte veranstaltete, zweitägige Tagung hat deswegen entscheidende Marksteine und Handlungsfelder der 44-jährigen Regierungszeit Echters auf die Leitfrage hin untersucht, ob Echter nicht nur positiv und negativ verzeichnet, sondern auch verkannt wurde.

In der ersten, von dem Historiker JOHANNES MERZ (Würzburg) moderierten „Grundlagen-Sektion“ skizzierte Tagungsleiter WOLFGANG WEISS (Würzburg) die Linien der historischen Forschung zu Julius Echter. Kein Würzburger Fürstbischof habe bei den Zeitgenossen und in der Geschichtsschreibung so viel Aufmerksamkeit wie Echter erregt, sagte Weiß. Der Kirchenhistoriker betonte, dass die Grundlagen der Echter-Deutung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelegt wurden, als katholische Historiker wie der Archivar Johann Nepomuk Buchinger den Fürstbischof als beeindruckenden Herrscher und Wiederhersteller des katholischen Glaubens präsentierten. Sie hätten so das „Passepartout für die weitere Echterforschung“ vorgelegt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, einer „Zeit ausgesprochener Parteiung“ zwischen Liberalen wie dem Würzburger Historiker Franz Xaver Wegele und Ultramontanen wie Anton Ruland sei der Fürstbischof äußerst verschiedenartig beurteilt worden. Mit der 1934 veröffentlichten Echter-Biographie habe Götz Freiherr von Pölnitz eine bemerkenswerte, „mit jugendlicher Verve“ geschriebene Studie vorgelegt, die Echter als „geistlichen Absolutisten“ und Schöpfer eines christlichen Polizeistaats charakterisierte. Eine moderne Biographie Echters sei aber nach wie vor ein Desiderat der Forschung.

Die Entwicklung des Fürstbistums Würzburg im Deutschen Reich von 1517 bis 1648 skizzierte DIETER J. WEISS (München). Der Landeshistoriker betonte, dass die Charakteristika dieser Epoche sich besonders einprägsam am Beispiel des Bistums Würzburg beobachten ließen, das zu den größten Diözesen der Reichskirche gehörte. In der Phase der Reformation habe sich Fürstbischof Konrad von Thüngen bereits sehr früh für das Festhalten an der alten Kirche entschieden und mit staats-kirchlichen Maßnahmen wie die Herzöge von Bayern agiert. Erst nach dem Ende der existenziellen Bedrohung des Hochstifts durch Bauernkrieg, Markgräflerkrieg und die Grumbachschen Händel habe das Fürstbistum Würzburg unter Fürstbischof Friedrich von Wirsberg mit Unterstützung des Jesuiten¬ordens die Umsetzung der katholischen Reform in Angriff genommen. In einem nächsten Schritt sei dann Julius Echter zu einer Politik territorialstaatlicher Gegenreformationen übergegangen. Diese habe er mit einer Durchsetzung geistlicher Reformen und entschiedener Konfessionalisierung verbunden. So habe das Hochstift einen realen Machtfaktor im Zentrum des Reichs gebildet und die Verbindung des katholischen Südostens zu den Reichsstiften des Nordwestens gesichert. Echters Nachfolgern sei die Bewahrung seines Erbes gelungen. Gescheitert sei hingegen die Ausweitung der Gegenreformation über die Grenzen des Hochstifts in die alte Diözese hinein.

Mit Konfession und Politik im territorialen Umfeld des Hochstifts Würzburg in der Echterzeit setzte sich der Historiker FRANK KLEINEHAGENBROCK (Würzburg) auseinander. In der Auseinandersetzung um das Erbe der Grafen von Wertheim habe Echter auf der Basis von Rechtsansprüchen mit seinem Militär Fakten geschaffen und sei damit über das Ziel hinausgeschossen. Allerdings hätten auch die protestantischen Gegner Echters das Recht gebrochen, indem sie sich beispielsweise das Patronatsrecht aneigneten. Der Fürstbischof habe interessengeleitet gehandelt und sei nicht immer prinzipientreu gewesen. Dies gelte auch für die „Fuldaer Händel“ nach der Absetzung Fürstabt Balthasar von Dernbachs, in denen Echter zwar ein zeittypisches Konzept mit dem Ziel einer Konzentration der geistlichen Herrschaft verfolgt, sich aber politisch nicht genügend abgesichert habe. Ziel der jahrzehntelangen – und im Fall Wertheims zwei Jahrhunderte dauernden – Folgeprozesse sei primär nicht die Urteilsfindung, sondern die Konservierung des gegebenen Zustands gewesen, denn der jeweilige Prozess habe als „Schutzraum“ gedient.

Die zweite, von dem Kirchenhistoriker DOMINIK BURKARD (Würzburg) moderierte Sektion beleuchtete „Konflikt- und Problemfelder als Landesherr und Bischof“. Das Problemfeld um das die Mitregierung beanspruchende Domkapitel und die Landstände, das bis über Echters Tod hinaus virulent blieb, beleuchtete THOMAS HORLING (München). Der Landeshistoriker betonte, dass das Domkapitel nicht nur der „ewige Blockierer“ und Gegenspieler des Fürstbischofs gewesen sei. Einfluss nahmen die Kapitulare mit der vor der Wahl ausgehandelten Wahlkapitulation, die laut Horling ein „Resümee der Negativa einer vorhergegangenen Regierung“ darstellte. Echters Wahlkapitulation sah auch die Möglichkeit vor, den Fürstbischof abzusetzen. Bei den Wahlen der Nachfolger Echters habe man dann wieder auf das Vorbild Friedrich von Wirsbergs zurückgegriffen, bis Ende des 17. Jahrhunderts ein päpstliches Verbot Wahlkapitulationen untersagte. Dies habe das Domkapitel allerdings nicht gehindert, anstelle der Wahlkapitulationen „Projekte“ mit dem jeweils neuen Fürstbischof zu vereinbaren.

Wie systematisch Echter bei der Durchführung der Rekatholisierung vorging, zeigte JOHANNES MERZ (Würzburg). Zu Beginn von Echters Herrschaft hätten viele Amtsträger in den Städten des Hochstifts wie Pfarrer und Schulmeister dem Protestantismus zugeneigt. Bei der Durchsetzung seiner Maßnahmen sei Echter weitblickend und taktisch vorgegangen. Den reichspolitischen Rahmen der Echterschen Rekatholisierung zeigte Merz am Beispiel der Landstadt Münnerstadt auf. Die Grafen von Stolberg, denen ein Viertel der Stadt gehörte, betrachteten sich wie Echter als Stadtherren und hatten sich schon 1569 der Berufung eines katholischen Priesters widersetzt. In dieser „herrschaftlichen Gemengelage“ habe die Interpretation des Augsburger Religionsfriedens von 1555 und der „Declaratio Ferdinandea“ eine entscheidende Angelegenheit dargestellt. Das positive Verhältnis Echters zu dem neuen Kaiser Rudolf II. habe dann letztlich die Voraussetzung für die Rekatholisierung Münnerstadts geschaffen, nachdem der Fürstbischof 1583 das fehlende Viertel der Stadt erworben hatte. Typisch für Echters „Reformarbeit der kleinen Schritte“ waren die Schaffung der materiellen Grundlagen, eine gezielte Personalpolitik, die Überwachung der Amtsträger durch Visitationen und ein differenziertes Berichtswesen, Anweisungen durch Mandate und Dekrete, die Androhung und Umsetzung von Sanktionen sowie Maßnahmen zur Förderung der Bildung und Erbauung. Maßgeblich unterstützt wurde Echter von den Jesuiten, deren massives Auftreten zahlreiche Beschwerden provozierte. Vom Widerstand der Bevölkerung ließ sich Echter auf seinen „Missionsreisen“ in den Jahren 1585 und 1586 nicht beeindrucken. Jegliche Verzögerungstaktik war zum Scheitern verurteilt: Abweichungen bei den vorgeschriebenen Frömmigkeitsübungen hätten Ermahnungen und Geldstrafen nach sich gezogen, der Verzögerung sei eine Fristsetzung gefolgt, nach deren Ablauf die Güter des Betroffenen zwangsweise verkauft wurden und dem standhaften Protestanten nur die Auswanderung blieb. So verließen mehr als 600 Personen bzw. Familien, die meist der Oberschicht angehörten, das Hochstift. Mit dieser Reformarbeit der kleinen Schritte habe Echter die Voraussetzung für die geradezu flächendeckende katholische Prägung des Würzburger Landes im Barockzeitalter gelegt.

Echters „Hexenpolitik“ beleuchtete ANDREAS FLURSCHÜTZ DA CRUZ (Bamberg). Der Historiker und Romanist arbeitete in seinem Vortrag heraus, dass Echter keineswegs ein fanatischer Hexenjäger gewesen sei. Vielmehr habe der Fürstbischof Prozesse verhindert und sich um einen juristisch korrekten und „barmherzigen“ Verlauf der Prozesse bemüht. Bemerkenswert sei auch Echters Forderung nach genauen Informationen. Der Fürstbischof sei Jurist und ein geradezu materialistischer „Zweifler“ gewesen. Der Historiker charakterisierte Echter als peniblen und sorgfältigen Beobachter, strengen Vorgesetzten und Seelsorger. Wieso gerade in den letzten Regierungsjahren Echters die „Hexen“ massiver verfolgt wurden, erklärte Flurschütz da Cruz mit dem eventuellen Einfluss von Beratern auf den alternden Fürstbischof und im Fall von Gerolzhofen mit lokalen Faktoren.

Die Rechtshistorikerin ANJA AMEND-TRAUT (Würzburg) hielt in der Neubaukirche den Abendvortrag über die (Neu-)Gründung und den institutionellen Ausbau der Universität Würzburg. Nach dem Scheitern der ersten Würzburger Universität sei Echters Wiedergründung Baustein einer Bildungsreform gewesen, die bereits sein Vorgänger Friedrich von Wirsberg mit der 1561 erfolgten Gründung des Gymnasiums eingeleitet habe. Gegen den Widerstand des Domkapitels habe Echter dann die (Wieder-)Gründung der Universität durchgesetzt, die 1582 feierlich eröffnet wurde. Die 1587 von Echter erlassenen Statuten der Universität, die sich an der Satzung der bayerischen Landesuniversität Ingolstadt orientierten, bedeuteten eine obrigkeitliche Bevormundung des gesamten universitären Lebens. Sie drückten eine exakt determinierte, statische Welt- und Lebensanschauung aus. So gelang Echter mit der Neu- oder Wieder-Gründung die Sicherung des Fürstenstaats, die Stärkung der katholischen Religion und die Etablierung des christlichen Humanismus.

Den zweiten Tag eröffnete die von Landeshistoriker HELMUT FLACHENECKER (Würzburg) moderierte Sektion „Zum Nutzen der Untertanen und zum Heil der Seelen – Bildung und Fürsorge“. Echters Sorge um die Not der Menschen nahm der Historiker SEBASTIAN SCHMIDT (Trier) in den Blick. Er ordnete dabei sein Handeln in den Kontext frühneuzeitlicher Fürsorgekonzepte ein. Der Fürstbischof habe das Juliusspital als „Multifunktionsspital“ nach südeuropäischem Vorbild geplant. Dies bringe das Stiftungsrelief mit der Darstellung von Findelkindern, Waisen, Pilgern und Kranken zum Ausdruck. Neu sei die Zentralisierung der Fürsorge gewesen.

Der Medizinhistoriker ANDREAS METTENLEITER (Würzburg) beleuchtete das Würzburger Juliusspital und die Würzburger Landspitäler als sozial-caritatives Gesamtkonzept. Orientierung hätten dem Fürstbischof nicht nur katholische Vorbilder wie das Hofspital in Salzburg und das Würzburger Bürgerspital, sondern auch die Spitalstiftungen des hessischen Landgrafen Philipp, eines dezidierten Protestanten, geboten. Echter habe das Vorbild des „Hohen Spitals“ des Landgrafen genau studiert. Das zeige sich im Gebet für den Stifter, dem Tagesablauf, der Mitarbeit der Insassen im Gemeinwesen, dem genau geregelten Aufnahmeverfahren, der territorialen Zugehörigkeit der Spitalinsassen und der soliden, langfristigen Finanzierung. Als „Hauptstadtspital“ sei das Juliusspital für das ganze Hochstift offen gewesen und habe auch als Stadtresidenz des Fürstbischofs gedient. Echter habe keine Kosten gescheut, um die Pfründner und Kranken behandeln zu lassen. Das Spital sei nicht nur ein Instrument zur Durchsetzung politischer Ideen, sondern auch ein Herzensanliegen des Fürstbischofs gewesen.

Über die Jesuiten als Bildungsträger in Universität, Priesterseminar und Pfarreien referierte der Jesuit P. NICCOLO STEINER (Frankfurt am Main). Die von Friedrich von Wirsberg und Julius Echter betriebene Berufung der Jesuiten habe sich für Bistum und Hochstift gelohnt, denn die Gesellschaft Jesu habe einen frommen, gut ausgebildeten Klerus ausgebildet.

Einen Werkstattbericht aus vergleichender Perspektive über die Kirchenordnung Julius Echters von 1589 lieferte SABINE AREND (Heidelberg). Die Theologin verwies auf zahlreiche inhaltliche Parallelen zwischen protestantischen Kirchenordnungen und der Würzburger Kirchenordnung. Diese sei allerdings als „Glied in einer Kette von Regelungen“ nur eine von zahlreichen Ordnungen Echters gewesen, die beispielsweise den Hof, die Kanzlei und das Gerichtswesen regelten.

Die abschließende vierte, von dem Landeshistoriker DIETMAR GRYPA (Würzburg) moderierte Sektion nahm Echter im Urteil der Nachwelt in den Blick. Mit dem Andenken und Bild Julius Echters in Geschichtsbewusstsein und Historiographie des Hochstifts Würzburg bis 1803 befasste sich der Kirchenhistoriker WINFRIED ROMBERG (Würzburg). Die Würzburger Geschichtsschreibung von 1500 bis 1800 sei der mittelalterlichen Tradition der Bischofsreihen, der „Series Episcoporum“, gefolgt. Als typische Gattung kirchlich-politischer Geschichtsschreibung kennzeichne diese Bistums- oder Bischofschronistik eine größtmögliche Gleichgewichtung der Lebensbeschreibungen der einzelnen Oberhirten wie auch das Herrscherlob. Am Beispiel des 1782 veröffentlichten ersten Bandes der Würzburger Universitätsgeschichte von Christian Bönicke und einer 1804 publizierten Schrift von Franz Oberthür zeigte Romberg, welche Auswirkungen die Aufklärung und das Ende des Hochstifts auf die Geschichtsschreibung über Echter hatten. So stilisierte Bönicke Echter zum katholisch-aufgeklärten und patriarchalisch-wohlfahrtsstaatlichen Herrscher nach dem Vorbild seines Auftrag-gebers Franz Ludwig von Erthal. Oberthür hingegen formulierte am Beispiel Echters nach der Zäsur von 1802 das Ideal eines „postreichsfürstlichen“ Bischofs, das bestimmt war von Einfachheit, Schlichtheit, sozialer Verantwortung und dem Einsatz für Kultus und Bildung.

Wie eng Zeitgeschichte und die Erinnerung an Echter verknüpft sind, zeigte auch der Vortrag des Historikers KARL BORROMÄUS MURR (Augsburg), der sich mit Julius Echter als öffentlicher Erinnerungsfigur im Königreich Bayern beschäftigte. Am Beispiel des im Auftrag König Ludwigs I. von Bayern von dem Münchner Erzgießer Ferdinand von Miller gegossenen und 1847 gegenüber des von Echter errichteten Spitals enthüllten Echterdenkmals zeigte Murr, wie vielschichtig die Motivation des Monarchen gelagert war: Dieser habe nicht nur Echter als vorbildlichem Kirchenfürsten und dem alten Hochstift Würzburg, sondern auch sich selbst als Herzog von Franken ein Monument errichtet. Bemerkenswert sei, dass dem Bischof Echter im Gegensatz zur echterzeitlichen Ikonographie das fränkische Herzogsschwert fehle. ln der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hätten sich dann die Konflikte zwischen Liberalen und Ultramontanen in der 1863 ausgetragenen publizistischen Kontroverse um eine echterkritische Rede des liberalen Würzburger Historikers Franz Xaver Wegele und im Streit um Zuschüsse für die Feier des Universitätsjubiläums von 1882 niedergeschlagen.

Mit dem protestantischen Julius-Echter-Bild befasste sich GERHARD HAUSMANN (Neuendettelsau). Der Kirchenhistoriker zeigte auf, wie sich die evangelische Geschichtsschreibung entwickelte: Von den Polemiken des Schmalkaldener Pfarrers Alexander Utzinger, der 1588 Echter in zwei Schriften wegen des auf die Würzburger Protestanten ausgeübten „Gewissenszwangs“ scharf angriff, bis zur objektiven Beschäftigung mit dem Gegenreformator war es ein weiter Weg.

Im Lauf der Tagung wurde deutlich, dass Echter durchaus ein Kind seiner Zeit war, wenn man etwa seine Rekatholisierungsmaßnahmen und den Hexenglauben betrachtet. Andererseits zeichnete sich der Fürstbischof im Vergleich mit seinen Zeitgenossen durch das systematische Lösen von Problemen aus, der ungeachtet konfessioneller Grenzen auch protestantische Vorbilder wie beispielsweise Philipps von Hessen „Hohes Spital“ und die Kirchenordnungen aufgriff. Sein Handeln war so bestimmt von Rationalität und Pragmatismus. Echters „wahre“ Persönlichkeit lässt sich allerdings wie bei vielen Fürsten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht greifen – das „Dissimulieren“, das „So-tun-als-ob-nicht“, gehörte zum Ideal des Renaissancefürsten. Wem Echters wahre „Liebe“ galt, zeigt ein Blick in die Neubaukirche – dort steht die Stele mit dem Herz des Fürstbischofs, der hier nach dem biblischen Motto verfuhr: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Die Vorträge der Tagung sollen 2017 zusammen mit weiteren Beiträgen zu Julius Echter in einem Band der „Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg“ veröffentlicht werden.

Konferenzübersicht:

Grundlagen

Wolfgang Weiss (Würzburg): Einführung: Linien der historischen Forschung zu Julius Echter
Dieter J. Weiss (München): Reformation und konfessionelles Zeitalter (1517–1618/48): das Fürstbistum Würzburg im Kontext der Entwicklung im Deutschen Reich
Frank Kleinehagenbrock (Würzburg): Herrschaftsdurchsetzung und Gebrechen. Konfession und Politik im territorialen Umfeld des Hochstifts Würzburg in der Echterzeit

Konflikt- und Problemfelder als Landesherr und Bischof

Thomas Horling (München): Domkapitel und Landstände – ein Problemfeld bis über Echters Tod hinaus
Johannes Merz (Würzburg): Etappen und Strategien der Rekatholisierung
Andreas Flurschütz da Cruz (Bamberg): „damit Sie Ihnen nicht etwan schaden fuegen mögen“. Julius Echter von Mespelbrunn und die Hexenverfolgungen im Hochstift Würzburg

Abendvortrag

Anja Amend-Traut (Würzburg): Geistlicher Auftrag und politischer Nutzen. (Neu-)Gründung und institutioneller Ausbau der Universität Würzburg durch Julius Echter

Zum Nutzen der Untertanen und zum Heil der Seelen – Bildung und Fürsorge

P. Niccolo Steiner SJ (Frankfurt am Main): Die Jesuiten als Bildungsträger in Universität, Priesterseminar und Pfarreien
Dr. Sebastian Schmidt (Trier): Echters Sorge um die Not der Menschen – seine sozial-caritative Vorstellungen im Kontext frühneuzeitlicher Fürsorgekonzepte
Andreas Mettenleiter (Würzburg): Das Juliusspital und die Würzburger Landspitäler als sozial-caritatives Gesamtkonzept
Sabine Arend (Heidelberg): Julius Echters Kirchenordnung von 1589: Rückgriff auf ein Herrschaftsinstrument evangelischer Fürsten? Eine vergleichende Annäherung

Das Urteil der Nachwelt – Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur(en)

Winfried Romberg (Würzburg): Das Andenken und Bild Julius Echters in Geschichtsbewusstsein und Historiographie des Hochstifts bis 1803
Karl Borromäus Murr (Augsburg): „Einer der weisesten und größten Fürsten, die je auf dem Herzogstuhle von Ostfranken saßen“ – Julius Echter als öffentliche Erinnerungsfigur im Königreich Bayern
Gerhard Hausmann (Neuendettelsau): Zum Julius-Echter-Bild – konfessionelle Polemik und wissenschaftliche Rezeption im Protestantismus