Nachwuchsgespräche „Sakralität und Sakralisierung in Mittelalter und Früher Neuzeit. Interkulturelle Perspektiven in Europa und Asien“

Nachwuchsgespräche „Sakralität und Sakralisierung in Mittelalter und Früher Neuzeit. Interkulturelle Perspektiven in Europa und Asien“

Organisatoren
Arbeitskreis für hagiographische Fragen; DFG-Forschergruppe 1533
Ort
Weingarten
Land
Deutschland
Vom - Bis
22.04.2015 -
Url der Konferenzwebsite
Von
Andrea Beck, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Larissa Düchting, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Email:

Am 22. April 2015 fanden die diesjährigen Nachwuchsgespräche des Arbeitskreises für hagiographische Fragen in Zusammenarbeit mit der DFG-Forschergruppe 1533 „Sakralität und Sakralisierung in Mittelalter und Früher Neuzeit. Interkulturelle Perspektiven in Europa und Asien“ in Weingarten (Oberschwaben) statt. Hierbei wurden thematisch verschiedene Arbeiten aus dem Bereich der Hagiographie vorgestellt.

Als erster Referent zeigte SEBASTIAN STINZING (Würzburg) anhand verschiedener Beispiele aus dem Aufeinandertreffen von Portugiesen und Indern im 14. bis 17. Jahrhundert die Schwierigkeiten der interkulturellen nonverbalen Kommunikation auf, die sich darin äußere, dass die Portugiesen aufgrund einer anderen Symbolsprache die Hindus als Christen interpretierten. Erst nach weiteren Begegnungen wurden die – weiterhin mit christlich-westlichem Vokabular betitelten – Unterschiede offenbar.

Von DANIELA HOFFMANN (Mannheim) wurden die Niederschriften von zwei Klosterregeln, nämlich der Kartäuser und der Grandmontenser, in den Blick gerückt. Dazu stellte sie die These von Gert Melville vor, nach der die Niederschrift der Klosterregel in der zweiten Generation nach der Klostergründung vorgenommen wurde, wobei die Regel eine Verbindung mit der Heiligenverehrung des Gründers aufweisen konnte. Daniela Hoffmann zeigte anhand ihrer Beispiele auf, dass dieses Schema nicht auf jeden Orden zu übertragen sei. So sei der Ordensgründer der Kartäuser erst ab 1514 als Heiliger im Orden verehrt worden, weswegen ihm in der Klosterregel keine besondere Rolle zugekommen sei. Stattdessen sei Hugo von Grenoble für diesen Orden zu Beginn von Bedeutung gewesen. Bei den Grandmontensern sei die Verehrung des Gründers auch innerhalb der Klosterregel zur Verhinderung von internen Differenzen entscheidend gewesen, da auf diesem Wege eine Kontinuität von der Gründung bis in die Zeit der Niederschrift konstruiert werden konnte.

Mit der kirchlichen Reformbewegung des 11. Jahrhunderts setzte sich STEPHAN BRUHN (Kiel) auseinander, der die Frage nach der Lebenswirklichkeit aufwarf. Hierfür wurde die Vita Sancti Oswaldi von Byrhtferth in den Blick genommen, die mehrere Funktionen erkennen lässt. So werde zum einen die Reform propagiert, indem etwa ihre Wurzeln hervorgehoben und zugleich die monastischen Ideale dem Adel nahe gebracht würde. Dadurch würden gemeinsame Prinzipien und Maxime laikaler und klerikaler Adliger evoziert.
KATHARINA HORNICKOVA (Salzburg) befasste sich mit der Heiligenverehrung im Zuge der hussitischen Reformation. Hierbei wurde zunächst festgestellt, dass zu Beginn der Reformation Heiligenbilder zerstört wurden. Doch sei die Bewegung in sich nicht einheitlich gewesen, da es verschiedene Sichten auf die Heiligenverehrung gab. Dies habe sich vor allem durch die Märtyrer der hussitischen Bewegung und besonders die Hinrichtung Jan Hus‘ geändert, der im Anschluss als Heiliger verehrt – wenn auch nie kanonisiert – wurde.

Über die stumme Sprache der Dinge berichtete zuletzt JOHANNES SIEGMUND (Wien). Hierfür wurden verschiedenen Theorien unter anderem von Heidegger und Latour herangezogen. Die Entfremdung von den Dingen wurde ebenso thematisiert wie die Negierung dieser Entfremdung, da die Moderne nie existiert habe. Auch das Nachleben der Dinge rückte ins Interesse, das in Form von Müll gefährlich werden könne. Die Möglichkeiten der Kommunikationen der Dinge wurde an verschiedenen Beispielen verdeutlicht, etwa an einem Schlüsselanhänger, der aufgrund seiner Sperrigkeit den Benutzer veranlasst, den Hotelschlüssel an der Rezeption zu hinterlassen. Dennoch seien die Dinge stumm und müssten in ihrer Aussagemöglichkeit übersetzt werden.

Obwohl die Konferenz thematisch offen war, zeigten die einzelnen Beiträge doch einige Anknüpfungspunkte untereinander. Etwa zwischen Sebastian Stinzing und Johannes Sigmund, die deutlich machten, dass Dinge und Symbole einer Übersetzung bedürfen, die aber je nach persönlichem Horizont unterschiedlich ausfallen könne. So könne das gleiche Ding für verschiedene Menschen völlig unterschiedliche Aussagen haben. Dass Heiligenverehrung für eine Gemeinschaft ein konstituierendes Element sein kann, wurde durch Daniela Hoffmann, Stefan Bruhn und Katharina Hornickova dargestellt, da Heiligenverehrung Differenzen vermeiden könne, beziehungsweise durch den Tod entscheidender Reformatoren ihr Andenken für die Bewegung weiterhin gemeinschaftsstiftend sei.
Insgesamt konnte der Workshop ein breites Themenspektrum aufweisen, in dem Sakralität und Heiligkeit im Mittelpunkt stand.

Konferenzübersicht:

Sebastian Stinzing (Würzburg), Kirchtürme, Qafees und Pagoden: Indische Sakralität in drei portugiesischen Reiseberichten

Daniela Hoffmann (Mannheim), Vom Umgang mit Charismatikern. Gründerheiliger und Klosterregel bei den Kartäusern und Grandmontensern

Stephan Bruhn (Kiel), Hagiographie als Medium der Gruppenbildung. Kommunikationsgeschichtliche Perspektiven auf die monastische Reformbewegung im spätangelsächsischen England

Katerina Hornickova (Salzburg), Martyrs of “Our” Faith. Identity and the Cult of Saints in Post-Hussite Bohemia

Johannes Siegmund (Wien), Die stumme Sprache der Dinge


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Sprache(n) der Konferenz
Deutsch
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