Hexerei und Öffentlichkeit

Hexerei und Öffentlichkeit

Organisatoren
Petra Kurz, Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart; Wolfgang Behringer, Universität des Saarlandes/Rita Voltmer, Universität Trier/Arctic University of Norway, Tromsø, Arbeitskreis Interdisziplinäre Hexenforschung (AKIH)
Ort
Stuttgart
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.02.2015 - 21.02.2015
Url der Konferenzwebsite
Von
Johanna E. Blume, Historisches Institut, Universität des Saarlandes

Zunächst begrüßte Akademiereferentin Petra Kurz alle Anwesenden und beglückwünschte die Mitglieder des Arbeitskreises zu dessen 30jährigem Bestehen. Pointiert ließ sie die Geschichte des Arbeitskreises Interdisziplinäre Hexenforschung (AKIH) Revue passieren und gab der Hoffnung Ausdruck, dass die gute Zusammenarbeit weiterhin fortgesetzt werde. Nach der Begrüßung der Tagungsteilnehmer verwies Rita Voltmer, die aufgrund der Erkrankung von Wolfgang Behringer die Leitung übernahm, zunächst auf die beiden letzten Tagungen (2012 und 2014), bei denen „Hexerei in den Medien“ im Mittelpunkt gestanden hatte. Interessiert habe dabei, wie das medial konstruierte „Wissen“ um Magie und Hexerei sowie die damit verknüpften Tatbestände durch die gattungsbedingten Funktionen spezifischer Medien geprägt, wie Bilder und „Erzählungen“ (narratives) von Hexerei und Magie in Predigten, Gerichtsakten, Traktaten und Zeugnissen der Publizistik erschaffen wurden. Diesmal konzentriere sich die Tagung noch mehr auf die Interaktion im öffentlichen Raum. Dabei hob Voltmer hervor, dass der Begriff Öffentlichkeit höchst schwierig zu definieren sei. Mit Ann C. Zimmermann lasse sich Öffentlichkeit am besten durch das erklären, was sie nicht sei: weder geschlossen, noch geheim oder privat. Sie verwies auf deren drei, in der Forschung unterschiedenen Bedeutungsebenen: Öffentlich seien 1.) Vorgänge von allgemeinem Interesse, 2.) Kommunikationsstrukturen, die sich an alle richteten und 3.) die Zugangsoffenheit von Räumen und Plätzen. In diesem Kontext sei die Hexenthematik daher durch ihre mediale und räumliche Breitenwirkung nicht nur von allgemeinem, also öffentlichem Interesse gewesen, sondern habe durch mediale Vermittlung einen öffentlichen Kommunikationsraum geschaffen. Sie sei sowohl im barocken Theater als auch bei der Exekution öffentlich zugänglich und erfahrbar gemacht worden. Auch heute, wo die Themen „Hexerei“ und „Hexenverfolgung“ in den Printmedien und im Film eine breite Rezeption erführen, werde immer wieder aufs Neue ein solcher öffentlicher Kommunikationsraum geschaffen. Dabei handele es sich nicht um die „eine“ Öffentlichkeit, sondern jeweils um Teil-Öffentlichkeiten, die sich in der Interaktion mit unterschiedlichem Publikum konstituierten. Die Forschung differenziere dabei zwischen 1.) Encounter-Öffentlichkeiten (dem zufälligen Treffen mehrerer Personen), 2.) Versammlungs-Öffentlichkeiten (mit festgelegten Rollen und Inhalten) und 3.) der massenmedialen Öffentlichkeit, die sich nicht durch die Präsenz eines Publikums, von Zuschauern oder Teilnehmern etabliere, sondern durch die mediale Vermittlung. Dieser Einteilung wurden auch die Vorträge gerecht.

Die erste Sektion „Theater“ eröffnete GABRIELA DRAGNEA HORVATH (Florenz) mit ihrem Beitrag „Höllischer Ehrgeiz und himmlische Macht. Macbeth: Theater und Magie im Elisabethanischen Theater“. Darin stellte sie die dämonologische Komponente im Stück „Macbeth“ (1606) von William Shakespeare vor und erläutert die besonderen politisch-religiösen Hintergründe im zeitgenössischen England: Besonders James I. war der Überzeugung, dass allein der König als Oberhaupt der englischen Kirche Wunder tun könne und alle andere Magie vom Teufel käme. Das Stück bestätige auf den ersten Blick dessen „Demonology“ (1597), indem es die Effekte der teuflischen Einmischung in die Natur (Unfruchtbarkeit Lady Macbeths, Vertauschung von Wahrheit und Lüge, Umkehrung der natürlichen Ordnung) thematisiere und als deren Konsequenzen die Vernichtung des Tyrannen und seiner Frau stehe. Dennoch könne man die Darstellung der drei Hexen, die im elisabethanischen Theater von älteren Männern verkörpert worden seien, auch als Fantasiefiguren oder gar männliche Schöpfungen lesen und einen ironischen Umgang Shakespeares mit Hexerei herauslesen. In der Diskussion wurde intensiv auf die Frage eingegangen, inwieweit es sich um die Umsetzung dämonologischer Vorstellungen der Zeit handele oder hauptsächlich theatralische Mittel angewendet worden seien.

RITA VOLTMER (Trier/Tromsø) widmete sich zu Beginn der zweiten Sektion „Gericht und Öffentlichkeit“ dem Ereignis, das häufig am Ende eines Hexenprozesses stand. In ihrem Vortrag „'Exekutionstheater' - Zur Bedeutung öffentlicher Hexenhinrichtungen“ erörterte sie, inwieweit die Hinrichtung von Hexen ritualisiert war, welchen Zwecken sie diente und ob Unterschiede zu den Hinrichtungen in anderen Kriminalprozessen existierten. Zunächst skizzierte sie die generellen Charakteristika frühneuzeitlicher Exekutionen: Sie seien Manifestation obrigkeitlicher Autorität gewesen, sollten die Wiederherstellung der gestörten Ordnung bewirken und der Abschreckung dienen. Darüber hinaus sei der Straftäter als Büßender inszeniert worden, der eine öffentliche conversio zum armen Sünder unterlaufen habe. Auch die Zuschauenden hätten spezifische Rollen innerhalb dieses ritualisierten Spektakels eingenommen, wie auch die Ausführenden, denen ihre Tätigkeit keineswegs misslingen durfte. Mittels kritischer Analyse ikonographischer und schriftlicher Quellen legte Voltmer dar, dass Hexenhinrichtungen zwar die gleichen Eigenschaften aufgewiesen hätten wie andere, dass jedoch der Ablauf und die Ausgestaltung jeweils modifiziert worden sei, je nach Adressaten, Frequenz der Prozesse, juristischem Personal, rechtlichen Grundlagen sowie Geschlecht, Status, Rang und Konfession der Verurteilten. Zentrales Element sei jedoch die besondere Inszenierung der conversio gewesen, wobei die in den Prozessakten betonte Annahme der Rolle des Büßenden durch die Verurteilten kritisch hinterfragt werden müsse.

Ein spezifisches, von den neuen halbstaatlichen iberischen Inquisitionen inszeniertes Ritual beschrieb IRIS GAREIS (Frankfurt am Main) in „Inszenierungen des Gottesgerichts: Zauberei- und Hexereidelikte im Autodafé“. Dieser öffentliche „Akt des Glaubens“ bestand aus Prozessionen vom Inquisitionssitz zum Ort des Autodafés und in der Verlesung der Anklagepunkte und Urteile derjenigen, die von den Inquisitoren eines Glaubensdelikts für schuldig befunden wurden, also unter anderem Magie Praktizierende, Bigamisten und conversos. Es habe auf die Wiederherstellung der politischen und religiösen Ordnung abgezielt, ihrer Repräsentation und Konstitution sowie der Vertreibung des Bösen (Purifikation) gedient. In den meist als Teil größerer Festlichkeiten aufwendig ausstaffierten Zeremonien wurden die reuigen Angeklagten in die Gemeinschaft der Gläubigen und damit in die Gesellschaft wiederaufgenommen und die unbußwilligen zum Tode Verurteilten endgültig ausgeschlossen. Das Publikum sollte ebenfalls durch dieses Übergangsritual geläutert und diszipliniert werden, indem die Anwesenden gemeinsam den rechten Glauben bestätigten und bekräftigten und so zu einer religiösen und politischen communitas verschmolzen. Die nur selten vor der Spanischen Inquisition verhandelten Hexereidelikte hätten größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wobei teilweise erst die öffentlich verlesene detaillierte Deliktbeschreibung Hexenpaniken in den entsprechenden Gebieten ausgelöst habe. Derlei Veranstaltungen hätten also unabsichtlich das Wissen über das Hexenwesen verbreitet und die Anwesenden erst von der Existenz der Hexen überzeugt. Daraus resultierende Selbstanzeigen und Denunziationen seien jedoch nicht von der Inquisition intendiert gewesen und den mit dem Autodafé verbundenen Zielen entgegengelaufen.

Das Nachleben frühneuzeitlicher Medien stellte MARION GIBSON (Penryn) in der Sektion 3 mit ihrem Beitrag „English Witchcraft Pamphlets and their Afterlives in Contemporary Culture“ in den Mittelpunkt. Sie untersuchte eine Reihe von Beispielen, die Motive der ersten in England publizierten Pamphlete über Hexerei verwendeten, welche zwischen den 1560er- und 1580er-Jahren veröffentlicht wurden: Abigail Dochertys Hörspiel „Ursula and Boy“ (2011), die Folge „The Straw Woman“ der Fernsehserie „Midsomer Murders“ (2004), Caryl Churchills feministisches Theaterstück „Vinegar Tom“ (1976) und das Internetblog einer jungen, unbekannten Frau, das eine für das Videospiel „The Sims 3: Supernatural“ (2012) entworfene moderne Hexe zeigt. Jeder Text verwende Charaktere, die nach den Hexen in den Pamphleten benannt sind, um bestimmte Themen zu behandeln: die Ungleichbehandlung der Geschlechter, ökonomische Ungleichheit, die Hexe und das Recht und die Hexe und die dörfliche Gemeinschaft. Vor allem das Blog, dass zunächst als gedankenlose Wiederverwendung des Namens einer Hexe für einen Online-Avatar erscheine, zeige die bis heute andauernde Relevanz des Diskurses über Macht, Fantasie und Ausgrenzung, die mit der Hexe assoziiert würden. Ihr Motiv fungiere also bis heute als Mittel, auf gesellschaftliche Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen.

Die medial verarbeitete Hexenfigur im 20. Jahrhundert veranschaulichte CHRISTINA SEITZ (Oftersheim) in der Sektion 4 „Film in Die Hexe im Film. Die Rezeption eines Stereotyps aus Antike, Mittelalter und Früher Neuzeit in US-amerikanischen Kino- und Fernsehproduktionen“. Anhand verschiedenster Filme aus mehreren Jahrzehnten, in denen eine stereotype Hexenfigur auftritt, machte sie zwei Typen aus: zunächst die Hexe als Täterin und Schadenszauberin, die sowohl in Trickfilmen wie „Disney‘s Snow White“ (1937) in Form der „evil queen/old hag“ zu finden sei, als auch als gezielt abstoßend gezeichnete Seherin Mortianna in „Robin Hood – King of Thieves“ (1991) oder zerstörungswütige Geliebte Alex Forrest in „Fatal Attraction“ (1987). Dabei bedienten sich die Filme antiker (Knochenschau) und frühneuzeitlicher ikonographischer Elemente (Katze und Kochtopf). Doch trete die Hexe auch als positiv besetzte Heldin auf, wie „The Witches of Eastwick“ (1987) oder die Fernsehserie „Charmed“ (1998-2006) zeige. Dabei seien Stilmittel wie der Rückgriff auf pseudo-mittelalterliche Welten sowie die Verwendung neuheidnischer Elemente (Wicca-Kult) zu beobachten. In den letzten Jahren sei noch die Figur der gelehrten Hexe wie Hermione Granger aus „Harry Potter“ (2001-2011) dazugekommen, die eine bis dato männlich konnotierte Eigenschaft der aktiven Wissensaneignung verkörpere und durchweg als weibliche Identifikationsfigur herhalte.

Vertieft auf die Geschichte „Die Hexen von Eastwick“ ging WOLFGANG SCHILD (Bielefeld) ein. Er verglich John Updikes (1932-2009) Roman (1984), den darauf basierenden Film (1987), das Musical (2000/12) und die Fernsehserie (2009) miteinander und konzentrierte sich dabei auf die Präsenz frühneuzeitlicher dämonologischer Vorstellungen. Wenn der Romanautor auch nur rudimentäre Kenntnisse des elaborierten Hexereibegriffs besessen hätte, fänden sich bei ihm am stärksten dessen Motive wie Teufelsbuhlschaft, Tierverwandlung und Schadenszauber. Im Film dagegen werde der Protagonist zunächst entdämonisiert und der Schwerpunkt liege auf der Selbstverwirklichung und sexuellen Erfüllung der Hexen. Den Anforderungen an einen Bühnendarsteller sei es geschuldet, dass der Fokus im Musical nicht nur auf dessen wilde Tänze gelegt würde, sondern die ursprünglich als abgrundtief hässlich beschriebene Teufelsfigur zudem attraktiv wirken solle. Die Fernsehserie habe dagegen kaum mehr mit dem eigentlichen Plot zu tun, was eventuell zu ihrer Kurzlebigkeit beigetragen habe.

Den zweiten Tag und damit die Sektion „Neues aus der Forschung“ leitete ALEXANDRA KOHLHÖFER (Mainz/Münster) mit dem Vortrag „Lasterhafte Trunkenbolde oder von Gott Begnadete? Mythos und Verfolgung der saludadores in Nordspanien (Schwerpunkt 17. Jahrhundert)“ ein, bei dem sie eine fast ausschließlich männliche Domäne von Heilern und Segenssprechern vorstellte, die nur im iberischen Raum auftrat. Auf der einen Seite seien diese durch bischöfliche Lizenzen befugt, Dörfern ihre Dienste als Heiler und Hexenerkenner anzubieten, auf der anderen Seite habe die Inquisition sie wegen Ausübung magischer Praktiken verfolgt. Öffentlichkeit habe dabei sowohl eine Rolle bei der Prüfung ihrer Fähigkeiten vor den Stadt- oder Gemeinderäten, als auch bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten gespielt. Durch die Untersuchung von Traktaten und Prozessakten konnte Kohlhöfer nicht nur zeigen, wie ambivalent das Gewerbe der saludadores von Dämonologen und kirchlichen wie weltlichen Gerichten bewertet wurde, sondern auch welche weiteren Faktoren dabei eine Rolle spielen konnten, wie Nichtsesshaftigkeit, Betrug, religiöse vs. magische Praktiken, deviante Sexualität und verschiedene Rechtsauffassungen.

LAURA KOUNINE (Berlin) zeigte in „Emotions and gender in witch-trial narratives“ am Beispiel eines Prozesses, der sich 1616 in Münchingen ereignete, wie Magistrate versuchten, dem in der Carolina und dem Landrecht nur unscharf gezeichneten Hexereidelikt auf die Spur zu kommen. Vor allem um die Schadensintention nachzuweisen, die in Württemberg ausreichte, um wegen eines Hexereideliktes angeklagt zu werden, habe die von der Angeklagten gezeigten Emotionen eine große Rolle gespielt. Im Vergleich mit anderen Prozessen in Württemberg konnte Kounine zeigen, dass Regungen wie Verzweiflung oder Gleichgültigkeit und deren physische Auswirkungen Tränen, Schweiß und Gesichtsfarbe unterschiedlich interpretiert wurden, je nach Geschlecht, Ehestatus und ob Emotionsregungen als authentisch eingeschätzt wurden oder nicht. Zudem wies sie auf verwandtschaftliche bzw. freundschaftliche Netze innerhalb der Ortsgemeinschaft hin, die unter Umständen vor Besagungen habe schützen können, so lange sich jedes Mitglied einem bestimmten Verhaltenskodex gemäß verhalten hätte. Dieser habe für Frauen auch das Zeigen bestimmter Emotionen wie Mitgefühl enthalten, deren Fehlen erst verdächtig gemacht habe, wie der Fall in Münchingen demonstriere.

Den abschließenden Vortrag hielt JUDITH VENJAKOB (Bielefeld/Erlangen) mit dem Titel „Die Holzschnitte in Ulrich Molitors 'De laniis': Eine neue Ikonographie für das Hexenstereotyp? Verschiedene Fassungen im Vergleich mit Druckgrafiken des späten 15. Jahrhunderts“. Sie wies nach, dass der Hexenflug von Beginn an das signifikanteste Zeichen bildlich dargestellter Hexen sei, da er sich von der Darstellung des klassischen Ketzerstereotyps besonders gut abgegrenzt habe. Dies illustriere nicht nur die erste belegte Darstellung einer fliegenden Hexe im „Le Champion des Dames“ (1441/42), sondern auch die Bildserien in den verschiedenen Druckversionen Ulrich Molitors „De laniis“ (1489). Indem Venjakob Verwandtschaften in Kleidung und Gesichtern der veranschaulichten Hexen sowie Ähnlichkeiten der Bildkulissen mit Drucken geographisch naher Werkstätten hervorhob, konnte sie zeigen, dass bei der ersten gedruckten Hexenbildserie auf bestehende Ikonographien – vermutlich aus finanziellen Gründen – rekurriert wurde. Bis auf die Einfügung von Attributen wie Ofengabeln und Kessel, Schlange, Hagelkörner wurde also für die Hexenbilder keine neue Bildsprache geschaffen. Während sich das Schadenszaubermotiv in der Bildwelt der Frühen Neuzeit nicht durchgesetzt habe, sondern zur Hexengruppe um einen Kessel ohne Unwetterwolke umgewandelt wurde, sei das Flugmotiv in zahlreichen Hexenbildern des 16. und 17. Jahrhunderts als signifikantes Symbol etabliert worden.

In der Abschlussdiskussion wurde hervorgehoben, dass gerade die Interaktion mit dem Publikum in der Öffentlichkeit Hexennarrative konstituiert und produziert habe. Diese Wechselwirkung sei jedoch in verschiedenen Regionen Europas unterschiedlich vonstattengegangen, wie das Beispiel der iberischen Halbinsel zeigt. Hier wurden zwar ähnliche Wissensbestände in der Öffentlichkeit tradiert (z.B. der kumulative Hexereibegriff), aber andere magische Vorstellungen (z.B. das Wirken der saludadores) traten in den Vordergrund. Gerade die öffentlichen Inszenierungen bei Exekutionen oder durch die Inquisition leiteten die Wahrnehmungen in eine spezifische Richtung. Die Transferwege des ikonographischen Motivs vom Hexenflug haben wiederum gezeigt, wie andere Hexerei-Motive verdrängt werden konnten. Gerade das Neben- und Durcheinander heterogener wie homogener Narrative und Wissensbestände macht das Identifizieren von Transferwegen und Umdeutungen schwierig, zumal bei weitem noch nicht alle Texte, Topoi, Exempla, neue und alte Narrative europaweit entschlüsselt sind. Dies wäre aber notwendig, um Tradierungslinien und -ketten sowie Brüche nachverfolgen zu können. Einmal mehr hat auch diese Tagung – wie die vorangegangenen beiden Tagungen zum Thema „Hexerei und Medien“ – gezeigt, dass die Forschung sich noch wesentlich intensiver mit der Frage beschäftigen muss, wie ganz konkret bestimmte Narrative, Konstrukte und Wissensbestände europaweit und in den Kolonien weitergegeben und modifiziert worden sind. Die nächste, große Tagung des AKIH (Weingarten, 28.09.- 01.10.2016) wird sich daher beschäftigen mit: Magie, Zauberei, Hexerei – Wissenskulturen im Kontext/Magic, sorcery, witchcraft – Cultures of knowledge in Context (OrganisatorInnen: Rita Voltmer, Iris Gareis, Hans de Waardt).

Konferenzübersicht:

Gabriela Dragnea Horvath (Florenz), Höllischer Ehrgeiz und himmlische Macht. Macbeth: Theater und Magie im Elisabethanischen Theater

Rita Voltmer (Trier/Tromsø), „Exekutionstheater" - Zur Bedeutung öffentlicher Hexenhinrichtungen

Iris Gareis (Frankfurt am Main), Inszenierungen des Gottesgerichts: Zauberei- und Hexereidelikte im Autodafé

Marion Gibson (Penryn), English Witchcraft Pamphlets and their Afterlives in Contemporary Culture

Christina Seitz (Oftersheim), Die Hexe im Film. Die Rezeption eines Stereotyps aus Antike, Mittelalter und Früher Neuzeit in US-amerikanischen Kino- und Fernsehproduktionen

Wolfgang Schild (Bielefeld), Die Hexen von Eastwick

Alexandra Kohlhöfer (Mainz/Münster), Lasterhafte Trunkenbolde oder von Gott Begnadete? Mythos und Verfolgung der saludadores in Nordspanien (Schwerpunkt 17. Jahrhundert)

Laura Kounine (Berlin), Emotions and gender in witch-trial narratives

Judith Venjakob (Bielefeld/Erlangen), Die Holzschnitte in Ulrich Molitors De laniis: Eine neue Ikonographie für das Hexenstereotyp? Verschiedene Fassungen im Vergleich mit Druckgrafiken des späten 15. Jahrhunderts


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