Re-Thinking Social Inequality

Re-Thinking Social Inequality

Organisatoren
VolkswagenStiftung zusammen mit Jutta Allmendinger, David Brady und Wolfgang Merkel (alle Wissenschaftszentrum Berlin Social Science Center) sowie Vincent Houben (Humboldt-Universität zu Berlin)
Ort
Hannover
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.05.2014 - 14.05.2014
Url der Konferenzwebsite
Von
Vera Szöllösi-Brenig, VolkswagenStiftung

‚Ein Gespenst geht um auf der Welt – das Gespenst einer neuen sozialen Frage‘ kann man heute – in Anlehnung an den berühmten Anfang des „Kommunistischen Manifests“ – feststellen: Der französische Ökonom Thomas Piketty hat mit seinem Buch "Le capital au XXIe siècle" (2013) einen Bestseller geschrieben und an seiner Formel, dass Reichtum immer schneller wächst als Einkommen, arbeiten sich seither die Expert(inn)en weltweit ab. Zur selben Zeit weist der Oxfam Report “Working for the Few”1 nach, dass etwa die Hälfte des Reichtums der Welt im Besitz eines einzigen Prozents der Weltbevölkerung ist und dass die 85 Reichsten der Welt genauso viel besitzen wie die gesamte untere Hälfte der Weltbevölkerung. Selbst das Weltwirtschaftsforum hat im letzten November die Ungleichheit als zweitgrößte Gefahr für unseren Planeten bezeichnet. Was kann Forschung dazu beitragen, soziale Ungleichheit besser zu verstehen und ihre Symptome nachhaltiger zu bekämpfen? Welchen Herausforderungen haben sich Zivilgesellschaft und Politik in Zukunft zu stellen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der 5. Herrenhäuser Konferenz, die mehr als 140 Wissenschaftler(innen) aus über 20 Ländern zusammenführte.

In seinem Eröffnungsvortrag stellte der Soziologe JAN NEDERVEEN PIETERSE (UCSB) unumwunden fest: „We are in the age of inequality“. Im Gegensatz zum Begriff „Armut“ gebe es aber keinen Konsens, was „Ungleichheit“ eigentlich sei. Er forderte einen fundamentalen Wechsel im Zugang zum Thema: „Instead of a generalizing macro approach, we need multicentric approaches that are attuned to diverse initial conditions, different institutions, and cultures of inequality“. In einem weiten Überblick zeichnete Pieterse die globale wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte nach mit den neoliberalen Sparmaßnahmen der Weltbank in den 1980er-Jahren, dem Aufstieg Chinas und der Finanzkrise 2008 sowie deren Auswirkung auf einzelne Länder: Während die soziale Ungleichheit, gemessen am sogenannten „Gini-Koeffizienten“, im Westen und dort vor allem in den anglophonen Staaten mit ihrer „Winner-Take-All Politics“2 wuchs, sank sie beispielsweise in China. Die Akzeptanz von Ungleichheit sei dabei sehr unterschiedlich: In China beispielsweise werde sie weithin als Preis des Wirtschaftswachstums akzeptiert, im Westen sei sie Teil der Ideologie des Neoliberalismus. Pieterse schloss mit der Feststellung, dass das eigentliche Problem heute die schwachen politischen Institutionen seien. Denn: „The governance institutions are out of step with accumulation opportunities.”

Hatte Pieterse eine Definition von „sozialer Ungleichheit“ vermieden, so machte der Historiker ANDREAS GESTRICH (London) in seinem Vortrag Rousseaus „Discours sur l’inégalité et les fondements de l’inégalité parmi les hommes“ von 1755 als Geburtsstunde des modernen Denkens über soziale Ungleichheit aus. Im Gegensatz zur natürlichen Ungleichheit habe Rousseau die politische und moralische Ungleichheit als kontingent und als Folge von Privilegien bezeichnet. Quelle der Ungleichheit sei das Eigentum. Dagegen forderte Rousseau den contrat social: Reichtum müsse immer unter der volonté générale, dem Allgemeinwohl, stehen. Gestrich machte darauf aufmerksam, dass zwar Rousseau das grundsätzlich neue Konzept von Ungleichheit definierte, dass aber die Académie de Dijon zuvor die Frage nach der Quelle der Ungleichheit überhaupt gestellt habe. Warum? Das mag an Vorläuferbewegungen wie den Diggers und Levellers im Bürgerkriegs-England des 17. Jahrhunderts gelegen haben mit ihrer Forderung: „(The world) was made to be a common Livelihood to all, without respect of persons“.

Mit einem wahren Feuerwerk von Zahlen führte BRANKO MILANOVIC (New York) in einem öffentlichen Abendvortrag wieder in die Gegenwart zurück. Von 1988 bis 2008 sei, so der frühere Chefökonom bei der Weltbank, die nationale Ungleichheit weltweit im Durchschnitt um 2,5 Prozent angestiegen, hingegen die globale Ungleichheit – also der statistische Wert zwischen den Ärmsten und den Reichsten der Welt – zum ersten Mal in der Geschichte überhaupt gesunken. Grund sei das Wachstum in China und das langsame Entstehen einer chinesischen Mittelschicht, während die Mittelschicht im Westen stagniere und nicht am Wirtschaftswachstum partizipiere. Milanovic warnte hier sogar vor der Gefahr einer Plutokratie, einer reinen Geldherrschaft, empfahl aber ansonsten, Migration zu ermöglichen und die Ungerechtigkeit durch den Besitz der Staatsbürgerschaft eines armen oder eines reichen Landes zu beenden: „Citizenship rents“ – das müsste unter Gerechtigkeitsaspekten endlich diskutiert werden. In der nachfolgenden Diskussion machte Milanovic deutlich, dass er sich die weitere Entwicklung nur systemimmanent vorstellen kann. Auf die kritische Frage aus dem Publikum, ob denn Wachstum tatsächlich das einzige Heilmittel sein könne gegen die Ungleichheit der Welt, wurde er fast polemisch: Er sei ein großer Fan von Wachstum – die Lösung sei nicht, die Reichen arm zu machen, sondern exakt umgekehrt.

Sektion 1 war den Wechselwirkungen von sozialer Gleichheit und Demokratie gewidmet. Der britische Ökonom PAUL COLLIER (Oxford) bekannte, über die Entwicklung sehr desillusioniert zu sein: Habe er jahrzehntelang die Angleichung der sozialen Verhältnisse als einen Effekt der Demokratie verstanden, so habe Piketty vorgeführt, dass diese Angleichung ein Effekt des Krieges gewesen sei, der den Reichtum der Reichen zerstört habe. Und zeitgleich mit Piketty habe Gregory Clark in seiner mikroökonomischen Untersuchung „The Son also Rises“3 vorgeführt, dass es soziale Mobilität in den verschiedensten Epochen und in den verschiedensten Ländern der Welt eigentlich nie gegeben habe. Ganz im Gegenteil: Demokratie setze sogar Interessensunterschiede voraus und funktionalisiere sie. Wichtiger als die Demokratie seien für die positive Entwicklung eines Landes Narrative, Normen und „shared identites“. Diese gemeinsame Identität könne eine Massenpartei, wenn sie die Gemeinschaft zur Norm definiere, oft besser aufbauen als ein demokratisches System. Als Beispiel führte Collier China und seine Massenpartei an. Es sei erfolgreicher als das demokratische Indien und das entsprechende Narrativ laute: „We are building the country“.

Colliers These stieß auf dezidierten Widerspruch. Er habe einen „provocative and exciting talk“ gehalten, resümierte die Journalistin CHRISTIANE HOFFMANN (Berlin) als Sektionsleiterin. In seinem Gegenstatement führte der Soziologe STEFEN MAU (Bremen) aus, dass Demokratie zur Reduktion der sozialen Ungleichheit führe, da sie – nach Seymour Martin Lipset 1959 – den Wohlfahrtsstaat begünstige. Das Problem heute sei mit dem Begriff der „Postdemokratie“ beschrieben: Die Reichen würden ihren Wohlstand verteidigen, das ärmere Drittel/Viertel der Bevölkerung würde sich aus dem politischen Partizipationsprozess verabschieden. Und die Mittelklasse? Die einen glaubten dem Narrativ des Neoliberalismus von der Freiheit des Einzelnen, bei den anderen müsse mit Larry Bartels das Phänomen des „unenlightened self-interest“4 konstatiert werden: Sie handelten letztlich gegen ihre eigenen Interessen, wenn sie sich beispielsweise, wie in den USA, gegen Steuererhöhungen für Superreiche aussprächen.

Auch der Politologe WOLFGANG MERKEL (Berlin) suchte Collier zu widerlegen. Collier habe Demokratie auf den Machtwechsel reduziert. Dabei werde Demokratie von drei Prinzipien beherrscht: Freiheit, Kontrolle und politischer Gleichheit. In seinen Untersuchungen widme er sich der Qualität von Demokratie. Das Ergebnis seines „Demokratiebarometers“: „The higher the inequality, the lower the quality of democracy“. Doch welche Maßnahmen konkret zu ergreifen seien, hier konnte Merkel keine Lösung anbieten. Weder Habermas’ „deliberative Demokratie“, noch Keanes „monitory democracy“ noch Pierre Rosanvallons "counter-democracy”5 führten weiter.

Die anschließende lebhafte und sehr politische Diskussion ließ erkennen, dass das eigentliche Problem im ungelösten Gegeneinander von nationaler und globaler Ebene bestehen könnte. Nur innerhalb eines Staates kann Reichtum umverteilt werden, doch an wen sollen wir heute die Umverteilungsforderung richten? Die Superreichen, so Mau, ständen völlig außerhalb des nationalen Rahmens und seien mit nationalen Steuern nicht zu fassen. Gleiches gelte für den Bankensektor, so der australische Politologe JOHN KEANE (Sydney), der die Staaten regelrecht beraube.

Keane war auch der Hauptsprecher der Sektion 2 zur Rolle der Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung der sozialen Ungleichheit. Er wies darauf hin, dass alle großen Marktwirtschaftler – von Adam Smith über Thomas Payne bis Joseph Alois Schumpeter – die selbstzerstörerischen Kräfte des Marktes gesehen und thematisiert hätten. In jeder funktionierenden Demokratie müsse jedoch der Handelnde die Verantwortung für sein Tun übernehmen. Dem österreichisch-ungarischen Wirtschaftswissenschaftler Karl Paul Polanyi folgend forderte Keane, dass der Markt wieder in die Zivilgesellschaft eingebettet werden müsse, um sich nicht selbst und die Demokratie zu zerstören. Der Zivilgesellschaft sei es seit 1945 gelungen, jede neue politische Frage zu formulieren: die Anti-Atomkraft-Bewegung, die Studenten- und die Frauenbewegung, die Rechte von Lesben und Homosexuellen und zum Schluss die Globalisierungskritik.

Keane habe eine geradezu romantische Vorstellung von der Zivilgesellschaft, meinte demgegenüber der Soziologe DAVID BRADY (Berlin) und forderte stattdessen den starken Staat. Nach der von ihm entwickelten „power resources theory”6 ist einzig der Staat in der Lage, die Umverteilung zu organisieren, gegen Risiken zu versichern, Erwartungen zu sozialisieren und die Armen zu disziplinieren. Das Problem heute sei, dass die Kräfte, die – wie beispielsweise die Gewerkschaften – die Benachteiligten vertreten, zu schwach geworden seien. „The German model is collapsing“.

In der folgenden Diskussion wurde festgestellt, dass es heute noch keine „champions of the movement against social inequality“ gibt. Es fehlten sogar die politischen Kampfbegriffe. Eine Lösung könne darin bestehen, Bruno Latours Ansatz in „The Affects of Capitalism“7 weiterzuverfolgen und Kapitalismus nicht als ein einziges System anzusehen. Verfolge man eine multiple Strategie, könne man facettenreicher reagieren.

Mit dem Slogan „Culture matters“ war die Sektion 3 überschrieben, in der Expert(inn)en der Area Studies mit ihrer kulturwissenschaftlichen Innensicht die Ansätze der internationalen Gesellschaftswissenschaften kritisierten. Die neuen Area Studies, so VINCENT HOUBEN (Berlin) in seinem Doppelvortrag mit SURINDER JODHKA (New Delhi), sähen soziale Ungleichheit „shaped by historical contingency, social figurations, spatial scales“. In den Gesellschaftswissenschaften jedoch werde demgegenüber Gleichheit als Norm gesetzt. Wie der indische Soziologe Jodhka weiter ausführte, sei das indische Kastensystem als qualitative Ungleichheit mit eigener Geschichte, langlebigen Narrativen und festen Normen mit den üblichen quantitativen Bestimmungen nicht zu fassen. Gleichzeitig sei der Westen blind, wenn er in den neuen Superreichen kein neues Kastensystem erkenne. „Caste is not unique to India, caste exists all over the world“.

Kritisierte Jodhka das westliche Denken in Binaritäten – Gesellschaft versus Kultur, modern versus traditionell, religiös versus säkular –, erläuterte die Politologin INA KERNER (Berlin) den postkolonialen Ansatz des in Europa wenig bekannten peruanischen Soziologen und Denkers Anibal Quijano. Darüber hinaus wies sie darauf hin, dass die angeblich so objektive Wissenschaft nicht der kulturellen Prägung und Bedeutungsstiftung entgehe. Es spiele eine große Rolle, ob man soziale Ungleichheit als Pyramide oder als eine Torte abbilde – der Handlungsauslöser dürfte in letzterem Fall geringer sein.

Um die unterschiedliche Wahrnehmung von sozialer Ungleichheit ging es in dem Vortrag der Sozialpsychologin KITTY DUMONT (Pretoria). Sie berichtete über die Ergebnisse ihrer Studie: Black Africans würden in Südafrika heute von einer allgemeinen Verbesserung ihrer Situation sprechen, White Africans von einer allgemeinen Verschlechterung – dabei habe sich das Durchschnittseinkommen der Black Africans in den letzten zehn Jahren zwar verdreifacht, aber noch immer würden sie nur ein Sechstel vom Einkommen der Weißen verdienen. Dumonts Erklärung: Die Weißen lebten heute in Südafrika unter einem „social identity threat“.

Die Vielfalt der regionalen Fallbeispiele wurde in der nächsten Sektion fortgesetzt, in der drei von den insgesamt 45 eingeladenen Nachwuchswissenschaftler(innen) ihre Forschung vorstellten. So berichtete PATRICK MAHAMA (Accra), dass die soziale Ungleichheit in Ghana trotz der Ölfunde nicht zurückgehe. ROSA MARIA VOGHON (Havanna) schilderte die Situation auf Kuba, wo sich das System nach dem Ausbleiben der finanziellen Unterstützung durch Russland um eine ökonomische Öffnung ohne politischen Wechsel bemühe. SORBESWAR SAHOO (Delhi) berichtete über das Aufblühen vielfältiger Gegenbewegungen in Indien seit den neoliberalen Reformen 1991: vom „Save Narmada Movement“ gegen das gigantische Staudammprojekt bis zu den vielen kleinen politischen Bewegungen marginalisierter Bevölkerungsgruppen, um ihre Interessen zu artikulieren.

Das Thema Bildung und Wissenschaft stand im Mittelpunkt von Sektion 5 – und zwar in seiner Janusköpfigkeit, wie Sektionsleiter JENS SCHNEIDER (Osnabrück) feststellte: Bildung könne soziale Ungleichheit reduzieren, aber gleichzeitig sei sie für die Ausprägung von (neuer) sozialer Ungleichheit verantwortlich. Wie die Sozialpsychologin SHOSHANA ZUBOFF (Harvard) in ihrem Vortrag ausführte, sei der heutige Bildungsmarkt global und daher der Wettbewerb noch schärfer als früher: „The competition is narrowing. The world’s students are one population”. Durch den Wechsel von der (nationalen) Industrie- zur (globalen) Informationsgesellschaft stünden alle Studierenden der Welt miteinander im Wettbewerb. Zuboff knüpfte in ihren Vorstellungen wiederum an Polanyi und seiner Forderung nach dem „double movement“ an – starke Institutionen seien notwendig, um den reinen Markt einzudämmen. Ein erster Versuch, neue Wege zu beschreiten, seien die von Harvard und MIT entwickelten MOOCS (Massive Open Online Courses) gewesen, doch dieser Versuch sei eingestandenermaßen8 gescheitert.

Auf den großen Handlungsbedarf im Bildungsbereich selbst innerhalb Europas wies die Soziologin JUTTA ALMENDINGER (Berlin) hin. In Bulgarien gebe es 40 Prozent funktionale Analphabeten und in Portugal sei die Situation diametral anders als in Litauen. „We are losing people“, stellte sie kritisch fest und forderte, nicht immer nur über Exzellenz zu sprechen, sondern die Qualität von Bildung in der Breite zu sichern. Auf europäischer Ebene werde das Problem nivelliert, indem man beispielsweise mit dem Gini-Koeffizienten arbeite, der mit seinen relativen Werten die absoluten Unterschiede ausblende. Einen selbstkritischen Blick auf die Wissenschaften warf JANNIS KALLINIKOS (London). Alle Sozialwissenschaften seien zu einem Anhängsel der Wirtschaftswissenschaften geworden, mit Luhmann gesprochen habe sich das Primat der Ökonomie in allen Bereichen durchgesetzt. Gerade in dieser Situation müsse der neoliberale Kapitalismus mit seinen Normen und Narrativen analysiert werden. Kallinikos wies auf das Entstehen neuer Ansätze wie network society, shared economy und social media hin – zeichne sich eine neue „culture of connectivity“9 ab?

Im Abschlusspanel ging es schließlich um Schlussfolgerungen für Politik und Forschung. Allmendinger entwickelte eine lange Forschungsagenda: Sie forderte mehr Theorie, die (1) soziale Ungleichheit in einem multifaktoriellen Rahmen definiere, (2) den Zeitfaktor über Generationen hinweg einbeziehe und (3) Ungleichheit mit Mobilität korreliere. Wichtig sei darüber hinaus (4) die Berücksichtigung von nicht nur relativen Werten wie dem Gini-Koeffizienten, sondern auch der Blick auf die absoluten Zahlen. Und schließlich müsse (5) die Neuerung im Kopf anfangen: Wir alle müssten das Narrativ überwinden, dass Ungleichheit für die Weiterentwicklung der Menschheit notwendig sei. Zuboff griff dies auf, indem sie feststellte, dass Forschung allein nicht genüge, es gehe um eine politische Positionsbestimmung. Keane sah auf der politischen Agenda (1) die Umverteilung durch Vermögensteuern, (2) die Einbeziehung des globalen Banken- und Finanzsektors in das Umverteilungssystem und (3) die Ausdehnung des Ungleichheits-Konzepts über Generationen und über die Grenze von Mensch und Umwelt hinweg. Schließlich müsse (4) die normative Frage neu gestellt werden: „Why should we object inequality?“

„An inspiring conference“, so das Gesamturteil der Konferenzteilnehmer(innen), die Expert(inn)en auf höchstem Niveau zusammengeführt habe. Die mehrheitlich aus Schwellen- und Entwicklungsländern stammenden Nachwuchswissenschaftler(innen) jedoch wiesen darauf hin, dass die Veranstaltung selbst in gewisser Hinsicht Ungleichheit reproduziert habe, da überwiegend westliche Referent(inn)en zu einem Vortrag geladen waren. Festzustellen ist darüber hinaus, dass auf der ganzen Veranstaltung noch kein Ansatz erkennbar war, wie die nationale und die globale Ebene in ein gemeinsames Modell integriert werden könnten, damit sowohl die globalen Superreichen wie auch der globale Finanz- und Bankensektor tatsächlich in die Vermögensumverteilung einbezogen werden könnten. Hierzu fehlt es derzeit offensichtlich noch an konzeptioneller Phantasie und politischer Vision.

Konferenzübersicht:

Words of Welcome: Wilhelm Krull, Secretary General, Volkswagen Foundation

Keynotes:
Jan Nederveen Pieterse (Santa Barbara): Inequality: A Multicentric Approach
Andreas Gestrich (London): Social Inequality – A Historian’s Perspective

Public lecture:
Branko Milanović (New York): National and Global Inequalities: Current Trends and Possible Future Developments

Session 1: Democracy and Social Inequality – Mutual Influences
Chair: Christiane Hoffmann (Berlin)

Keynote Speech: Paul Collier (Oxford): Democracy and Social Equity: Potential Tensions
Statements: Steffen Mau (Bremen), Wolfgang Merkel (Berlin)
Panel and Plenary Discussion

Session 2: Civil Society and Non-Governmental Organizations – Which Role Do They Play in Coping With Social Inequality?
Chair: Johanna Mair (Berlin)

Keynote Speech: John Keane (Sydney): Re-Imaging Equality: Reflections on Civil Society and Markets, Past, Present And Future
Statements: David Brady (Berlin), Helmut Anheier (Berlin)
Panel and Plenary Discussion

Session 3: Culture Matters – Different Perceptions of Social Inequality
Chair: Cornelia Klinger (Wien)

Keynote Speech: Surinder Jodhka (New Delhi), Vincent Houben (Berlin)
Statements: Kitty Dumont (Pretoria), Ina Kerner (Berlin)
Panel and Plenary Discussion

Session 4: Young Researchers Approaches Towards Social Inequality
Chair: Almut Steinbach, Volkswagen Foundation

Statements: Patrick Mahama (Accra), Rosa Maria Voghon (Havanna), Sorbeswar Sahoo (Delhi)

Session 5: The Importance of Access to Professional Training and Higher Education
Chair: Jens Schneider (Osnabrück)

Keynote Speech: Shoshana Zuboff (Harvard): The Last School
Statements: Jutta Allmendinger (Berlin), Jannis Kallinikos (London)
Panel and Plenary Discussion

Final Debate –The Way Ahead
Jutta Allmendinger (Berlin), Shoshana Zuboff (Harvard), John Keane (Sydney)

Anmerkungen:
1 <http://www.oxfam.org/en/policy/working-for-the-few-economic-inequality> (07.06.2014).
2 Vgl. Jacob S.Hacker / Paul Pierson, Winner-Take-All Politics. How Washington made the Rich Richer and Turned its Back on the Middle Class, Ney York 2010.
3 Gregory Clark u.a., The Son Also Rises: Surnames and the History of Social Mobility, Princeton 2014.
4 Larry Bartels, Unenlightened Self-Interest: The Strange Appeal of Estate Tax Repeal, in: The American Prospect (June 2004), A17-A19.
5 Pierre Rosanvallon, Counter-Democracy. Politics in an Age of Distrust, Cambridge 2008.
6 Vgl. David Brady, Rich Democracies, Poor People: How Politics Explain Poverty, Oxford 2009.
7 <http://www.modesofexistence.org/bruno-latour-the-affects-of-capitalism-royal-danish-academy-of-sciences-and-letters-copenhagen-26-february-2014/> (11.06.2014).
8 Vgl. <http://newsoffice.mit.edu/2014/mit-and-harvard-release-working-papers-on-open-online-courses-0121> (11.06.2014).
9 Vgl. Jose van Dijck, The Culture of Connectivity: A Critical History of Social Media, Oxford 2013.


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