Auswärtige Repräsentationen: Zur Selbstdarstellung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg

Auswärtige Repräsentationen: Zur Selbstdarstellung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg

Organisatoren
Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus, International University Bremen
Ort
Bremen
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.05.2004 - 22.05.2004
Url der Konferenzwebsite
Von
Johannes Paulmann, School of Humanities and Social Sciences, International University Bremen; Christiane Fritsche

Die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus und die International University Bremen veranstalteten mit Unterstützung der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius im Mai dieses Jahres eine Tagung zur Selbstdarstellung Deutschlands im Ausland. Im Mittelpunkt standen die Debatten, die innerhalb der Bundesrepublik und der DDR darüber geführt wurden, wie sich die beiden Teilstaaten und ihre gesellschaftlichen Vertreter außerhalb der eigenen Grenzen, aber auch auf eigenem Boden präsentieren sollten. In seiner Einleitung erläuterte Johannes Paulmann (Bremen) die Leitfragen: Inwieweit dienten die Diskussionen um auswärtige Repräsentationen der deutschen Selbstvergewisserung vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Vergangenheit einerseits und der zeitgenössischen Systemkonkurrenz im Kalten Krieg andererseits? In welcher Weise prägte der Bezug auf das Ausland ein ‚modernes' Selbstverständnis vom jeweiligen Deutschland? Lassen sich allgemeine Kennzeichen deutscher Selbstdarstellung feststellen - wie etwa ein demonstrativ bescheidenes Auftreten, eine "Haltung der Zurückhaltung"? Die Untersuchungsfelder müssten allerdings weiter gefasst sein als die Aktivitäten der amtlichen auswärtigen Kulturpolitik. So könnten auch jene prägenden Formen, Gegenstände und gesellschaftliche Gruppen gebührende Berücksichtigung finden, die bei der Untersuchung auswärtiger Beziehungen und deutschen Selbstverständnisses bislang wenig beachtet wurden.

I. Kulturelle Selbstdarstellungen

Die Vorträge der ersten Sektion befassten sich mit den bildenden und darstellenden Künsten in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten. Die erste große kulturpolitische Initiative der Bundesrepublik war die Dankspende des Deutschen Volkes. Guido Müller (Aachen/ Ludwigsburg) erläuterte, nach welchen Kriterien unter der Führung von Theodor Heuss zwischen 1951 und 1956 mehr als 2.000 Kunstwerke ausgewählt wurden, die als Dank an jene Länder, karitative Organisationen und Persönlichkeiten übergeben werden sollten, die das notleidende Deutschland nach 1945 unterstützt hatten. Allgemein setzte der Bundespräsident mit dem Versuch, auf diesem Wege international wieder Ansehen zu gewinnen, ganz auf die "stille Sprache der Kunst". Doch mangelte es den beteiligten staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen keineswegs an Selbstbewusstsein hinsichtlich der künstlerischen Schaffenskraft Deutschlands. Während im Rahmen der Dankspende vom Nationalsozialismus verfolgte, nicht emigrierte deutsche Künstler bevorzugt wurden, gaben die Initiatoren der documenta I 1955 vor allem der abstrakten Moderne aus Westeuropa den Vorzug. Sabine Horn (Bremen) sprach in ihrem Referat von einer Parallele zur politischen Westbindung. Dankspende und die documenta I belegen, dass Kunst gerade auch dann, wenn sie unpolitisch vermarktet wurde, politische Absichten einschloss. "Deutsch" und "international" konnten in der auswärtigen Repräsentation positiv miteinander verknüpft und im Sinne der Wiedereingliederung des Landes in eine nationenübergreifende Wertegemeinschaft benutzt werden.

Die unterschiedliche Bedeutung internationaler Aktivität zeigte sich ebenfalls in den Referaten zu den darstellenden Künsten. Uta Fenske (Köln) belegte exemplarisch vor allem an der Berlinale eine Vereinnahmung im Sinne des Kalten Krieges. Im Gegensatz zur Berlinale traten, wie Holger Stunz (Mainz / Ithaca) ausführte, bei den Internationalen Maifestspielen in Wiesbaden regelmäßig Ensembles aus sozialistischen Ländern auf. Ab Ende der 1950er Jahre wurde hier, so eine seiner Thesen, die "kulturpolitische Begleitmusik zur neuen Ostpolitik" gespielt. Festspiele wie jene in Wiesbaden galten im Außenministerium als auswärtige Kulturpolitik im Inneren. Warum Auftritte von Ostblockensembles bei manchen Gelegenheiten möglich waren, wurde auf der Tagung kontrovers diskutiert. Während einige auf die "Autonomie des Kulturellen" verwiesen, erklärten andere das Verhalten des Auswärtigen Amts als "situatives Zulassen". Insgesamt verdeutlichte die Sektion, dass zu den Trägern auswärtiger Repräsentation in der Nachkriegszeit auch einzelne Städte gezählt werden müssen. Wirtschaftliches und kulturelles Eigeninteresse von Kommunen und privaten Veranstaltern verbanden sich zum gegenseitigen Nutzen gut mit staatlichen Anliegen, wenngleich dies nicht immer reibungslos geschah. Internationalität diente im Übrigen häufig als Projektionsfläche für das Eigene und zeugte nicht unbedingt von Interesse am Fremden.

II. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Vertretungen

In der folgenden Sektion stand zunächst der Sport im Mittelpunkt, an dem erneut die Frage des Politischen diskutiert wurde. Rudolf Oswald (München) befasste sich mit dem Fußball-WM-Sieg von 1954. Er unterschied drei Akteursgruppen, die in der bundesdeutschen Öffentlichkeit auf das "Wunder von Bern" reagierten: Den "governing body" (Trainer und Sportreporter), Politiker und Sportkonsumenten. Während die Fans in dem sportlichen Triumph eine unpolitische Gemeinschaftsbildung erlebten und bundesdeutsche Politiker den Sieg bewusst nicht instrumentalisierten, knüpften Sportfunktionäre und -reporter in ihrer Berichterstattung an den Stil des Dritten Reichs an, wenn sie wie der DFB-Vorsitzende über das "Führerprinzip" im Fußball und über Deutschland als "Fußballweltmacht" sprachen. Wenn das "Wunder von Bern" heute gelegentlich als ein zweiter Gründungsakt der Bundesrepublik bezeichnet wird, überschätzt diese Interpretation die Bedeutung des Ereignisses, unterschlägt vor allem aber das Fortwirken von Einstellungen aus der Zeit vor 1945. Anders als der WM-Sieg von 1954 war die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 1972 in München kein Ausdruck spontaner Volksbegeisterung, sondern, so Uta Andrea Balbier (Potsdam) in ihrem Vortrag, ein bewusst postnational inszeniertes Ereignis. Drei Jahre lang bereitete ein Organisationskomitee die Feierlichkeiten vor, die die Bundesrepublik als friedlichen, europäischen Staat präsentieren sollten. Balbiers These, dass die Spiele von 1972 als postnationaler Erinnerungsort gescheitert seien, weil internationale Sportwettkämpfe per se nicht unpolitisch sein könnten, wurde im Anschluss kontrovers diskutiert.

Die Selbstdarstellung der Wirtschaft im und für das Ausland kann hinsichtlich des Politischen in ähnlicher Weise problematisiert werden. In der historischen Situation der Nachkriegszeit kam es zugleich, wie in der kulturellen Repräsentation, zu charakteristischen Mischungen aus Selbstbewusstsein und Zurückhaltung, die hier deutlich interessengeleitet waren. Werner Bührer (München) referierte über das Bild, das der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) von der Bundesrepublik nach außen vermittelte. Vor allem gegenüber französischen Partnern legten seine Vertreter Wert darauf, die neu gewonnene wirtschaftliche Stärke nicht allzu deutlich zu zeigen. Obwohl der BDI großes Interesse an wirtschaftlichen Beziehungen zu Ostblockstaaten besaß, fügte er sich den politischen Vorgaben, so dass erst 1972 eine offizielle Delegation in die Sowjetunion reiste. Generell stand der BDI im Ausland für eine dynamische, modernisierende Bundesrepublik, die jedoch im Gegensatz zur Machtpolitik alter Prägung Kooperation und Integration anstrebte. Peter E. Fäßler (Dresden) konzentrierte sich bei der Darstellung der wirtschaftlichen Repräsentationsformen und -botschaften auf die DDR. Auf dem Weltmarkt versuchte der östliche Teilstaat, sich als technisch überlegen und frei von NS-Kontinuitäten zu empfehlen und zielte damit auch politisch auf Anerkennung. Die deutsch-deutsche Konkurrenz auf Messen und die juristischen Auseinandersetzungen um international bekannte Warenzeichen bescherten der DDR zwar Teilerfolge, doch vollzog sich die internationale Anerkennung schließlich unabhängig von wirtschaftlichen Repräsentationen. Im Anschluss wurde die Verbindung der sozialistischen bzw. der westlichen Wirtschaftsweise mit den Begriffen Frieden bzw. Freiheit erörtert.

III. Staatliche Repräsentationen

Spielten vor allem in den ersten Nachkriegsjahrzehnten staatliche Stellen bei nichtamtlichen Selbstdarstellungen häufig eine wichtige Rolle, kamen die staatlichen Repräsentationen umgekehrt nicht ohne gesellschaftliche Beteiligungen aus. Anhand der Analyse von Besuchen bei der Firma Krupp, die Staatsgäste im Rahmen von Staatsvisiten absolvierten, verdeutlichte Simone Derix (Köln), wie ein und derselbe Programmpunkt modifiziert werden konnte und so jeweils ein anderes Bild der Bundesrepublik vermittelten half. Während die Besichtigung der Industrieanlagen in Duisburg das deutsche Wirtschaftswunder symbolisierte, sollten Besuche in Kindergärten oder Kruppsiedlungen das soziale Antlitz der Marktwirtschaft zeigen. Anders als Firmenbesuche, die vor allem die wirtschaftliche Stärke und Modernität demonstrierten, verkörperte das bundesdeutsche Staatsoberhaupt in der Person von Theodor Heuss ein "älteres", kulturell geprägtes Deutschland, wie Frieder Günther (Stuttgart) in seinem Referat herausarbeitete. Ob die von Heuss vertretene Bescheidenheit und Zurückhaltung lediglich eine Strategie und der Bundespräsident eine Art "Staatsschauspieler" war oder ob sein Stil in den fünfziger Jahren eher Teil einer unentschiedenen Suche nach dem "richtigen", selbstverständlichen Auftreten bildete, wurde anschließend diskutiert.

Auf andere Weise, aber gleichfalls ohne demonstratives Auftrumpfen repräsentierte Willy Brandt die deutsche Nation im Ausland. Streben nach Gleichberechtigung und die Erinnerung an den Nationalsozialismus waren laut Friedrich Kießling (Erlangen) zwei zentrale Gesichtspunkte, welche die Außenpolitik der Bundesrepublik in dieser Zeit zu berücksichtigen suchte. Beides verband sich in Brandts Kniefall 1970 in Warschau. Anders als heute, wo der Kniefall durchgehend positiv als authentisches, individualisiertes Gedenken gesehen wird, reichte die zeitgenössische Rezeption von der Interpretation des Kniefalls als Unterwerfung bis hin zu religiösen Erklärungen. Nicht nachdenkliche Erinnerung, sondern Selbstbewusstsein prägte Daniela Münkel (Hannover) zufolge Brandts Rede in Harvard, als dieser 25 Jahre nach der Verkündigung des Marshall-Plans die Gründung des German Marshall Fund of the United States bekannt gab. Die Stiftung zielte im Unterschied zur Dankspende der fünfziger Jahre auf eine möglichst große öffentliche Resonanz. In der Diskussion wurden dennoch Kontinuitäten zu Heuss erkennbar. Die Frage, ob der Marshall-Fund tatsächlich ein Beweis für ein neues deutsches Selbstbewusstsein war, und der Zusammenhang von Repräsentation und Emotion standen im Mittelpunkt der Tagungsdiskussion.

IV. Auswärtige Kulturpolitik

Die letzte Sektion befasste sich mit der amtlichen auswärtigen Kulturpolitik. Norbert Grube (Allensbach) stellte die wenig bekannte Auslandsnachrichtenagentur Deutsche Korrespondenz (DeuKo) vor: Diese gehörte zu einem Geflecht semistaatlicher Organisationen und informierte ab Anfang der 1950er über die Kernpunkte der Adenauer Politik - Westbindung, Demokratie, soziale Marktwirtschaft. Mit Hilfe dieser Propaganda sollte ein möglichst positives Bild der Bundesrepublik im westlichen Ausland entworfen werden. Im Anschluss an den Vortrag wurde diskutiert, inwieweit die Agenturnachrichten in die Bundesrepublik selbst als "Bild des Auslands" zurückvermittelt wurden und ob die DeuKo tatsächlich Ausdruck einer modernen Öffentlichkeitsarbeit war. Im Gegensatz zu der halbamtlichen Nachrichtenagentur setzte das auswärtige Amt in seiner Kulturpolitik auf eine bewusst unpolitische Kulturpolitik. Eckart Michels (London) erklärte die zunächst dezentralen Strukturen und ihre Reorganisation ab Ende der 1950er Jahre. Dieter Sattler, der Leiter der kulturpolitischen Abteilung, glaubte mit der Bündelung von Aufgaben beim Goethe-Institut einer als überlegen geltenden Kulturoffensive des Ostblocks wirkungsvoller entgegentreten zu können und so vor allem in Dritt-Welt-Staaten nicht das Feld dem weltpolitischen Gegner zu überlassen. Peter Ulrich Weiß (Ferch) befasste sich mit der Konkurrenz der beiden deutschen Staaten in Osteuropa. Er untersuchte die trilateralen Kulturbeziehungen zwischen der Bundesrepublik, der DDR und Rumänien in den 1960er Jahren. Seit der Errichtung westdeutscher Handelsvertretungen in Rumänien tobte ein deutsch-deutscher "Kulturkampf", in dem beide Seiten versuchten, sich als rechtmäßige Vertreter des deutschen Kulturerbes zu etablieren. In den Augen des rumänischen Publikums blieb die DDR-Kultur allerdings etwas Neues, das nicht in gleicher Weise wie die westlichen Angebote als originär deutsch anerkannt wurde. Die offiziellen Stellen Rumäniens verstanden es, das Spannungsverhältnis zwischen DDR und Bundesrepublik für die eigenen Wirtschaftsinteressen auszunutzen, kulturelles also in ökonomisches Kapital zu verwandeln. Zu fragen bleibt, wie vergleichbare Dreieckskonstellationen in anderen neutralen und blockgebunden Ländern wirkten. Christiane Rösch (Heidelberg) zeigte an einigen Fallbeispielen (Flaggenfrage, Schulbüchern und Landkarten), dass die DDR mit ihrer kulturdiplomatischen Werbung selbst im westlichen Ausland einige Teilerfolge verbuchte, die in der Bundesrepublik wiederum häufig kulturdiplomatische Gegeninitiativen auslösten.

Ulrike Stoll (München) erläuterte anschließend inhaltliche Kontroversen innerhalb der Bundesrepublik. An der Asientournee eines bayerischen Trachtenballettes entzündete sich 1961/62 eine Grundsatzdiskussion zwischen Dieter Sattler, Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, und Eckard Peterich vom Goethe-Institut. Das Ballett hatte dem asiatischen Publikum eine erfolgreiche Mischung klassischer und folkloristischer Elemente geboten. Während Sattler solche Vorstellungen, die ein breiteres Publikum ansprachen, guthieß, setzte Peterich ausschließlich auf "anspruchsvolle" Kultur. Das Beispiel erhellt besonders anschaulich, wie auswärtige Selbstdarstellungen zur internen Diskussion um das eigene Selbstverständnis führten. Hieran können die Überlegungen zur Zukunft der auswärtigen Repräsentationen anknüpfen, die Julia Sattler (Berlin) mit ihrem Vergleich der britischen, französischen und deutschen Kulturpolitik anstellte. Während historisch gesehen Deutschland sich um Austausch und Zusammenarbeit bemühte, kennzeichnete ein starkes Sendungsbewusstsein die französische "politique culturelle extérieure"; die britische "cultural diplomacy" betrieb dagegen eine um Verständnis für Großbritannien werbende Informationspolitik. Nach dem Umbruch von 1989/90 veränderten sich die nationalen Kulturpolitiken, nicht nur aufgrund der veränderten diplomatischen Konstellationen. So sind die wichtigsten Zielgruppen nun nicht mehr Eliten, sondern die entstehenden Zivilgesellschaften; zudem bemühen sich alle drei Staaten um die Förderung von Frieden und Demokratie insbesondere in Osteuropa. Obwohl eine gewisse Annäherung erkennbar ist, gibt es gegenwärtig keine Europäisierung der Kulturpolitik. Der Mangel an einem entsprechenden Selbstverständnis und die enge Verbindung zur nationalstaatlichen Außenpolitik mindern die Chancen für ein konzertiertes kulturpolitischen Vorgehen der EU.

Johannes Paulmann fasste abschließend einige allgemeine Problemkreise zusammen, die im Lauf der Tagung zur Debatte gestanden hatten. Erstens wurde hinsichtlich des Stils der auswärtigen Repräsentationen offenkundig, dass in den ersten beiden Jahrzehnten vor allem in der Bundesrepublik Unsicherheit herrschte. Dies lag nicht unbedingt an mangelndem Selbstbewusstsein. Bei der Suche nach dem richtigen Auftreten konnten vorhandenes und auch wiedergewonnenes Selbstbewusstsein mit Zurückhaltung sowohl gekoppelt sein, als auch im Widerstreit liegen. Das Negativbild bildete nicht nur der Nationalsozialismus, sondern in vielen Fällen auch der Kulturimperialismus der Jahrhundertwende. Besser als mit "Haltung der Zurückhaltung" erscheint die in vielen Fällen eingeschlagene Lösung mit dem Begriff "inszenierte Bescheidenheit" umrissen. Nach langfristig ausgeprägten Mustern und möglichen Veränderungen ab den 1970er Jahren, an welche die Konferenz zeitlich gerade noch heranreichte, müsste noch geforscht werden. Zweitens ist für die Analyse auswärtiger Repräsentationen und ihrer Wirkungen auf das deutsche Selbstverständnis die Unterscheidung zwischen den "governing bodies" im jeweiligen Handlungsfeld, den politischen Meinungsträgern sowie den teilhabenden Rezipienten aufschlussreich. Die Trennung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Trägern der Kulturdiplomatie erwies sich hingegen als zu schematisch. Vor allem vorhandene Netzwerke, die im Übrigen auch politische Epochen überlebten, sollten stärkere Beachtung finden. Drittens kam auf der Tagung die Frage, wie Repräsentationen eigentlich funktionierten, zu kurz. In Erinnerung behalten sollten die Historiker(innen) auf jeden Fall, dass die von ihnen rekonstruierten Bilder in der Vergangenheit von den Zeitgenossen häufig nur im Ausschnitt wahrgenommen wurden. Was uns heute schlüssig erscheint, mag daher damals widersprüchlich gewirkt haben - und umgekehrt. Viertens ist es grundsätzlich schwierig, den Erfolg auswärtiger Selbstdarstellungen zu beurteilen. Ließen sich im wirtschaftlichen Bereich vielleicht noch konkrete Verkaufszahlen im Anschluss an eine Messe dokumentieren, so liege etwa bei der Vermittlung von Wertvorstellungen kein eindeutiger Maßstab bereit. Auf wen wirkten die Repräsentationen überhaupt? Die verhandelten Fälle und Gegenstandsbereiche belegten nämlich fünftens, dass die Unterscheidung von Innen und Außen häufig nicht trennscharf sei. Die Debatten um das eigene Selbstbild prägten die auswärtigen Repräsentationen, die dann selbst wieder auf das Selbstverständnis in Deutschland zurückwirkten. "Internationalität" konnte unter verschiedenen Umständen Unterschiedliches meinen. Als Thema künftiger Erörterungen wies Paulmann auf einen Vergleich der deutschen Kulturdiplomatie mit der anderer Staaten hin. Zu fragen wäre dabei nicht zuletzt - auch mit Blick auf die Gegenwart -, wo sich die Träger der auswärtigen Kulturpolitik jeweils einordneten: in die Nation, in die eigene Gesellschaft und ihren Staat, nach Europa, in ein transatlantischen oder sozialistisches System oder auch in eine entstehende und imaginierte Weltgesellschaft?

Kontakt

Prof. Dr. Johannes Paulmann
Helmut Schmidt Chair of International History
International University Bremen
PF 750 561
28725 Bremen
Email: j.paulmann@iu-bremen.de


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