Grenzen, Räume und Identitäten am Oberrhein und in seinen Nachbarregionen von der Antike bis zum Hochmittelalter

Grenzen, Räume und Identitäten am Oberrhein und in seinen Nachbarregionen von der Antike bis zum Hochmittelalter

Organisatoren
Sebastian Brather, Institut für Archäologische Wissenschaften, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Jürgen Dendorfer, Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Ort
Freiburg im Breisgau
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.11.2013 - 16.11.2013
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Von
Sophie Hüglin, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt; Johannes Waldschütz, Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte, Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Obwohl das Tagungsthema ‚Grenzen und Räume am Oberrhein‘, in den vergangenen Jahren mehrfach thematisiert wurde1, ging die Tagung in zwei Punkten deutlich über die bisherige Forschung hinaus: Einerseits war die im Rahmen des Forschungsverbundes „Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends in Südwestdeutschland“ organisierte Tagung konsequent interdisziplinär – die über 35 Referierenden und Kommentierenden stammten je etwa zur Hälfte aus Archäologie und Geschichte; andererseits sollte – unter bewusster Bezugnahme auf theoretische Raummodelle – die Konstruktion von kulturellen und politischen Räumen und deren Entwicklung über Epochen hinweg in den Blick genommen werden. Dabei seien – so die Organisatoren – unterschiedliche Begriffe und Konzeptionen von Räumen zuzulassen: Es ginge also nicht allein um physische, sondern auch um relationale Räume, wie sie etwa durch soziale Interaktion entstünden. Außerdem seien Orte von Räumen abzuheben, da sich in ihnen viele Räume überschneiden.

Den ersten archäologisch dominierten Block zu den geographischen und naturräumlichen Voraussetzungen eröffnete THOMAS MEIER (Heidelberg) mit einem Methodenreferat. Er zeigte, dass Alfred Hettners inzwischen überholtes geografisches Schichtenmodell2 bis heute unreflektiert den Aufbau archäologischer Studien bestimmt: Auf das einleitende Standardkapitel zum Naturraum werde in der Arbeit meist kein Bezug mehr genommen. Darüber hinaus kritisierte Meier die Überbewertung von Umwelt- oder Wirtschaftlichkeitsaspekten wie dem Klima oder Berechnung von Routenführungen nach dem „least cost path“-Prinzip; sie führten zu einer einseitigen neo-deterministischen Betrachtungsweise kultureller Entwicklungen. Allerdings würden an ökonomischen Faktoren ausgerichtete Erklärungsmodelle für die Römerzeit gut funktionieren, räumte er nach dem Vortrag von LARS BLÖCK (Freiburg im Breisgau) und ERIK BECK (Dortmund) über die Weiternutzung römischer Straßen ein.

Zahllose Feldbegehungen und daraus resultierend dutzende neuer Fundstellen erlauben es HEIKO WAGNER (Kirchzarten), den Schwarzwald als siedlungsleere Barriere in Frage zu stellen. Abseits bekannter Querungen hätten Reliktwortareale vorgermanischer Namen schon länger auf eine römische Besiedlung etwa des Glotter- und Elztals hingewiesen. Man müsse aufgrund seiner Funde jedoch von einer verkehrstechnischen und landwirtschaftlichen Erschließung sowie einer ganzjährigen Besiedlung aller breiten, aber auch vieler schmaler Schwarzwaldtäler für die Römerzeit ausgehen.

Den Block zu Grenzen eröffnete PETER EICH (Freiburg im Breisgau). Obwohl Caesar über geringe geographische Kenntnisse verfügte3, habe dieser die Rheingrenze als „Kulturscheide“ literarisch konstruiert. Weil Caesars Eroberungszug durch Gallien am Rhein endete, habe Caesar diesen in De Bello Gallico zu einer natürlichen und ethnischen Grenze bzw. einer „sicherheitspolitischen Trennlinie“ überhöht. Zwar sei diese Grenzkonzeption nach den augusteischen Eroberungen in Germanien zunächst weniger wichtig gewesen, dann aber nach der Niederlage in der Varusschlacht als Gedankenfigur wieder dominant geworden.

HANS-ULRICH NUBER (Freiburg im Breisgau) betonte dem gegenüber die naturräumlich vorgegebene Funktion des Rheinknies als West-Ost-Verteiler vor dem Riegel der Alpen, aber auch den Oberrhein als römische Grenzprovinz. Die Arten römischer Grenzziehungen analysierte er nicht nur im politischen, sondern auch im privaten Raum, von der Parzellengrenze bis zum persönlichen Sitzplatz im Theater.

Explizit ohne archäologische Quellen heranzuziehen, versuchte DIETER GEUENICH (Essen), die Grenzen der Alamannia zu erkunden. Für das 5. Jahrhundert wies Geuenich die Idee eines von Troyes bis Passau reichenden „alemannischen Großreichs“ zurück. Die ab dem späten 6. Jahrhundert belegten alemannischen Herzöge seien von den fränkischen Königen ein- und abgesetzt worden und hätten lediglich linksrheinisch Macht ausgeübt: Ein älteres alemannisches Stammesherzogtum habe es demnach nicht gegeben. Erst ab 700 ließe sich eine alemannische Herzogsfamilie greifen, deren ähnlich zu den Karolingern verlaufender Aufstieg jedoch durch den Cannstatter Gerichtstag von 746 ein jähes Ende gefunden habe.

In seinem Methodenreferat zur Sektion ‚kulturelle Räume‘ schlug SEBASTIAN BRATHER (Freiburg im Breisgau) vier Raumebenen vor: Großraum, Großregion, Kleinregion und Ort. Dabei eigneten sich vor allem kleine Einheiten wie Gräberfelder oder Siedlungen als Bezugsgrößen für gesellschaftliche Identitäten lokaler Gesellschaften. Wirtschaftliche Beziehungen wie Distributionsräume ließen sich am besten auf den mittleren Ebenen ablesen. „Kulturen“ dagegen seien am erst aus der Außensicht – also etwa derjenigen der Römer oder Griechen – und damit in den größten Raumeinheiten erkennbar.

Der (Ober-)Rhein, besonders auch der Fluss selbst, sei bereits in vorgeschichtlicher Zeit eine der wichtigsten europäischen Nord-Süd-Achsen gewesen, betonte CHRISTOPH HUTH (Freiburg im Breisgau). Gewässer seien darüber hinaus aber auch eine transzendente Grenze und zwar zwischen Diesseits und Jenseits, wie viele bronze- und eisenzeitliche Deponierungen und Grabhügelareale beweisen.

Ein trinationales Forschungsprojekt – „Limites inter Provincias“, das die römische Provinzgrenze zwischen Obergermanien und Rätien untersucht, präsentierte ALEXANDER HEISING (Freiburg im Breisgau). Es bezieht neben Schriftquellen auch Fundorte und Objekte ein, die unter Zuhilfenahme computergestützer Anwendungen kartiert und analysiert werden. Heising erwartet für die Germania Superior weniger die Bestätigung der Provinzgrenzen als eher eine „kulturelle“, in einzelnen Bereichen der Sachkultur deutlich werdende Unterteilung der Provinz, entstanden wohl aufgrund unterschiedlicher Ausrichtungen von Handelsverbindungen.

Die archäologischen Verhältnisse rechts des Rheins während der Spätantike skizzierte HEIKO STEUER (Freiburg im Breisgau). Ihm zufolge macht es keinen Sinn, von der „Formierung der Alamannen“ zu sprechen. Aus der Sicht des Historikers KARL WEBER (Aachen) wiederum sollten Archäologen Gräber und Siedlungen im Elsass nicht als „alemannisch“ bezeichnen. Beides seien Ergebnisse römischer Außensicht oder politisch motivierter moderner Retrospektive und hätten nichts damit zu tun, wie sich diese Kriegergruppen selbst bezeichneten, beziehungsweise was sich aus den schriftlichen Quellen über die geographische Lage ihrer Wohnsitze herauslesen lasse.

Kommunikationsreichweiten und Kleidungsvarianten erläuterte SUSANNE BRATHER-WALTER (Freiburg im Breisgau), indem sie merowingerzeitliche Bügelfibeln „gegen den Strich“ untersuchte. Statt eklektisch ausgewählte „Typen“ als ethnisch bestimmt anzusehen, zeigte sie, wie komplex die Entwicklungen von Formen und Verzierungen verliefen. Notwendige Voraussetzung ist eine differenzierte, aufwändige Erfassung aller Funde und ihrer Formenvielfalt, anstatt lediglich einige zuvor definierte „Typen“ zu berücksichtigen. Dann zeige sich, dass die Verbreitung von Fibeln weiträumige Modetrends widerspiegelt, die kommunikative Zusammenhänge und keine ethnischen Grenzen aufzeigen.4

Hinsichtlich der Buch- und Schriftkultur hätte der Oberrhein im Früh- und Hochmittelalter keine Rolle gespielt, konstatierte FELIX HEINZER (Freiburg im Breisgau). Die Bischofssitze Basel und Straßburg hätten in der Karolinger- und Ottonenzeit gegenüber den Bodenseeklöstern Reichenau und St. Gallen eine untergeordnete Rolle gespielt. Dies habe sich auch im 11. und 12. Jahrhundert nicht grundlegend verändert, auch wenn die monastischen Zentren nun im Schwarzwald gelegen hätten. Erst im Spätmittelalter sei das unmittelbare Oberrheingebiet durch die aufstrebenden Städte zu einem wichtigen Raum für die Buchkultur geworden.

Nach VOLKHARD HUTH (Bensheim) gab es am Oberrhein im Früh- und Hochmittelalter nur kleinräumigeres Raumbewusstsein, beispielsweise bei den Ortenauklöstern des 8. Jahrhunderts oder in der spätstaufischen Chronistik. Erst im Spätmittelalter sei dann in der Descriptio Alsatiae des Colmarer Dominikanerchronisten oder beim 'Oberrheinischen Revolutionär' ein größerer Raum – in beiden Fällen das Elsass – als gemeinschaftsstiftend empfunden worden.

In seinem einleitenden Methodenreferat zur Sektion ‚politische Räume‘ betonte JENS SCHNEIDER (Paris) hinsichtlich der kleineren Einheiten vor allem den dynamischen Charakter von Gauen, die sich von einer Generation zur nächsten verändern konnten. Ebenso wenig seien im Früh- und Hochmittelalter Diözesen durch klare Grenzen gekennzeichnet gewesen; diese hätten sich vielmehr erst im 11. und 12. Jahrhundert entwickelt. Abschließend plädierte Schneider dafür, nicht den Raum durch andere handlungsleitende Kategorien zu ersetzen, mahnte jedoch an, dass soziale Praktiken den Raum definiert hätten und schlug für das Frühmittelalter vor, eher von Orten als von Flächen auszugehen.

JEAN-CLAUDE REBETEZ (Basel) wählte eine klassische Vorgehensweise für seine Betrachtung von Diözese und Hochstift Basel. Er verortete die Entstehung der Grenzen der Diözese in Spätantike und Frühmittelalter. Dabei habe sich für das Bistum die ‚Rheingrenze‘ zum Bistum Konstanz als harte Grenze erwiesen – Kleinbasel blieb stets Teil der Diözese Konstanz –, während das Hochstift im 11. und 12. Jahrhundert neben Besitz im Jura vor allem auch Besitzungen und Rechte im Breisgau erwarb.

Ein anderes Raumkonzept verfolgte TOBIE WALTHER (Hamburg) für das Bistum Straßburg. Er konstatierte „dürftige Spuren kirchenrechtlicher Durchdringung“ im Früh- und Hochmittelalter und versuchte, den Aktionsradius des Straßburger Bischofs durch die Eigenklöster der Diözese zu erfassen. Die meisten Gründungen und Erneuerungen von Eigenklöstern seien von Straßburg nach Süden ausgerichtet gewesen. Im Norden habe dagegen die Konkurrenz mit dem Bistum Metz, das seinen Anspruch durch Translozierungen von Bischofsgräbern zu untermauern suchte, zu einem deutlich geringeren Engagement der Straßburger Kirche geführt. Die stadtstraßburgischen Gründungen von St. Thomas, St. Stephan und Jung-Sanktpeter interpretierte Walther als Indiz für die „alleinige Herrschaft“ des Bischofs in der Straßburger civitas im 10. und 11. Jahrhundert.

Am Beispiel des Elsass wandte sich KARL WEBER (Aachen) den Gauen (pagi) im Frühmittelalter zu. Während in der Weißenburger Überlieferung des 7. Jahrhunderts nur von einem einzigen pagus Elsass die Rede ist, seien Ende des 9. Jahrhunderts der südliche Gau (Suntgau) und der Nordgau voneinander abgegrenzt worden. Weber wandte sich dezidiert gegen das Modell, die Gaugrafschaft als Ursprung der pagus-Struktur anzusehen, betonte aber, dass die in-pago-Formel von Urkunden raumbezogenes Denken belegt.

THOMAS ZOTZ (Freiburg im Breisgau) verglich das raumbezogene Handeln der Staufer im Elsass und der Zähringer im Breisgau. Auch als Könige hätten die Staufer eine besondere Verbundenheit mit dem Elsass gezeigt und vor allem durch herrschaftliche Präsenz, aber auch durch die Stiftung St. Fides in Schlettstadt, versucht, dem Raum „Struktur und Identität“ zu verleihen. Für die Zähringer sei trotz der Expansion nach Burgund der Breisgau der maßgebliche politische Raum geblieben. Als Hinweise auf eine „breisgauische“ Identität gab Zotz das Aufkommen der Breisgauer Regionalwährung seit Mitte des 12. Jahrhunderts und die gegen Burgund gerichtete Inschrift am Breisacher Stadttor zu bedenken.

In seinem Methodenreferat zur letzten Sektion ‚Raumstrukturierungen‘ ermunterte RAINER SCHREG (Mainz) die Archäologen, sich mehr von theoretischen Modellen aus den Sozialwissenschaften – wie etwa dem Konzept des Habitus nach Bourdieu – zu neuen Erklärungsmodellen anregen zu lassen. Nur so sei es möglich, normative hierarchische Gesellschaftsbilder und zweidimensionale Raumvorstellungen – aufgespannt zwischen Zentrum und Peripherie – zu überwinden und Personen als Teil interagierender Netzwerke und den Raum als Ökosystem und Landschaft zu begreifen.

Am Beispiel der „Siedlungskammer“ im Hachinger Tal bei München demonstrierte HUBERT FEHR (Freiburg im Breisgau), wie dicht eine kleinräumige archäologische Rekonstruktion ausfallen kann und wie vielfältig deren Ergebnisse „jenseits von Ethnizität“ sein können. Durch intensive archäologische Forschung und sorgfältige Interpretation früher urkundlicher Überlieferung ließen sich interdisziplinär frühmittelalterliche sozial- und besitzgeschichtliche Verhältnisse rekonstruieren. So ergäben sich für Haching interessante indirekte Bezüge zwischen aufwändig ausgestatteten merowingerzeitlichen Bestattungsplätzen und karolingerzeitlichen Besitzrechten.

Von historischer Seite wies GABRIEL ZEILINGER (Kiel) das Bild einer „staufischen Städtelandschaft“ im Elsass zurück. Mittels einer dezidiert akteursorientierten Perspektive konnte er zeigen, dass der Einfluss der Staufer in Colmar und Mühlhausen relativ gering war und die Gemeinden der beiden Städte selten als Partner der Staufer agierten. Hagenau und Kayersberg dagegen ordnete er dezidiert den Staufern zu und gab abschließend zu bedenken, dass die vielen, durch Ministerialen im Elsass errichteten Burgen, eher als die Städte, Kristallisationspunkte staufischer Herrschaft gewesen sein könnten.

Wie Raumgefüge sich durch Klostergründungen veränderten, untersuchte JÜRGEN DENDORFER (Freiburg im Breisgau) unter Rückgriff auf die Raumtheorie von Martina Löw5 am Beispiel der hochmittelalterlichen Gründungen St. Peter und Tennenbach. Für beide Klöster betonte er den Landesausbau, der zu geschlossenen, durch Grenzbeschreibungen umrissenen Besitzkomplexen führte. Vor allem seien die Klostergründungen aber als adlige Raumpraktik zu verstehen, als Akt, der „Herrschafts- und Gefolgschaftsbeziehungen verstetigen“ sollte, denn Schenkungen durch die Gefolgsleute der Gründerfamilie hätten diese auf Dauer an den Konvent gebunden. Klostergründungen seien somit auch eine relationale Raumwirkung eigen, die es in dezidiert akteurszentrierter Perspektive zu untersuchen gelte.

HEINZ KRIEG (Freiburg im Breisgau) nahm abschließend die Raumkonzeptionen hochmittelalterlicher Geschichtsschreiber in den Blick. Während im 11. Jahrhundert Hermann von Reichenau vor allem die Herzogtümer als zentrale Raumeinheiten betont habe, hätte um 1200 Otto von St. Blasien deutlicher als Hermann die Germania von der Italia abgegrenzt und identitätsstiftend als Vaterland (patria) aufgeladen. Einen besonderen regionalen Fokus würden zwar alle behandelten Werke aufweisen, im elsässischen Blickwinkel der Marbacher Annalen sei dieser jedoch am deutlichsten. Zusammenfassend habe es in jedem der Werke mehrere räumliche Identitätszuschreibungen gegeben, die jeweils situativ, in unterschiedlichem Kontext aufgerufen wurden.

Als Ergebnis der Tagung ist festzuhalten, dass der Oberrhein von der Antike bis ins Hochmittelalter keinen einheitlichen kulturellen Raum konstituierte und weder eine oberrheinische Identität bestand noch postuliert wurde. Er erwies sich jedoch als gutes Beispiel, um neuere Raumkonzepte zu diskutieren und für die beiden beteiligten Hauptdisziplinen fruchtbar zu machen. In dieser Hinsicht mahnte ULRICH MÜLLER (Kiel) in der Abschlussdiskussion, archäologische Daten raumzeitlich zu verorten und zugleich punktuell und nicht flächenhaft zu interpretieren. SIGRID HIRBODIAN (Tübingen) forderte die Historiker auf, die Raumwirkung von Orten stärker in den Blick zu nehmen und konkrete und relationale Räume immer als durch Handlungen von Akteuren konstituiert zu betrachten.

Künftigen archäologisch-historischen Projekten in der Oberrheinregion ist zu wünschen, dass zunehmend auch computergestützte Methoden der Raumanalyse genutzt werden und archäologische und historische Kartendarstellungen nicht mehr an den modernen Staatsgrenzen enden. Der Weg der interdisziplinären, aber auch internationalen Kooperation wird noch weiter beschritten werden müssen. Er wirft zwar mitunter Sprach- und Mentalitätsbarrieren auf, macht jedoch unterschiedliche Forschungstraditionen erfahrbar und ermöglicht es so, deren nationale und fachliche Begrenzungen zu überwinden.

Konferenzübersicht:

Begrüßung

Sebastian Brather (Frühgeschichtliche Archäologie und Mittelalterarchäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) / Jürgen Dendorfer (Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

I. Geographische Räume und politische Grenzen. Naturräumliche Voraussetzungen und deren Verwandlung
Moderation: Werner Konold (Landespflege, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Thomas Meier (Ur- und Frühgeschichte, Universität Heidelberg), Methodenreferat: Die Umwelt als Bühne des Menschen? Aussagepotentiale der Umweltarchäologie

Iso Himmelsbach (Geographie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Notwendigkeit – Erfahrung – Recht. Wassernutzung und Wassergefahr im Elsass und am Oberrhein

Lars Blöck (Provinzialrömische Archäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) / Erik Beck (Mittelalterliche Geschichte, Technische Universität Dortmund), Straßen – Römerstraßen und ihre Weiternutzung

Heiko Wagner (Archäologe, Kirchzarten), Höhenlage und Siedlung. Der Schwarzwald als siedlungsleere Barriere?

Grenzen
Moderation: Christine Kleinjung (Mittelalterliche Geschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Peter Eich (Alte Geschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Caesars Konstruktion der Rheingrenze

Hans-Ulrich Nuber (Provinzialrömische Archäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Römische Grenzziehungen am Rhein und ihre Folgen

Dieter Geuenich (Mittelalterliche Geschichte, Universität Duisburg-Essen), Die Alamannia und ihre Grenzen vom 5. bis zum 9. Jahrhundert

Kommentare: Rüdiger Glaser (Physische Geographie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) / Irmtraut Heitmeier (Bayerische Landesgeschichte, Universität München)

II. Kulturelle Räume. Sachkultur und Kommunikation in ihren Reichweiten und Veränderungen
Moderation: Jörg Peltzer (Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte, Universität Heidelberg)

Sebastian Brather (Frühgeschichtliche Archäologie und Mittelalterarchäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Methodenreferat: Räume in der Frühmittelalterarchäologie

Christoph Huth (Urgeschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Kulturelle Räume am Oberrhein im 1. Jahrtausend v. Chr. Überlegungen zum Aussagewert urgeschichtlicher Quellen

Alexander Heising (Provinzialrömische Archäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Sachkulturen innerhalb römischer Provinzen – das Beispiel Germania superior: eine Provinz mit zwei Gesichtern?

Heiko Steuer (Frühgeschichtliche Archäologie und Mittelalterarchäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Die Formierung der „Alemannen" in der Spätantike

Susanne Brather-Walter (Archäologin, Freiburg), Kommunikationsreichweiten und Kleidungsvarianten anhand der merowingerzeitlichen Bügelfibeln

Felix Heinzer (Lateinische Philologie des Mittelalters, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Schreiblandschaft(en) – Entwicklungsdynamiken früh- und hochmittelalterlicher Buch- und Schriftkultur am Oberrhein

Volkhard Huth (Mittelalterliche Geschichte, Institut für Personengeschichte, Bensheim), Kulturräume und Raumszenarien. Aspekte und Konzepte kultureller Raumbildung am Oberrhein

Kommentar: Gertrud Kuhnle (Archäologin, Institut de recherches archéologiques préventives, Strasbourg, Frankreich)

III. Politische Räume. Weltliche und geistliche Raumkonzepte

Jens Schneider (Mittelalterliche Geschichte, Université Paris-Est), Methodenreferat: Räume und Begriffe

Geistliche Herrschaftsräume

Jean-Claude Rebetez (Archivar, Fondation des Archives de l’ancien Evêche de Bâle, Porrentruy und Geschichte, Universität Basel, Schweiz), Basel – Diözese und Hochstift

Tobie Walther (Mittelalterliche Geschichte, Universität Hamburg), Civitas, Diözese und Territorium. Zum Herrschaftsraum der Straßburger Bischofskirche von den Anfängen bis zum Hochmittelalter

Weltliche Herrschaften

Karl Weber (Historiker, Aachen), Pagus – ducatus – regnum. Das Oberrheingebiet als politischer Handlungsraum in merowingischer und karolingischer Zeit

Thomas Zotz (Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte, Landesgeschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Zähringer und Staufer – Politische Räume am Oberrhein

Kommentare: Eckhard Wirbelauer (Römische Geschichte, Université de Strasbourg, Frankreich)

IV. Raumstrukturierungen. Plurale Strukturierungen und Prägungen, Zusammengehörigkeit und Abgrenzung

Rainer Schreg (Archäologe, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz), Interaktion und Kommunikation im Raum – Methoden und Modelle der Archäologie

Hubert Fehr (Frühgeschichtliche Archäologie und Mittelalterarchäologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Jenseits der Ethnizität: Wirtschaftliche, soziale und politische Räume im archäologischen Befund

Strukturierung von Herrschaftsräumen
Moderation: Johanna Regnath (Alemannisches Institut, Freiburg)

Gabriel Zeilinger (Mittelalterliche Geschichte, Universität Kiel), Frühe Städte – viele Herren. Die Staufer und die Urbanisierung des Elsass

Jürgen Dendorfer (Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Raumwirkungen hochmittelalterlicher Klostergründungen

Heinz Krieg (Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Raumwahrnehmungen in der hochmittelalterlichen Historiographie

Kommentare: Sigrid Hirbodian (Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte, Universität Tübingen) / Ulrich Müller (Historische Archäologie, Universität Kiel)

Anmerkungen:
1 Vgl. Brigitte Herrbach-Schmidt (Hrsg.), Räume und Grenzen am Oberrhein, Ostfildern 2012; Peter Kurmann/Thomas Zotz (Hrsg.), Historische Landschaft – Kunstlandschaft? Der Oberrhein im späten Mittelalter, Ostfildern 2008.
2 Vgl. Thomas Meier, Umweltarchäologie – Landschaftsarchäologie, in: Sebastian Brather et al. (Hrsg.), Historia archaeologica. Festschrift für Heiko Steuer zum 70. Geburtstag, Berlin 2009, S. 697-734, hier S. 725.
3 Vgl. A.C. Bertrand, Stumbling Through Gaul, Maps, Intelligence, and Caesar's Bellum Gallicum, in: Ancient History Bulletin 11 (1997), S. 107-122.
4 Susanne Brather-Walter, Schlange - Seewesen - Raubvogel?, Die S-förmigen Kleinfibeln der älteren Merowingerzeit, in: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 37 (2009), S. 47-110.
5 Martina Löw, Raumsoziologie, Frankfurt am Main 2003.