Writing the War in Asia 1937–45

Writing the War in Asia 1937–45

Organisatoren
Mark. R. Frost, University of Essex; Daniel Schumacher, Universität Konstanz
Ort
Konstanz
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.10.2013 -
Url der Konferenzwebsite
Von
Wolfgang Egner, Exzellenzcluster 16 „Kulturelle Grundlagen von Integration", Universität Konstanz

Namhafte Autoren wie Christopher Bayly und Tim Harper haben bereits 2007 gefordert, Konflikte und Kriege auf dem asiatischen Kontinent in den Fokus der historischen Forschung zu nehmen, doch scheinen die Vorgänge in Asien immer noch nicht ausreichend in den allgemeinen Narrativen der Geschichtswissenschaft verankert. Diesen Missstand allmählich zu beseitigen setzte sich der Workshop „Writing the War in Asia 1937-45“ zum Ziel. Durch die Zusammenarbeit der Universitäten von Essex, Hong Kong und Konstanz wurde ein Rahmen für die Zusammenkunft verschiedener Regionalexperten zum Thema eröffnet. Der Workshop am 16. Oktober 2013 in Konstanz war dabei der zweite in einer Reihe von drei Workshops. Die erste Sitzung hat bereits im April 2013 in Hong Kong stattgefunden, im März 2014 ist ein Workshop in Essex geplant. Aus dieser Reihe an Workshops soll sich schließlich ein Langzeitprojekt zum selben Thema entwickeln. In Konstanz wurden dabei die Stimmen verschiedenster, am Krieg beteiligter Akteure in Asien aufgegriffen, um ihnen durch historische Aufarbeitung wieder Gehör zu verschaffen.

MARK FROST (Essex) eröffnete den Workshop mit einem Vortrag über Struktur und Ziele des Projekts. Die Konflikte und Kriege, die als Zweiter Weltkrieg in Asien summiert werden, sollten in einer globalen Perspektive gesehen werden, welche unweigerlich den noch immer weitverbreiteten Eurozentrismus in der Forschung abschwäche. Um dieses Ziel zu erreichen, bedürfe es eines besseren Zugangs zu asiatischem Quellenmaterial, dass für ein breiteres Publikum auch auf Englisch zur Verfügung gestellt werden wird, wofür auch die Webseite des Projektes dienen solle. Gleichzeitig müsse nach FROST der Krieg nicht mehr als Anomalie in gesellschaftlichen Entwicklungen gesehen werden, sondern als grenzübergreifende kulturelle Institution, die helfe, Asien als neue Analyseeinheit zu erschließen. Es gelte, die verschiedenen Genres des Krieges, die sich in zahlreichen Quellenformen darbieten, aufzuarbeiten. Aus verschiedenen mikrogeschichtlichen Arbeiten solle durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen ein größeres makrohistorisches Bild gezeichnet werden. Der Verbund verschiedener Regionalexperten diene schließlich dazu, auch die nationalen Grenzen zu überwinden.

Anschließend führte der lokale Organisator DANIEL SCHUMACHER (Konstanz) in eine der Publikationsformen des Vorhabens ein und sprach über die noch im Aufbau befindliche Webseite des Projekts. Diese wurde als Diskussions- und Wissensplattform für die Weltkriegsforschung in Asien konzipiert und soll auch Sprachbarrieren überqueren. Übersetzungen von Quellen aus unterschiedlichen asiatischen Sprachen sollen dabei ein Kernbestandteil sein. Über die Internetseite sollen Netzwerke für Forscher auf unterschiedlichen Ausbildungsstufen entstehen, die ihnen jederzeit eine intensive Beteiligung am aktuellen wissenschaftlichen Diskurs erlauben. Zugleich soll die Seite einen Raum für Diskussionen über Working Papers bieten und auch das Material für Publikationen bei namhaften Verlagen bündeln. Die Seite versucht dabei, in kohärenterer Weise Themen zu gruppieren und somit auch die Planung zukünftiger Workshops zu erleichtern. Gleichzeitig dient sie als institutionelles Gedächtnis, auf dem Tagungsberichte und Podcasts von bereits durchgeführten Workshops online gestellt werden. Für die Öffentlichkeit soll diese Webseite ab März 2014 zugänglich gemacht werden.

Das erste Panel war ein Ergebnis einer solchen thematischen Gruppierung und trug den Namen ‚Wartime Migrations’. VIVIENNE GUO XIANGWEI (London) referierte zum Thema „From Shanghai to Wuhan: Chinese Intellectual Women’s Migration and Unification in World War II”. Sie brachte Geschlechter- und Kriegsgeschichte zusammen und thematisierte die Beteiligung von ‚intellektuellen Frauen‘ am nationalen Widerstand in China. Für diese historisch vernachlässigte Gruppe musste zuerst Grundlagenarbeiten geleistet werden. So wurden die Viten einzelner Frauen wie von Shen Zijiu offen gelegt. Viele dieser Frauen begaben sich nicht aus ökonomischen Gründen ins Hinterland, sondern versuchten dort explizit Frauen für den nationalen Widerstand zu mobilisieren. Dadurch entstanden Netzwerke, die über Memoiren und Tagebücher zugänglich sind. Aus diesen Quellen wurde deutlich, dass die Frauen im Angesicht eines äußeren Feindes ihr Parteidenken reduzierten und vielmehr ihre Netzwerke nutzten, um den nationalen Widerstand zu fördern. In der darauffolgenden Diskussion wurde deutlich, dass es sich bei dieser Aufhebung des Parteidenkens nur um ein vorübergehendes Phänomen handelte. Da die kommunistische und die nationale Partei stark divergierende Frauenbilder vertraten, konnten diese nur im Angesicht eines äußeren Feindes ausgeblendet werden.

MARIA FRAMKE (Zürich) präsentierte ein Beispiel humanitärer Hilfeleistung: “And One Did Not Come Back‘: Political Humanitarianism in the Late Colonial India and Its Memory Until Today“. In Indien war die politische Meinung stark verbreitet, dass ein Sieg der japanischen Armee in China langfristig auch die indische Unabhängigkeitsbewegung gefährden würde. Dies führte schließlich zu einer Unterstützung des chinesischen Widerstands durch eine humanitäre Mission von fünf Ärzten, die nach China entsandt wurden. Laut Framke müsse diese Mission jedoch gleichzeitig als Beteiligung am internationalen Netzwerk von humanitärer Intervention gesehen werden, das den indischen Anspruch ausdrückte, mit dem Westen zivilisatorisch gleichwertig zu sein und daher die Unabhängigkeit zu verdienen. Somit war die humanitäre Mission zugleich eine politische. Als einer der fünf beteiligten Ärzte, Dr. Kotnis, einem epileptischen Anfall erlag, führte diese anschließend zu seiner Stilisierung als Kriegsheld, was ihn später für chinesisch-indische Kontakte zu einer wichtigen Symbolfigur werden ließ. Doch in Indien lebte er allein in Comics und Filmen weiter, welche die historische Situation nahezu ausblendeten und ihn allein als Werkzeug des internationalen Antikolonialismus darstellten. Anhand dieses Beispiels zeigte Framke, dass bei dieser Mission humanitäre Gedanken zwar eine Rolle spielten, aber die politischen, vor allem antikolonialen Aspekte überwogen.

Im Panel B: ‚Reporting on Resistance‘ wurde der Widerstand gegen die japanische Armee zum Thema gemacht. REBECCA KENNEISON (Essex) beschäftige sich in ihrem Vortrag „Perception and Misperception: Malayan Guerrillas in John Creer’s Report“ mit einer bisher marginalisierten Gruppe im Widerstand auf der malayischen Halbinsel. Neben der allgemein bekannten, chinesisch-kommunistisch dominierten Malayan People’s Anti-Japanese Army (MPAJA) gab es noch zahlreiche weitere Widerstandsgruppen im kriegszeitlichen Malaya, die jedoch durch die Propaganda der MPAJA zu machtlosen Banditen marginalisiert wurden. Bei einer der betroffenen Gruppen handelte es sich um die der Kuomintang nahestehenden Overseas Chinese Anti-Japanese Army (OCAJA). Kenneison schuf sich einen Zugang zu dieser Gruppe über die Berichte des englischen Offiziers John Creer, der während des Krieges intensiven Kontakt sowohl zur MPAJA als auch zur OCAJA pflegte. Durch seinen Bericht war somit eine Innensicht auf die beiden Gruppen möglich, die es gestattete, viele der propagandagefärbten Meinungen über die OCAJA zu relativeren. Diese Widerstandsgruppe sollte nach Kenneison ebenfalls als echte Widerstandsarmee gesehen werden, die in komplexe ethnische Relationen zur örtlichen Bevölkerung Malayas verstrickt war. Die von der MPAJA durchgesetzte Geschichtsdeutung müsse anhand dieses neuen Zugangs einer Revision unterzogen werden.

TAKUMA MELBER (Mainz) schloss mit seinem Vortrag „‚We Must Be Better Prepared After This War‘ The Greater East Asia War Diary of Major-General Kawamura Sauburō” geographisch an dieses Thema an. Ausgangspunkt seiner Betrachtung waren dabei die Tagebücher des berüchtigten General Kawamura, der für das Sook Ching Massaker verantwortlich war, bei dem zwischen 5.000 und 25.000 chinesisch-stämmige Einwohner Singapurs getötet wurden. Dieser General sah sich dabei selbst als Offizier in der Tradition des russisch-japanischen Kriegs von 1904-5. Aus dieser Sichtweise heraus begriff er den Guerillakrieg hauptsächlich als infrastrukturellen Widerstand, der seinen Ausdruck beispielsweise in der Zerstörung zahlreicher Brücken fand. Die Tötung von potentiellen Rebellen ohne Gerichtsverhandlung, wie auch das harte Vorgehen gegen Chinesen, vor allem gegen die MPAJA, wurde darüber gerechtfertigt. Hierbei zeigte sich zugleich ein innerer Widerspruch in den Ambitionen Kawamuras. Er nahm die örtliche Kritik über die schlechte japanische Verwaltung auf und folgerte daraus, dass sich Japan für den nächsten Krieg besser vorbereiten müsse, vor allem da es das Ziel sei, die örtliche Bevölkerung von der Überlegenheit der japanischen Rasse zu überzeugen. In der Diskussion über dieses Thema wurde schließlich deutlich, dass die schlechte Verwaltungspraxis der japanischen Armee in fast allen besetzten Gebieten als Problem wahrgenommen wurde, auch da die vorhergehende englische Verwaltung als besser empfunden wurde – ein wichtiger Anknüpfungspunkt zu einem makrohistorischen Narrativ.

Dieser Umstand wurde in Panel C: ‚Complexities of Collaboration‘, wieder aufgegriffen. PRISCILLA ROBERTS (Hong Kong) eröffnete dieses Panel mit: “The Complexities of Collaboration: The Case of Claro M. Recto.” Entgegen der meist bestärkten Dichotomie zwischen Kollaborateuren und Exil-Regierung gehörte der Politiker Claro M. Recto einem Teil der politischen Elite der Philippinen an, der sich sehr kritisch mit der Fremdverwaltung befasste. Seit der ‚Unabhängigkeit‘ der Philippinen im Jahr 1943 protestierte er als Außenminister gegen die japanischen Verwaltungsgewohnheiten und die Härte der bestehenden japanischen Militärregierung. Sein Hauptargument war hierbei, dass die Bewohner der Philippinen nur mit voller Überzeugung für Japan kämpfen würden, wenn die Japaner die momentane Lage der Lokalbevölkerung verbessern und Übergriffe auf diese einstellen würden. Dieses Argument fand bei der japanischen Verwaltung durchaus Gehör. Nach dem Krieg setzte Recto seine Karriere unter den Amerikanern fort, auch wenn er sich vollständige Unabhängigkeit von ihnen wünschte. Durch die Wahl des falschen politischen Lagers verlor er seinen politischen Rückhalt und geriet nach seinem Tod 1960 nahezu gänzlich in Vergessenheit. Roberts betonte, dass dies nicht seinem politischen Status als einer der wichtigsten philippinischen Politiker dieser Zeit gerecht wird.

SVEN MATTHIESSENs (Heidelberg) Vortrag „The KALIBAPI-Party and Japanese Pan-Asianism in the Philippines, 1942–45“, griff diesen politischen Kontext auf und betrachtete die Strukturen der KALIBAPI Partei. Die von Japan unterstützte KALIBAPI Partei sollte als Instrument dienen, die Idee von 'Groß-Asien' auf den Philippinen prominent zu machen. Doch trotz massiver Unterstützung wurde aus der Partei zwar ein mächtiges politisches Organ, niemals jedoch eine echte Massenbewegung. Politische Karrieren waren zwar nur noch über diese Partei möglich, doch nicht jeder Parteiangehöriger war überzeugter Pan-Asianist. Die Zentren der Partei blieben auf einzelne geographische Regionen beschränkt und nur zirka 10 Prozent der Bevölkerung traten der Partei bei. Die KALIBAPI war nach Matthiessen damit eine von Japan geförderte Partei, die einen asiatischen Geist bestärken sollte, jedoch an ihrer eigenen Zielsetzung als Massenpartei scheiterte.

Der Workshop wurde schließlich mit dem Panel D: „Homefront Propaganda & War Memory“ abgeschlossen. DANIEL HEDINGERs (München) Vortrag ‚A New Global Axis? The Anti-Comintern Pact in Japanese Medias 1936/37“ beschäftige sich mit Fotomagazinen in Japan, die in den betrachteten Jahren auflagenstark waren und öffentlich diskutiert wurden. Magazine wie der ‚Asahi Grafu‘ und der ‚Shashin Shuho‘ thematisieren prominent den Abschluss des Antikominternpaktes zwischen Deutschland und Japan und später Italien. Bilder des japanisch-chinesischen Krieges waren durch diese Fotomagazine in Japan nahezu omnipräsent. Um diese Symbolik herum wurde eine populäre Kultur aufgebaut, in der in Baseballstadien beispielsweise Kriegsszenen vor einem begeisterten Publikum nachgestellt wurden. Gleichzeitig wurden Berichte und ikonenhafte Bilder über die Bündnispartner eingestreut, die Begeisterung für das Bündnis Japans weckten. Anhand dieser Befunde wiederlegte Hedinger das weitverbreitete Narrativ, dass eine kleine Anzahl an Militärs die Regierung in Japan übernommen hätte und diese gegen den Willen der Bevölkerung Krieg geführt hätten.

Der letzte Vortrag „Sybil’s Clinic @ Papan: Remembering a Malaysian War Heroine.“ von HAMZAH MUZAINI (Wageningen, Niederlande) wendete sich der heutigen Erinnerungskultur zu. Die Person, an die erinnert wird, ist Sybil Kathigasu, eine indonesisch-stämmige Krankenschwester, die in Malaya lebte und unter anderem verwundete Widerstandskämpfer der MPAJA behandelte. Sie wurde jedoch vom japanischen Militär zurückverfolgt und geriet in Gefangenschaft, in der sie und ihre Familie gefoltert wurden. Sie blieb bis Ende des Krieges in Haft und wurde bei ihrer Befreiung schwer verletzt nach England transportiert, wo sie nach geraumer Zeit an den Folgen der Verletzungen starb. Kurz vor ihrem Tod erhielt sie in England die George Medaille in Anerkennung ihres zivilen Widerstandes. Post mortem wurden Gedenkstätten, wie ein Museum am Ort ihres Wirkens, eingerichtet. Doch kennt im heutigen Malaysia fast niemand mehr die Geschichte, die sich hinter ihrem Namen verbirgt. Der Großteil der audiovisuellen Erinnerung an sie wurde verboten, da die Filme eine Nähe zur MPAJA suggerierten. Letztere gilt wegen ihrer kommunistischen Orientierung auch heute noch als politisch untragbar. Auch passt ihr Wirken nicht in das in Malaysia dominante Geschlechterschema, wonach Kriegshelden männlich zu sein haben. Das Hauptproblem scheint jedoch die Nähe zur MPAJA zu sein, deren Gedenkstätten auch gegenüber nicht-chinesischen Außenstehenden totgeschwiegen werden. Damit ist die Erinnerung an den Krieg in Malaysia weiterhin ein politisch aufgeladenes Thema.

Mit diesem Vortrag wurde eine Brücke zur Thematik des nächsten Workhops über ‚Erinnerungslandschaften‘ in Essex geschlagen. In vielen der aufgeführten Vorträge haben sich bereits Thematiken herauskristallisiert, die dort weiter vertieft werden sollen. Gleichzeitig lieferte dieser Workshop erste Bausteine für das makrohistorische Gesamtprojekt, von denen einige in einer Zeitschriften-Sonderausgabe zum Thema „Wartime Circulations in the Asian Theatre“ publiziert werden sollen. Über diese ersten Schritte hinaus bleibt zu hoffen, dass sich das Gesamtprojekt zu einem lebendigen Forum entwickelt, über das der Krieg in Asien prominenter in der historischen Forschung verankert werden kann.

Konferenzübersicht:

Panel A: Wartime Migrations

Vivienne Guo Xiangwei (London): From Shanghai to Wuhan: Chinese Intellectual Women’s Migration and Unification in World War II

Maria Framke (Zürich): ‚And One Did Not Come Back‘: Political Humanitarianism in the Late Colonial India and Its Memory Until Today

Panel B: Reporting on Resistance

Rebecca Kenneison (Essex): Perception and Misperception: Malayan Guerrillas in John Creer’s Report

Takuma Melber (Mainz): ‚We Must Be Better Prepared After This War‘: The Greater East Asia War Diary of Major-General Kawamura Saburō

Panel C: The Complexitites of Collaboration

Priscilla Roberts (Hong Kong): The Complexities of Collaboration: The Case of Claro M. Recto

Sven Matthiessen (Heidelberg): The KALIBAPI-Party and Japanese Pan-Asianism in the Philippines, 1942–45

Panel D: Homefront Propaganda and War Memory

Daniel Hedinger (München): A New Global Axis? The Anti-Comintern Pact in Japanese Medias 1936/37

Hamzah Muzaini (Wageningen, Netherlands): Sybil’s Clinic @ Papan: Remembering a Malaysian War Heroine