Grenzziehungen, Netzwerke: Die Teilungsgrenzen in der politischen Kultur der polnischen Zweiten Republik

Grenzziehungen, Netzwerke: Die Teilungsgrenzen in der politischen Kultur der polnischen Zweiten Republik

Organisatoren
Michael G. Müller, Kai Struve, Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; in Verbindung mit dem Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.11.2012 - 10.11.2012
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Von
Stephan Stach, Institut für Slavistik, Universität Leipzig

Mit der Errichtung eines unabhängigen polnischen Staates nach der mehr als 100 Jahre währenden Teilung auf einem Territorium, welches zuvor die östliche bzw. westliche Peripherie dreier Imperien gebildet hatte, verschwanden nach dem Ersten Weltkrieg Grenzen von der Landkarte. Damit stand der neue polnische Staat vor der schwierigen Aufgabe, die unterschiedlichen Verwaltungs- und Bildungs-, Rechts- sowie Verkehrssysteme zusammenzuführen. Zudem hatten auch die Eliten des neuen Staates ihre bisherigen Erfahrungen in den drei Teilungsstaaten unter sehr unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen gemacht. Im Mittelpunkt der Tagung stand daher die Frage, inwieweit diese unterschiedlichen Erfahrungen sowie daraus hervorgehende, möglicherweise gegensätzliche Praktiken und Wertorientierungen, die die politischen Akteure des neuen polnischen Staates aus den unterschiedlichen politischen Systemen und Bedingungen in den früheren Teilungsstaaten mitbrachten, die politischen Verhältnisse des neuen polnischen Staates prägten. Dies schloss auch die Frage danach ein, inwieweit Akteursnetzwerke aus den Teilungsgebieten in dem neuen Staat eine Rolle spielten.

Zu Beginn stellte BÉATRICE VON HIRSCHHAUSEN (Berlin) das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundprojekt „Phantomgrenzen in Ostmitteleuropa“ vor, dessen Teilprojekte an verschiedenen Einrichtungen durch das Centre Marc Bloch in Berlin koordiniert werden, und gab eine Einführung in das Konzept der „Phantomgrenzen“. Sie visualisierte dieses Phänomen mit einer Karte zum Wahlverhalten bei den polnischen Präsidentschaftswahlen von 2010, auf der der Verlauf der ehemaligen Teilungsgrenze annähernd mit der Zustimmung zu einem der beiden aussichtsreichsten Kandidaten korrelierte.1 Derartige Phänomene bildeten den Ausgangspunkt der Frage nach den verschiedenen Dimensionen der Nachwirkung nicht mehr bestehender Grenzen auf Gesellschaften, der in den verschiedenen Teilprojekten des Verbundprojektes nachgegangen wird. Der Begriff „Phantomgrenzen“ dient dabei als „heuristische Metapher“.

Im Anschluss daran führte MICHAEL G. MÜLLER (Halle) in die Fragestellung der Tagung nach den Auswirkungen der Teilungsgrenzen auf die politische Kultur der polnischen Zweiten Republik ein. Er hob hervor, dass es auf der Tagung nicht darum gehen solle, inwieweit die früheren politischen Grenzen als Phantomgrenzen in der Infrastruktur, etwa den Eisenbahnverbindungen, oder anderen materiellen Hinterlassenschaften teilweise bis in die Gegenwart fortwirkten – diese Frage würde auch in anderen Teilprojekten aufgegriffen 2 –, sondern es solle um das Fortwirken von Erfahrungen und Netzwerken und ihre Auswirkungen auf die politische Kultur gehen. Müller verwies darauf, dass zwar einerseits viel über die regionalen Besonderheiten in den Teilungsgebieten bekannt sei und daraus auch auf unterschiedliche Prägungen der Akteure geschlossen werde, jedoch letzteres tatsächlich weder genauer untersucht noch die Frage beantwortet sei, welche Auswirkungen dies nach 1918 hatte und wie der Ausgleich zwischen den unterschiedlich geprägten Haltungen im neuen Staat verhandelt wurde. Zugleich unterstrich Müller die Notwendigkeit, eine Systematik zu erarbeiten, mit der Phantomgrenzen und deren Wirkungen erfasst werden können, um der Gefahr vorzubeugen, dass diese zur Erklärung von Prozessen herangezogen werden, die nur scheinbar auf sie zurückzuführen sind.

Im einführenden, „Institutionen und Strukturen“ gewidmeten Panel skizzierte ARMIN MITTER (Berlin) zunächst die unterschiedlichen Bedingungen für die polnischen politischen Akteure in den verschiedenen Teilungsgebieten und damit die unterschiedlichen Erfahrungshintergründe, die dann in der Zweiten Republik aufeinandertrafen. Er verwies dabei auch auf die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert schwindende Hoffnung auf die Wiedererrichtung eines eigenen Staates unter den polnischen Eliten, die stattdessen die Pflege polnischer Sprache, Kultur und des polnischen Nationalgedankens im Rahmen des jeweiligen Imperiums betrieben. WOJCIECH MORAWSKI und JERZY ŁAZOR (Warschau) stellten das Erbe der Teilungen im Bank- und Finanzsektor der Zweiten Republik und Schritte zu seiner Vereinheitlichung vor. Sie skizzierten damit ein Beispiel der strukturellen Integrationsprobleme, die der polnische Staat bewältigen musste. CHRISTHARDT HENSCHEL (Leipzig) behandelte anschließend die strukturellen Integrationsaufgaben anhand des polnischen Militärs. Sein Beitrag ging allerdings auch schon ausführlich auf unterschiedliche kulturelle und politische Prägungen der Angehörigen der verschiedenen polnischen Militärformationen ein. In ihrem Kommentar hob CLAUDIA KRAFT (Siegen) die Nutzbarkeit des Konzeptes „Phantomgrenzen“ als heuristisches Mittel zur Erforschung transnationaler Prozesse in Ostmitteleuropa hervor und stellte drei Spannungsfelder heraus, die in den bisherigen Vorträgen deutlich geworden seien. Zunächst äußerten sich die durch die Grenzziehungen verursachten Differenzen auf der institutionellen Ebene anders als auf jener der Akteure, weiterhin würden Strukturen auch über Ereigniszäsuren hinweg wirken und drittens müssten zwar die Erfahrungshorizonte der Handelnden bedacht werden, doch besäßen diese auch eine „Halbwertszeit“. Demgegenüber wies JOACHIM VON PUTTKAMER (Jena) darauf hin, dass auch innerhalb der ehemaligen Teilungsgebiete starke regionale Unterschiede zu erkennen seien und der spezifische Gewinn der Frage nach den Phantomgrenzen deutlicher herausgearbeitet werden müsse.

Im folgenden Panel „Parteien und Politiker“ konzentrierte sich die Diskussion auf die Bauernparteien, da die Referate WŁODZIMIERZ SULEJAs (Wrocław) zur Haltung Józef Piłsudskis, der herausragenden politischen Gestalt der Zweiten Republik, gegenüber dem politisch-kulturellen Erbe der Teilungszeit und GRZEGORZ KRZYWIECs (Warschau) über die Nationaldemokratie wegen Erkrankungen der Referenten nur verlesen bzw. zusammenfassend vorgestellt werden konnten. KAI STRUVE (Halle) behandelte den Einfluss der Teilungszeit auf die Politik in der kurzen parlamentarischen Phase von 1918 bis 1926 am Beispiel der Bauernparteien, die im russischen bzw. im österreichischen Teilungsgebiet entstanden waren. Das Verhältnis zwischen den beiden Parteien war trotz gleicher Zielgruppe und ähnlicher politischer Interessen feindselig. Der Referent führte dies auf die unterschiedliche Genese der Parteien unter den unterschiedlichen Bedingungen in beiden Teilungsgebieten und die damit verbundenen politischen Prägungen ihrer führenden Akteure zurück. Die hieraus entstehenden Differenzen schwächten nicht nur die bäuerliche Interessensvertretung, sondern trugen nicht unwesentlich zur Destabilisierung des Parlamentarismus bei. TADEUSZ JANICKI (Poznań) kam anhand eines Vergleichs unterschiedlicher Konzeptionen im polnischen Agrarismus der 1930er-Jahre, der vorwiegend von der Landjugendorganisation Związek Młodzieży Wiejskiej getragen wurde, zu dem Ergebnis, dass kaum Unterschiede zwischen den Zielen der Vordenker des Agrarismus und den Teilorganisationen aus Galizien und dem ehemaligen russischen Teilungsgebiet, sondern Differenzen vorwiegend zwischen diesen und der Organisation im ehemals preußischen Großpolen bestanden. Er führte dies weniger auf Erfahrungen aus der Teilungszeit, sondern auf Unterschiede in der bäuerlichen Eigentumsstruktur in den jeweiligen früheren Teilungsgebieten zurück.

Aufgrund des anscheinend verschwundenen Antagonismus zwischen Akteuren der Bauernbewegung aus Galizien und Kongresspolen, die Janicki skizziert hatte, wurde in der Diskussion die Frage nach dem Verbleib der Phantomgrenzen aufgeworfen. Auch die bisher konkurrierenden Bauernparteien hätten sich Anfang der 1930er-Jahre zusammengeschlossen. Hier kann, wie die Diskussion zeigte, vermutet werden, dass dies nicht nur auf den Druck des Sanacja-Regimes zurückzuführen war, sondern auch darauf, dass in dieser Zeit die Prägungen aus den Teilungsgebieten schon an Bedeutung verloren hatten, nicht zuletzt deshalb, weil nun jüngere Akteure eine wachsende Rolle spielten, die erst im unabhängigen Polen politisch aktiv geworden waren.

In den beiden folgenden, „Netzwerken“ gewidmeten Panels diskutierte HANNA KOZIŃSKA-WITT (Rostock) zunächst, inwieweit die Krakauer Neokonservativen, die an die bedeutende Tradition der dortigen Konservativen in galizischer Zeit anknüpften, in ihrem politischen Denken von den Erfahrungen der Habsburgermonarchie geprägt blieben. Trotz programmatischer Anpassungen an die Gegebenheiten des neuen Staates, so Kozińska-Witt, gelang es ihnen – vor allem wegen der starken Zentralisierung Polens – nicht, dort größeren Einfluss zu entfalten. Dies wiederum hätten sie vor allem durch eine starke Habsburgernostalgie und Kritik am Zentralstaat kompensiert. BERNARD LINEK (Opole) betrachtete die alte und neue kulturelle Elite im Polen zugefallenen Oberschlesien, das zuvor allerdings keinem Teilungsgebiet zugehört hatte. Sein Beitrag zeigte, wie sich Konflikte zwischen katholischen Pfarrern auf der einen und einer zu einem großen Teil aus Galizien zugewanderten Lehrerschaft auf der anderen Seite um den Einfluss auf Schulen mit stereotypen Bildern über die jeweils andere Gruppe verbanden, die ihren Hintergrund in der Teilungszeit hatten. STEVEN SEEGEL (Greenley) wählte seinen Zugang über drei Geographen – den Deutschen Albrecht Penck sowie seine polnischen und ukrainischen Schüler Eugeniusz Romer und Stepan Rudnyc‘kyj. Alle drei begründeten nach dem Ersten Weltkrieg die Gebietsansprüche und „natürlichen Grenzen“ ihrer Nation, die sich freilich diametral gegenüberstanden. Obwohl Romer Pencks Schüler war, sei, so Seegel, seine – für Polen zwischen den Weltkriegen maßgebliche – Geographie stärker von österreichischen Einflüssen geprägt gewesen.

MARTIN MÜLLER-BUTZ (Jena) behandelte die Bedeutung von Erfahrungen im Russischen Reich anhand der Gruppierung der Wilnaer Konservativen und des langjährigen russischen Offiziers und späteren polnischen Generals Lucjan Żeligowski. Insbesondere die Wilnaer Konservativen kennzeichnete ein komplexes Verhältnis von Vorstellungen historischer litauischer Identität im frühneuzeitlichen polnisch-litauischen Staat und eine relativ große Nähe zur Zarenherrschaft, die sie nun nach 1918 in ein konservatives politisches Programm für Polen umzusetzen suchten. SABRINA LAUSEN (Paderborn) stellte die polnischen studentischen Verbindungen und deren Netzwerke im 19. und 20. Jahrhundert vor und ging der Frage ihrer Entwicklung und ihres Fortwirkens im polnischen Staat nach 1918 nach. Joachim von Puttkamer hob in seinem Kommentar hervor, dass beide Beiträge zeigten, wie sich die transnationalen Verflechtungen des 19. Jahrhunderts im 20. Jahrhundert entflochten hätten.

Gut zu diesem Befund passte BENJAMIN CONRADs (Mainz) Beitrag in einem den deutsch-polnischen Grenzgebieten gewidmeten Panel. Er zeigte, dass die Netzwerke polnischer Abgeordneter des Berliner Reichstages im polnischen Sejm fortbestanden und mehrere der von Berlin nach Warschau gewechselten Deputierten einflussreiche Funktionen im neuen, polnischen Parlament einnahmen. Offenbar spielten dafür ihre oft langjährigen parlamentarischen Erfahrungen eine Rolle. INGO LOOSE (München/Berlin) forderte in seinem Beitrag anhand des Übergangs Posens von einer preußischen Provinz zur polnischen Wojewodschaft (1915-1925) den Wechsel territorialer Zugehörigkeiten jenseits traditioneller, konfliktorientierter nationaler Narrative als komplexen administrativen Vorgang zu untersuchen, der die enge Zusammenarbeit durch gemeinsame Erfahrungen verbundener Verwaltungsexperten beider Seiten zur Voraussetzung hatte. In diesem Sinne verwies auch THOMAS SERRIER (Berlin) in seinem Kommentar darauf, dass Phantomgrenzen durch die Überreste und Nachwirkungen früherer Strukturen sichtbar werden.

Das letzte Panel behandelte am Beispiel der jüdischen und der deutschen Bevölkerungsgruppe die Frage, welche Relevanz die Phantomgrenzen der Teilungsgebiete für jenes gute Drittel der Bevölkerung der Zweiten Republik hatten, das den nationalen Minderheiten zugerechnet wurde. Forschungsgeschichtlich zeigten die Vorträge, dass es in beiden Fällen eine längere und intensivere Diskussion als für die polnische Mehrheitsgesellschaft darüber gab, von welcher Relevanz unterschiedliche Erfahrungen aus den verschiedenen Territorien vor der Wiederherstellung des polnischen Staates für politische Differenzen innerhalb der jeweiligen Gruppe war.

MARCOS SILBER (Haifa) stellte mit Icchak Grünbaum und Ozjasz Thon zwei führende zionistische Politiker in den Vordergrund, denen zugeschrieben wird, dass ihr konfliktorientierter (Grünbaum) bzw. kompromissbereiter Politikstil (Thon) die politische Kultur des russischen bzw. habsburgischen Teilungsgebiets reflektierte. Silber stellte dies jedoch in Frage, indem er aufzeigte, dass einerseits die tatsächlichen Differenzen nicht so groß waren und andererseits Zuschreibungen von Teilungsgebietsidentitäten eine Funktion in den politischen Konflikten selbst besaßen. NATALIA ALEKSIUN (New York/Warschau) hielt demgegenüber stärker an der These unterschiedlicher Haltungen fest, die aus unterschiedlichen Erfahrungen und Sozialisationsbedingungen von Juden in Galizien und im russischen Teilungsgebiet hervorgegangen seien. Sie verwies darauf, dass zahlreiche gut ausgebildete Juden aus Galizien wichtige Positionen im früheren Kongresspolen übernahmen, nicht zuletzt im universitären Umfeld und der Politik. Vor allem sie hätten die „jüdische Polonität“ repräsentiert, die damit in erster Linie ein galizisches Phänomen gewesen sei.3

Die Einstellung der Deutschen zu Polen, die mit der Staatsgründung 1918 zu polnischen Bürgern geworden waren, unterschied sich in den verschiedenen Gebieten stark, wie BEATA LAKEBERG (Oldenburg) in ihrem Beitrag herausstellte. So hätten jene Deutschen, die in Kongresspolen oder Galizien traditionell als Minderheit gelebt hatten, den neuen Staat indifferent oder sogar positiv gesehen, während die Deutschen in den ehemals preußischen Gebieten eine größtenteils ablehnende Haltung eingenommen hätten. Vor allem nach Hitlers Machtübernahme in Deutschland und der gezielten – vor allem finanziellen – Förderung deutsch-nationaler Strukturen in Polen nahmen die regionalen Unterschiede jedoch ab. Auch INGO ESERs (Köln) Vortrag über die Bildungs- und Schulpolitik in Zentralpolen bestätigte diesen Befund und zeigten auf, wie die nationalsozialistische Programmatik vor allem dank des finanziellen Potentials von großzügig aus Deutschland geförderter Organisationen dort an Einfluss gewann. WINSON CHU (Milwaukee) stellte in seinem Kommentar heraus, dass alle Beiträge des Panels die früheren, stark durch den Zweiten Weltkrieg geprägten Sichtweisen auf die Minderheitenpolitik der Zweiten Republik in Frage stellten. Hinsichtlich der Phantomgrenzen merkte er an, dass diese stärker erklärt statt nur beschrieben werden müssten.

In der lebhaften Abschlussdiskussion stand erneut vor allem der Begriff „Phantomgrenzen“ im Vordergrund. Kai Struve hob hervor, dass das Ansinnen der Konferenz nicht war, das Phänomen in seiner vollen Breite zu analysieren, sondern dass es angesichts der offensichtlichen Neuheit der Fragestellung und fehlender Vorarbeiten vor allem darum gegangen sei, die Fragestellung genauer zu umreißen und anhand exemplarischer Fälle in ihrer Anwendbarkeit auf die Geschichte der Zweiten Republik weiter zu erproben. Michael G. Müller unterstrich, dass die Frage nach dem Einfluss der Teilungszeit auf die politische Kultur der Zweiten Republik im Kontext von Fragen transnationaler Geschichte und des gewachsenen Interesses der Geschichtswissenschaft für die Kategorie des Raumes einen vielversprechenden Ansatz darstelle. In der Diskussion wurde eine Reihe von Fragen besprochen, so etwa nach der Interferenz von Phantomgrenzen mit anderen Regionalismen oder nach einer sinnvollen chronologischen Eingrenzung der Thematik.

Insgesamt unterstrich die Tagung die Notwendigkeit einer systematischen Erforschung der Auswirkungen der Teilungszeit auf das politische Leben der Zweiten Polnischen Republik, die bisher ausgeblieben ist. Zwar zeigte sich in der Eingangsdiskussion über den Begriff „Phantomgrenzen“ und den damit verbundenen Fragestellungen, dass eine Schärfung und Ausdifferenzierung nötig ist. Genau dazu lieferten dann aber die Referate und Diskussionsbeiträge eine Reihe wichtiger Impulse, so dass die Konferenz diesen notwendigen Prozess ein gutes Stück voranbrachte. Im Laufe der Tagung gelang es ebenso, neue Perspektiven auf die Geschichte der polnischen Zweiten Republik zu eröffnen, wie auch aufzuzeigen, dass die „Phantomgrenzen“ ein geeignetes Instrumentarium bieten, um die Forschung in diesem Feld weiterzuentwickeln.

Konferenzübersicht:

Einführung
Robert Traba, Centrum Badań Historycznych, Berlin
Michael G. Müller, Universität Halle
Béatrice v. Hirschhausen, Centre Marc Bloch, Berlin

Strukturen und Institutionen

Armin Mitter, Berlin: Die polnische Gesellschaft und ihre Vorstellungen von der Wiederherstellung des polnischen Staates im „imperialistischen Zeitalter“ 1890-1918

Wojciech Morawski, Jerzy Łazor, Szkoła Główna Handlowa w Warszawie: System finansowy Drugiej Rzeczypospolitej jako dziedzictwo zaborów

Christhardt Henschel, Simon-Dubnow-Institut, Leipzig: Phantomgrenzen und das Militär. Polen 1918-1921

Moderation und Kommentar: Claudia Kraft, Universität Siegen

Parteien und Politiker

Włodzimierz Suleja, IPN Wrocław: Piłsudski wobec dziedzictwa zaborów

Grzegorz Krzywiec, IH PAN Warszawa: Od polityki ery mas do (zimnej) wojny domowej. Przypadek Narodowej Demokracji w Królestwie Polskim (1905-1914) i potem

Kai Struve, Universität Halle: Die Bauernparteien und das Erbe der Teilungszeit 1918-1926

Tadeusz Janicki, Uniwersytet im. Adama Mickiewicza, Poznań: Nurty polskiego agraryzmu młodowiejskigo (agraryzmu "Wiciowego") w latach 1931-1939

Moderation und Kommentar: Włodzimierz Borodziej, Uniwersytet Warszawski/Universität Jena

Netzwerke I

Hanna Kozińska-Witt, Rostock: Próby przekroczenia (nie)widzialnych granic? Program neokonserwatystów krakowskich w II Rzeczypospolitej

Bernard Linek, Instytut Śląski, Opole: Stare i nowe elity kulturalne na polskim Górnym Śląsku. Wyobrażenia o regionie, statusie i wzajemne relacje w l. 1922-1939

Steven Seegel, University of Northern Colorado: Geographic Networks and Entangled ‘Phantom Borders’: Eugeniusz Romer’s Rivals and the Political Cartography of Poland’s Second Republic

Moderation und Kommentar: Magdalena Saryusz-Wolska, Centrum Badań Historycznych, Berlin

Netzwerke II

Martin Müller-Butz, Imre Kertesz-Kolleg, Universität Jena: Imperiales Erbe? Politisches Engagement und gesellschaftliche Wahrnehmung aus Russland (re-)migrierter polnischer Eliten in der Zweiten Republik

Sabrina Lausen, Universität Paderborn: Die studentischen Verbindungen Polens und ihre Netzwerke im 19. und 20. Jahrhundert

Moderation und Kommentar: Joachim von Puttkamer, Universität Jena

Deutsch-polnische Grenzgebiete

Benjamin Conrad, Universität Mainz: Aus Berlin nach Warschau: Die polnischen Abgeordneten des Deutschen Reichstags als Parlamentarier des preußischen Teilungsgebiets im Sejm nach 1919

Ingo Loose, Institut für Zeitgeschichte München-Berlin: "Weder Tapferkeit noch wohlüberlegtes Handeln". Posen im Übergang von einer preußischen Provinz zur polnischen Wojewodschaft 1915-1925

Moderation und Kommentar: Thomas Serrier, Universität Frankfurt/Oder

Minderheiten

Natalia Aleksiun, IH PAN Warszawa/New York University: Galician Jews and the Making of the Polish Second Republic

Marcos Silber, University of Haifa: Two Schools of Jewish Politics? Galician Zionists, Polish Zionists and 'Landespolitik' 1907-1922 – A Constructivist Approach

Beata Lakeberg, Universität Oldenburg: Die Auswirkungen der Teilungszeit auf das politische Leben der Deutschen in der Zweiten Republik

Ingo Eser, Universität Köln: „… so geht es bei einer geordneten Planwirtschaft nicht weiter.“ Die Bildungspolitik deutscher Parteien und Verbände in Mittelpolen und der Zentralismus des „Deutschen Schulvereins“ in Bromberg

Moderation und Kommentar: Winson W. Chu, University of Wisconsin-Milwaukee

Abschlussdiskussion

Anmerkungen:
1 Vgl. <http://phantomgrenzen.eu/das-projekt> (7.11.2013).
2Vgl. die Tagung “Networks of Infrastructure and the Phantom Borders in East Central Europe”, Bericht unter <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4506&count=4314&recno=1&sort=datum&order=downm&order=down> (7.11.2013).
3 Vgl. dazu Katrin Steffen: Jüdische Polonität. Ethnizität und Nation im Spiegel der polnischsprachigen jüdischen Presse 1918-1939, Göttingen 2004.


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