Hamburgisches Doktorandenkolloquium (Mittelalter): Neue Forschungen zur Ordens- und Hansegeschichte

Hamburgisches Doktorandenkolloquium (Mittelalter): Neue Forschungen zur Ordens- und Hansegeschichte

Organisatoren
Historisches Seminar, Arbeitsbereich Mittelalter, Universität Hamburg
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.07.2013 - 20.07.2013
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Von
Joachim Laczny, Historisches Seminar, Universität Hamburg

Am 19. und 20. Juli 2013 fand an der Universität Hamburg das „Hamburgische Doktorandenkolloquium (Mittelalter)“ zur Thematik „Neue Forschungen zur Ordens- und Hansegeschichte“ statt, um dort erstmalig Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher unter dem Motto „Von Promovierenden für Promovierende“ zusammenzuführen. In seiner Begrüßung betonte Jürgen Sarnowsky (Hamburg) vor den sieben Vortragenden und 21 Teilnehmenden die lange Tradition der Hanse- und Ordensforschung, wobei er auch auf die wachsende Bedeutung der Nachwuchsforen bei Tagungen des Hansischen Geschichtsvereins und bei Ordines Militares-Tagungen, Toruń, hinwies, um anschließend die Begegnung von ausschließlich Promovierenden und B.A./M.A.-Studierenden bei der zu eröffnenden Veranstaltung zu befürworten.

Im ersten Vortrag betrachtete FLORIAN DIRKS (Erfurt) außergerichtliche Konfliktlösungen bei Fehden zwischen 1380 und 1480, um einige Schlichtungs-, Deeskalations- und Sanktionsmöglichkeiten im norddeutschen Raum durch Tagfahrten aufzuzeigen. Hierfür wertete er vorwiegend diplomatische Quellen, Rechnungsbücher und historiografische Quellen aus, wobei er sein Augenmerk auf das Erzstift Bremen und das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg lenkte. Tagfahrten konnten in Konflikten nahezu jederzeit angesetzt werden, wobei oftmals pragmatische Treffen, kostengünstiger als die Fehden oder Gerichtsverfahren selbst, auf neutralem Gebiet, wie Brücken oder Fähren, stattfanden und Geistliche nicht selten als Vermittler auftraten.

Für die Stadt Lübeck erörterte ANNA BINDE (Erlangen-Nürnberg) erste Ansätze ihres Dissertationsprojektes zur frühen Entwicklung des dortigen Hafens. Anhand von Chroniken und Urkunden, unterstützt durch Forschungsergebnisse der Archäologie sowie einer Bewertung der Topografie und Bodenkunde, erfolgte zunächst eine Gliederung der Stadt- und damit einhergehend der Bedeutungsentwicklung des Hafens in vier Phasen von 1143 bis 1225, um zukünftig unterschiedliche Aspekte der Infrastruktur, aber auch der Verwaltung, näher betrachten zu können.

Anschließend stellte ANN-MAILIN BEHM (Hamburg) ihr Dissertationsvorhaben zu den Testamentsbeständen von 1450 bis 1499 vor. Beinahe 2.000 Pergamente Lübecker Kaufleute und Fernhändler, in mittelniederdeutscher Sprache verfasst, sind hierfür mittels Datenbank auszuwerten, um die Beziehungsgeflechte der familiären und gesellschaftlichen Strukturen, der Geschäftsvernetzung sowie auch der Vernetzungen der Kaufleute vor Ort aufzuzeigen.

MATTHIAS STANDKE (Dresden) fokussierte in seinen Ausführungen die Gottesfreundschaft, wobei er die Ordensgründerlegenden Norberts von Xanten exemplarisch als narratives Problemfeld von Freundschaft ausmachte. Hierbei schließt Gottesfreundschaft zwischen dem zukünftigen Heiligen und Gott alle weiteren sozialen Bindungen (vasallitisch, familiär etc.) aus, sodass der Aushandlungsprozess eine sukzessiv zunehmende Partizipation an der Transzendenz bei gleichzeitiger Abnahme immanenter Beziehungen bedeutet.

Nachfolgend ging DMITRIY WEBER (St. Petersburg) in seinem Vortrag auf zahlreiche Gründe für die Destabilisierung des livländischen Ordenszweiges am Vorabend der Säkularisation zwischen 1550 bis 1560 ein, um hierbei Außen- und Innenaspekte der identifizierten Krise näher zu beleuchten, wie den Livländischen Krieg oder die Rolle des Landmeisters Wilhelm von Fürstenberg sowie die Wahl Gotthard Kettlers. Eine detaillierte Aufstellung zahlreicher Personen in den jeweiligen Funktionen noch zu Ordenszeiten und nach 1561/62 rundete die Ausführungen ab.

Anhand der Quellenlage, vorwiegend von rund 500 Besitz- und Güterurkunden aus dem Zeitraum von 1219 bis 1450 erforscht CORNELIA EBERLEIN (Berlin) Interaktionen zisterziensischer Frauenklöster des südlichen Ostseeraumes mit deren Umwelt. Dieses geschieht für Neukloster, dem ersten Frauenkloster in der Herrschaft Mecklenburg, und Zarrentin, dem ersten Frauenkloster in der Grafschaft Schwerin, wobei insbesondere die Einbindung der Frauenklöster vor Ort anhand von Übertragungsvorgängen, von der Herrschaftssituation und von einer postulierten Durchlässigkeit der Klostermauern einer genauen Auswertung unterliegt.

Abschließend berichtete STEFAN STRIEGLER (Greifswald) von seinem Dissertationsprojekt, in welchem er der Raumwahrnehmung hinsichtlich Konstruktion, Wahrnehmung und Kommunikation im südöstlichen Ostseeraum nachgeht. Hierbei stehen neben Urkunden, Chroniken und vereinzelten Einträgen in Rechnungsbüchern vor allem die „Litauischen Wegeberichte“ (1384–1402) des Deutschen Ordens im Zentrum der Untersuchung.

Der Gedankenaustausch der Diskutantinnen und Diskutanten im Verlauf der thematisch eingegrenzten Veranstaltung zeichnete sich durch rege und quellenkundige Beiträge, teilweise mit interdisziplinären Forschungsansätzen, aus. Von daher wäre eine Fortführung des „Hamburgischen Doktorandenkolloquiums (Mittelalter)“ unter dem Motto „Von Promovierenden für Promovierende“ in zwei Jahren nicht abwegig.

Konferenzübersicht

Jürgen Sarnowsky (Hamburg): Begrüßung

Sektion 1

Moderation: Joachim Laczny

Florian Dirks (Erfurt): Sühnen, tagen, Frieden schließen. Die Beilegung von Konflikten zwischen Weser und Elbe auf Tagfahrten 1380–1480

Anna Binde (Erlangen-Nürnberg): Der Lübecker Hafen im 12. und frühen 13. Jahrhundert

Ann-Mailin Behm (Hamburg): Soziale Netzwerke Lübecker Kaufleute im Spiegel ihrer Testamente 1450–1499

Sektion 2

Moderation: Cordula Franzke

Matthias Standke (Dresden): sanctitas et communitas. Freundschaft zum heiligen Ordensgründer als (De-)Stabilisator der Gemeinschaft

Dmitriy Weber (St. Petersburg): Der Deutsche Orden in Livland am Vorabend der Säkularisation

Sektion 3

Moderation: Joachim Laczny

Cornelia Eberlein (Berlin): Kloster und Welt. Die Interaktion zisterziensischer Frauenklöster des südlichen Ostseeraums mit ihrer Umwelt im Spätmittelalter. Neukloster und Zarrentin

Stefan Striegler (Greifswald): Von der kognitiven zur physischen Karte. Raumwahrnehmung und Orientierung im südöstlichen Ostseeraum (10.–16. Jh.)


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