Orte der Zuflucht und personeller Netzwerke: Der Campo Santo Teutonico und der Vatikan 1933–1955. Internationale Tagung zum 125-jährigen Bestehen des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft

Orte der Zuflucht und personeller Netzwerke: Der Campo Santo Teutonico und der Vatikan 1933–1955. Internationale Tagung zum 125-jährigen Bestehen des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft

Organisatoren
Römisches Institut der Görres-Gesellschaft (RIGG); in Kooperation mit der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz; unter Schirmherrschaft der „Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia e Storia dell’Arte in Roma“
Ort
Città del Vaticano
Land
Vatican City State (Holy See)
Vom - Bis
21.03.2013 - 23.03.2013
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Von
Clemens Brodkorb, Archiv der Deutschen Provinz der Jesuiten in München

MICHAEL MATHEUS, bei dem die Konzeption der Tagung gelegen hatte, führte zunächst in die Thematik ein. Er wies darauf hin, dass seit Klaus Vogts einschlägiger zweibändiger Studie „Zuflucht auf Widerruf. Exil in Italien 1933–1945“ (Stuttgart 1989–1993) zwar hinlänglich bekannt sei, dass nach 1933 aus dem nationalsozialistischen Machtbereich über 20.000 Juden und Nichtjuden nach Italien emigriert sind und sich viele – allerdings oft nur vorübergehend – dort aufgehalten haben und dass auch im Vatikanstaat und in exterritorialen Einrichtungen, wie dem Campo Santo Teutonico, politische Flüchtlinge unterschiedlicher Nationen Zuflucht gefunden haben. Eine intensivere Beschäftigung mit der Thematik stehe aber noch aus. Die hier berichtete Tagung sollte – unter besonderer Berücksichtigung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – dazu beitragen, diese Forschungslücke zumindest teilweise zu schließen.1

Unter den insgesamt etwa 3000 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die im deutschsprachigen Machtbereich der Nationalsozialisten aus politischen oder rassischen Gründen ihre beruflichen Positionen verloren, bildeten die auf der Tagung behandelten Personen zwar eine überschaubare, gleichwohl aber ausgesprochen profilierte Gruppe. Behandelt wurden vor allem solche Persönlichkeiten, die seit den 1930er-Jahren in den genannten Einrichtungen tätig waren und nach 1945 bei der Etablierung bzw. Ausweitung wissenschaftlicher Netzwerke, auch über Italien hinaus, eine Rolle spielten. Diesbezüglich stand vor allem die Frage im Raum, wie solche Netzwerke in Rom vorgeprägt worden sind.

Ein bewusst gewählter interdisziplinärer Ansatz führte Referenten verschiedener kulturgeschichtlicher Disziplinen zusammen. Ziel der Tagung war nicht zuletzt, Fragen zu stellen etwa danach, wie unter den konkreten (schwierigen) Bedingungen des gewählten Zeitraums in Rom wissenschaftliche Kontakte geknüpft oder auch aufrecht erhalten werden konnten oder auch die erzwungene Distanzierung von deutschen Einrichtungen zur Intensivierung von Kontakten zu italienischen oder anderen Einrichtungen führte. Nicht nur die wissenschaftlichen Inhalte sollten also in den Blick genommen werden, sondern auch die Transferprozesse und Einbindungen in die verschiedenen Netzwerke.

CHRISTOF DIPPER (Darmstadt) skizzierte in seinem grundlegenden Referat über deutsches Exil im faschistischen Italien die allgemeinen Rahmenbedingungen und die Forschungssituation. Seine Ausführungen machten deutlich, welche Typenvielfalt unter den Begriffen Exil und Emigration subsumiert wird. Er bündelte seine Darstellung in zwei Thesen, wonach zum einen im Falle Italiens ein klarer Widerspruch zwischen subjektiver Befindlichkeit und objektiver Situation geherrscht habe („Die Lage war schlechter als die Stimmung.“). Ferner zeigte er unter einer zweiten These auf, dass nach Italien eher unpolitische Menschen flohen, wobei der Kulturfaktor, aber auch die weitgehend formlose Einreisemöglichkeit eine Rolle spielte. Dies erklärt zumindest teilweise, warum vom Nationalsozialismus Bedrohte ausgerechnet in das einzige faschistisch regierte Land flohen. Freilich verschärfte sich die Lage der Flüchtlinge zunehmend, zumal für die jüdischen Flüchtlinge schlagartig seit Herbst 1938.

RUDOLF MORSEY (Neustadt an der Weinstraße) behandelte in seinem Referat über Prälat Ludwig Kaas (1881–1952) einen jener Politiker, die Kontakte zu den Wissenschaftlern pflegten, die im Mittelpunkt der Tagung standen. Der Kanonist und Zentrumspolitiker, seit 1933 in Rom, war bei den Zeitgenossen wegen seiner frühen „Flucht aus Deutschland“ umstritten. Heute sei aber verständlicher, dass er von Rom aus seinem Land und seiner Kirche wirksamer habe dienen können, als ihm das in der Heimat möglich gewesen wäre. Von einer weiteren Öffnung vatikanischer Archive verspricht sich Morsey, dass die Beratertätigkeit von Kaas für Eugenio Pacelli deutlicher als bisher zu Tage treten wird.

GÜNTHER WASSILOWSKY (Linz) beschäftigte sich mit dem Breslauer und späteren Bonner Kirchenhistoriker Hubert Jedin (1900–1980), einem der markantesten Beispiele aus dem Spektrum der auf der Tagung behandelten Wissenschaftler. Jedin verbrachte mehr als zehn Jahre seines Lebens als Flüchtling im Campo Santo. In der Rückschau auf sein Leben stellte er selbst einen Zusammenhang zwischen seinem Schicksal und seinem enormen Werk her. Einerseits bot ihm der erzwungene lange Aufenthalt in Rom die Gelegenheit, in ungewöhnlichem Umfang an den Quellen der vatikanischen und italienischen Archive zu arbeiten. Andererseits war er auch angetrieben von dem Ehrgeiz, die nationalsozialistische Rassenideologie mit seiner eigenen Biographie zu falsifizieren.

Die erzwungene Distanzierung von den deutschen Instituten in Rom (mit Ausnahme des Deutschen Historischen Instituts) führte zu einer Intensivierung der Beziehungen Jedins zu Italienern und Nichtdeutschen, die in den Vatikanischen Archiven arbeiteten. Vor allem während seines vierten und längsten Rom-Aufenthalts seit Anfang November 1939 verstärkte Jedin seine Kontakte nach außen, insbesondere zu den beiden Jesuitenprofessoren an der Päpstlichen Universität Gregoriana, dem Archäologen und späteren Direktor des RIGG, Pater Engelbert Kirschbaum, und dem Mediävisten, Pater Friedrich Kempf. Im Campo Santo galt er als „Allvater“ und Seele des Hauses, der die Lücke ausfüllte, die der wissenschaftlich nicht interessierte Rektor Hermann Stoeckle hinterließ.

GREGOR WAND (Potsdam) befasste sich mit dem deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Diego von Bergen (1920–1943), ausgehend von der Kritik Ernst von Weizsäckers an seinem Amtsvorgänger, der ihn für einen „Karrierediplomaten“ hielt und ihm „taktisches Stillsitzen“ sowie Initiativlosigkeit vorhielt. In der historischen Forschung ist seine Person bisher eher vernachlässigt, obwohl die Quellenlage mittlerweile durchaus passabel ist. Wand plädierte für eine Neubewertung von Bergens im Lichte der Quellen.

Der sich anschließende Vortrag von ANSELM DOERING-MANTEUFFEL (Tübingen) widmete sich dem Amtsnachfolger von Bergens, Ernst von Weizsäcker (1943–1945). Dieser sei ein Staatsbeamter gewesen, der zwar über klare ethische Maßstäbe verfügt, aber weder die Kraft noch den persönlichen Mut aufgebracht habe, entschieden zu diesen Maßstäben zu stehen. Zweifellos sei Weizsäcker im Auswärtigen Amt seit 1938 in ein System des Verbrechens hinein geglitten, was er einerseits spürte, sich andererseits aber nicht eingestand. Der Wechsel auf den Posten des Vatikanbotschafters 1943 ist deshalb auch als Flucht zu verstehen, mit der er den „Dienst“ des Diplomaten verwob. Andererseits sei charakteristisch für Weizsäcker gewesen, dass er dem eigenen Fortkommen den Vorrang einräumte vor der Umsetzung seiner kritischen Meinung in persönlich verantwortliches Handeln. In seiner Person verschmolzen in gewisser Weise Tragik und Schuld.

Dies zeigte sich auch im nächsten Referat von KARL-JOSEPH HUMMEL (Bonn), der die Zeit von Weizsäckers „im Schutz des Vatikans“ (Juni 1943 bis 26. August 1946) in den Blick nahm. Er hob hervor, dass zweifelsohne unter totalitären Diktaturen eine gewisse Tragik darin besteht, dass ohne ein bestimmtes Maß des Mitwirkens kaum Möglichkeiten des Widerstandes gegeben sind. Trotz der erwiesenen Bemühungen von Weizsäckers um den Schutz der Stadt Rom, des Vatikans und der jüdischen Gemeinde kam auch Hummel zu dem Ergebnis, dass dieser sein Doppelspiel verloren habe. Die konstruierte Martyrerrolle und die Widerstandslegende, die seine Verteidiger und die Familie nach 1945 entwickelten, konnten vor seinem Gewissen nicht bestehen.

STEFAN HEID (Città del Vaticano) referierte die Geschichte des RIGG zwischen 1933 und 1955. Er identifizierte drei institutionsgeschichtliche Phasen, bestimmt durch die Amtszeiten der Direktoren: Johann Peter Kirsch (1926–1937/38), Hermann Maria Stoeckle (1937/38–1949) und Pater Engelbert Kirschbaum SJ (1949–1960). Während für die Amtszeit von Kirsch eine Blütezeit der professionellen Vernetzung auszumachen sei, charakterisierte Heid die Amtszeit von Stoeckle als eine Zeit des „sanften Entschlafens“. Stoeckle, der kein Gelehrter war und wenig wissenschaftliches Interesse zeigte, muss andererseits zu Gute gehalten werden, dass er in einer „lautlosen Standhaftigkeit“ das Überleben des Instituts über die Kriegszeit hinweg ermöglicht hat. Eine Neukonstituierung und neue Blüte hob jedoch erst mit der Übernahme des Direktorenamtes durch den Jesuitenpater Engelbert Kirschbaum an.

PAOLO VIAN (Rom) würdigte die Brüder Mercati: Giovanni (1866–1957), seit 1919 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek, und Angelo (1870–1955), seit 1925 Präfekt des Vatikanischen Geheimarchivs, in ihrer Bedeutung für die deutschsprachige Wissenschaft. Beide hatten als führende Repräsentanten des Vatikans und als Gelehrte große Bedeutung für zahlreiche deutsche Gelehrte verschiedenster Disziplinen, aber auch für die deutschen wissenschaftlichen Institute in Rom.

MICHAEL MATHEUS (Mainz) schilderte das Schicksal der deutschen wissenschaftlichen Institute in Italien und die damit zusammenhängende Rolle von Vatikan und Campo Santo in der Nachkriegszeit (1945–1953). Ausgehend von der Feststellung, dass diese Institute Ausdruck einer einzigartigen Forschungslandschaft waren und sind, beschrieb er den Kampf um die Rückgabe der Institute nach dem Krieg, etwa die deutschen Interventionen an der Kurie, darunter die des Nobelpreisträgers Heisenberg oder die Romreisen Adenauers, für den der Umgang mit den deutschen Instituten als Gradmesser für die Bereitschaft der Alliierten und der Republik Italien galt, die Bundesrepublik wieder als gleichberechtigt in der Völkerfamilie zu behandeln.

LUDWIG SCHMUGGE (Rom) sprach über Stephan Kuttner (1907–1996), den er als bedeutendsten Kanonisten des 20. Jahrhunderts, den „Papst“ der Kanonistik zwischen Deutschland, dem Vatikan und den USA, einführte. Kuttner verbrachte entscheidende Jahre seines Lebens in Rom. Im April 1934 erhielt er auf Intervention Eugenio Pacellis eine Anstellung an der Bibliotheca Apostolica Vaticana. Am Beispiel der Familie Kuttner konnte Schmugge eindrucksvoll das vatikanische Engagement für die rassisch Verfolgten aufzeigen. Zweifelsohne sind Kuttners später geknüpfte Netzwerke in den USA entscheidend in den römischen Jahren vorgeprägt worden.

JOHAN ICKX (Città del Vaticano) referierte über die Geschichte der Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes beim Campo Santo Teutonico im Zweiten Weltkrieg. Als Archivar der Bruderschaft tat er dies am Beispiel einiger neu erschlossener Archivalien, darunter des Congregationsbuchs der Erzbruderschaft und des Zelebrationsbuchs der Kollegspriester, das etwa die Anwesenheit des Iren Hugh O’Flaherty nachweist.

Der Präfekt des Vatikanischen Geheimarchivs, Bischof SERGIO PAGANO CRSP (Città del Vaticano), zeichnete in seinem Vortrag Leben und Werk des Priesters und Gelehrten Hermann Hoberg (1907–1992) nach, der bereits 1938 als Stipendiat der Görres-Gesellschaft nach Rom gekommen und Mitglied des Priesterkollegs am Campo Santo geworden war. 1956–1980 Vizepräfekt des Vatikanischen Geheimarchivs, erwarb er sich unschätzbare Verdienste für zahllose deutschsprachige Wissenschaftler, die dort, durch ihn eingeführt und begleitet, ihre Forschungen betrieben.

Der Vortrag von ARNOLD NESSELRATH (Città del Vaticano) widmete sich mit Deoclecio Redig De Campos einem der bedeutendsten Generaldirektoren der Vatikanischen Museen. Unter dem teilweise in Berlin sozialisierten Brasilianer De Campos sind mehrere bedeutende Restaurierungen erfolgt. Er unterhielt vielfältige Verbindungen zu deutschen Wissenschaftlern.

KLAUS SCHATZ (Frankfurt am Main), selbst Jesuit und Kirchenhistoriker an der Ordenshochschule Sankt Georgen, würdigte seinen Mitbruder, den Mediävisten und Papsthistoriker Friedrich Kempf (1908–2002), der 40 Jahre in Rom gelebt hat. 1948/49–1978 Professor für mittelalterliche Kirchengeschichte an der Päpstlichen Universität Gregoriana, war er Mitherausgeber des „Archivum Historiae Pontificiae“ und gehörte zu den geistigen Vätern des mit dem Namen Hubert Jedin verbundenen, im Verlag Herder erschienenen Handbuchs der Kirchengeschichte (7 Bde., Freiburg 1962–1979).

DOMINIK BURKARD (Würzburg) behandelte in seinem Vortrag den Braunsberger und Tübinger Kirchenhistoriker Karl August Fink (1904–1983), der zwölf Jahre im Priesterkolleg am Campo Santo wohnte und 1932–1935 dessen Vizerektor war. Für Fink, der sich Vorwürfen ausgesetzt sah, er sei in der NS-Zeit zu parteinah gewesen, spielte Rom eine zentrale Rolle auf seinem Lebensweg. Dort pflegte er Kontakte und Netzwerke. Sein Führer durch das Vatikanische Geheimarchiv (Das Vatikanische Archiv. Einführung in die Bestände und ihre Erforschung, 1943, 2. verm. Aufl. 1951) hat unzähligen Wissenschaftlern das Archiv und seine Bestände erschlossen.

NORBERT M. BORENGÄSSER (Bonn) stellte wissenschaftliche Netzwerke in Deutschland, Italien und in den USA vor, die von in Rom forschenden Schülern des Kirchenhistorikers, Religionswissenschaftlers und Christlichen Archäologen Franz Joseph Dölger (1879–1940) geknüpft wurden. 1909–1910 selbst als Stipendiat am Campo Santo, war Dölger später unter anderem Mitglied der Päpstlichen Kommission für Christliche Archäologie und der Pontificia Accademia Romana di Archeologia. Der bedeutendste Hüter der Dölger-Tradition und wichtigster katholischer Wissenschaftsmanager nach dem Krieg war Theodor Klauser (1894–1984), dessen spannungsvolles Verhältnis zu dem 1938 nach Washington ausgewanderten Johannes Quasten (1900–1987) Borengässer besonders hervorhob.

Die beiden letzten Referate im Tagungsprogramm nahmen schließlich zwei der damals eher seltenen Wissenschaftlerinnen in den Blick. ANNETTE B. VOGT (Berlin) befasste sich mit der Wissenschaftshistorikerin Anneliese Maier (1905–1971), die zwischen Bibliotheca Hertziana, Vatikan und Campo Santo Teutonico vielfältige Netzwerke pflegte. 1938–1943 war sie DFG-Stipendiatin an der Bibliotheca Hertziana (damals Kaiser-Wilhelm-Institut für Kunstgeschichte), 1943–1944 dort Assistentin und Bibliotheksleiterin. Nach der alliierten Besetzung Roms arbeitete sie 1944–1949/50 für die Bibliotheca Vaticana. 1954 wurde sie wissenschaftliches Mitglied der Max-Plank-Gesellschaft.

PAUL ZANKER (Rom) stellte schließlich die klassische Archäologin Hermine Speier (1898–1989) vor. Unter Ludwig Curtius war Speier am Deutschen Archäologischen Institut mit dem Aufbau eines Fotoarchivs betraut und gilt deshalb als erste archäologische Fotothekarin. Als sie als Jüdin 1934 ihre Stellung verlor, erhielt sie – als erste Frau im Vatikan überhaupt – eine Anstellung an den Vatikanischen Museen. Hier arbeitete sie später an der Betreuung der antiken Denkmäler mit, wo ihr bedeutende Entdeckungen gelangen.

MICHAEL MATHEUS (Mainz) fasste die Ergebnisse der Tagung abschließend kurz zusammen. Die im Rahmen der Tagung gehaltenen Referate sollen zeitnah publiziert werden.

Fazit: Die Tagung befasste sich mit einem Forschungsdesiderat deutsch-italienischer Wissenschaftsgeschichte. Zwar war bisher in Ansätzen schon bekannt gewesen, dass im exterritorialen Collegio Teutonico nach 1933 deutschsprachige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Zuflucht gefunden hatten, doch stand eine intensivere Beschäftigung mit diesem Thema noch aus. In insgesamt 19 Vorträgen haben die Referenten dies sowohl in der Breite der Thematik (interdisziplinärer Ansatz, Vielfalt von Phänomenen und Motiven, die mit der Zufluchtnahme in Rom verbunden war) als auch in der Tiefe der Darstellung (für die vielfach neue Forschungen und Quellenstudien betrieben worden sind) auf eindrucksvolle Weise unternommen. Es konnte gezeigt werden, dass der Campo Santo als Zufluchtsort nicht nur Ausgangspunkt enormer persönlicher wissenschaftlicher Leistungen, sondern auch ein Zentrum richtungweisender Netzwerkbildung gewesen ist. In dem Maße, in dem deutsche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von den Kolleginnen und Kollegen sowie der wissenschaftlichen Infrastruktur der Heimat abgeschnitten waren, suchten und fanden sie neue Verbindungen zu italienischen und anderen nichtdeutschen, vor allem in den vatikanischen Einrichtungen tätigen Forscherinnen und Forschern und legten somit auch die Grundlage für Netzwerke, die über die Zeit des Zweiten Weltkrieges hinaus Bestand hatten und weiter wuchsen. Nicht zuletzt ermöglichten sie so manche Aufbrüche in der Wissenschaftslandschaft der Nachkriegszeit.

Konferenzübersicht:

Einführung

Hans-Peter Fischer (Collegio Teutonico, Città del Vaticano): Grußwort

Stefan Heid (Römisches Institut der Görres-Gesellschaft, Città del Vaticano): Grußwort

Richard Bösel (Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia et Storia dell’Arte in Roma): Grußwort

Michael Matheus (Johannes-Gutenberg-Universität Mainz): Einführung zum Thema

I. Sektion: Zuflucht in Italien und im Vatikan
Sektionsleitung: Martin Baumeister (Deutsches Historisches Institut Rom)

Christof Dipper (Technische Universität Darmstadt): Flüchtlinge, Juden, Auslandsdeutsche – oder was? Das faschistische Italien als „Zuflucht auf Widerruf“

Rudolf Morsey (Neustadt an der Weinstraße, Kommission für Zeitgeschichte Bonn): Prälat Ludwig Kaas (1881–1952) – sicher, aber heimatlos im Vatikan

Günther Wassilowsky (Katholisch Theologische Privatuniversität Linz): Der „Allvater“ im Campo Santo Teutonico: Hubert Jedin (1900–1980)

II. Sektion: Diplomaten im Vatikan
Sektionsleitung: Lutz Klinkhammer (Deutsches Historisches Institut Rom)

Gregor Wand (Universität Potsdam): Diego von Bergen. Deutscher Botschafter beim Heiligen Stuhl 1920–1943

Anselm Doering-Manteuffel (Universität Tübingen): Flucht oder Dienst? Ernst von Weizsäcker 1943–1945

Karl-Joseph Hummel (Kommission für Zeitgeschichte Bonn): Im Schutz des Vatikans. Ernst von Weizsäcker, Juni 1943–26. August 1946

III. Sektion: Wissenschaft zwischen Kontinuität und Neuanfang
Sektionsleitung: Rudolf Schieffer (München/Bonn)

Stefan Heid (Römisches Institut der Görres-Gesellschaft, Città del Vaticano): Prägende Zeiten: das Römische Institut der Görres-Gesellschaft 1933–1955

Paolo Vian (Roma): I fratelli Mercati e il mondo scientifico di lingua tedesca

Michael Matheus (Johannes-Gutenberg-Universität Mainz): Vatikan, Campo Santo und der Kampf um die deutschen wissenschaftlichen Institute in Italien (1945–1953)

Ludwig Schmugge (Rom): Stephan Kuttner (1907–1996). Der „Papst“ der Kanonistik zwischen Deutschland, dem Vatikan und den USA

Johan Ickx (Archiv des Staatssekretariats, Città del Vaticano): Die Erzbruderschaft des Campo Santo Teutonico im Zweiten Weltkrieg

IV. Sektion
Sektionsleitung: Bernard H. Stolte (Rijksuniversiteit Groningen)

Sergio Pagano CRSP (Archivio Segreto Vaticano, Città del Vaticano): Hermann Hoberg (1907–1992), Vice-Prefetto dell’Archivio Segreto Vaticano

Arnold Nesselrath (Musei Vaticani, Città del Vaticano): Der Generaldirektor der Vatikanischen Museen Deoclecio Redig De Campos und die deutsche Wissenschaft

Klaus Schatz SJ (Sankt Georgen, Frankfurt am Main): Friedrich Kempf (1908–2002). Mediävist und Papsthistoriker

Dominik Burkard (Universität Würzburg): „... ein ebenso rabiater Kirchenmann wie Nationalist?“ Der Kirchenhistoriker Karl August Fink (1904–1983) und die deutsche Geschichtswissenschaft in Rom

V. Sektion
Sektionsleitung: Stefan Heid (Römisches Institut der Görres-Gesellschaft, Città del Vaticano)

Norbert M. Borengässer (Universität Bonn): Dölger-Schüler in Rom. Wissenschaftliche Netzwerke zwischen Deutschland, Italien und den USA

Annette B. Vogt (Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin): Die Wissenschaftshistorikerin Anneliese Maier (1905–1971) zwischen Bibliotheca Hertziana, Vatikan und Campo Santo Teutonico

Paul Zanker (Rom): Die erste Wissenschaftlerin im Vatikan: die Archäologin Hermine Speier (1898–1989)

Anmerkung:
1 Ein ausführlicher Tagungsbericht ist zu finden unter <http://www.goerres-gesellschaft-rom.de/veranstaltungen/tagungen/339-nachlese-ii-zur-jubeltagung-des-rigg> (07.05.2013).


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