Neue Wege − neue Themen − neue Methoden? Ein Querschnitt aus der geschichtsdidaktischen Nachwuchsforschung

Neue Wege − neue Themen − neue Methoden? Ein Querschnitt aus der geschichtsdidaktischen Nachwuchsforschung

Organisatoren
Tobias Arand, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg; Manfred Seidenfuß, Pädagogische Hochschule Heidelberg; Konferenz für Geschichtsdidaktik (KGD)
Ort
Ludwigsburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
02.10.2012 - 04.10.2012
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Von
Andrea Kolpatzik, Westfälische Wilhelms-Universität Münster / Lale Yildirim, Universität zu Köln

Neue Wege, neue Themen, neue Methoden: Das Thema der 6. Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik (KGD) war zugleich ihr Leitsatz. 26 Nachwuchsforscher/innen diskutierten vom 2. bis 4. Oktober 2012 in der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg unter der Leitung von TOBIAS ARAND (Ludwigsburg) und MANFRED SEIDENFUSS (Heidelberg) die Frage nach der Innovation aktueller Forschungsprojekte der Geschichtsdidaktik.

Traditionell ist diese Tagung ein bundesweites Forum des Austausches für Nachwuchswissenschaftler/innen.1 Der Status quo und die Perspektiven geschichtsdidaktischer Forschungsprojekte werden diskutiert, die Teilnehmer unterstützen sich bei der Planung, Durchführung und Beurteilung (empirischer) Untersuchungen.

Angesichts des disparaten Stands der präsentierten Forschungsarbeiten, deren Status quo vom Werkstattbericht über fast fertiggestellte Dissertationsprojekte bis zur Vorstellung von Habilitationsprojekten reichte, soll es hier darum gehen, gemäß des Leitsatzes der Tagung das von den Referenten herausgearbeitete Innovationspotenzial ihrer Forschungsprojekte darzulegen.

Mit Geschichtsvorstellungsforschung, Geschichtsunterricht, Geschichtskultur, interkulturellem Lernen und historischem Lernen mit digitalen Medien (Internet und Film) rekurrierten die Programmpunkte schlagwortartig auf geschichtsdidaktische Forschungsfelder, die von den Referenten unter der Prämisse eines neuen theoretischen oder methodischen Zugriffs differenziert erschlossen wurden. Mit dieser Ausrichtung gelang es den Veranstaltern, Forschungsfelder zu vernetzen, die in der Disziplin überwiegend Gegenstände eigenständiger Tagungen und Konferenzen sind, und dadurch einen breiten geschichtsdidaktischen Diskurs zu ermöglichen.2

„Quo venis Geschichtsdidaktik?“

Dass der komplexe Zugriff über neue Wege, Themen und Methoden für eine Nachwuchstagung angemessen sein kann, arbeitete WOLFGANG HASBERG (Köln) in seinem Einführungsvortrag heraus. Er fragte provokant: „Quo venis Geschichtsdidaktik?“ Seine Überlegungen zur Ausrichtung der Geschichtsdidaktik – in seinen Worten: „Was bedeutet es, Geschichtsdidaktiker zu werden und zu sein?“ – warfen Fragen nach theoretischen Grundlagen sowie Forschungsmethoden der Disziplin auf und setzten Impulse für vertiefende Diskussionen.

Das Plenum „Inklusion und historisches Lernen“ unter der Leitung von TOBIAS ARAND (Ludwigsburg) widmete sich einem bisher in der Geschichtsdidaktik eher zaghaft angegangenen Forschungsgebiet. KERSTIN MERZ-ATALIK (Ludwigsburg), Professorin für Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung, führte aus allgemeinpädagogischer Perspektive in die Thematik Inklusion ein. SEBASTIAN BARSCH (Köln) fokussierte geschichtsdidaktische Fragestellungen. Er betonte, dass Diversität, Heterogenität und Inklusion in der Disziplin zwar beliebte Forschungsfelder seien, empirische Studien zu historischem Denken von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf jedoch fehlten.3 In einer Interventionsstudie untersucht Barsch, inwiefern Geschichtsunterricht Einfluss auf historische Vorstellungen dieser Schülerschaft nehmen kann. Die präsentierten Befunde lassen auf einen eher geringen Einfluss schließen und deuten darauf hin, dass die Probanden über kein Chronologieverständnis verfügen.

Vorstellungsforschung: Was Lehrer und Schüler über Geschichte wissen und können

Die erste Sektion unter der Leitung von WOLFGANG HASBERG (Köln) widmete sich der Geschichtsvorstellungsforschung. GEORG KANERT (Heidelberg), INDRE DÖPCKE (Oldenburg) und FLORIAN BASEL (Eichstätt-Ingolstadt) fokussierten in ihren Vorträgen den Geschichtsunterricht und die dahinter stehende Frage nach Faktoren für das Gelingen „guten“ Geschichtsunterrichts. Mit ihren Forschungsfragen knüpften die Referenten an aktuelle geschichtsdidaktische Forschungsdiskurse an 4: Sie identifizierten das Lehrerhandeln als einen zentralen Faktor für das Gelingen „guten“ Unterrichts und widmeten sich folglich subjektiven Theorien von Geschichtslehrkräften. Georg Kanert warf die Frage nach der Wirksamkeit der baden-württembergischen Geschichtslehrerausbildung auf. Mittels einer standardisierten Fragebogenbefragung erfasst er in einer Langzeitstudie die subjektiven Einschätzungen von Lehrpersonen zum Erreichen unterrichtsrelevanter Standards. Die von Kanert vorgetragenen Befunde deuten darauf hin, dass die befragten Geschichtslehrkräfte die Standards ihrer Ausbildung zwar „vertieft“ haben, diesen in der Berufseinstiegsphase nach Beendigung der Ausbildung im Gegensatz zu überfachlichen Aspekten allerdings einen geringeren Stellenwert zusprechen. In der Folgediskussion wurden die Perspektiven der Geschichtslehrerforschung angeregt diskutiert. Indre Döpcke lenkte den Blick auf das didaktische Potenzial von Umweltgeschichte. Um dessen Bedeutung für Geschichtslehrer zu erforschen, erhob sie Lehrervorstellungen zum Thema „Umweltgeschichte unterrichten“. In einem zweiten Schritt sollen auf Basis dieser Interviewanalysen Leitlinien für die Lehrerausbildung generiert werden. Die präsentierten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Lehrpersonen umweltgeschichtliche Fragestellungen „nicht geläufig“ sind.

Florian Basel befasste sich mit dem kompetenzorientierten Geschichtsunterricht. Er legte seinem Vortrag das „Kompetenz-Strukturmodell historischen Denkens“ zugrunde und analysierte, über welche Kompetenzen Lehrer bei der Förderung und Diagnose eines „kompetenten historischen Denkens“ bei Schülern verfügten.

CHRISTIAN KOHLER (Münster) und STEFANIE PAUFLER-GERLACH (Aachen) konzentrierten sich auf Schülervorstellungen von Geschichte und außerschulische Lernorte. Christian Kohler präsentierte das Theoriekonzept seines Dissertationsprojekts und stellte das Methodendesign zur Diskussion: Mittels Fragebogenerhebung und 13 episodischen Interviews wurden – durch die lokal- und regionalgeschichtlich ausgerichtete mittelalterliche Themenausstellung „Hansestadt“ des Stadtmuseums Münster stimuliert – Schülervorstellungen über geschichtskulturelle Kommunikation im Museum erhoben. Stefanie Paufler-Gerlach präsentierte das Design ihres Dissertationsprojektes. Im Rahmen einer Bildungskooperation zwischen dem Essener Ruhr Museum und einer Gesamtschule erhebt sie am thematischen Beispiel von Migration mittels besuchsbegleitender Fragebogenerhebungen und in Gruppendiskussionen mit 80 Schülern der achten Jahrgangsstufe Schülervorstellungen über das Museum als außerschulischem Lernort. Die mit ersten empirischen Befunden unterfütterten Fragen ihres Vortrages nach Möglichkeiten des Wissenserwerbs und der Wissensveränderungen bei Schülern durch Museumsbesuche wurden anschließend angeregt diskutiert.

Reflexionen – Grundsätzliche Überlegungen zu Theorie und Praxis

Die zweite Sektion unter der Leitung von MARTIN LÜCKE (Berlin) widmete sich grundsätzlichen Fragen der Geschichtsdidaktik in Theorie und Praxis: LENA DEUBLE und LISA KONRAD (beide Hannover) befassten sich in ihrem Vortrag mit der Frage nach dem Mehrwert von videogestützter Beobachtung für die qualitative Forschung in der Geschichtsdidaktik. Auf der Basis ihres Forschungsprojektes „Vielfalt, Identität, Erzählung“ zu interkulturellem Lernen im Geschichtsunterricht referierten sie über die qualitative Auswertung des Materials und diskutierten dessen Ertrag für geschichtsdidaktische Fragestellungen. CHRISTIANE BERTRAM (Tübingen) stellte das Design und erste Ergebnisse ihrer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Interventionsstudie zur Wirksamkeit von Zeitzeugenbefragungen im Geschichtsunterricht vor. Am thematischen Beispiel der „Friedlichen Revolution in der DDR“ untersucht die Referentin, welchen Einfluss die Arbeit mit Zeitzeugeninterviews auf das Interesse, die historische Methodenkompetenz und das Faktenwissen von Schülern nimmt. OLIVER PLESSOW (Kassel) konzentrierte sich auf die außerschulische Geschichtsvermittlung und deren Bedeutung für historische Bildungsprozesse. In seinem Vortrag, der auf seinem laufenden Habilitationsprojekt basierte, betonte er den Stellenwert des Historischen in der außerschulischen Jugendarbeit, stellte mit „Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste“ und „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ exemplarisch Akteure sowie angebotene Maßnahmen vor und zeigte Möglichkeiten der Strukturierung dieses komplexen Forschungsfeldes auf. ROBERT DITTRICH (Köln) legte den Fokus auf theoretische Überlegungen: In einem disziplingeschichtlichen Zugriff arbeitete er die paradigmatische Bedeutung des Bildungsbegriffs für die geschichtsdidaktische Theoriebildung heraus und warf die Frage nach möglichen Ursachen für die seines Erachtens nach unzureichend erfolgte Integration des Bildungsbegriffes in die geschichtsdidaktische Theorie- und Kompetenzentwicklung auf.

Geschichtskultur – Geschichtsbewusstsein als gesellschaftliches Konstrukt

Die dritte Sektion unter der Leitung von MANFRED SEIDENFUSS (Heidelberg) thematisierte das epistemologische Potenzial des geschichtsdidaktischen Forschungskonzepts der Geschichtskultur. Die Referenten zeigten das facettenreiche Erkenntnispotenzial eines weiten Verständnisses von Geschichtsbewusstsein als gesellschaftliches Konstrukt anhand diachroner und synchroner Fallanalysen auf. MARKUS DRÜDING (Münster) referierte über Möglichkeiten und Grenzen vergleichender Analysen von historischen Festen und Feiern. Am Beispiel von Universitätsjubiläen in der Weimarer Republik präsentierte er erste Ergebnisse seines Dissertationsprojekts. CAROLIN STETTER (Ludwigsburg) lenkte den Blick auf Geschichtskarten als geschichtskulturelle Produkte. Am Beispiel von Geschichtskarten zur deutsch-französischen Geschichte zeigte sie mögliche Zugänge zur Erforschung dieser Quellengattung sowie Möglichkeiten ihrer fachwissenschaftlichen Dekonstruktion auf. SEBASTIAN WEMHOFF (Münster) präsentierte in seinem Vortrag das Untersuchungsdesign seines Dissertationsprojekts zur Erforschung der „Geschichtskultur in der Stadt Straßburg im 19. und 20. Jahrhundert“. Am Beispiel des ehemaligen Kaiserplatzes zeigte er in seiner als Längsschnitt konzipierten Untersuchung exemplarisch geschichtskulturelle Wandlungsprozesse und Brüche im Umgang mit lokaler Geschichte auf.

FRANK BRITSCHE (Leipzig) thematisierte Aspekte aus der regionalen Geschichtskultur Sachsens im 19. Jahrhundert. Anhand von Erinnerungsfeiern, die der Referent als besondere Form des historischen Jubiläums verstand, sei es möglich, zeittypisches Geschichtsbewusstsein und Muster regionaler Identitätskonstruktionen nachzuzeichnen. CLAUDIA LÖFFLER (Erlangen-Nürnberg) stellte abschließend Überlegungen zur Nürnberger Kaiserburg als städtisches Wahrzeichen an. Die Referentin rezipierte ihren Forschungsgegenstand als „identitätsstiftendes Monument“ und warf folglich Fragen nach geschichtskulturellen Produktionsmechanismen regionalspezifischer Sinnzuschreibungen auf.

Vernetzt – Geschichte in den digitalen Medien

Die vierte Sektion unter der Leitung von MARKO DEMANTOWSKY (Basel) beleuchtete das Potenzial digitaler Medien für historisches Lernen: MANUEL ALTENKIRCH (Heidelberg) zeigte in seinem Vortrag Untersuchungsmöglichkeiten (Einträge, Diskussionsbeiträge, Versionsgeschichte) der Konstruktionsprozesse historischer Inhalte von Wikipedia auf und stellte – ausgehend von ersten Ergebnissen seines Dissertationsprojekts – eine Typologie von Autoren der Online-Enzyklopädie zur Diskussion.

JONATHAN PETER (Kassel) lenkte den Blick auf den „Kampf der Erinnerungen“ im World Wide Web. Am thematischen Beispiel von „Résistance – Collaboration“ analysierte er die Motive der Autoren entsprechender Websites, ihre inhaltliche Umsetzung und Muster der Sinnbildung. ULF KERBER (Karlsruhe) befasste sich mit der Frage, inwiefern die historische Medienkompetenz von Lehramtsstudenten durch die Verbindung von historischen Arbeitsweisen und der Nutzung digitaler Medien gefördert werden könne. Für eine fruchtbare Auseinandersetzung mit digitalen Medien sei – so der Referent – die Kombination von Kompetenzen historischen Arbeitens mit Zielen der Medienbildung notwendig. ALEXANDER KÖNIG (Saarbrücken) thematisierte das aufgabenbasierte historische Lernen mit WebQuests. Im Zentrum seines Vortrags stand neben methodischen Fragen und Schwierigkeiten der Datenerhebung im World Wide Web ein originär geschichtsdidaktischer Systematisierungsvorschlag von WebQuests. CHRISTOPH PALLASKE (Köln) präsentierte am Beispiel der Lernplattform „segu“ Überlegungen zu historischem Denken durch selbstgesteuerten-entwickelnden Geschichtsunterricht. Diese Verknüpfung von empirischer Unterrichtsforschung und internetbasierter Planarbeit für offenen Unterricht wurde anschließend angeregt diskutiert.

In der von Marko Demantowsky moderierten Abschlussdiskussion wurden die Perspektiven einer „digitalen Geschichtsdidaktik“ verhandelt. Hier wurde der Bedarf nach theoretischen Konzepten, Begriffen und der Profilierung von Methoden deutlich.

Schauen – Film als Gegenstand und Medium historischen Lernens

Die Sektion unter der Leitung von CHARLOTTE BÜHL-GRAMER (Erlangen-Nürnberg) diskutierte das Potenzial digitaler Medien für historisches Lernen am Beispiel von Geschichte in Film und Fernsehen: ANDREA KOLPATZIK (Münster) thematisierte die Eigenlogik von Geschichtsjournalismus. Am Beispiel des crossmedialen Geschichtsangebots des ZDF, das bereits unter der Regie von Guido Knopp auf den Geschichtsunterricht ausstrahlte 5, zeigte sie in ihrem Vortrag das in der Geschichtsdidaktik bisher empirisch noch wenig erforschte enge Zusammenspiel von Produzenteninteressen, Inhalten und Rezeptionsverhalten geschichtsjournalistischer Formate auf. VERENA NIETHAMMER (Ludwigsburg) präsentierte das methodische Vorgehen für eine interdisziplinäre Analyse von NS-Unterrichtsfilmen. Diese seien – so die Referentin – in der Filmforschung weitgehend unbeachtet und bedürften daher für geschichtsdidaktische Forschungen eines innovativen methodischen Zugangs. BRITTA WEHEN (Oldenburg) rückte die Rezeption von Geschichtsspielfilmen durch Schüler in den Fokus. Am Beispiel des ZDF-Zweiteilers „Schicksalsjahre“ stellte sie erste Überlegungen zu ihrem Design für eine Interventionsstudie vor, in deren Zentrum die Frage nach der Auswirkung der De-Konstruktion einer filmischen Narration auf die Vorstellungen und Narrationsfähigkeit von Schülern/innen steht.

Miteinander statt Nebeneinander – Geschichtslernen in einer globalisierten Gesellschaft

Die Sektion unter der Leitung von BÄRBEL VÖLKEL (Ludwigsburg) widmete sich dem Geschichtslernen in der globalisierten und multiethnischen Gesellschaft: Der Vortrag von MARC ULLRICH (Berlin) basierte auf theoretischen Überlegungen zu einer geschichtsdidaktischen Operationalisierung des kulturwissenschaftlichen Gesellschaftskonzepts der Transkulturalität. Am thematischen Beispiel „Kolonialismus“ analysierte er, welchen Einfluss eine transkulturelle Perspektive auf den Prozess des historischen Lernens nehmen könne.

LALE YILDIRIM (Köln), JAN BREITENSTEIN (Hamburg) und MANUEL KÖSTER (Münster) legten den Fokus auf die Empirie: Lale Yildirim erhebt und vergleicht in einer qualitativ-explorativen Studie an unterschiedlichen Schulformen Geschichtsbewusstsein von Schülern mit und ohne Migrationshintergrund. In ihrem Vortrag veranschaulichte sie den Zusammenhang von Integration, Identität und Geschichtsbewusstsein anhand der Begriffskomposition des „doppelten semi-historischen Bewusstseins“. Jan Breitenstein fokussierte die bisher kaum erforschte Geschichtskultur in Ghana. Bei seinen Ausführungen über Erinnerungsmuster von Lehramtsstudierenden aus Ghana an die Geschichte des Sklavenhandels stützte er sich auf Interviews, die er vor Ort geführt hatte. Manuel Köster befasste sich in seinem Vortrag mit historischem Textverstehen in der multiethnischen Gesellschaft. Am Beispiel des gesellschaftlich stark genormten Themas „Holocaust“ zeigte er, dass historisches Textverstehen ein selektiver und individueller Konstruktionsprozess sei, der auch von textexternen Faktoren wie etwa der Identifikation mit einer bestimmten Gruppe determiniert werde.

Quo vadis, Geschichtsdidaktik?

Insgesamt zeigte die Tagung viele neue Forschungsperspektiven, interessante methodische Zugänge und neue konzeptionelle Ansätze auf. Auf die Ergebnisse der vorgestellten Projekte kann die Geschichtsdidaktik gespannt sein. Den Veranstaltern gelang es gemäß des Leitsatzes dieser Tagung zudem, in Form einer Podiumsdiskussion mit MICHAEL SAUER (Göttingen), Vorsitzender der Konferenz für Geschichtsdidaktik, MARKO DEMANTOWSKY (Basel), KGD-Referent für Öffentlichkeitsarbeit, und KATJA GORBAHN (Aarhus), Post-Doktorandin aus Dänemark, nicht nur neue Themen zu setzen, sondern auch neue Wege zu beschreiten.

Konferenzübersicht:

Einführungsvortrag
Wolfgang Hasberg (Köln): Quo venis? – Betrachtungen zur Zukunft der Geschichtsdidaktik

Sektion 1: Vorstellungen

Georg Kanert (Heidelberg): (Un-)Wirksam? Die Effekte der Geschichtslehrerausbildung in der Berufseinstiegsphase

Christian Kohler (Münster): Wo Geschichte näher rückt – Schülervorstellungen über die Konstruktion von Geschichte im Museum

Indre Döpcke (Oldenburg): Lehrervorstellungen zur didaktischen Strukturierung von umweltgeschichtlichen Themen

Stefanie Paufler-Gerlach (Aachen): „So nah und doch so fern?!“ Schülervorstellungen zum (Lernort) Museum

Florian Basel (Eichstätt-Ingolstadt): Lehrerkompetenzen für einen kompetenzorientierten Geschichtsunterricht

Sektion 2: Reflexionen

Oliver Plessow (Kassel): Studien zum Stellenwert des Historischen in der außerschulischen Jugendarbeit

Lena Deuble/Lisa Konrad (Hannover): Videogestützte Beobachtungen als Chance für die qualitative Forschung in der Geschichtsdidaktik

Robert Dittrich (Köln): Von der Renaissance des Bildungsbegriffs in der Geschichtsdidaktik der PISA-Epoche

Christiane Bertram (Tübingen): Wirksamkeit von Zeitzeugenbefragungen im Geschichtsunterricht. Eine randomisierte Interventionsstudie im Geschichtsunterricht

Sektion 3: Geschichtskultur

Markus Drüding (Münster): Historische Feste und Feiern der Universitäten Göttingen, Leipzig, Münster und Rostock von 1919 bis 1969

Carolin Stetter (Ludwigsburg): „Frankreichs Vordringen an den Rhein“. Schulbuchkarten als Produkte der Geschichtskultur

Sebastian Wemhoff (Münster): Geschichtskultur der Stadt Straßburg im 19. und 20. Jahrhundert

Frank Britsche (Leipzig): Historische Feiern als geschichtskultureller Motor der Erinnerung

Claudia Löffler (Erlangen-Nürnberg): Die Nürnberger Kaiserburg als städtisches Wahrzeichen – eine geschichtskulturelle Analyse

Sektion 4: Vernetzung

Manuel Altenkirch (Heidelberg): Geschichtsschreibung im Digitalen Medium – Konstruktion von geschichtlichen Inhalten in der Wikipedia

Jonathan Peter (Kassel): Résistance – Collaboration. Der Kampf der Erinnerungen im WWW

Ulf Kerber (Karlsruhe): Schritte zur Entwicklung einer historischen Medienkompetenz – Förderung von Medienkompetenz durch digitale Narration bei Lehramtsstudierenden des Fachbereichs Geschichte und Geographie

Alexander König (Saarbrücken): Aufgabenbasiertes historisches Lernen mit WebQuests

Christoph Pallaske (Köln): Historisches Denken durch Selbstgesteuertes Lernen? Entwicklung der Lernplattform „segu“ (selbstgesteuerter-entwickelnder Geschichtsunterricht) und empirische Unterrichtsforschungen zu internetbasierter Planarbeit im Fach Geschichte/Gesellschaftslehre

Podiumsdiskussion: Nachwuchsförderung in der Geschichtsdidaktik – Erfahrungen und Perspektiven
Marko Demantowsky (Basel)
Katja Gorbahn (Aarhus)
Michael Sauer (Göttingen)

Plenum: „Inklusion und historisches Lernen“

Kerstin Merz-Atalik (Ludwigsburg): Einführung in den Gegenstand „Inklusion“

Sebastian Barsch (Köln): Geschichtsbewusstsein von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Sektion 5: Miteinander statt nebeneinander

Lale Yildirim (Köln): Geschichtsunterricht als Wegbereiter der Integration? Geschichtsdidaktische Erhebungen und Erwägungen

Jan Breitenstein (Hamburg): Geschichtskultur global: Lehramtsstudierende aus Ghana erinnern die Geschichte des transatlantischen Sklavenhandels im interkulturellen Dialog

Marc Ullrich (Berlin): Transkulturalität und Kolonialismus – Eine Studie zur Operationalisierung für die Geschichtsdidaktik

Manuel Köster (Münster): Identität und historisches Textverstehen in der multiethnischen Gesellschaft am Beispiel „Holocaust“

Sektion 6: Schauen

Andrea Kolpatzik (Münster): Historisch Denken mit Guido Knopp? Empirische Befunde zum Potenzial journalistischer Erzählschemata für historische Lehr- und Lernprozesse am Beispiel von NS- und DDR-Geschichte

Verena Niethammer (Ludwigsburg): Lehrreiche Geschichten für den Unterricht? Eine interdisziplinäre Studie zum Unterrichtsfilm im Nationalsozialismus

Britta Wehen (Oldenburg): Learning by Viewing – Eine Interventionsstudie zum historischen Lernen durch Geschichtsspielfilme

Anmerkungen:
1 Vgl. zur Leitidee der disziplineigenen Nachwuchsförderung <http://www.historicum.net/kgd/forschung/nachwuchstagung/ > (17.03.2013).
2 Vgl. etwa Susanne Popp u.a. (Hrsg.), Zur Professionalisierung von Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrern. Nationale und internationale Perspektiven. Göttingen 2013 (Beih. ZfGD 5); Dies. (Hrsg.), Zeitgeschichte – Medien – Historische Bildung. Göttingen 2010 (Beih. ZfGD 2).
3 Vgl. HT 2012: Geschichte als Ressource des Menschseins in der Migrationsgesellschaft – und warum ein solches Ideal im Prozess des historischen Lernens unweigerlich Konflikte auslöst. 25.09.2012-28.09.2012, Mainz, in: H-Soz-u-Kult, 25.01.2013, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4639> (09.02.2013).
4 Vgl. Peter Gautschi, Guter Geschichtsunterricht. Grundlagen, Erkenntnisse, Hinweise. Schwalbach/Ts 2009; Johannes Meyer-Hamme/Holger Thünemann/Meik Zülsdorf-Kersting (Hrsg.): Was heißt guter Geschichtsunterricht? Perspektiven im Vergleich. Schwalbach/Ts. 2012; Dirk Urbach: Empirische Geschichtsunterrichtsforschung. 04.09.2012-05.09.2012, Essen, in: H-Soz-u-Kult, 17.01.2013, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4578> (09.02.2013).
5 Vgl. HT 2012: Medialer Geschichtsunterricht: Innovation statt Beliebigkeit - Öffentlich-rechtliche Medien und Geschichte. 25.09.2012-28.09.2012, Mainz, in: H-Soz-u-Kult, 19.12.2012, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4542> (09.02.2013).


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