Vergleich, Transfer, Histoire Croisée im Spannungsfeld von Religion und Politik, 1500 bis 2000

Vergleich, Transfer, Histoire Croisée im Spannungsfeld von Religion und Politik, 1500 bis 2000

Organisatoren
Thies Schulze / Christian Müller, Exzellenzcluster 212 „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne“, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.03.2011 - 25.03.2011
Url der Konferenzwebsite
Von
Debora Gerstenberger, Historisches Seminar; Cláucio Serra Domingues, Exzellenzcluster „Religion und Politik“, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Die 2008 gegründete Arbeitsgruppe „Vergleich und Transfer“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ (WWU Münster) plant einen Sammelband zum Themenfeld „Vergleich, Transfer, Histoire Croisée. Geschichtswissenschaftliche Komparatistik und Kulturtransferforschung anhand von Beispielen aus dem Spannungsfeld von Religion und Politik (1500–2000)“. Hierin sollen einerseits die Forschungsdebatten der historischen Komparatistik und der Kulturtransferforschung aufgegriffen, andererseits das Wechselverhältnis zwischen politischen Institutionen und Religion beleuchtet werden. In der Einführung zum Editorial-Workshop hoben die Organisatoren THIES SCHULZE und CHRISTIAN MÜLLER (beide Münster) hervor, dass nicht nur nationalstaatliche Perspektiven, sondern auch die Grenze zwischen Vormoderne und Moderne überwunden werden sollen. Sie betonten zugleich, dass es darum gehe, sowohl die Chancen und Grenzen von Vergleich, Transfer und Histoire Croisée zu eruieren als auch ihre jeweiligen methodischen Instrumentarien für den Umgang mit dem Thema „Religion und Politik“ zu prüfen und zu verfeinern.

Beim ersten Panel des Workshops ging es um „Herrschaft und Recht – Praxis und Institutionen“. IRIS FLEßENKÄMPER (Münster) verglich in ihrem Beitrag Eheverordnungen in Bremen und Emden im Kontext der Konfessionsbildung des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Unter der Fragestellung, ob die jeweiligen Ehegesetzgebungen eher religiös oder eher weltlich geprägt waren, arbeitete sie – mit Bezug auf Marc Bloch – Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Als Ergebnisse hielt sie fest, dass sich die Akteure in beiden Städten auf die calvinistische Genfer Eheordnung beriefen, bestimmte Vorschriften jedoch auf mittelalterliche Gesetze zurückgingen. Indem Fleßenkämper die Methode des „klassischen“ Vergleichs um die Kategorie des „Rezeptionsbedürfnisses“ aus der modernen Transferforschung erweiterte, konnte sie aufzeigen, dass die calvinistisch inspirierten Ehe- und Kirchenreformen dort besonders wirksam wurden, wo sich Kirche und Obrigkeiten in ihrer Ordnungsmächtigkeit gestärkt sahen.

Den Ansatz der Histoire Croisée mit Methoden des Vergleichs und der Kulturtransferforschung verbindend, analysierte JENS SPÄTH (Rom), auf der Basis von Zeitungen, Pamphleten, Theaterstücken und Feierlichkeiten, wie die Verfassung von Cádiz (1812) in den drei Königreichen Spanien, beider Sizilien und Sardinien-Piemont implementiert und dabei an die bestehenden Verhältnisse und Bedürfnisse angepasst wurde. Besonderes Augenmerk schenkte er der Frage, ob und inwieweit unterschiedliche, dem Liberalismus zugehörige Gruppen in den Revolutionsjahren von 1820–23 die katholische Konfession als Staatsreligion akzeptierten. Demnach wurde die in anderen europäischen Verfassungen festgeschriebene Religionsfreiheit nicht in Spanien umgesetzt, weil man die konservativen Royalisten in der Verfassungsgebenden Versammlung zur Zustimmung bewegen musste. Im Königreich beider Sizilien entbrannte eine rege Debatte um die Freiheit der Religion; der massive Druck des hohen Klerus führte hier jedoch letztlich zur Übernahme des Artikels 12 der spanischen Verfassung, und auch in Turin beharrte Regent Karl Albert auf die Übernahme dieser Regelung. In allen untersuchten Reichen, so hielt der Referent fest, waren (Früh-)Liberalismus und Katholizismus indes miteinander vereinbar.

Anders als die Vorredner konzentrierte sich KATHARINA EBNER (Wien) nicht auf territoriale Analyseeinheiten, sondern auf ein Individuum. Sie untersuchte, wie die katholische Soziallehre der päpstlichen Enzyklika Quadragesimo Anno (1931) von Prinz Karl Anton Rohan (1898–1975) rezipiert wurde. Rohan, der wegen der Gründung der Zeitschrift „Europäische Revue“ als ein Vordenker der Europa-Idee gilt, war laut Ebner ein „begeisterter Verfechter des italienischen Faschismus“. Seine spezifische Aneignung der italofaschistischen Ideologie, die sie als zu transferierendes Kulturgut konzipierte, sowie die Vermittlung derselben in Österreich stehen im Zentrum des Aufsatzes. Ebner rekurriert dabei methodisch vor allem auf die Kulturtransferanalyse von Michel Espagne und Michael Werner. Als Österreicher multinationaler Prägung sei die Person Rohan auch geeignet, Kulturtransfers innerhalb einer Kultur nachzuzeichnen.

In seinem Kommentar zu dem ersten Panel plädierte der Jurist NILS JANSEN (Münster) für die Formulierung „echter Hypothesen“. Auch die von vielen Historikern geteilte Annahme, dass es eben keine allgemeinen Entwicklungsmuster und Handlungslogiken gebe, könne als Hypothese formuliert und mit dem Instrumentarium des Vergleichs oder der Transferforschung nachgewiesen werden. Dabei mahnte Jansen Sensibilität bei der Verwendung bestimmter Begriffe an. In den Rechtswissenschaften sei etwa die Forschung zu Export und Übernahme bestimmter Gesetze unter dem Namen „legal transplants“ bereits ausgereift – ob diese Prozesse „Kulturtransfers“ seien, müsse nachgewiesen werden.

Das zweite Panel verhandelte die Domäne „Bildung, Erziehung, Schule“. STEFAN EHRENPREIS (München) konstatierte in seinem Vortrag die Randexistenz der Transferforschung in der historischen Bildungsforschung. Bestehende Kulturtransferforschungen beschränkten sich, Personen- oder institutionsgeschichtliche Ansätze verfolgend, auf den Austausch von Lehrpersonal bzw. Erziehungs- und Unterrichtsmodellen in Europa. Die bisher vernachlässigte Bedeutung von Lehrmaterialien in wechselseitigen Transferprozessen exemplifizierte der Frühneuzeithistoriker an der Publikationsgeschichte des Schulbuchs „Orbis sensualium pictus“ (1658). Vom mährischen Humanisten Johann Comenius verfasst, verdanke das Buch seine rasche internationale Verbreitung in 18 europäischen Sprachen auch dem durch den Verleger- und Künstlerkreis in Nürnberg stark umgearbeiteten Bildteil, der die ursprüngliche Rezeptionsintention des Autors veränderte und damit etwas Neues schuf. Es sei daher „Produktbeispiel“ einer Histoire Croisée.

Von den Peripherien her näherten sich die Organisatoren der Tagung einem zentralen Konfliktpunkt der europäischen „Culture Wars“, der Schulpolitik. Mit einer Verbindung von historischem Vergleich und zeitgenössischem Konzepttransfer untersuchte CHRISTIAN MÜLLER (Münster) die Wirkung von transnationalen Kongressen für die Frühphase der Schulstreite in Frankreich, Belgien und den Niederlanden vor 1870. Wurde in Belgien und Frankreich die verstärkte Laizisierung der Konfessionsschule debattiert, suchten in den Niederlanden Protestanten und Katholiken eben diese neben der konfessionsfreien Normalschule zu etablieren. Die Kongresse der Association Internationale pour le Progrès des Sciences Sociales und der von ihr abgespaltenen Katholikenkongresse in Mechelen fungierten in den 1860er Jahren dabei als Foren zur Bildung internationaler Netzwerke der Deutungseliten wie der Konfrontation ihrer unterschiedlichen Konzepte. Sie bildeten, so die These, den Katalysator der zunehmenden Polarisierung in den jeweiligen Nationen und damit den „ideologischen Auftakt“ ihrer Konflikte in den 1870er- und 1880er-Jahren.

Die Konflikte um den religiösen Grundschulunterricht in den Grenzregionen Elsass-Lothringen und Südtirol in den 1920ern verglich THIES SCHULZE (Münster) und zeigte dabei diplomatische Verflechtungsprozesse auf. Trotz der verschiedenen Ausgangsbedingungen in beiden Regionen wandten sich die katholischen deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Koalitionen gegen die bildungspolitischen Assimilationsbestrebungen der jeweiligen Nationalstaaten. War im Elsass die Einführung der Simultanschule Auslöser der vom lokalen Klerus konzertierten, letztlich erfolglosen Proteste, führte in Südtirol die Bestimmung des Italienischen zur Unterrichtssprache im Fach Religion Ende der 1920er Jahre zur Schaffung eines deutschsprachigen Pfarrschulunterrichtes. Während das deutsche Auswärtige Amt dabei stets zugunsten der „Auslandsdeutschen“ zu intervenieren versuchte, war die vatikanische Diplomatie von der situativen Abwägung zwischen pragmatischen und ideologischen Motiven geprägt, die zu einer konzilianten Politik gegenüber dem demokratischen Frankreich, aber nicht gegenüber dem faschistischen Italien führte.

Mit Bezug auf den Aufsatz „Beyond comparison” von Michael Werner und Bénédicte Zimmermann1 stellte MATTHIAS POHLIG (Münster) in seinem Kommentar fest, dass sowohl dem Transfer als auch dem Historischen Vergleich Schwächen angelastet werden, die die dezidiert selbstreflexive Histoire Croisée überwinden zu können glaube. Was dies in forschungspraktischer und methodischer Hinsicht bedeute, bleibe jedoch offen. Daher legte er den Beiträgern nahe, (Kultur-)Transfer, Verflechtung und Histoire Croisée jeweils ihrem Erkenntnisinteresse nach eindeutig zu definieren; im Vordergrund müsse die Frage stehen, was man eigentlich wissen wolle. Zudem problematisierte der Frühneuzeithistoriker die Begriffe der Inter- bzw. Transnationalität für die behandelten Fälle; man habe es hier eher mit einer komparativen Perspektive zu tun, für die allerdings Unterschiede zwischen vor-nationalstaatlicher Frühneuzeit und nationalstaatlicher Moderne in Rechnung gestellt werden müssten.

Im dritten Panel des Workshops ging es um „Imperiale Dimensionen und Kolonial-/Außenpolitik“. Ausgehend von der Feststellung, dass das transatlantische Agieren keinesfalls ein „natürlicher Reflex“ der christlichen Kirchen war, fokussierte ALEXANDER PYRGES (Trier) jene Akteure und Gruppen, die tatsächlich expansiv handelten. Als methodische Instrumentarien dienen ihm zum einen der Historische Vergleich und zum anderen das Konzept der hybriden Netzwerkkulturen. Da Pyrges die Hinwendung zu den konkreten Akteuren als maßgeblich für das Verständnis von expansiver (religiöser) Tätigkeit ansieht, steht im Zentrum seiner Betrachtungen eine Gruppe Salzburger Amerikaauswanderer und die 1734 für sie in der jungen Kolonie Georgia gegründete Siedlung Ebenezer. Etwa 200 Kontinentaleuropäer migrierten in den frühen 1740er Jahren nach Ebenezer und installierten Transferkanäle für Informationen, Waren und Geld. Der innereuropäische und transatlantische Austausch hielt bis ins frühe 19. Jahrhundert an.

FELICITY JENSZ (Münster) untersucht in ihrem Beitrag, wie in der britischen Kolonialwelt Gesetzgebung, säkulare Bildung bzw. Mission und die Vorstellungen von „Rasse“ miteinander zusammenhingen, wobei sie konkret Australien und Kanada im 19. Jahrhundert vergleichend in den Blick nahm. Sie betonte in ihrem Vortrag den Anspruch, alte und neue Perspektiven der Kolonialforschung miteinander zu kombinieren, namentlich die Strukturgeschichte mit akteurszentrierten Ansätzen: So beleuchte sie zunächst die jeweiligen staatlichen Behörden und Gesetze, richte danach auf der Grundlage von Missionszeitschriften, Egodokumenten und Berichten ihr Augenmerk auf die Tätigkeiten (insbesondere Bildungsmaßnahmen) der Herrnhuter Missionsgesellschaft, die in beiden untersuchten Gebieten aktiv war. Mit diesem Ansatz seien die Unterschiede in der Behandlung und den qualitativen Wertungen, mit denen die jeweiligen Bevölkerungsgruppen belegt wurden, besser zu erklären.

Ebenfalls um eine protestantische Missionsgesellschaft ging es JACOB LEE HAMRIC (Knoxville, Tennessee). Die Deutschen Templer verfolgten das Ziel, eine ideale Gemeinschaft in Palästina zu gründen. Dabei waren sie stark nationalistisch geprägt und unterstützten die „Weltpolitik“ Wilhelms II. Obwohl Hamric die Templer als in religiöser Hinsicht moderat charakterisiert, betonte er, dass sie aufgrund ihres ökonomischen Erfolges und ihres (über-)deutlich zur Schau getragenen Nationalismus für Konflikte in der lokalen Bevölkerung in Palästina sorgten. Seine Fallstudie diene dazu, die Beziehungen zwischen Religion und nationaler Identitätsbildung – in einem als transnational zu bezeichnenden Kontext – zum Vorschein kommen zu lassen.

In ihrem Kommentar plädierte die Lateinamerika-Historikerin SILKE HENSEL (Münster) dafür, die Beziehung von europäischen mit indigenen Bevölkerungsgruppen und insbesondere die Perspektiven und die Agency letzterer stärker herauszustellen. Sie regte zudem dazu an, eine Diskussion zu führen über die Frage, ob der Transfer eine Methode darstelle und als solche gleichzusetzen sei mit dem Historischen Vergleich. In ihren Augen sei „Transfer“ eher eine These oder ein Themenfeld als eine wissenschaftliche Methode.

Das letzte Panel des Workshops verhandelte „Identitätsformierungen und Inszenierungen“. Das Problem der religiösen Begründung sozialer Grenzen in den multikonfessionellen Gesellschaften Osteuropas und ihre Bedeutung für die beginnende Verbürgerlichung und Privatisierung des Glaubens zwischen 1750 und 1860 erörterte EKATERINA EMELIANTSEVA (Bangor). Hierfür verglich sie in einer Mikrostudie die Alltagspraxen der Warschauer Frankisten wie der St. Petersburger Gottesleute und ihre Interaktion mit staatlichen Institutionen in politischen Krisenzeiten. Entgegen der älteren Historiographie, die Konversion als einen linearen Assimilationsprozess verstehe, schlägt die Osteuropahistorikerin das Modell der „situativen Religiosität“ vor. Dieses ermögliche, die variierenden Selbstidentifikationen dieser „religiösen Grenzgänger“ sowie ihre Alltagsstrategien als mehrdimensional und kontextabhängig zu erkennen.

DOMINIC GREEN (Boston), der eine Biographie über Lord George Gordon (1751–1793) vorbereitet, relativierte in seinem Vortrag das bisher verbreitete Bild eines zum Judentum konvertierten adeligen Exzentrikers, indem er ihn in seinem politischen Handeln als Transferfigur kontinentaleuropäischer Entwicklungen nach England zeigte. In dem „protestantischen Rabbi“ (Edmund Burke) synkretisierten aschkenasische Kabbala mit protestantischem Millenarismus, sowie kontinentaler Illuminismus mit schottischem Republikanismus und Freimaurertum. Er habe auch politische Methoden des Anti-Absolutismus importiert, indem er mit populistischen Kampagnen, die das „Geheime“ in die Öffentlichkeit trugen, die Entsakralisierung monarchischer Herrschaft betrieb. In seiner Überzeugung von der ideellen Einheit von Volk, Territorium und Religion und dem damit verbundenen Verständnis eines „covenantal nationalism“ (Anthony Smith) sei Lord Gordon eher als Vorreiter der politischen Moderne zu betrachten.

Dass die im 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten geführte Debatte um die Schaffung einer nationalen Musiktradition nur im Bezug zur europäischen verstanden werden kann, zeigte DOMINIK HÖINK (Münster) auf. Besonders die deutsche Musik(-kultur) bildete den Referenzpunkt dieser Debatte, die zwischen der Forderung nach institutionalisierter Ausbildung und der Vertretung eines romantischen Geniekultes oszillierte. Ihre Vorbildfunktion erhielt sie, neben der kompositorischen Qualität, auch aufgrund der musikalischen Festkultur von Auswanderern aus Deutschland und der Meinungsführung eben dort ausgebildeter nordamerikanischer Komponisten, die als Mittler des Transfers fungierten. Im Vergleich mit der deutschen Oratoriumstradition skizzierte der Musikwissenschaftler die nordamerikanischen Emanzipationsbestrebungen, die sich in einer unterschiedlichen Sujetauswahl und insbesondere in der Betonung der Nationalität des Komponisten manifestierten.

In seinem Kommentar zeigte sich der Nordamerika-Historiker THOMAS CLARK (Münster/Kassel) ebenfalls skeptisch in der praktischen Umsetzung der theoretisch ambitionierten Histoire Croissée von Werner und Zimmermann, unterstrich dabei gleichzeitig den explikatorischen Mehrwert, den der Faktor des Transfers in den vorliegenden Arbeiten hervorgebracht habe. Denn insbesondere Höink und Green zeigten auf, dass zum einen Nations- und Identitätsbildung sich nicht „organisch“ aus sich selbst heraus entwickelten, folglich nur transnational analysiert werden könnten, zum anderen durch diese Transferprozesse die Elaboration von Grenzen (des Nationalen, der Akzeptanz) deutlich hervortrete.

In der Abschlussdiskussion wurde nochmals die Polyvalenz von Histoire Croissée und Transfer problematisiert. Weitgehende Einigkeit bestand darüber, das von Werner/Zimmermann vorgeschlagene Modell der Histoire Croisée mehr als Vermittlungsversuch in der Debatte von Kulturtransfer und Historischer Komparatistik zu verstehen, und weniger als in der Forschungspraxis umsetzbares Programm. Eher als Perspektive oder Moment der Prozessauslösung denn als einheitlich operationalisierbare Methode sei der Transferbegriff aufzufassen. Angesichts des Spektrums der vorgestellten Herangehensweisen zeigten sich auch die Schwierigkeiten einer konsensualen Definition des Begriffs. Um die Kohärenz der Beiträge zu steigern, vereinbarten die Teilnehmer des Editorial Workshops, den explikatorischen Mehrwert ihrer jeweiligen methodischen Kombinationen von Vergleich und Transfer stärker herauszustellen. Der Pluralismus dieser Ansätze kann als Beitrag zur produktiven Überwindung der Kluft zwischen Historischer Komparatistik und (Kultur-)Transferforschung verstanden werden.

Konferenzübersicht:

Christian Müller / Thies Schulze (Münster): Begrüßung und Vorstellung des Editorial Workshops – Leitfragen und Argumentationen für die Diskussionen

Panel I: Herrschaft und Recht – Praxis und Institutionen

Iris Fleßenkämper (Münster): „Wo idt mit dem hilligen ehestand soll geholden werden“. Zum Verhältnis von weltlicher und geistlicher Strafgewalt in Bremen und Emden im Kontext der reformierten Konfessionsbildung

Jens Späth (DHI Rom): „La religión de la Nación española es y será perpetuamente la católica, apostólica, romana, única verdadera.” Liberalismus und Religion in Südeuropa im frühen 19. Jahrhundert am Beispiel der Verfassung von Cádiz

Katharina Ebner (Wien): Die Rezeption der päpstlichen Enzyklika Quadragesimo Anno (1931) bei Karl Anton Prinz Rohan (1898-1975)

Nils Jansen (Münster): Moderation und Kommentar

Panel II: Bildung, Erziehung, Schule

Stefan Ehrenpreis (München): Netzwerke frühneuzeitlicher Pädagogik – Transfer oder histoire croisée?

Christian Müller (Münster): „A Wordy War“ – die Frühphase der Schulstreite in Belgien, Frankreich und den Niederlanden im Vergleich und die transnationalen Grundlagen der europäischen „Culture Wars“, 1858-1870

Thies Schulze (Münster): Der Kampf um die Schulen. Das Ringen um die Gestaltung des religiösen Grundschulunterrichtes in Elsaß-Lothringen und Südtirol in den 1920er Jahren

Matthias Pohlig (Münster): Moderation und Kommentar

Panel III: Imperiale Dimensionen und Kolonial-/Außenpolitik

Alexander Pyrges (Trier): Von Territorialkirchen und Transterriorialkirchen: Die Verflechtungen und Entflechtungen religiöser und herrschaftlicher Strukturen in der transatlantischen Expansion der protestantischen Landeskirchen im 18. Jahrhundert

Felicity Jensz (Münster): Gesetze, Bildung und „Rasse“ in der Britischen Kolonialwelt. Ein Vergleich am Beispiel von Australien und Kanada im 19. Jahrhundert

Jacob Lee Hamric (Knoxville, Tennessee): Nation Building, Templer Style: Religious Nationalism and German ‚Weltpolitik‘ in the Holy Land, 1898-1914

Silke Hensel (Münster): Moderation und Kommentar

Panel IV: Identitätsformierungen und Inszenierungen

Ekaterina Emeliantseva (Bangor): Religiöse Grenzgänger in Zeiten politischer Instabilität. Warschauer Frankisten und St. Petersburger Gottesleute im Vergleich (1750-1860)

Dominic Green (Brandeis, Boston/MA): The Making of a ‚Protestant Rabbin‘: The Cultural Transfers of Lord George Gordon, 1781-1793

Dominik Höink (Münster): „Declaration of Independence in Art“ – Über Einflüsse nationalen Denkens auf das amerikanische Oratorium im 19. Jahrhundert

Thomas Clark (Münster/Kassel): Moderation und Kommentar

Anmerkung:
1 Werner, Michael / Zimmermann, Bénédicte, Beyond comparison: Histoire croisée and the challenge of reflexivity, in: History and Theory 45 (2006), 30–50.


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