Österreich 1933-1938

Österreich 1933-1938

Organisatoren
Institut für Zeitgeschichte; Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
24.01.2011 - 26.01.2011
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Von
Cathrin Hermann, Archiv der Stadt Linz

Das von der rechtswissenschaftlichen Fakultät veranstaltete Symposion stellte den zweiten Teil der in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte organisierten Tagung “Österreich 1933–1938” dar. An den am Institut für Zeitgeschichte stattfindenden Workshop anschließend lag der Schwerpunkt auf den rechtlichen bzw. rechtshistorischen Folgen des Verfassungsbruchs 1933.

Nach den Begrüßungsworten des Dekans der Rechtswissenschaftlichen Fakultät HEINZ MAYER hielt ALESSANDRO SOMMA (Ferrara) seinen Eröffnungsvortrag zu „Modernisierung und sozialer Befriedung in den europäischen Faschismen“. Hierbei führte er anhand des exemplarisch herangezogenen Nationalsozialismus die Verbindung von Modernisierungstendenzen und Bezugnahmen auf die Vormoderne, wie beispielsweise den Korporativismus, an. In Verbindung mit sozialpolitischen Integrations- und Steuerungsmaßnahmen stand die soziale Befriedung der Gesellschaft im Mittelpunkt, wobei sich hier stellenweise Überschneidungen mit Vorstellungen anderer politischer Milieus ergaben.

Als erster Beitrag des Panels „Verfassung“ zeichnete HELMUT WOHNOUT (Wien) die Entstehungsgeschichte der Verfassung von 1934 nach. Besondere Schwerpunkte legte er dabei auf ideologische Differenzen wie Überschneidungen innerhalb der Regierungsparteien sowie deren konkrete Auswirkungen auf die Verfassung. Aufgrund der nur teilweise erfolgten Umsetzung der Verfassung bis 1938 und der Machtfülle des Bundeskanzlers modifizierte Wohnout den Begriff der Regierungsdiktatur hin zu jenem der Kanzlerdiktatur. Ausgehend von seiner These, dass die Verfassung von 1934 keine Ausnahme darstellte, sondern vielmehr in der österreichischen Verfassungstradition stehe, vollzog der zweite Vortragende des Panels EWALD WIEDERIN (Wien) eine Analyse des Gesetzeswerks. Im Mittelpunkt standen der vorgesehene staatliche Aufbau, die darin enthaltenen autoritären Elemente sowie die Behandlung von Grundrechten. Der Referent betonte, dass hier ein weiterhin rechtsstaatliches, auf Führerpersönlichkeiten ausgerichtetes System die Demokratie ersetzt habe, wobei die zentralen Personen Kanzler und Bundespräsident bildeten. Seiner Darstellung des Primats der Grundrechte trotz bestehender Beschränkungsmöglichkeiten wurde in der anschließenden Diskussion hinsichtlich dessen Umsetzung mehrfach widersprochen. Daran anknüpfend widmete sich STEFAN SCHIMA (Wien) der Bedeutung des Konkordats von 1933. Einleitend arbeitete er bezüglich der Genese des Vertragswerks heraus, dass es in weiten Teilen schon 1932 erstellt worden war, wenn auch 1934 verschiedene Änderungen vorgenommen wurden. Anhand der unterschiedlich starken Übernahme kirchlicher Forderungen im Bereich Eherecht, Schulaufsicht und Kirchenfinanzierung wies Schima auf die generell überschätzte Bedeutung des Konkordats hin.

Den Abschluss des ersten Tages bildete die Podiumsdiskussion zum Thema „Aufgearbeitet und bewältigt?“ mit Ilse Reiter-Zatloukal, Oliver Rathkolb, Brigitte Bailer-Galanda, Wilhelm Brauneder, Clemens Jabloner und Helmut Wohnout (alle Wien). Allgemein herrschte Übereinstimmung darin, dass die Epoche zwischen 1933 und 1938 noch immer einer eingehenden Erforschung und auch einer Neubewertung bedürfe. Hinsichtlich der aktuellen Frage nach möglichen Rehabilitierungen von Verurteilten äußerte vor allem Verwaltungsgerichtshofpräsident Jabloner aus rechtshistorischer Sicht Bedenken. Die geschichtspolitische Bedeutung von Rehabilitierungen wurde hingegen von allen MitdiskutantInnen hervorgehoben.

ILSE REITER-ZATLOUKAL (Wien) führte im zweiten Panel die rechtlichen Grundlagen des Vermögensentzugs aus. Ausgehend von den Vermögensbeschlagnahmungen bei Vereinen nach Februar 1934 zeigte sie den Umgang mit der vereinsrechtlichen Sonderstellung von Parteien auf. Bei den Ausbürgerungen aus politischen Gründen verwies Reiter-Zatloukal auf die zusätzlich mögliche Einziehung von Vermögen oder Sozialversicherungsleistungen, um abschließend auf die Praxis der Kostenersätze bei Straftaten einzugehen. CHRISTIANE ROTHLÄNDER (Wien) schloss hier mit der konkreten Umsetzung des Vermögensentzugs durch das „Büro für Organisation und Kontrolle“ (BfO) und die „Liquidierungsstelle“ der Bundes-Polizeidirektion Wien an. Für das Vereinswesen konnte sie die Überführung beschlagnahmten Vermögens an regierungstreue Vereine und zugleich ein Vorgehen gegen eigenmächtige Beschlagnahmungen feststellen. Hingegen ergaben sich bei Einzelpersonen aufgrund unklarer Eigentumsverhältnisse langwierige Verzögerungen. Rothländer wies darauf hin, dass besonders die wertunabhängige Beschlagnahmung als schikanös empfunden wurde. Dem Komplex des Freiheits- und Vermögensentzugs in „Anhaltelagern“ widmete sich PIA SCHÖLNBERGER (Wien). Nach einer Genese der „Anhalte“-Gesetzgebung und der anschaulichen Vorstellung des Lagers Wöllersdorf ging Schölnberger auf die austrofaschistischen Bestrebungen, die Kosten der „Anhaltung“ von den Insassen einzuheben, ein. Als zentrale Punkte betonte sie die Unverhältnismäßigkeit zwischen realen und geforderten Auslagen sowie zwischen Verwaltungsaufwand und tatsächlichen Einnahmen.

Einleitend zum Panel „Politische Gewalt und Justiz“ setzte sich WINFRIED R. GARSCHA (Wien) mit der Frage, wer als Opfer des 12. Februar 1934 gezählt wurde, auseinander. Im Zentrum seines Vortrags standen die Getöteten und Hingerichteten, zu welchen es besonders bei den zivilen Opfern stark divergierende Zahlenangaben gibt. Neben weiteren Forschungsaktivitäten zu den Opferzahlen forderte Garscha die juristische Überprüfung der Verurteilungen. FRANK HÖPFEL (Wien) unternahm den Versuch, den 12. Februar 1934 entlang der Kriterien internationaler Konflikte als Bürgerkrieg oder bewaffneten nationalen Konflikt zu definieren. Diese Trennung sei nach Höpfel für die Frage der Anwendbarkeit des Völkerrechts grundlegend, wenn auch aufgrund der veränderten Rechtsauffassungen hier neuere Kategorien zur Anwendung kämen. Auf dieser Grundlage hätte das Verhalten Österreichs eine unverhältnismäßige Ausweitung der Mittel dargestellt. Mit seinem Vortrag zum Juliputsch 1934 wandte sich KURT BAUER (Wien) illegalen Nationalsozialisten zu. Auf Grundlage der Tagebücher Josef Goebbels' untersuchte Bauer die Rolle Adolf Hitlers bei der Putschvorbereitung. Als Fazit des in der Diskussion stark thematisierten Beitrags sieht Bauer, dass Hitler wegen einer vermeintlichen Zustimmung Mussolinis, auf eine rasche Durchführung drängte. Der legistische sowie judizielle Umgang mit dem Juliputsch wurde von KARIN BRUCKMÜLLER (Wien) ausgeführt. Sie präsentierte dabei die direkt erlassenen Bundesgesetze sowie weitere herangezogene Gesetze mit einem Schwerpunkt auf deren rechtshistorischer Bewertung. Neben politischen Eingriffen in Verfahren des als Reaktion auf den Putsch gebildeten Militärgerichtshofs betonte Bruckmüller, dass in den Verfahren rechtsstaatlich inkorrekte Elemente enthalten waren.

Im ersten Vortrag des fünften Panels gab GEORG GRAF (Salzburg) einen Überblick über die Entwicklung der Rückgabegesetzgebung für in den Jahren 1933 bis 1938 entzogenes Vermögen nach 1945. Hierbei bestände von Beginn an der politische Wille zur Entschädigung von Parteien und politisch Verfolgten. Graf kontextualisierte die Benachteiligung der Opfer nationalsozialistischer Gewalt bei Entschädigungen, betonte jedoch den im Rückgabegesetz fehlenden Schutz von Personen, die entzogenes Gut erworben hatten. Hieran knüpfte MARIA MESNER (Wien) mit ihrem Vortrag zur Rückgabe von Vermögenswerten der SPÖ an. Was das 1945 einsetzende Verfahren anbelangte, so erfolgte über die Bundesorganisation auch die Erfassung und Abwicklung der Ansprüche von Landes- oder Vorfeldorganisationen. Bestehende personelle wie organisatorische Überschneidungen erleichterten dabei die Transaktionen. Mesner merkte an, dass die SPÖ eine Restitution bei jüdischen Opfern verzögert habe, wenn sie ihre Ansprüche gefährdet sah. Das Thema der Rehabilitierung griff WALTER MANOSCHEK (Wien) anhand der Wehrmachtsdeserteure auf. Hierbei betonte er die Bedeutung der umstrittenen „Wehrmachts-Ausstellung“ für den Gesinnungswandel bezüglich der Bewertung der Wehrmacht in der Öffentlichkeit. Erst in Folge dessen konnte eine wissenschaftliche Bearbeitung einsetzen, wobei hier eine Lehrveranstaltung Manoscheks den Grundstein legte. Als Resultat erfolgte 2009 die pauschale Rehabilitierung der Deserteure, die die durch das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz von 1945 mögliche Rehabilitierung nach Einzelfallprüfung ablöste. Ausgehend von einem Überblick über den politischen Umgang mit dem Austrofaschismus in der Nachkriegszeit thematisierte OLIVER RATHKOLB (Wien) die gegenwärtigen Bestrebungen, die damals Verurteilten zu rehabilitieren. Er sah hier vor allem eine für Parlament und Parteien geschichtspolitische Notwendigkeit, sich mit dem Unrechtscharakter des Regimes auseinanderzusetzen. Ohne damit eine wissenschaftliche Präjudizierung zu fordern, verwies Rathkolb auf die prinzipielle demokratiepolitische Aufgabe der Auseinandersetzung mit Geschichte.

Den Auftakt zum Panel „Wissenschaftsgeschichte“ bildete FLORIAN WENNINGERs (Wien) Referat zur US-amerikanischen Forschung über den Austrofaschismus und deren fehlende Rezeption in Österreich. Wenninger grenzte drei Epochen ab, wobei bis Mitte der 1960er-Jahre keine einheitliche Bewertung des Systemcharakters bestand. Zeitgleich fand die US-amerikanische Berichterstattung in Europa eine weite Verbreitung, was sich in frühen Übersetzungen niederschlug. Aufgrund theoriegeleiteter Forschungsansätze kam es nach Wenninger ab den 1960er-Jahren zur Verneinung des faschistischen Charakters, erst ab 1990 erfolgte unter Rückgriff auf österreichische Forschungsergebnisse eine Einschätzung des Regimes als faschistisch. Einen Einblick in ihre Dissertation zur geschichtspolitischen Behandlung Engelbert Dollfuß’ gab LUCILE DREIDEMY (Wien). Den mit der die Kanonisierung seiner Person einhergehenden, an gesellschaftliche und politische Bedingungen angeglichenen Wertekanon verdeutlichte sie anhand von Beispielen aus verschiedenen Jahrzehnten. Ihrer Feststellung nach zeigten sich in späteren Werken zwar vereinzelte kritische Bemerkungen, sie wurden aber durch andere Aspekte in den Texten neutralisiert, wodurch die antidemokratischen Elemente des Regimes weitgehend verdeckt wurden. Abschließend referierten THOMAS OLECHOWSKI und KAMILA STAUDIGL-CIECHOWICZ (beide Wien) erste Ergebnisse ihres FWF-Projekts zur Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Wien von 1933 bis 1938. Einleitend hielten sie die bestehenden Forschungsdesiderate fest, welche im Widerspruch zum hohen Ansehen und der Bedeutung beider Wissenschaften in der Ersten Republik stehen. In der Folge behandelten sie die zumeist ablehnende publizistische Auseinandersetzung der Lehrenden mit dem Verfassungsbruch 1933, um sodann die beruflichen Konsequenzen dieser Kritik aufzuzeigen.

Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation Österreichs in den 1930er-Jahren setzte sich EMMERICH TÁLOS (Wien) zu Beginn des Panels VI mit der Position der Arbeiterschaft auseinander. Im Mittelpunkt standen deren systeminterne Schwächung im sozial- wie arbeitsrechtlichen Bereich und die erfolglosen Integrationsangebote des Austrofaschismus. Diese schon zeitgenössisch kritisierte Situation führte Tálos zufolge mit zur „Hinnahme“ des „Anschlusses“ 1938 durch die ArbeiterInnenschaft. Bei seinem Referat zu den den arbeits- und sozialrechtlichen Reformen kam WALTER SCHRAMMEL (Wien) zu gegenläufigen Schlussfolgerungen. Hierbei stellte der 12. Februar 1934 für Schrammel insofern einen Wendepunkt dar, als nachfolgend die politischen wie nichtpolitischen Regelungen verschärft wurden. Besonders bei der Bewertung der im August 1934 eingeführten „Werkgemeinschaften“ widersprach Schrammel den Aussagen Tálos', da diese vergleichbare Rechte wie Betriebsräte besessen hätten. Mit dem so genannten „Bettlerunwesen“ und seiner rechtlichen Sanktionierung in den 1930er-Jahren widmete sich SIGRID WADAUER (Wien) einem bislang wenig behandelten Forschungsbereich. Unter Einbeziehung der international zunehmenden Einschränkung umherziehender Arbeitsloser zeigte sie die Auswirkungen des 1935 novellierten Heimatrechts auf diese Bevölkerungsgruppe auf. Wadauer konkretisierte dies anhand des oberösterreichischen Arbeitsdienstlagers in Schlögen, wobei sie aus ihren Forschungsergebnissen folgerte, dass nur einzelne kriminalisierte Praktiken eine Verfolgung fanden. MICHAEL HUBENSTORF (Wien) verwies einleitend auf die immer noch bestehenden Forschungsdesiderate zum austrofaschistischen Gesundheitswesen, welche im deutlichen Gegensatz zu dessen Thematisierung im Nationalsozialismus stünden. Nach einer statistischen Darstellung des Gesundheitswesens und der politischen Orientierung der Beschäftigten ging Hubenstorf der Frage des austrofaschistischen Einwirkens auf das System nach. Dieses sah er besonders im Personalaustausch aus politischen wie rassistischen Gründen und in Eingriffen in die Privatsphäre hinsichtlich Organisationsmöglichkeiten sowie Lebensführung bewerkstelligt.

Am Beginn des Panels „Recht und Geschlecht“ stand das Referat von NEDA BEI (Wien) über frauenbezogene Aspekte der austrofaschistischen Geschlechterpolitik. Die Referentin legte einleitend den Erlass diskriminierender Gesetze dar, welche wie die Doppelverdienerordnung nicht nur eine Beendigung von Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst ermöglichten, sondern darüber hinaus die Möglichkeit boten, die rechtliche Gleichheit der Geschlechter aufzuheben. Gerade die Einschränkungen beim Zugang zu öffentlichen Ämtern sah Bei im Kontext der These einer Remaskulinisierung der Beamtenschaft. Über die Ergebnisse des Biografieprojektes „biografiA“ zu Frauen im Widerstand gegen den Austrofaschismus berichtete KARIN NUSKO (Wien). Ziel der Untersuchung war neben dem Aufzeigen weiblicher Widerstandstätigkeit vor allem die Erforschung der Einzelbiografien, von denen insgesamt 200 vorlägen. Die Tätigkeit von Frauen ließ sich in allen Bereichen des Widerstands nachweisen. Dabei erfolgte der Widerstand nicht allein aufgrund frauenpolitischer Forderungen, wie auch traditionelle Rollenzuschreibungen beibehalten wurden. ERNST HANISCHs (Salzburg) Referat zu Männlichkeitsvorstellungen in den 1920er- und 1930er-Jahren bildete stellenweise eine Ergänzung zu Neda Beis und Karin Nuskos Vorträgen. Dabei sah Hanisch nach einer kurzen pazifistischen Phase ein Wiederaufleben des Bildes vom Mann als Krieger, welches von allen politischen Milieus rezipiert wurde. Diese Entwicklung verlief nach Hanisch zu Ungunsten bestehender proletarischer Männlichkeitsvorstellungen, welche spätestens in der illegalen Arbeit ab 1934 eine Remilitarisierung erfuhren.

Das Symposion schloss mit der Präsentation verschiedener, teils privater Filmdokumente sowie Briefe aus dem Umfeld des „Anschlusses“ durch SIEGFRIED MATTL und MICHAEL LOEBENSTEIN (beide Wien). Die in mehrere thematische Blöcke unterteilte Vorführung erfuhr eine rege Diskussion, wobei besonders die Alltagsbeobachtungen der US-amerikanischen Familie Baker und die Aufnahmen einer illegalen Gruppe Wiener Nationalsozialisten zum Einmarsch deutscher Truppen Nachfragen zum Entstehungsumfeld hervorriefen. Mit abschließend gezeigten anonymen Filmszenen einer so genannten „Reibepartie“ kam es zur Thematisierung von Opfer- und TäterInnenbildern, welche aber wegen der fehlenden Kontextinformationen offen bleiben muss.

Die durchgehend interdisziplinär ausgerichtete Tagung stellte mit ihrem inhaltlich breit gefächerten und dichten Tagungsprogramm eine der in Österreich immer noch seltenen Tagungen zu den Jahren zwischen 1933 und 1938 dar. Das große Interesse an dieser Epoche zeigte sich nicht nur in der kontinuierlich hohen Anzahl an BesucherInnen, sondern besonders an den regen, oft kontrovers geführten Diskussionen. Gerade bei sozial- und rechtshistorischen Themen, wie bei den Referaten zum Arbeitsrecht oder zur Stellung der Grundrechte in der Verfassung, traten die unterschiedlichen Bewertungen deutlich hervor. Allgemein zeigten sich zahlreiche immer noch bestehende Forschungsdesiderate, wobei hier besonders rechtshistorische, wissenschaftsgeschichtliche und wirtschaftshistorische Bereiche genannt seien. Eine Neubewertung der Epoche wird denn wohl nur durch eine Abkehr von Emotionalisierungen und durch das Schließen bestehender Forschungslücken möglich sein.

Konferenzübersicht:

Begrüßung: Heinz Mayer, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien

Die große Transformation: Modernisierung und soziale Befriedung in den europäischen Faschismen
Alessandro Somma, Dipartimento di Scienze Giuridiche, Ferrara

Panel I: Verfassung
Moderation: Wolfgang Neugebauer, Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien

Die Verfassung im Widerstreit der unterschiedlichen Kräfte im Regierungslager
Helmut Wohnout, BKA/Karl von Vogelsang-Institut, Wien

Christliche Bundesstaatlichkeit auf ständischer Grundlage. Eine Strukturanalyse der Verfassung 1934
Ewald Wiederin, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Wien

Überschätzt von Freund und Feind? Das österreichische Konkordat 1933/34
Stefan Schima, Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht, Wien

Podiumsdiskussion: Aufgearbeitet und bewältigt? Das Dollfuß- Schuschnigg-Regime im Lichte der Rechts- und Zeitgeschichte
Podiumsleitung: Ilse Reiter-Zatloukal/Oliver Rathkolb

TeilnehmerInnen:
Clemens Jabloner, Verwaltungsgerichtshof, Wien
Wilhelm Brauneder, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien
Brigitte Bailer-Galanda, Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien
Helmut Wohnout, BKA/Karl von Vogelsang-Institut, Wien

Panel II: Verfolgung der politischen Opposition unter besonderer Berücksichtigung wirtschaftlicher Maßnahmen
Moderation: Gerald Kohl, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Repressivpolitik und Vermögensentzug 1933–1938
Ilse Reiter-Zatloukal, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Durchführungspraxis des Vermögensentzugs
Christiane Rothländer, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Freiheits- und Vermögensentzug in austrofaschistischen „Anhaltelagern“
Pia Schölnberger, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Panel III: Politische Gewalt und Justiz
Moderation: Christiane Rothländer, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Die Opfer des Februar 1934: Der Umgang mit den toten und verwundeten Schutzbündlern, ZivilistInnen und Angehörigen der Exekutive
Winfried Garscha, Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien

Gewaltexzesse im Bürgerkrieg: Zur juristischen Aufarbeitung von Verbrechen während eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts
Frank Höpfel, Institut für Strafrecht und Kriminologie, Wien

Juliputsch 1934: Aktuelle Erkenntnisse
Kurt Bauer, Ludwig Boltzmann-Institut für Historische Sozialwissenschaft, Wien

Legistische und judizielle Aufarbeitung des Juliputsches
Karin Bruckmüller, Institut für Strafrecht und Kriminologie, Wien

Panel IV: Rückgabe und Rehabilitierungsdebatte
Moderation: Brigitte Bailer-Galanda, Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien

Die Rückgabegesetzgebung
Georg Graf, Fachbereich Privatrecht, Salzburg

Rückgabe. Nicht Restitution. Am Beispiel der SPÖ
Maria Mesner, Stiftung Bruno Kreisky Archiv, Wien

Die Rehabilitierung der österreichischen Wehrmachtsdeserteure
Walter Manoschek, Institut für Staatswissenschaft, Wien

Die geschichtspolitische Bedeutung einer formellen Rehabilitierung der aus politischen Gründen verurteilten Demokraten 1934–1938
Oliver Rathkolb, Institut für Zeitgeschichte, Wien

Panel V: Wissenschaftsgeschichte
Moderation: Thomas Simon, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

„Might we agree on Parafascism?“ Der angelsächsische Wissenschaftsdiskurs zur Einordnung des Regimes Dollfuß/Schuschnigg
Florian Wenninger, Institut für Zeitgeschichte, Wien

Dollfuß – biografisch. Längsschnittanalyse von Dollfuß-Biografien
Lucile Dreidemy, Institut für Zeitgeschichte, Wien

Die Staatsrechtslehre an der Wiener Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät 1933–1938
Thomas Olechowski/Kamila Staudigl-Ciechowicz, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Panel VI: Arbeit und Wirtschaft, Gesundheit und Soziales
Moderation: Gerhard Melinz, FH Campus Wien

Arbeiterschaft und Austrofaschismus
Emmerich Tálos, Institut für Staatswissenschaft, Wien

Arbeits- und sozialrechtliche Reformen im Austrofaschismus
Walter Schrammel, Institut für Arbeits- und Sozialrecht, Wien

Bettler und Vaganten im Austrofaschismus
Sigrid Wadauer, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Wien

Austrofaschismus und Gesundheitswesen
Michael Hubenstorf, Institut für Geschichte der Medizin, Wien

Panel VII: Recht und Geschlecht
Moderation: Pia Schölnberger, Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Wien

Frauenbezogene Aspekte austrofaschistischer Geschlechterpolitik durch Recht
Neda Bei, Arbeiterkammer Wien

Frauen im Widerstand gegen den „Austrofaschismus“
Karin Nusko, Institut für Wissenschaft und Kunst, Wien

Tradierte Männlichkeitsrollen im „Austrofaschismus“
Ernst Hanisch, Fachbereich Geschichte, Salzburg

Panel VIII: Okkupation? Annexion? Revolution? Filmdokumente zum "Anschluss" 1938
Moderation: Marianne Enigl, profil

Siegfried Mattl, Inst. f. Zeitgeschichte/Ludwig Boltzmann-Inst. f. Geschichte und Gesellschaft
Michael Loebenstein, Ludwig Boltzmann-Inst. f. Geschichte und Gesellschaft/Österreichisches Filmmuseum, Wien