HT 2010: Über Grenzen – Transnationale Parteienkooperation in Europa

HT 2010: Über Grenzen – Transnationale Parteienkooperation in Europa

Organisatoren
Wilfried Loth, Universität Duisburg-Essen; Jürgen Mittag, Ruhr-Universität Bochum; Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD); Verband der Geschichtslehrer Deutschlands (VGD)
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.09.2010 - 01.10.2011
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Von
Benjamin Legrand, Ruhr-Universität Bochum

Die großen politischen Strömungen des 19. und 20. Jahrhunderts waren nie rein nationale Phänomene – ihre Organisationen dagegen, die Parteien, waren so nationalstaatlich organisiert wie ihre wissenschaftliche Rezeption orientiert. Politische Parteien waren und sind in den Staaten verankert, trotz eines politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entgrenzungsprozesses in Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Kooperation von Parteien über Grenzen hinweg kulminiert in den europäischen Parteien, ihre Triebkräfte und ihre Widerstände wurden bislang jedoch nur selten aufgearbeitet.

Die Sektion „Über Grenzen – Transnationale Parteienkooperation in Europa“ versuchte diesem Desiderat Rechnung zu tragen und erste Schneisen zu schlagen. Dabei wurde nicht nur nach Entwicklungsstufen, Erfolgen und Hindernissen gefragt, sondern auch die Wechselwirkung zwischen der transnationalen Parteienkooperation und des europäischen Einigungsprozesses sowie deren Institutionen untersucht.

Einzelne Parteienfamilien – namentlich die konservativ-christdemokratische, die sozialdemokratische und die liberale – wurden in einem ersten Schritt synchron zueinander vergleichend dargestellt. In der zweiten Hälfte der Sektion wurden verstärkt methodisch-theoretische Überlegungen vorgenommen und Bezüge zur Gegenwart sowie zur praktischen Politik geknüpft. So wurden auch hier Grenzen überwunden – zwischen Wissenschaft und Praxis einerseits und andererseits zwischen den Disziplinen Sozialwissenschaften und Geschichtswissenschaft.

Vier Linien durchzogen dabei fast alle Vorträge: Auffallend war die in allen Parteienfamilien ausgeprägte Orientierung auf den Rahmen des Nationalstaates, besonders bei den Liberalen, aber selbst bei den Sozialdemokraten. Ost-West-Konflikt und Exilerfahrungen prägten die transnationale Kooperation gerade in einer ersten Phase nach dem Zweiten Weltkrieg. Wichtigster Impulsgeber durch die gesamte zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts waren jedoch die institutionellen Erweiterungsschritte des europäischen Einigungsprozesses. Die Einbindung von sowohl materiellen wie kulturellen Netzwerken bereichert die Analyse von Transnationalisierung europäischer Politik.

Informelle Netzwerke, insbesondere von einzelnen Persönlichkeiten, betrieben Europäisierung effektiver als formelle Netzwerke, so eine Beobachtung des Panels. Netzwerke, so eine Schlussfolgerung, müssten historisiert werden, schließlich seien sie zeitgenössisch geprägt. Der Netzwerkbegriff der Politikwissenschaft, so wurde in der Diskussion dieser Sektion klar, sei zu statisch, um neue Dimensionen aufzutun. So könnte eine historiographische Untersuchung der Parteienkooperation ein Weg sein, europäische Geschichte anders zu erzählen, so WILFRIED LOTH (Bochum), der diese Sektion moderierte.

Über Institutionen und deren Strukturen und Strukturbrüche fasste MICHAEL GEHLER (Hildesheim) die Entwicklung von Parteikooperationen konservativer und christdemokratischer Parteien nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Diese Zeitenwende habe insofern Einfluss auf die Kooperation gehabt, weil die Erfahrung von Krieg, Totalitarismus und Diktatur den Kohäsionsstoff der ersten Jahrzehnte der Parteienarbeit auf europäischer Ebene gebildet hätte. Den „Genfer Kreis“, 1945 gegründet, bildeten mittelosteuropäische Exilanten. Die „Nouvelles Equipes Internationales“ (NEI) etablierten Schweizer, Belgier sowie Franzosen, deren christlich-konservative Organisationen den Krieg überstanden hatten. Ihr Motiv sei das Ziel einer „doppelten Einheit“, in der die Verwirklichung einer europäischen Einigung als erster Schritt hin zu einer Weltunion verstanden wurde, gewesen.

Angesichts dieser Zielvisionen kann es nicht verwundern, dass die reale europäische Einigung die Organisationsstrukturen stark beeinflusste – zumal der Einfluss von Antikommunismus und Exilerfahrung als Kohäsionsmittel spätestens in den 1960er-Jahren spürbar nachgelassen hatte. Schon die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, 1951) habe der Parteienkooperation in Form der NEI Wind aus den Segeln genommen, so Gehler. Ausdruck fand diese Verschiebung der christlich-demokratischen Parteien hin zu den europäischen Institutionen in der Gründung der „Europäischen Union Christlicher Demokraten“ (EUCD) 1965, die die transnationale Kooperation der Parteien an die Arbeit ihrer Abgeordneten in Versammlung und Europäischem Parlament anband. Die so begonnene enge Abstimmung mit Parteifreunden in Kommission und Mitgliedstaaten sei stetig ausgebaut worden, besonders nachdem angesichts der ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament 1976 die Europäische Volkspartei gegründet wurde. Seit 1983 trafen sich Regierungschefs der EVP-Mitgliedsparteien zur Vorbereitung von Gipfeln, kurz darauf auch Fraktionschefs und Fachminister.

Einen stärker theoriegeleiteten Zugriff auf die Geschichte der transnationalen Parteienkooperation präsentierte GUIDO THIEMEYER (Cergy Pontoise). Für seine Untersuchung liberaler Parteien übertrug er drei etablierte Theorien der Politikwissenschaft in Bezug auf nationale Parteien auf die Ebene der transnationalen Kooperation. Mit dem Ansatz Rudolf Hrbeks, der institutionelle Rahmenbedingungen in den Vordergrund stellt, erklärte Thiemeyer die Geschichte der Kooperation liberaler Parteien besonders durch den Einfluss der europäischen Institutionen. Demnach habe die Gründung der EGKS zur Etablierung des „Mouvement libéral pour l’Europe unie“ (MLEU), in dem seit 1952 Parteien aus den sechs Staaten der neu gegründeten EGKS zusammenarbeiteten, geführt; mit dem Ziel, ein supranationales Zentrum zu etablieren. Der Haager EG-Gipfel 1969 sei wiederum Anlass gewesen, aus dem Rahmen der Liberalen Internationalen (LI) die Liberale Parteiführerkonferenz einzuführen. Ähnlich habe die erste Direktwahl für das Europäische Parlament, in deren Vorfeld 1976 die European Liberal Democrats (ELD) als Parteiföderation aus der LI hervorgingen, gewirkt.

Erzählt man die Geschichte der Kooperation unter den Gesichtspunkten von Persönlichkeiten und Ideologien, dem Ansatz Angelo Pianebiancos, findet man Ansatzpunkte für hemmende Elemente in der Entwicklungsgeschichte. So sei die LI jahrelang durch den italienischen Vorsitzenden Giovanni Malagodi geprägt worden, der sich lange gegen eine Beschränkung auf die EGKS gewehrt hatte. Dadurch sei die Konkurrenz zwischen Parteienkooperationen wie der LI und dem MLEU verstärkt worden. Scharfe Rivalitäten der verschiedenen Auslegungen und Betonungen des Liberalismus, begründet durch die divergierende, nationalstaatlich orientierte Genese des europäischen Liberalismus, verhinderten tiefergehende gemeinsame Erklärungen.

Wie Gehler für die christdemokratischen und konservativen Parteien sah auch Thiemeyer im Antikommunismus eine einende Klammer für Kooperation. Insgesamt war es die gemeinsame Trennlinie zum Totalitarismus, die Liberale zusammenführte. Diese Trennlinie, so Thiemeyer dem Cleavage-Ansatz von Seymour Martin Lipset und Stein Rokkan folgend, sei als Erklärungsansatz für die liberale Kooperation besonders in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg prägend, in denen der Kommunismus sowjetischer Prägung und das Regime Francos in Spanien noch stärker bedrohlich wirkten.

Aus allen drei Ansätzen der nationalen Parteienforschung konnte Thiemeyer Erklärungsmuster für die Entwicklung liberaler Parteienkooperation gewinnen, wenn auch mit unterschiedlich starken Aussagen. Gewinnbringend war dabei vor allem die These Hrbeks, die Entwicklung mit Institutionen zu erklären. Dieser Ansatz zeigte erneut die enorme Bedeutung der EGKS/EG-Institutionen für die Entwicklung der Parteienkooperationen.

Wie bei den genannten Parteienfamilien stellte JÜRGEN MITTAG (Bochum) auch bei den sozialdemokratischen Parteien zum einen die Impulsfunktion der europäischen Institutionen, zum anderen die Dichotomie einer globalen und einer europäischen Zielsetzung der transnationalen Parteienkooperation fest. Mit einem Fokus auf die deutsche Sozialdemokratie skizzierte Mittag die transnationale Kooperation, die auf das Kommunistische Manifest zurückgehend als die älteste Kooperation gilt. Die Älteste war jedoch nicht die Festeste, sondern eher ein Forum für einen lockeren Meinungsaustausch. Erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs habe ein neuer Zeitabschnitt der Kooperation begonnen, so Mittag, die zudem stärker auf die europäische Integration ausgerichtet gewesen sei.

Mit der Sozialistischen Internationale hatte sich zunächst 1951 ein Forum mit globaler Perspektive etabliert. Aus diesem heraus entstand wiederum das European Committee, initiiert durch die Verhandlungen über die EGKS. Das Committee sollte die Zusammenarbeit der sozialistischen Parteien der Mitgliedstaaten und der sozialdemokratischen Fraktion in der EGKS sicherstellen. Anlässlich der Unterzeichnung der Römischen Verträge wurde das Committee zu einem Verbindungsbüro weiterentwickelt. Doch wie der Ausbau der europäischen Institutionen die Parteienkooperation bestärkte, so verflachte sie ebenso durch die Verringerung der Integrationsbemühungen auf EG-Ebene ab Mitte der 1960er-Jahre. Der Plan, eine schlagkräftige europäische Partei zu gründen, schlug fehl, auch als 1974 der „Bund der sozialdemokratischen Parteien in der Europäischen Gemeinschaft“ etabliert wurde. Diese zu Beginn lockere Kooperation wurde im Gefolge der Direktwahlen zum EP intensiviert und mündete 1992 in die Neukonstitution als „Sozialdemokratische Partei Europas“ (SPE). Bilaterale Kooperationen spielten, wie Mittag am Beispiel der deutschen SPD und der französischen SFIO zeigte, zu allen Phasen eine untergeordnete Rolle. Zusammenfassend fand Mittag ein ambivalentes Bild in der Parteienkooperation sozialdemokratischer Parteien: Einerseits habe die SPE ihre Interaktionsstrukturen vertieft und stelle heute kein unverbindliches Gesprächsforum dar. Andererseits sei sie weiterhin selbst Spielball innenpolitischer Interessen. So zeige sich, dass trotz des Bedeutungszuwachses der Parteiorganisationen auf europäischer Ebene weiterhin die nationalen Parteien die Strukturen der transnationalen Kooperation prägten.

Einen Einblick in die Praxis der transnationalen Kooperation der sozialdemokratischen Parteien gewährte CHRISTOPH ZÖPEL (Dortmund), der die SPD im Exekutivkomitee der Sozialistischen Internationale (SI) repräsentierte. Er umschrieb das Arbeiten in dieser Organisation als das „Nutzen eines Netzwerkes bei konkreten Problemen“. Institutionelle Arrangements wie die halbjährlichen Council Meetings, bei denen Vertreter der weltweit 140 sozialdemokratischen und linksdemokratischen Mitgliedsparteien zusammenkommen, dienten funktional als Knoten in einem Netzwerk. Dieses Netzwerk stelle bilaterale Kontakte zur Verfügung, die je nach Problemlage abgerufen würden: zu Wahlkampfhilfen, zu innerstaatlichen Konflikten wie in lateinamerikanischen Staaten oder zwischenstaatlichen Konflikte wie in Nahost. Auch sozialdemokratische Führungspersönlichkeiten in internationalen Organisationen wie UNHCR oder IWF sind Teil dieses SI-Netzwerkes. Wie Zöpel betonte, funktioniere das Netzwerk SI nicht über Programme oder Resolutionen, sondern vor allem auf der praktischen Ebene.

Historisch entwickelte sich die SI aus einer Spaltung der Internationale im Ersten Weltkrieg und nach der Russischen Revolution. Die SI in ihrer heutigen Form entstand 1951 im Gegensatz zur von der KPdSU dominierten Kommunistischen Internationale durch 34 vorwiegend europäische Mitgliedsparteien. Diese Eurozentrierung herrschte bis in die 1970er-Jahre vor, bis – eng verbunden mit den Persönlichkeiten Willy Brandt und Jürgen Wischnewski – der Prozess der „Enteuropäisierung“ eingeleitet wurde. Dieser Prozess war mit drei globalgeschichtlichen Prozessen verbunden: dem Ost-West-Konflikt und seiner Überwindung, die Gegnerschaft zu rechtsautoritärer Herrschaft und der Ausweitung des Verständnisses linksdemokratischer Parteien über das westeuropäische Selbstverständnis hinaus.

Praktische Folgen hatten diese Veränderungen bei neuen Aufgaben der SI, bei der Überwindung rechtsautoritärer Regime in Südeuropa und Südamerika sowie bei der Bildung linksdemokratischer Parteien in Osteuropa nach 1990. Insgesamt habe die Aufnahme vieler außereuropäischer Parteien das Spektrum an Positionen innerhalb der SI deutlich erweitert, so Zöpel.

Grenzüberschreitende Kooperationsformen finden sich auch bei der extremen Rechten. Eine Analyse dieser Entwicklung, die JANOSCH STEUWER (Bochum) skizzierte, erscheint lohnenswert, weil sie sich der systematisch-orientierten Parteienforschung im Kontrast zur Entwicklung der demokratischen Parteienfamilien als Vergleichsfolie anbietet. Auch antidemokratische und rassistische Gruppen hätten eigene Vorstellungen einer Europäischen Integration gehabt, so Steuwer. Dadurch würden zwei Erkenntnisse ermöglicht: Das positiv besetzte Masternarrativ der europäischen Integration kann selbst historisiert werden. Der Faktor „Programmatik“ werde stärker betont, schließlich nahm die transnationale Kooperation dieser Parteien im Gegensatz zu anderen Parteienfamilien über die Jahrzehnte ab.

Steuwer stellte dazu die Entwicklungsgeschichte dieser Kooperation in drei Phasen dar. Die erste Phase sei durch ein Treffen rechtsextremer Parteien 1951 in Malmö eingeleitet worden. Wenige Wochen nach der Unterzeichnung des EGKS-Vertrages, vor allem aber nur wenige Jahre nach dem Ende der Herrschaft des Nationalsozialismus sollte es dazu dienen, ein eigenes Konzept europäischer Einigung zu erarbeiten. Einerseits sei dies mit einer traditionellen Strömung versucht worden, die unter Bezug auf Europa lediglich eine Möglichkeit gesehen habe, weiterhin eine nationalistische Politik zu vertreten. Andererseits habe sich auch eine progressive Strömung entwickelt, die eine Überwindung des am Nationalstaat orientierten Nationalismus thematisierte. Die zweite Phase ab der Mitte der 1960er-Jahre sei durch zwei auseinanderstrebende Entwicklungen gekennzeichnet, die an die vorigen Strömungen anknüpften. Zum einen hätten Erfolge nationalistischer Parteien wie der NPD gezeigt, dass klassisch nationalistische Programmatik wieder Erfolge feiern konnte, zum anderen hätten die Diskussionen um die Modernisierung der rechtsextremen Programmatik fortbestanden. Eine Neue Rechte, die als Reaktion auf linke Studenten- und Bürgerbewegungen entstanden sei, habe statt eines Einigungsprozesses die kulturelle und historische Einheit Europas in den Mittelpunkt gerückt. Durch die Vertiefung des Europäischen Einigungsprozesses sei die dritte Phase der Entwicklung eingeleitet worden: Vom Scheitern der gemeinsamen rechten Wahlplattformen „Destra“ bei der ersten Direktwahl über die bloße Bildung einer gemeinsamen Fraktion 1984 bis hin zu einer Abnahme der gegenseitigen Besuche in den 1990er-Jahren habe die Parteienkooperation der rechten Parteien in dieser Phase stetig abgenommen.

Welchen Nutzen die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse für die Geschichtswissenschaft haben könnte, diskutierte CHRISTIAN SALM (Portsmouth) anhand der transnationalen Zusammenarbeit europäischer Parteien. Der Wert dieses Ansatzes sei nach Stand der Literatur weiterhin umstritten, zumal interdisziplinäre Ansätze zur Erforschung der EU noch rar sind. Dabei könne der analytische Blick der Politikwissenschaft der Geschichtswissenschaft helfen, den informellen Charakter von Auseinandersetzungen besser zu beleuchten. Umgekehrt könne die Geschichtswissenschaft der Politikwissenschaft den „naiven Blick austreiben“, schließlich nehme die Politikwissenschaft Netzwerke erst ab den 1980er-Jahren in den Blick, dabei seien Netzwerke schon viel früher Bestandteil des Einigungsprozesses gewesen.

Bislang habe das Narrativ der EU-Geschichte die Rolle der Nationalstaaten und der Regierungen in den Fokus gestellt. Dagegen sei die Rolle von nicht-staatlichen Akteuren und deren Einfluss auf die Supranationalisierung von Politikfeldern lange übersehen worden. Eine Untersuchung der informellen transnationalen Parteiennetzwerke könne zu einem kompletteren Verständnis der Entstehung der EU beitragen.

Vor- und Nachteile der Netzwerkanalyse würden sich gegenseitig bedingen. Der Vorteil des Ansatzes, keine geschlossene Theorie zu sein, zwinge dazu, bei jedem Forschungsprojekt immer wieder neu zu definieren, inwiefern das Konzept gewinnbringend genutzt werden kann. Orientiert an vorliegendem Quellenmaterial und Fragestellung müsse das Netzwerkkonzept jeweils neu austariert werden. Politikwissenschaftliche Definitionskriterien von Netzwerken könnten dabei helfen. Der Vorteil der Netzwerkanalyse sei die Flexibilität, die eine Bearbeitung sehr unterschiedlicher Quellenlagen ermöglicht.

Sowohl die Vorträge als auch die sich anschließenden Diskussionsbeiträge haben verdeutlicht, dass erste Pfade zur Vermessung des Forschungsfeldes eingeschlagen wurden. Weitere offene Forschungsfragen und konzeptionelle Ansatzpunkte gibt es jedoch hinreichend, wie gerade die letzten drei Beiträge dieser Sektion zeigten. Hierzu zählen etwa Untersuchungen zur Bedeutung transnationaler Persönlichkeiten oder der Transfer von Ideen und Ressourcen. Um das Spannungsfeld zwischen Nationalgeschichte und Geschichte der Europäisierung auflösen zu können, ist es gleichermaßen unerlässlich, auch die Wechselwirkungen zwischen Zivilgesellschaft und den politischen Institutionen vermehrt zu untersuchen. Dafür müsste die politische Geschichte wieder stärker in den Blick genommen werden, so ein Fazit der Sektion. Nur so würden die Perspektiven auf Europäisierung deutlich erweitert.

Sektionsübersicht:

Michael Gehler (Hildesheim): Die transnationale Parteienkooperation christdemokratischer und konservativer Parteien

Guido Thiemeyer (Cergy Pontoise): Die transnationale Parteienkooperation liberaler Parteien

Jürgen Mittag (Bochum): Sozialistische und sozialdemokratische Parteienkooperation im 20. Jahrhundert

Janosch Steuwer (Bochum): Transnationale Kooperation rechtsextremer Parteien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Christoph Zöpel (Dortmund): Transnationale Parteienkooperation in der politischen Praxis: Die Sozialistische Internationale im 20. und 21. Jahrhundert

Christian Salm (Portsmouth): Das Potenzial von Ansätzen der Netzwerkforschung


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