Teilhabe oder Ausgrenzung? Perspektiven der bundesdeutschen Geschlechtergeschichte zwischen Nachkriegszeit und „Strukturbruch“ (1949-1989)

Teilhabe oder Ausgrenzung? Perspektiven der bundesdeutschen Geschlechtergeschichte zwischen Nachkriegszeit und „Strukturbruch“ (1949-1989)

Organisatoren
STIFTUNG – Archiv der deutschen Frauenbewegung; Arbeitskreis Historische Frauen- und Geschlechterforschung (AKHGF e.V.); Universität Kassel; Julia Paulus; Andreas Schneider; Eva-Maria Silies; Kerstin R. Wolff
Ort
Hofgeismar
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.11.2010 - 05.11.2010
Url der Konferenzwebsite
Von
Leena Schmitter, Historisches Institut, Universität Bern und Graduiertenkolleg „Gender: Prescripts and Transcripts“, Universitäten Bern/Fribourg

Ruhig sei es geworden um die Erforschung der Geschlechtergeschichte Westdeutschlands. Dieser Eindruck, dass in aktuellen Deutungen der Geschichte der Bundesrepublik geschlechtergeschichtliche Aspekte nicht zum Tragen kämen, brachte die Organisatorinnen und den Organisator zur Planung einer Tagung, in der neuere Ergebnisse geschlechtergeschichtlicher Forschungen mit aktuellen Deutungen der deutschen Zeitgeschichte konfrontiert werden sollten.

Das Einleitungsreferat der Tagung übernahm ANDREAS SCHNEIDER (Giessen). Er forderte dazu auf, die marginale Stellung geschlechterhistorischer Ansätze in der zeithistorischen Forschung zur Bundesrepublik (selbst-)kritisch zu reflektieren. Es müsse einerseits darum gehen, aktuelle Synthesen zeitgeschichtlicher Forschung um Erkenntnisse aus der historischen Geschlechterforschung zu ergänzen. Andererseits gelte es, gängige Deutungen der deutschen Zeitgeschichte bezüglich ihrer geschlechterhistorischen Relevanz zu überprüfen: Halten die augenblicklich stark favorisierten „großen Thesen“ zur Geschichte der Bundesrepublik einer geschlechtergeschichtlichen Betrachtung stand? Schneider referierte sieben historiographische Konzepte und Thesen, die unter ZeithistorikerInnen momentan diskutiert werden: Erstens, die Westernisierungs-These, mit der wichtige Entwicklungen in der Bundesrepublik als Prozesse der Übernahme US-amerikanischer Wertorientierungen gedeutet werden; zweitens die Frage der Periodisierung und der Identifizierung von Strukturbrüchen; drittens die Interpretation der bundesrepublikanischen Geschichte als Erfolgsgeschichte; viertens die Bedeutung der Rede von „Bürgerlichkeit“ und „Bürgersinn“; fünftens die aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive relevante Frage nach einem ‚Backlash’ auf breiter Front seit Ende der 1970er-Jahre; sechstens die Tragfähigkeit des Generationenbegriffs („45er“, „68er“, „89er“) für die Geschlechtergeschichte und siebtens der Zusammenhang von Geschlecht und der Suche nach Sicherheit. Das Ziel der Tagung war mit diesem Auftakt klar formuliert: Es galt, diese konzeptuellen Zugänge einer Re-Lektüre zu unterziehen und ihre Tragfähigkeit und Kompatibilität für geschlechtergeschichtliche Fragestellungen zu prüfen.

Die historische Geschlechterforschung, die in den 1970er-Jahren als „Geschichte von Frauen über Frauen“ begann, hat sich in den letzten Jahrzehnten stark diversifiziert. Sie hat dabei nicht nur einen erweiterten Blick auf die Geschlechter und ihr Verhältnis zueinander entwickelt, sondern deckt inzwischen auch ein breites Spektrum sozial-, wirtschafts-, kultur- und politikwissenschaftlicher Ansätze ab. Diese Vielfalt der Geschlechtergeschichte kam im ersten Block “Nachkrieg und Geschlechterordnung“ sehr schön zum Ausdruck. Die Politologin ANGELA PITSCHKE (Kassel) hinterfragte die bisher in der Forschung verkürzt dargestellte Rolle der SPD und einzelner SPD-Frauen bei Gleichstellungsforderungen – insbesondere bei der Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes des Grundgesetzes. Sie zeigte auf, dass die in den 1950er-Jahren erreichten gleichstellungspolitischen Erfolge nur durch das Zusammenwirken unterschiedlichster Kräfte erreicht werden konnten, unter denen die Sozialdemokratinnen allerdings eine wichtige Rolle spielten. Der Vortrag der Historikerin LU SEEGERS (Gießen) thematisierte kriegsbedingte Vaterlosigkeit und Kriegerwitwen. Die Mikrostudie, die auf vierzig lebensgeschichtlichen Interviews basiert, lenkte den Blick auf Töchter als kriegsbedingt Vaterlose. Seegers gelang es nicht nur aufzuzeigen, dass kriegsbedingte Vaterlosigkeit eine essentielle Erfahrung der Betroffenen darstellte, sondern auch, dass die individuellen Umgangsweisen mit dem Vaterverlust strukturell stark zurück gebunden sind. Der Vortrag verdeutlichte überdies, dass vaterlose Töchter ebenso stark wie vaterlose Söhne von der Erfahrung der Vaterlosigkeit geprägt waren – eine Tatsache, die bisher in der Forschung weitgehend übersehen wurde. Die Sozialwissenschaftlerin und Publizistin IRENE STOEHR (Berlin) untersuchte das 1951 im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen eingerichtete Frauenreferat, dessen staatsbürgerliche und zunehmend antikommunistische Frauenarbeit in den 1950er-Jahren vom gesamtdeutschen Ministerium koordiniert und finanziell gefördert wurde. In ihrem Vortrag interessierte sich Stoehr für die Frage, wie es den Mitgliedern des Frauenreferats gelang, die kommunismusfeindliche Haltung mit ihrem feministischen Selbstverständnis in Einklang zu bringen. Eine Erklärung sah Stoehr im Politikverständnis, das Aktivistinnen der Staatsbürgerinnenorganisationen mit ins Frauenreferat getragen hatten: Die Abwehr der pazifistischen Friedensaktivitäten habe sich zugleich gegen ein Politikverständnis gerichtet, bei dem, so die Deutung der Zeitgenossinnen, Gefühle und Harmoniebedürfnis dominierten. Von dieser „weiblichen Schwäche vor dem Feind“ hätten sich die „vernünftigen Staatsbürgerinnen“ abzugrenzen versucht und damit an ein feministisches Selbstverständnis wieder angeknüpft, das die Frauenrechtsbewegung vor 1933 geprägt hatte.

In ihrem Kommentar wies KIRSTEN HEINSOHN (Hamburg) auf die Bedeutung frauengeschichtlicher Ansätze hin. Der Wissensbedarf über Frauen unterschiedlichster sozialer Herkunft und ihr Handeln in verschiedensten Kontexten sei weiterhin groß. Vor diesem Hintergrund gelte es, auf der „Nicht-Einheit“ der Geschichte zu bestehen, da gerade das Streben nach Einheit das vermeintlich Allgemeine markiere, in dessen Namen Frauen- und Geschlechtergeschichte seit jeher als nachrangig erklärt worden sei. Gleichwohl sprach Heinsohn sich dafür aus, in den Diskussionen über die Deutungen der bundesrepublikanischen Zeitgeschichte Stellung zu nehmen und besonders Periodisierungsvorschläge mit dem Blick auf die Geschlechterverhältnisse unter die Lupe zu nehmen. Heinsohn sah die These von einem Strukturbruch um das Jahr 1970 aus dieser Perspektive vielfältig belegt.

Das zweite Panel widmete sich Berufsfeldern und ihrer geschlechtsspezifischen Segregation. Um Geschlecht bei der Arbeit ging es im Beitrag von CHRISTINE V. OERTZEN (Berlin), die unter anderem deutlich machte, wie der Hochschulausschuss des Deutschen Akademikerinnenbundes (DAB) in den 1970er-Jahren um ein hochschulpolitisches Konzept weiblicher Diskriminierung rang: Während die Gesamtbenachteiligung von Dozentinnen in den 1950er-Jahren offensichtlich war, war angesichts einiger Erfolgsverläufe beruflicher Hochschulkarrieren die Diskriminierung in den 1970er-Jahren schwieriger zu definieren. CHRISTIANE EIFERT (Berlin) untersuchte in ihrem Vortrag die weibliche Unternehmerschaft und insbesondere die Familienunternehmerinnen. Ihnen gelang es, so die These, ökonomische Freiheit und politische Anerkennung zu erlangen. Möglich war dies durch ein geschicktes Lavieren zwischen der Erfüllung traditioneller bürgerlicher Verhaltenserwartungen an Frauen und geschickter – mitunter auch gemäßigt feministischer – Interessenspolitik. An den Unternehmerinnen ließen sich, so Eifert, die „Paradoxien der Moderne“ aufzeigen. JULIA PAULUS (Münster) referierte über die Berufsausbildung weiblicher Jugendliche in der BRD. Sie zeigte, dass sich zwar die Vorstellungen darüber, was Frauen- und Männerberufe seien, geändert haben, in den vergeschlechtlichten Zuschreibungen dieser Berufe aber kaum ein Wandel auszumachen sei. Festzustellen sei eine allmähliche Veränderung in den Vorstellungen, was männliche respektive weibliche Berufe seien. Doch innerhalb dieser Dichotomie würden Frauen wie Männer nach wie vor die ihnen zugesprochenen Berufe wählen. Diese Forschungen ließen sich, wie MECHTHILD BERESWILL (Kassel) kommentierte, unter dem Stichwort “Gender at Work“ subsumieren. Dabei würden einerseits die Arbeitsteilung der Geschlechter, anderseits die Herstellungsprozesse von Geschlecht in den Blick genommen, was auch in den Beiträgen der Panels widergespiegelt wurde.

Die Abendveranstaltung, die der Archivar ERWIN IN HET PANHUIS vom Schwulenmuseum Köln leitete, handelte von schwulen und lesbischen Repräsentationen in der Zeitschrift Bravo. Der zweite Tag setzte mit zwei Panels ein, die unter dem Motto „Das Private ist politisch“ hätten stehen können, der allerdings einer späteren Sektion vorbehalten war. Beim Thema „Sexualität und Körper“ machte sich der Einfluss des Linguistic Turn in der Geschichtswissenschaft bemerkbar. Hatten bislang sozialgeschichtliche Zugriffe dominiert, kamen hier vermehrt konstruktivistische bzw. diskursanalytische Verfahren zum Einsatz. PASCAL EITLER (Berlin) eröffnete das Panel mit einem Vortrag über die „Brutalisierung und Ästhetisierung der Pornographie“ und lieferte einen Überblick über die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen mit Pornographie in den 1970er- und 1980er-Jahren. In der anschließenden Diskussion plädierte er insbesondere dafür, eine körpergeschichtliche Perspektive fruchtbar zu machen, um das Phänomen Pornographie zu fassen: Körper seien immer auch vergeschlechtlichte Körper. Dieser körperhistorische Zugang liefere – neben einem reinen geschlechterhistorischen – interessante Perspektiven. Dafür, dass die Geschichte der Bundesrepublik nicht nur als Modernisierungsgeschichte geschrieben werden könne, sondern Ambivalenzen in den Blick zu nehmen seien, plädierte EVA-MARIIA SILIES (Lüneburg). Anhand ihrer Untersuchung der hormonellen Verhütung der 1960er- und 1970er-Jahre zeigte sie, dass die Neue Frauenbewegung der 1970er-Jahre der Diskussion um die Pille eine Wendung gab: Während die Pille in den 1950er- und 1960er-Jahren als ein revolutionierendes Mittel galt, das Frauen unabhängiger machte, sei seit den 1970er-Jahren eine Abkehr von der Pille bemerkbar. Nun galt die Infragestellung und Verweigerung der Pille – und des Geschlechtsverkehrs – als Ausdruck weiblicher Emanzipation. Dies sei einer der Ausgangspunkte grundsätzlicher Diskussionen der herrschenden Geschlechterverhältnisse gewesen. Dieser Beitrag lieferte ein eindrückliches Beispiel für die gesellschaftliche Tragweite von Diskursen: Obwohl lediglich ein kleiner Teil der Frauen die Pille tatsächlich nahm, entwickelte sich ein regelrechter Diskurs über Sexualität und Paarbeziehungen, der durch die öffentliche Auseinandersetzung mit der „Pille“ ausgelöst wurde. Über Weiblichkeiten im Kontext der Homosexualitäten sprach BENNO GAMMERL (Berlin). Er untersuchte lesbische Kontaktanzeigen in der „Courage“ um 1980 und zeigte daran auf, wie Geschlechterdualitäten gleichzeitig unterwandert und untermauert wurden.

PETRA TERHOEVEN (Göttingen), die dieses Panel kommentierte, verstand alle drei Beiträge als Geschichte von Reaktionen auf Modernisierungs- respektive Liberalisierungsphänomene – Entwicklungen, durch die sich in Deutschland mehr Wahlmöglichkeiten eröffnet hätten. Eine „prinzipielle Ambivalenz“ sei allerdings bei allen drei Referaten auszumachen, denn die erläuterten Entwicklungen bargen ebenso Gefahren von neuen Unfreiheiten, was insbesondere bei den Diskussionen über die Pille augenscheinlich wurde. Außerdem plädierte Terhoeven dafür, mediengeschichtliche Überlegungen einzubeziehen, denn diese würden erlauben, die präsentierten gesellschaftspolitischen Diskurse gegen den Strich zu lesen. Massenmedien wie auch Nischenpublikationen seien nicht lediglich passive Transportmittel, sondern selber AkteurInnen, die zu berücksichtigen seien. Terhoevens Ausführungen können so als ein Plädoyer dafür gelesen werden, kulturhistorische Aspekte in der Zeitgeschichte vermehrt zu berücksichtigen.

Das vierte Panel handelte von wohlfahrtsstaatlicher Politik. SARAH SUMMERS (North Carolina at Chapel Hill) analysierte die Debatten um das Erziehungsgeld in den 1970er- und 1980er-Jahren und zeigte, dass die Forderung nach Erziehungsgeld zwar 1974 von der CDU/CSU initiiert wurde, aber bis zur Durchsetzung 1986 ebenso von autonomen Frauengruppen, Medienschaffenden und Gewerkschaften vorangetrieben wurde. In ihrem Co-Referat untersuchte WIEBKE KOLBE (Hamburg) Kontinuitäten und Brüche in der bundesdeutschen „Vereinbarkeits“-Politik und plädierte dafür, einen Strukturbruch der Vereinbarkeitspolitik beim 2007 eingeführten Elterngeld mit Lohnersatzfunktion festzumachen.

Im letzten Panel lag der Fokus auf derjenigen Akteurin, über die bereits seit zwei Tagen latent immer geredet wurde: der Neuen Frauenbewegung. Den Auftakt der Sektion „Das Private ist politisch? Partizipation und Protest“ machte KERSTIN R. WOLFF (Kassel). In einem biographischen Zugriff referierte sie über die Journalistin Erika Wisselinck (1926-2001), deren Lebensgeschichte Licht in die Zeit zwischen der so genannten „alten“ und der „neuen“ Frauenbewegung brachte und dazu einlud, das oft (über-)beanspruchte Bild der feministischen „Wellen“ zu hinterfragen. Wolff machte sich für ein dynamisches Verständnis ineinandergreifender Frauenbewegungswellen stark. Gerade die Biographie Wisselincks eigne sich dazu, die engen Verknüpfungen zwischen alter und neuer Frauenbewegung aufzuzeigen. ELISABETH ZELLMER (München) erforschte in ihrer Lokalstudie Gruppen der Neuen Frauenbewegung in München und NINA VERHEYEN (Wien) untersuchte Geschlechterkonstruktionen in Diskussionsgruppen der 1970er-Jahre. Verheyen vertrat die These, dass sich die weibliche Ausgrenzung just durch Teilhabe an linksalternativen Gruppen erst konstruiert habe. Damit verwies sie auf den Titel der Tagung – der, so zeigte sich bereits mehrfach, sehr stark durch die Gleichzeitigkeit von Ambivalenzen, das „sowohl als auch“ auszeichnete. KRISTINA SCHULZ (Bern/Cambridge) zeigte in ihrem Kommentar auf, dass es sich bei der Erforschung von Partizipation und Protest um ein dynamisches Forschungsfeld handelt, das aber auch weitere Fragen eröffne. Sie plädierte abschließend dafür, sich weniger an den Begrifflichkeiten der Allgemeinen Geschichte abzuarbeiten, sondern vielmehr Fallstudien durchzuführen, welche große Narrative in Frage stellen könnten.

Ganz so ruhig – das haben die auffällig vielfältigen Beiträge gezeigt – ist es also nicht geworden um die deutsche Geschlechtergeschichte der Nachkriegszeit. Mehrfach wurde die Frage aufgeworfen, ob es richtig sei, die Nachkriegsgeschichte Deutschlands auf die eingangs erläuterten Begriffe zu bringen. Liegt darin für die Geschlechtergeschichte eine Chance oder geht es nicht vielmehr darum, auf der von Karin Hausen propagierten „Nicht-Einheit“ der Geschichte zu bestehen? Eine geschlechterhistorisch informierte „Re-Lektüre“ birgt, darin war man sich einig, die Gefahr, lediglich als ergänzendes Korrektiv zu wirken, aber bisherige Zugriffe nicht grundsätzlicher in Frage zu stellen. Die „Nicht-Einheit“ auszuhalten, könnte dagegen das Nebeneinander und Miteinander einer Vielfalt von Modellen und Paradigmen fördern. Dennoch schien am Ende der Tagung ein breiter Konsens zu bestehen, den Jahren nach 1968 die Bedeutung eines beschleunigten Wandels auf mehreren Ebenen zuzuschreiben.

Ein Erkenntnisinteresse durchzog die ganze Tagung, mal implizit, mal explizit: Handelt es sich in der Frage nach Teilhabe oder Ausgrenzung – um bei dem von den OrgansiatorInnen vorgeschlagenen Begriffspaar zu bleiben – um eine Hol- oder Bringschuld? Eine Antwort auf diese Frage kann wohl nur eine gemeinsame Anstrengung der Geschlechtergeschichte und der sogenannten Allgemeinen Geschichte bringen.

Einer Geschichte der Bundesrepublik, die immer auch deren Geschlechtergeschichte ist, kann es kaum darum gehen, eine „Einheit der Geschichte zu wahren“. Vielmehr geht es – wie so oft in der Geschichte – darum, die „Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen“ zu denken und zu analysieren. Denn akzeptiert man die Ambivalenz der Geschichte, lassen sich vielfältige Erfahrungen erfassen. „Strukturbrüche“ gilt es dann nicht auf der Ebene von Subjektivierung oder von Institutionen zu denken, sondern in ihrem Zusammenhang und ihrer wechselseitigen Bedingtheit.

Eines wurde im Laufe der Tagung immer wieder deutlich: Ebenso wichtig wie die Frage nach den Strukturbrüchen ist es, nach den Gründen für die Persistenz, die sich über viele Brüche hinweg hartnäckig gehalten hat, zu fragen. Denn diese ist es, die viele GeschlechterhistorikerInnen antreibt – in- und außerhalb der Bundesrepublik.

Konferenzübericht:

Begrüssung: Kerstin R. Wolff, Mechthild Bereswill

Einleitung: Andreas Schneider

Panel I: Nachkrieg und Geschlechterordnung

Gegen den politischen Trend – die SPD-Frauen und die Gleichberechtigung in den 50er Jahren (Angela Pitschke)

Kriegerwitwen und „Töchter ohne Väter“ in der Bundesrepublik (Lu Seegers)

Staatsbürgerinnen im Kalten Krieg – Das antikommunistische Frauennetzwerk in der Gründungsphase der Bundesrepublik (Irene Stoehr)

Diskussion und Kommentar: Kirsten Heinsohn

Panel II: Segregierte Berufswelten

„Was ist Diskriminierung?“ – Professorinnen der Bundesrepublik ringen um ein hochschulpolitisches Konzept (1949-1989) (Christine v. Oertzen)

Bundesdeutsche Unternehmerinnen und der Weltverband der Unternehmerinnen – Teilhabe und Ausgrenzung in transnationaler Perspektive (1945-1989), (Christiane Eifert)

„Berufene Arbeit“ – Berufsausbildung von weiblichen Jugendlichen in der Bundesrepublik (Julia Paulus)

Diskussion und Kommentar: Mechthild Bereswill

Abendprogramm: Aufklärung und Aufregung. 50 Jahre Schwule und Lesben in der BRAVO (Erwin In het Panhuis)

Panel III: Sexualität und Körper

„Lust“ zwischen Gewalt und Gegengewalt – Politisierung und Brutalisierung der Pornographie in der Bundesrepublik (1968-1988) (Pascal Eitler)

Die Pille als „Geschenk für den Mann“? – Gendervorstellungen in der Debatte um hormonelle Verhütung in den 60er und 70er Jahren (Eva-Maria Silies)

Butch und Bengel – Männlichkeiten und Weiblichkeiten im Kontext der Homosexualitäten (Benno Gammerl)

Diskussion und Kommentar: Petra Terhoeven

Panel IV: Vereinbarkeit Beruf und Familie

More Choices for Mothers? The Erziehungsgeld Debate, Women’s Liberation, and the Gendered Division of Labor in West Germany in the 1970s and 1980s (Sarah Summers)

Kommentar und Co-Referat: Kontinuitäten und Brüche in der bundesdeutschen „Vereinbarkeits“-Politik (Wiebke Kolbe)

Panel V: „Das Private ist politisch?“ Partizipation und Protest

Erika Wisselinck und die Korrespondenz die frau – Begegnungen zwischen „alter“ und „neuer“ Frauenbewegung (Kerstin R. Wolff)

Protestieren und Polarisieren – Die Frauenbewegung der 70er Jahre in München (Elisabeth Zellmer)

Wer ist das geschwätzige Geschlecht? – Genderkonstruktionen in linksalternativen Diskussionsgruppen der 70er Jahre (Nina Verheyen)

Kommentar: Kristina Schulz


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Deutsch
Sprache des Berichts