The Icon and the Idol, Aniconism and Iconoclasm: The Problem of Divine Anthropomorphic Images

The Icon and the Idol, Aniconism and Iconoclasm: The Problem of Divine Anthropomorphic Images

Organisatoren
Käte-Hamburger-Kolleg (KHK) „Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa” (Bochum), Joan Westenholz Goodnick (New York), Görge K. Hasselhoff (Bochum)
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.06.2010 - 17.06.2010
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Von
Görge Hasselhoff, Käte Hamburger Kolleg Bochum

Vom 16. bis 17. Juni 2010 fand im Käte-Hamburger-Kolleg (KHK) „Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa“ (angegliedert an die Ruhr-Universität Bochum) unter der Leitung von Joan Goodnick Westenholz (jetzt New York) und Görge Hasselhoff (Bochum) ein zweitägiger, englischsprachiger Workshop mit dem Titel „The Icon and the Idol, Aniconism and Iconoclasm: The Problem of Divine Anthropomorphic Images“ statt. Die Hauptintention der Veranstalter war es, eine Sichtung verschiedener, vor allem antiker religiöser Traditionen im Umgang mit figürlicher Darstellung bzw. dem Umgang mit ebensolchen Darstellungen vorzunehmen. Der Workshop steht damit im größeren Kontext der Arbeit des KHK, insbesondere zu Attraktoren von Religionen, und hatte insofern propädeutischen Charakter.

Inhaltlich eröffnet wurde der Workshop von der Veranstalterin, JOAN WESTENHOLZ, mit einem einleitenden Vortrag mit einer Erläuterung der Fragestellung. Sie erinnerte an den zeichentheoretischen Ansatz, der für die Arbeit zu Bildlichkeit und Attraktion im Kolleg diskutiert wurde und definierte dann die Begriffe „icon“ (religiös und allgemein als Bild), „idol“ (eigentlich verstanden als Abbild wird es heute eher als negative Repräsentanz einer Gottheit verstanden), „aniconism“ (Abwesenheit grafischer Repräsentationen in einem definierten Glaubenssystem) und „iconoclasm“ (intentionale Zerstörung von Bildern). Nach einigen Beispielen für die definierten Termini aus Kunst und Literatur stellte Westenholz an das Ende ihres Vortrags Leitfragen, die im Hintergrund des Workshops stehen sollten (unter anderem: Warum verwenden Religionen Bilder?, Wie ist es möglich, ein heiliges Bild zu erstellen?, Gibt es Bildverehrung in der dargestellten religiösen Tradition?, Wo werden Bilder verwendet?, usw.).

Die ersten drei Beiträge eingeladener Referenten bezogen sich auf Bilder im südasiatischen Raum. MARION FRENGER (Bonn) widmete sich in ihrem Beitrag frühen „hinduistischen“ anthropomorphen Bildern. Ein Schwerpunkt ihrer sehr bilderreichen Ausführungen lag auf der Darstellung der Schwierigkeit, überhaupt herauszufinden, wen oder was ein Bild in der Frühzeit ausmacht (bis zum 6. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung). Den Abschluss des Vortrags bildete eine Reflexion über die Situierung von Bildern in verschiedenen indischen Tempeln (im Inneren, aber dort an den Außenseiten des zentralen Sakralbereichs). JASON NEELIS (Waterloo/ON) stellte einen weiteren Teil seines Projekts als Fellow im KHK dar. Die seiner Präsentation zugrunde liegende These war, dass die Ausbreitung des Buddhismus durch die Darstellung des Buddha befördert wurde. In der Darstellung des Buddha seinerseits spiegelt sich eine Rezeption hellenistischer Traditionen in Baktria und Gandara. SVEN BRETFELD (Bochum) schließlich ging in seiner Präsentation von einem Modell David Morgans (The Sacred Gaze, 2005) aus, der den Sehakt als von einer Vielzahl verschiedener kulturell geprägter visueller Praxen abhängig darstelle. Entsprechend habe sich das Bild Buddhas in Abhängigkeit seiner Darstellung verbreitet; die Verehrung seines Bildes sei konstitutiv für die Verbreitung des Buddhismus gewesen. In den buddhistischen tantrischen Traditionen waren (und sind) die Visualisierungspraxen eine Verkörperung der Götterperformanzen. Meditation führe entsprechend zu einer Visualisierung des Buddha im Auge des Betrachters.

Zwei weitere, auf einander bezogene Beiträge beschäftigten sich mit dem römischen Kaiserkult. MERET STROTHMANN (Bochum) stellte in das Zentrum ihres Vortrags die Frage, wie und warum der römische Kaiserkult überhaupt funktioniert habe. Zur Beantwortung der Frage müsse beachtet werden, dass die ‚divinitas’ eines römischen Kaisers immer eine relative, keine absolute gewesen sei; die Kaiser (und auch die Götter) hätten zwar vermittelst ihrer Statuen Macht ausgeübt, die Statuen selbst seien aber keine Götter gewesen. Zumindest in der Frühzeit des Kaisertums habe zudem der Grundsatz in Geltung gestanden, dass ein toter Kaiser ‚divus’ (etwa: „vergöttlicht“, aber nicht ‚deus’ = Gott), ein lebender dagegen ‚genius’ sei. In seinem sehr bildreichen Abendvortrag räumte KARL GALINSKY (Austin, TX), Träger des Max-Planck-Forscherpreises 2009, zunächst mit dem Vorurteil auf, es habe „den“ römischen Kaiserkult gegeben. Vielmehr sei auffällig, dass es zwar seit Augustus eine Verehrung des Kaisers gegeben habe, dieser aber nicht als Gott, sondern als nicht-alternder und sich nicht verändernder ‚divus’ (vergleichbar den Laren) verehrt wurde. An das Ende seiner Ausführungen stellte Galinsky die These, dass die Divinisierung des Kaisers diesen dem „normalen“ Römer leichter zugänglich gemacht habe.

Drei Vorträge bezogen sich auf den Raum des Alten Orients und die Welt des Alten Testaments. GEBHARD SELZ (Wien) spannte einen weiten Bogen über die Kulturen Mesopotamiens in der Antike. Er ging dabei von der Überlegung aus, dass der beschriebene Raum eine Welt voller Götter repräsentiere. Dabei sei eine Vielzahl von Göttinnen und Göttern zu beachten, die teilweise mit den Himmelskörpern und mit Naturvorgängen (Fruchtbarkeit) in Verbindung gebracht wurden. Deren Repräsentanten (Statuen usw.) wurden durch Mundwaschung und Mundöffnung deifiziert; auf diese Weise werde das Bild zugleich der dargestellte Gott (bzw. die Göttin) und seine Repräsentation. Im Blick auf die Vorträge zum römischen Kulturkreis schloss Selz die Frage an, ob es nicht Parallelen hinsichtlich der Grade der Göttlichkeit gebe. KATHARINA PYSCHNY (Bochum) präsentierte die diversen Artefakte, die bei Ausgrabungen in Israel gemacht wurden, und fragte danach, inwieweit es sich um Darstellungen des alttestamentlichen Gottes (JHWH) handele. Diese Möglichkeit scheine zwar nicht ausgeschlossen zu sein, sei aber auch nicht gesichert. CHRISTIAN FREVEL (Bochum) wandte sich ebenfalls der Vorstellungswelt des Alten Testaments zu, nahm dafür aber nicht die archäologischen Funde, sondern die Textaussagen biblischer Texte als Ausgangspunkt und zeichnete nach, welche Begriffe für bildliche Darstellungen verwendet werden. Ein Augenmerk lag dabei auf der Frage, wie das Verhältnis von dem zweiten der Zehn Gebote zur profetischen Kritik an bildlichen Darstellungen Gottes sei (er geht dabei davon aus, dass der Gebotstext eine spätere Reaktion auf die profetische Kritik sei).

Wegen terminlicher Überschneidungen seitens der Referentin wurden die Vorträge zum Alten Orient durch einen Vortrag zum Bilderverständnis im Islam unterbrochen. SILVIA NAEF (Genf) ging in ihrem sehr bilderreichen Vortrag von der Koransure 5,90 aus, mit der gewöhnlich das Bilderverbot des Islam begründet werde; hier stehe jedoch nicht das arabische Wort für „Bild“, sondern vielmehr ein Begriff für einen aufgerichteten Stein (also ein Kultbild). Mehr noch, es gebe keine eigene Sure gegen Bilder. Erst im Hadith komme die Tradition auf, bildliche Darstellungen und ihre Schöpfer zu verunglimpfen, weil der Schöpfungsakt allein Gott zukomme. Mit einem Überblick über verschiedene Traditionen im Islam zeigte Naef dann, dass im Islam Bilder (auch Mohammeds) nicht per se abgelehnt wurden, solange sie sich profanen Gegenständen widmeten. Erst seit der Erfindung der Fotografie gehe die bildliche Darstellung Mohammeds zurück.

SACHA STERN (London) und WOUT JAC. VAN BEKKUM (Groningen) widmeten sich unterschiedlichen Aspekten der Bildlichkeit im Judentum. Stern zeigte auf, dass es in der Zeit des rabbinischen Judentums verschiedene Phasen des Umgangs mit bildlichen Darstellungen gegeben habe. So sei bis ins dritte Jahrhundert christlicher Zeitrechnung hinein eine Tendenz zur Vermeidung von Bildern von Menschen zu beobachten. Etwa vom 3. bis zum 6. Jahrhundert finden sich dann sehr viel mehr Bilder (einschließlich Darstellungen aus der griechischen Mythologie). Bemerkenswert sei, dass die zeitgleich entstehenden rabbinischen Texte das Problem der Bilder allenfalls streifen oder, wie zum Beispiel im Mischna-Traktat ‚Avoda zara’, ironisieren. Erst in einer dritten Phase ab dem 7. Jahrhundert komme es zu einem jüdischen Ikonoklasmus. Stern stellte zum Abschluss seines Vortrags die These auf, ob diese dritte Phase eine Reaktion auf den Niedergang des römischen „Heidentums“ darstelle, die ihren Ausdruck in der generellen Zerstörung der heidnisch-bildlichen Reste durch die monotheistischen Sieger finde. Van Bekkum belegte anhand eines liturgischen Gedichts des Dichters Eleazar biRabbi Kalir (frühes 7. Jahrhundert) indirekt die These Sterns, indem er zeigte, dass ein Pessach-Hymnus Kalirs die bildlose mündliche Tradition seiner Zeit reflektiert.

Die letzten beiden Beiträge widmeten sich Aspekten der christlichen Rezeption von Bildern. PHILIPP REICHLING (Bochum) stellte in seinem Vortrag zunächst die Entscheidung des Zweiten Konzils von Nicäa (787) dar, auf dem eine prinzipielle Erlaubnis bildlicher Darstellungen Jesu, der Gottesmutter, der Engel, der Heiligen und aller frommen Menschen gegeben wurde. Anbetung sollte jedoch nicht diesen, sondern durch ihr Bild hindurch dem Schöpfer selbst zuteil werden. Die Beschlüsse dieses Konzils wurden in griechischer Sprache abgefasst und erfuhren nur eine unzureichende Übertragung ins Lateinische. Als Reaktion darauf ließ Kaiser Karl („der Große“) eine Gegenschrift, die sogenannte ‚Libri Carolini’, anfertigen, in denen die hemmungslose Bilderverehrung untersagt wurde. Obgleich diese Schrift relativ wirkungslos blieb, zeige sie, dass Fragen interreligiöser Dynamiken auch ein Problem der Semantik sind. Der zweite Veranstalter, GÖRGE HASSELHOFF (Bochum), überschritt in seinem Schlussvortrag die von den Veranstaltern gesetzte zeitliche Grenze, indem er an die Einleitung von Joan Westenholz anschloss und zur Bilderfrage der Reformation überleitete. Während Martin Luther tendenziell eher bilderfreundlich war, war die Haltung der oberdeutschen und schweizerischen Reformierten eine andere. Zusammengefasst finde sich diese Haltung bei Johannes Calvin in dessen Lehrbuch ‚Institutio’ I,11. Hier stellt Calvin dar, dass der Mensch zwar mit der Fähigkeit, Bilder zu schaffen, von Gott erschaffen wurde. Aber diese Gabe sei zweischneidig, weil ein menschlich erstelltes Bild auch angebetet werden könne, was sowohl gegen Gottes Gebot als auch gegen den menschlichen Verstand verstoße. Da jede bildliche Darstellung gleich welcher Sache früher oder später zu einer Anbetung führe, seien Bilder in Kirchen grundsätzlich abzulehnen. Auch das von Papst Gregor („dem Großen“) beschworene Bild von den „Bildern als Bücher der Illiteraten“ sei abzulehnen, weil Predigt, Taufe und Abendmahl vollkommen ausreichend für die Bildung der Gläubigen seien.

Alle Vorträge erfuhren lebhafte Diskussionen; gleichwohl konnten nicht alle eingangs des Workshops gestellten Fragen einer hinreichenden Beantwortung zugeführt werden. Es ist geplant, in absehbarer Zeit weitere Veranstaltungen zur Thematik durchzuführen.

Konferenzübersicht:

Volkhard Krech (Bochum), Welcome

Joan Westenholz (New York, NY), Introduction

Marion Frenger (Bonn), Between Personification and Cult Icon. Early Hindu Anthropomorphic Images up to the 6th Century A.D.

Jason Neelis (Waterloo, ON), Toward Anthropomorphism of the Buddha Image in Early South Asia

Sven Bretfeld (Bochum), Empty Divinities. Visuality in the Tantric Practices of Tibetan Buddhism

Meret Strothmann (Bochum), The Power of the Images in the Roman Ruler Cult

Karl Galinsky (Austin, TX), The Roman Emperor´s Image: divus, pontifex and civilis princeps

Gebhard Selz (Wien), Icons and Idols. The Mesopotamian Perception of the Divine

Silvia Naef (Genf), Icons and Aniconism in Islam - Origins, Consequences and Developments

Katharina Pyschny (Bochum), Aniconism vs. (Cultic) Images of YHWH - the Right Question?

Christian Frevel (Bochum), Profitable for Nothing? (Is 44:10). Some Remarks on Biblical Polemics against Cultic Images and the Development of the Biblical Ban on Images

Sacha Stern (London), The Treatment of Pagan Images in Rabbinical Judaism

Wout Jac. van Bekkum (Groningen), The Hebrew Liturgical Poet Kalir and the Image Prohibition

Philipp Reichling (Bochum), The ‚Libri Carolini‘ – a Response to the Second Council of Nicaea (787) and its Background

Görge Hasselhoff (Bochum), From Exodus to Calvin. The Problem of Images in the Christian Tradition


Redaktion
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