Umweltpädagogik, Museumspädagogik und Wissenschaftskommunikation

Umweltpädagogik, Museumspädagogik und Wissenschaftskommunikation

Organisatoren
Graduiertenkolleg 1024 „Interdisziplinäre Umweltgeschichte“, Universität Göttingen
Ort
Göttingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
22.04.2010 - 23.04.2010
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Von
Ulrike Kruse, Graduiertenkolleg 1024 „Interdisziplinäre Umweltgeschichte“, Georg-August-Universität Göttingen

Das Graduiertenkolleg 1024 „Interdisziplinäre Umweltgeschichte“ der Universität Göttingen hatte am 22. und 23. April 2010 zum Workshop „Umweltpädagogik, Museumspädagogik und Wissenschaftskommunikation“ geladen. Themen waren zielgruppengerechte Kommunikation, Grundkonzepte der musealen Arbeit, der Umwelt- und Naturpädagogik, die einem interessierten Publikum aus Museen sowie wissenschaftlichen und Bildungseinrichtungen nahegebracht werden konnten. Expertinnen und Experten aus Museen und wissensvermittelnden Erlebniszentren stellten ihre Konzepte vor und berichteten aus der eigenen Praxis.

In seinem Einführungsvortrag sprach PETER AUFGEBAUER (Universität Göttingen) über die Verbindung umwelthistorischer Fragen mit Anforderungen an die inhaltliche Ausrichtung von natur- und kulturhistorischen sowie umweltpädagogischen Ausstellungen. Er problematisierte die schwindende finanzielle Ausstattung von Museen vor dem Hintergrund eines fehlenden gesetzlichen Sammlungsauftrags an die Museen. Gleichzeitig hob er die Flexibilität und Kreativität von Museen hervor, die sich mit neuen Präsentationsformen als identitätsstiftende Wissensorte behaupten würden.

Anschließend referierte CORINNA ENDLICH (Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg). Als besonderer Ansatz des Landesmuseums sei die konzeptionelle Ausrichtung der Ausstellung von der Kunst geleitet, weshalb die Ausstellungsräume des Museums von einer Künstlergruppe neu gestaltet wurden. Inhaltlich verbindet das Museum die Themenbereiche Natur und Mensch. Landschaft bilde dafür das bündelnde Element und finde seinen Ausdruck in der Ausgestaltung der lokalen bzw. regionalen Landschaften in den Ausstellungsbereichen Moor, Geest, Marsch und Küste. Frau Endlich führte über Fotos in die Museumsräume ein und zeigte exemplarisch, wie mit Hilfe visueller Gestaltungsmöglichkeiten naturkundliche und archäologische Inhalte vermittelt werden können. Sie legte besonderen Wert auf die ästhetische Präsentation, in der die einzelnen Objekte in ihrer Menge reduziert ausgestellt werden, um die Aussagekraft des Einzelobjektes zu erhöhen. In der Diskussion wurde die Publikumswirksamkeit der Ausstellung zunächst bezweifelt, doch konnte Frau Endlich mittels Besucherzahlen und den Ergebnissen von Besucherbefragungen klarmachen, dass die neu gestaltete Ausstellung deutlich mehr Besucher/innen anlocke, die sich auch besonders lange und interessiert darin aufhielten.

Der zweite Block des Nachmittages widmete sich dem Themenkomplex der umweltpädagogischen Arbeit von Nationalparkzentren. Im ersten Vortrag beschrieb ULF STEINER (Nationalpark-Zentrum Königsstuhl, Jasmund) den steinigen Weg zu einer guten Ausstellungsdidaktik. Er betonte, dass das Ziel des Nationalpark-Zentrums Königsstuhl das Wecken von Emotionen sei: Man wolle Begeisterung für den Nationalpark Jasmund bzw. für die Institution „Nationalpark“ generell wecken. In abstrakter Form berichtete Herr Steiner über die Bedeutung eines „roten Fadens“ für die Konzeption von Ausstellungen und erläuterte sehr anschaulich einzelne zu berücksichtigende Aspekte des konzeptionellen Vorgehens bei der Gestaltung von zielgruppengerechten Ausstellungen.

Im Anschluss stellte HERMANN MARTENS (Nationalparkzentrum TorfHaus, Harz) das im Januar 2009 eingeweihte Nationalpark-Besucherzentrum „TorfHaus“ vor und führte mit Hilfe eines reich bebilderten Vortrags durch die Ausstellung. Dabei betonte er die Bedeutung der Lage eines National-Parkbesucherzentrums für den Erfolg der Einrichtung sowie die Ausgestaltung eines Rahmenprogramms im Nationalpark, um dem Auftrag der Bildungsarbeit für den Nationalpark Harz gerecht zu werden.

Das an Entertainment orientierte Konzept in den Nationalparkzentren stieß in der Diskussion auf Kritik seitens der Museumsvertreter/innen, die den wissenschaftlichen Anspruch und die Wissensvermittlung zu sehr hinter reine Unterhaltung zurückgedrängt sahen. Sowohl Ulf Steiner als auch Hermann Martens konnten jedoch mit Besucherzahlen belegen, dass ihr Konzept den Nerv ihrer Zielgruppe trifft, die aus Wanderern, Schulklassen und Tagestouristen/innen besteht. Der Vergleich zwischen dem Museum Natur und Mensch Oldenburg und den Nationalparkzentren zeigte auch den unterschiedlichen Umgang mit Ausstellungsobjekten in Museen und Nationalparkhäusern. Umweltbildungszentren arbeiten nicht mit wertvollen Originalen, sondern mit Nachbildungen und Modellen bzw. mit leicht reproduzierbaren oder ersetzbaren Materialien, so dass sie ihre Objekte anders einsetzen können. Dagegen müssen Museen der Bewahrung des Sammlungsgutes Rechnung tragen und können deshalb Objekte nur eingeschränkt nutzen.

Im ersten Vortrag des zweiten Tages führte HEIKE DÜSELDER (Universität Osnabrück) durch das Museumsdorf Cloppenburg. Sie berichtete über den Fortgang des Forschungsprojektes „Mensch und Umwelt“, eines Pilotprojektes zur Vernetzung von Forschung, museologischer Dokumentation und Didaktik, das von den Universitäten Osnabrück und Oldenburg und dem Museumsdorf Cloppenburg getragen wird. Ein Museumsdorf, so Düselder, zeige die Baustile und Wohnformen vergangener Zeiten und die Lebenswelten der Menschen in ihrer zeitlichen Veränderung. Der Ansatz des Museumsdorfes Cloppenburg sei die Verhinderung des Statischen. Frau Düselder betonte die Möglichkeiten, die im Aufgreifen von im Mainstream behandelten aktuellen Umweltthemen und Umweltproblemen lägen, um Umweltgeschichte präsent zu machen.

Im Anschluss folgte der historisch-archäologisch ausgerichtete Vortrag von GABRIELLE ZIPF (Forschungs- und Erlebniszentrum Schöningen). Sie gestaltete anhand von ihr geplanter, durchgeführter und umgesetzter Ausstellungen einen Vortrag, der sich auch den theoretischen Aspekten dieses Arbeitsfeldes widmete. Dabei standen die von ihr so bezeichneten Meta-Ziele einer Ausstellung im Zentrum. Damit meinte sie den emotionalen Zugang zu einer Ausstellung und ihren Objekten, der Bedeutung von Installationen, die im Gedächtnis bleiben sollen, sowie die Mehrdeutigkeit von Bilderzeugungen. Von sehr konkret praktischer Natur waren die Auflistungen einzelner Arbeitsschritte, wie etwa der Erstellung eines Raumprogramms, Einbeziehung der Außenanlagen in das Gesamtkonzept, Architektenauswahl und Marketingmaßnahmen.

Mit dem Vortrag von SILKE KAMP erhielten die Zuhörer/innen einen zweiten Einblick in die Arbeitswelt des Museumsdorfes Cloppenburg. Am Beispiel des Themas „Glaube“ in der Ausstellung „Alles fließt“ veranschaulichte Frau Kamp die Schwierigkeiten, die ein Thema in der musealen Umsetzung in sich bergen kann. Gleichzeitig zeigte sie Annäherungen an das abstrakte Thema auf und erläuterte ihr Vorgehen in der eigenen Ausstellung.

Die Diskussion fokussierte bei allen Vorträgen problematisierend auf die Objektpräsentation, die im Projekt „Mensch und Umwelt“ und dem Forschungs- und Erlebniszentrum Schöningen erst angedacht wird und in der Ausstellung „Alles fließt“ auf die Stellvertreterposition des Objektes zum beschriebenen Sachverhalt reduziert wurde. Immer wieder trat der Konflikt zutage zwischen der Fraktion, die Ausstellungen „wissenschaftlich“ halten wollte und jener, die mit Unterhaltung Wissen vermitteln wollte. Die wiederkehrende Frage war die nach dem Zielpublikum, das jeweils angesprochen werden soll.

ULRICH JOGER (Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig) hielt den letzten Vortrag über naturhistorische Museumsforschung und schlug damit die Brücke von der didaktischen Ebene eines Museums in den Bereich der Museumsforschung. Seine Erläuterungen zu den angewandten Forschungsmethoden, wie der Molekulargenetik, der Isotopenchemie, dem 3-D-Scanning und der Computertomographie, im staatlichen Museum Braunschweig verdeutlichten die Relevanz von Wissenschaftskommunikation im Bereich Museumsarbeit.

Die Abschlussdiskussion des Workshops „Umweltpädagogik, Museumspädagogik und Wissenschaftskommunikation“ leitete Peter Aufgebauer. Die Fragen drehten sich vor allem um die Bedeutung der Umwelt- und Museumspädagogik als zukünftigem Beschäftigungsbereich für Historiker im Allgemeinen und Umwelthistoriker mit naturwissenschaftlichem Hintergrund im Besonderen. Die beruflichen Perspektiven in diesem Feld wurden als vielschichtig identifiziert, betont wurde aber auch die prekäre Natur der Anstellung- bzw. Beschäftigungsverhältnisse.

Konferenzübersicht:

Peter Aufgebauer
Einführung

Corinna Endlich
Zwischen Installation und Original: Die visuelle Ansprache des Besuchers im Landesmuseum Natur und Mensch:, Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg

Ulf Steiner
Verstaubte Museen oder multimediale Edutainmentcenter? Der schmale Grat zu einer guten Ausstellungsdidaktik

Herrmann Martens
Naturkundliche Ausstellungen in Nationalpark-Zentren

Heike Düselder
Mensch und Umwelt: Chancen und Perspektiven eines umweltgeschichtlichen Blicks im Freilichtmuseum

Gabriele Zipf
Historisch-archäologische Ausstellungen

Silke Kamp
Das Unsichtbare visualisieren. Zur Inszenierung des Themas „Glaube“ in der Ausstellung „alle fließt“ im Museumsdorf Cloppenburg

Ulrich Joger
Naturkundliche Museumsforschung mit Methoden des 21. Jahrhunderts

Abschlussdiskussion


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