Die Philosophische Fakultät der Universität Freiburg. Mitglieder - Strukturen - Vernetzungen. 1920-1960

Die Philosophische Fakultät der Universität Freiburg. Mitglieder - Strukturen - Vernetzungen. 1920-1960

Organisatoren
Organisation: Eckhard Wirbelauer (Eckhard.Wirbelauer@geschichte.uni-freiburg.de) in Verbindung mit Frank-Rutger Hausmann und Dieter Speck
Ort
Freiburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.10.2003 - 11.10.2003
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Von
Eckhard Wirbelauer, Seminar für Alte Geschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Mag auch die universitätsgeschichtliche Forschung in Freiburg bereits seit längerem etabliert sein - erinnert sei etwa nur an den Fall 'Heidegger' -, so ist sie doch dank der Restrukturierung des Universitätsarchivs (http://www.uniarchiv.uni-freiburg.de/) seit 1991 in eine neue Phase eingetreten. Dies hatte zur Folge, daß gerade in den letzten Jahren zahlreiche Untersuchungen zu speziellen Fragestellungen vorgelegt wurden, gerade auch zu Themen, die insbesondere die Philosophische Fakultät 1 betreffen. Doch im Gegensatz zu anderen Fakultäten der Universität Freiburg 2 war die Philosophische Fakultät und ihre Geschichte im 20. Jahrhundert bislang kein Gegenstand historischer Forschung. Zu disparat erschienen die zu behandelnden Fächer, zu groß die Zahl der betroffenen Personen, als daß ein einzelner diesem Desiderat abhelfen könnte. Bei dem nunmehr veranstalteten Kolloquium ging es also zunächst darum, die verschiedenen Einzeluntersuchungen der letzten Jahre in den Blick zu nehmen, die einschlägigen Forscherinnen und Forscher zu versammeln, den Austausch untereinander zu fördern. Im Ergebnis wird dadurch die Grundlage für die Darstellung der Fakultätsgeschichte im vergangenen Jahrhundert geschaffen.

Das Kolloquium fand vom 9. bis 11. Oktober 2003 in Freiburg statt und wurde vom Rektor der Universität, Wolfgang Jäger, persönlich eröffnet. Um das Gespräch unter den Beiträgerinnen und Beiträgern zu fördern, war auf die Herstellung von Öffentlichkeit im allgemeinen verzichtet worden. Unter den Teilnehmern befanden sich aber zwei Zeitzeugen, die wertvolle Erinnerungen und Einschätzungen beisteuerten: das älteste noch lebende Mitglied der Philosophischen Fakultät, Edward Sangmeister (Prof. für Ur- und Frühgeschichte in Freiburg seit 1956, Dekan 1959/60), sowie Paul Falkenburger, der als curateur adjoint der französischen Besatzungstruppen maßgeblich am Wiederaufbau der Universität beteiligt war.

Nach zwei Überblicksreferaten von Bernd Martin und Sylvia Paletschek wurden zunächst einzelne Disziplinen behandelt, bevor im zweiten Teil Vernetzungen innerhalb der Fakultät sowie Beziehungen der Fakultät und ihrer Mitglieder nach außen thematisiert wurden.

Wie sich in der Zusammenschau ergab, ist der Forschungsstand zur Geschichte der einzelnen Disziplinen und ihrer Fachvertreter in Freiburg sehr ungleich. Behandelt wurden Neuphilologien (Frank-Rutger Hausmann), Kunstgeschichte (Wilhelm Schlink), Altphilologie (Jürgen Malitz), Alte Geschichte und Klassische Archäologie (Eckhard Wirbelauer), Ur- und Frühgeschichte (Hubert Fehr), Mittelalterliche Geschichte (Anne Chr. Nagel), Neuere Geschichte (Michael Kraus), Geographie (Michael Fahlbusch), Rundfunk- und Zeitungswissenschaft (Matthias Zeller), Rassenkunde (Volker Hasenauer) - Beiträge zur Altorientalistik (Horst Steible), zur Philosophie (Hugo Ott), zur Wissenschaftlichen Politik (Dieter Oberndörfer) sowie zur Germanistik (Hans Peter Herrmann) kamen zwar aus unterschiedlichen Gründen nicht beim Kolloquium zustande, sind aber für den Tagungsband in Aussicht gestellt. Somit waren die meisten Fächer der Philosophischen Fakultät auch während des Kolloquiums vertreten, und dieser Überblick wurde durch umfangreiches prosopographisches Material, das Barbara Marthaler und Eckhard Wirbelauer bereits im Vorfeld zusammengestellt hatten, noch ergänzt.

Im zweiten Teil wurden Themenstellungen verfolgt, die Vernetzungen innerhalb der Fakultät und Beziehungen der Fakultät und ihrer Mitglieder zu weiteren Institutionen behandelten: Nach innen schauten Dieter Speck (Kreise, Kränzchen und Camorra. Informelle Beziehungen Freiburger Professoren) und Gerhard Neumeier (Habilitanden und Privatdozenten). Alexander Hollerbach und Claus Arnold widmeten sich den Beziehungen zur Juristischen und zur Theologischen Fakultät, Bernd Grün dem Verhältnis der Philosophischen Fakultät zu den Rektoren und zum Rektorat. Einen eigenen Schwerpunkt bildete die unmittelbare Nachkriegszeit: Corine Defrance behandelte das Verhältnis zur französischen Besatzungsmacht, Tobias Wöhrle die Beziehungen zur südbadischen Ministerialbürokratie. Hinzu treten wird ein vergleichender Beitrag von Karin Orth zur Forschungsförderung durch die DFG von Projekten, die an der Philosophischen Fakultät in Freiburg verankert waren; ob sich die geplanten Beiträge zur Entnazifizierung und zum Verhältnis zur Medizinischen Fakultät realisieren lassen, steht im Augenblick noch nicht fest.

Das Kolloquium wurde von Ernst Schulin, Klaus Schwabe und Rüdiger vom Bruch beobachtet; diese drei leiteten mit ihren Statements eine Abschlußdiskussion ein, in der Ergebnisse des Kolloquiums und Anregungen für den Tagungsband sowie für künftige Forschungen formuliert wurden. Dabei konnten sie auf Fragen zurückgreifen, die bereits die Diskussionen während der drei Kolloquiumstage begleitet hatten: Handelt es sich bei der 'Philosophischen Fakultät' um einen eigenen Forschungsgegenstand? Gab es Handlungsbereiche, in denen die Fakultät als Fakultät handelte und nur als Fakultät handeln konnte? Mit anderen Worten: Ist die Fakultät mehr als die Summe ihrer Mitglieder, ist eine Corporate Identity erkennbar? - Gibt es Besonderheiten, die die Universität Freiburg und ihre Philosophische Fakultät von den übrigen, oder doch wenigstens, von den meisten anderen Universitäten und ihren jeweiligen Philosophischen Fakultäten unterscheidet? - Sind die Veränderungen innerhalb der Fakultät, insbesondere in den 1930er Jahren, als Modernisierung aufzufassen? Besaß der Nationalsozialismus eine alte Strukturen aufbrechende, also letztlich 'modernisierende' Rolle in der Geschichte der Philosophischen Fakultät? Wie ist der Neuanfang nach 1945 zu bewerten?

Die Beiträge, die den Kolloquiumsteilnehmern bereits im Vorfeld einander zur Kenntnis gebracht wurden, werden den ersten Band einer 'Neuen Folge' der Reihe 'Freiburger Beiträge zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte' bilden und im Alber Verlag Freiburg (http://www.alber.freinet.de/) erscheinen. Eine dem Band beigegebene CD-ROM soll nicht nur die Beiträge, sondern auch zusätzliches Quellenmaterial (vgl. http://www.ku-eichstaett.de/Fakultaeten/GGF/fachgebiete/Geschichte/Alte%20Geschichte/Materialien/ zum Beitrag von Jürgen Malitz) sowie die o.g. Prosopographie enthalten (geplanter Erscheinungstermin: Herbst 2004).

Liste der Referenten mit E-Mail-Adresse:
Arnold, Claus (clarnold@uni-muenster.de)
Bruch, Rüdiger vom (vombruchr@geschichte.hu-berlin.de)
Defrance, Corine (cdefrance@9online.fr)
Fahlbusch, Michael (fifa@swissonline.ch)
Fehr, Hubert (hubert.fehr@ufg.uni-freiburg.de)
Grün, Bernd (bernd.gruen@uni-tuebingen.de)
Hasenauer, Volker (vhasenauer@gmx.de)
Hausmann, Frank-Rutger (Frank-Rutger.Hausmann@romanistik.uni-freiburg.de)
Herrmann, Hans Peter (hpherrma@uni-freiburg.de)
Kraus, Michael (kraus72@web.de)
Malitz, Jürgen (juergen.malitz@gmx.de)
Martin, Bernd (Bernd.Martin@geschichte.uni-freiburg.de)
Neumeier, Gerhard (Gerhard.Neumeier@gmx.de)
Nagel, Anne Chr. (Anne.C.Nagel@geschichte.uni-giessen.de)
Oberndörfer, Dieter (dieter.oberndoerfer@politik.uni-freiburg.de)
Orth, Karin (Karin.Orth@geschichte.uni-freiburg.de)
Ott, Hugo (Hugo.Ott@geschichte.uni-freiburg.de)
Paletschek, Sylvia (sylvia.paletschek@geschichte.uni-freiburg.de)
Schlink, Wilhelm (arthist@kunstgeschichte.uni-freiburg.de)
Schwabe, Klaus (schwabe@rwth-aachen.de)
Speck, Dieter (dr.speck@uniarchiv.uni-freiburg.de)
Wirbelauer, Eckhard (Eckhard.Wirbelauer@geschichte.uni-freiburg.de)
Wöhrle, Tobias (Tobias-Woehrle@t-online.de)
Zeller, Matthias (zeller-haltingen@t-online.de)

Unterstützung: Projektmittel des Rektorats der Universität Freiburg

Anmerkungen:
1 Nach Ausgliederung der Naturwissenschaftlichen Fakultät (1911) bestand die Philosophische Fakultät unverändert fast sechs Jahrzehnte, bis sie 1970 in vier Philosophische Fakultäten aufgeteilt wurde; aus diesen vier wurden 2002 die Philologische und die (neue) Philosophische Fakultät gebildet. Die einzige Veröffentlichung, die die Geschichte der Philosophischen Fakultät(en) im 20. Jahrhundert im Überblick behandelt, ist Wolfgang Jägers Beitrag zur Festschrift '525 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau' (Freiburg 1982, 126-141).
2 Vgl. etwa: Eduard Seidler, Die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Grundlagen und Entwicklungen, Berlin/Heidelberg 1991, oder den jüngst erschienenen Ausstellungskatalog 'Die Freiburger Medizinische Fakultät im Nationalsozialismus' (Frankfurt/M. u.a. 2003).


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