Benedictine Monasticism and Religious Houses in Central Europe – Monks and Nuns, Monasteries and Canonesses Houses

Benedictine Monasticism and Religious Houses in Central Europe – Monks and Nuns, Monasteries and Canonesses Houses

Organisatoren
Hedwig Röckelein, Forschungsprojekt „Frauenstift Gandersheim“, Universität Göttingen; Archäologe Laszlovszky, Central European University Budapest
Ort
Bad Gandersheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.10.2009 - 06.10.2009
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Von
Jörg Bölling / Hedwig Röckelein, Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte, Universität Göttingen;

In den Räumlichkeiten des Museums „Portal zur Geschichte“ im ehemaligen Kloster Brunshausen bei Bad Gandersheim fand vom 4. bis 6. Oktober 2009 ein Workshop zum Thema „Benedictine Monasticism and Religious Houses in Central Europe – Monks and Nuns, Monasteries and Canonesses Houses“statt. Dabei handelte es sich um die zweite von insgesamt vier internationalen und interdisziplinären Tagungen zum Thema „Medieval Monastic Regions in Central Europe – The Spiritual and Physical Landscape Setting of Monastic Orders and Religious Houses“, die im Rahmen des deutsch-ungarischen Mobilitätsprogramms vom DAAD finanziert werden und zwischen der Central European University in Budapest (CEU) und der Georg-August-Universität Göttingen verabredet wurden. Verantwortlich für den Austausch sind die Göttinger Historikerin Hedwig Röckelein, Leiterin des vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen geförderten Forscherprojektes „Frauenstift Gandersheim“, und der Budapester Historiker und Archäologe Laszlovszky. Neben den Teilnehmern des deutsch-ungarischen Austausches nahmen weitere namhafte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus dem In- und Ausland teil (Großbritannien, U.S.A., Slowakei), die sich mit Klosterlandschaften befassen.

In ihren Grundsatzreferaten stellten HEDWIG RÖCKELEIN (Göttingen) und JÓZSEF LASZLOVSZKY (Budapest) den Unterschied zwischen dem eher konkret geographisch und auf die materielle Kultur bezogenen englischen Wort „landscape“ und dem deutschen eher metaphorisch auf die monastische Organisationsform und deren spirituelle Ziele bezogenen Ausdruck „Landschaft“ heraus. Laszlovszky vertiefte diese Frage in seinem Vortrag „Monastic regions as monastic landscapes? Monasticism, mission and rulers“, indem er am Beispiel von Veszprémvölgy, Visegrád, Somogyvár, Esztergom, Buda und Székesfehérvár die Bedeutung von „monastic landscape“ in der ungarischen Forschungslandschaft erläuterte, einer Bedeutung, die sich eher am englischen als am deutschen Sprachgebrauch orientiert. Laszlovszky zeigte zudem die politische Dimension der mittelalterlichen Klöster in Ungarn auf.

Am 5. Oktober stellte die von Hedwig Röckelein geleitete, interdisziplinär arbeitende Forschergruppe „Frauenstift Gandersheim“ ihre Ergebnisse vor. Der Archäologe MATTHIAS ZIRM (Universität Halle-Wittenberg) führte in die in den 1960er-Jahren erfolgten Grabungen in und an der Klosterkirche Brunshausen ein und problematisierte die Schwierigkeiten einer unzureichend dokumentierten Ausgrabung, die nie publiziert wurde. Des Weiteren erläuterte er die Ergebnisse seiner Keramikfeinschliffanalysen und korrelierte diese mit den archäologischen Befunden und Datierungen der Brunshausener Kirchenbauten des Mittelalters und der Barockzeit. CHRISTIAN POPP (jetzt: Germania Sacra an der Göttinger Akademie der Wissenschaften) stellte exemplarisch die Überlieferung der Reliquien und des „Liber ordinarius“ aus dem Frauenstift Gandersheim vor. Dabei verwies er auf die neuesten Ergebnisse der Textilanalysen, die Gandersheim im Besitz von Reliquienstoffen seit dem 9. Jahrhundert ausweisen. Die bedeutendste neuzeitliche Hüterin des Gandersheimer Stiftsschatzes, Äbtissin Elisabeth Ernestine Antonie von Sachsen-Meinigen (1681-1766), und ihre Sammlungen in der Sommerresidenz Brunshausen präsentierte JULIA HARTGEN (Universität Göttingen). INKE BECKMANN (Universität Göttingen) führte in das Programm OPAL („Online-Portal digitalisierter Kulturgüter Niedersachsens“) ein, mit dem die in alle Welt verstreute materielle Hinterlassenschaft aus Gandersheim derzeit inventarisiert wird. An die Vorträge schlossen sich Führungen durch die noch erhaltenen Kirchen und Klöster in Brunshausen, Gandersheim und Clus sowie durch die Dauerausstellungen des „Portals zur Geschichte“ in Brunshausen und Gandersheim an.

Die Referate am 4. und 6. Oktober waren Einzelphänomenen, einschlägigen Projekten und weiterführenden Themenkomplexen gewidmet. EDIT SÁROSI (CEU Budapest) stellte aus ihrem Dissertationsprojekt frühe Klosteranlagen im fluvialen Becken zwischen Donau und Theiß vor. PETER AUFGEBAUER (Institut für Landesgeschichte der Universität Göttingen) präsentierte den Stand der Arbeiten am Niedersächsischen Klosterhandbuch. ULRIKE MATZKE (Universität Göttingen) stellte ihr in Kooperation mit der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel durchgeführtes Dissertationsprojekt zum Verhältnis von Landesherrschaft und klösterlicher Autonomie im Spätmittelalter zur Diskussion. JAMES BOND (Universität Bristol), Fellow der renommierten „Society of Antiquaries“ (FSA) und Mitglied des „Institute of Field Archaeologists“ (MIFA), gab einen Überblick über die Entwicklung und Verbreitung der Prämonstratenser in England und auf dem Kontinent. MICHAEL RICHTER (Berlin) vertrat die These, dass das frühe irische Mönchtum die Regula Benedicti nicht rezipiert habe. MIRCEA DULUS (CEU Budapest) stellte die Gründung griechischer Klöster im Normannenreich von Sizilien in der Zeit zwischen 1130 und 1154 vor. ALISON BEACH (U.S.A., z. Zt. Universität Köln) interpretierte die Chronik von Petershausen auf dem Hintergrund der reformfreundlichen bzw. reformfeindlichen Haltung der Konstanzer Bischöfe des 12. Jahrhunderts und als Abwehrmaßnahme gegen das neu gegründete Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen.

Im hagiographischen Teil der Konferenz stellte MARIANNE SÁGHY (CEU Budapest) die Biographie und kultische Überlieferung zum heiligen Günther vor, einem bayerischen Adeligen aus dem 12. Jahrhundert, der im Alter von 50 Jahren vom Krieger zum Mönch konvertierte, von Niederaltaich nach Hildesheim wechselte und von dort aus nach Ungarn zog, wo er ein Leben als Eremit führte und die königliche Familie beriet. Die Historikerin STANISLAVA KUZMOVA (Universität Bratislava und CEU Budapest) interpretierte die Handschriftenüberlieferung von Sermones zum heiligen Stanislaus von Krakau und zeigte die Rolle von Augustinerchorherren als Prediger und Propagatoren des Stanislaus-Kultes in Polen, Tschechien und Ungarn auf.

Im kunsthistorischen Teil der Veranstaltung sprach der örtliche Museumsleiter THOMAS LABUSIAK über illustrierte Benediktsregeln aus dem Reich und aus Italien. FIONA GRIFFITHS (New York University) deutete die Darstellung des Evangelisten Johannes unter dem Kreuz in Handschriftenilluminationen des 12. Jahrhundertes als identifikatorisches Rollenmodell für Kleriker im Dienst von Frauenkonventen. ESZTER CZOMA (Museum der Schönen Künste, Budapest, und Universität Göttingen) stellte das Skulpturenprogramm des Klaustrums von Ss. Pietro et Orso in Aosta vor. Der Budapester Architekturhistoriker BÉLA ZSOLT SZAKÁCS führte regionale Aspekte romanischer monastischer Architektur in Ungarn vor Augen. KATHARINA ULRIKE MERSCH (Universität Göttingen) deutete das ikonographische Programm und die Funktion von Taufbecken des 12. Jahrhunderts aus dem Benediktinerinnenkloster Lippoldsberg und dem Kanonissenstift Freckenhorst.

Durch die Tagung konnte die bereits bewährte Zusammenarbeit zwischen den Universitäten Budapest und Göttingen fortgesetzt und vertieft werden. Die interdisziplinäre Zusammenführung von Spezialisten verschiedenster Herkunft an einem idyllisch in der Natur gelegenen Ort, von dem einst die Gründung Gandersheims ausging und der heute in Verbindung mit der Gandersheimer Stiftskirche deren großartige Kirchenschätze mit modernsten Museumskonzepten präsentiert, verdeutlichte die historische Tragweite des Tagungsthemas und förderte zugleich über die Fächer-, Sprach- und Nationengrenzen hinweg die gemeinsame Fokussierung auf zentrale Fragen. Die Exkursionen nach Clus und Gandersheim ermöglichten darüber hinaus, die örtliche, in einigen Vorträgen zuvor behandelte ‚monastische Landschaft‘ näher zu ergründen. Die dritte Tagung des DAAD-MÖB-Austausches „Medieval Monastic Regions in Central Europe“ findet vom 8. bis 10. April 2010 in Göttingen zum Thema „Monastic Topography – Ecclesiastical Topography“ statt.

Konferenzübersicht:

Hedwig Röckelein / József Laszlovszky: Introduction

József Laszlovszky, CEU Budapest: “Monastic regions as monastic landscapes? Monasticism, mission and rulers”

Edit Sárosi, CEU Budapest - Cultural Heritage Office: “Early Monastic Complexes in the Danube-Tisza Interfluve Region in Hungary: Problems of Identification and Localization”

Peter Aufgebauer, University of Göttingen, Institute for Regional History: "The Handbook of Lower-Saxon Monasteries and the Dynamic of Monastic Landscapes"

Ulrike Matzke, University of Göttingen, Doctoral Program of the State of Lower Saxony in cooperation with the Ducal Library Wolfenbüttel: “Convent life and princely rule in Late Medieval Lower Saxony: Fifteenth-Century Monastic policy in the Harz Region”

James Bond, University of Bristol: "Premonstratensian houses in England with a comparative view to the continent"

Hedwig Röckelein: Introduction

Matthias Zirm, University of Halle-Wittenberg, Doctoral student of the Research Program Frauenstift Gandersheim: “New methodological approaches to the archeological ceramics of the Brunshausen monastery – a Reevaluation”

Christian Popp, Germania Sacra at the Academy of Sciences Göttingen, Post-Doc of the Research Program Frauenstift Gandersheim: “Relics and Saints of the Gandersheim Convent”

Maria Julia Hartgen, Göttingen University, Assistant of the Research Program Frauenstift Gandersheim: “Elisabeth Ernestine Antonie von Sachsen-Meiningen (1681–1766), 51th abbess of the house of canonesses in Gandersheim“

Inke Beckmann, Göttingen University, Assistant of the Research Program Frauenstift Gandersheim: “The digital reconstruction of material remains of the religious house in Gandersheim with the inventory system OPAL (Online Portal of Digitized Cultural Assets of Lower Saxony)"

Excursions to Gandersheim, Medieval Canonesses' Church and Baroque Abbesses' House; Brunshausen, Museum in the Gothic Monastery Church; Clus, Rural domain and Convent Church Dinner at Brunshausen or Gandersheim

Hedwig Röckelein: Introduction

Michael Richter, Berlin (formerly University of Konstanz): “The early medieval Irish monastic landscape: a world without Benedict”

Marianne Sághy, CEU Budapest: “Monks to Hermits: Saint Günther and the Eremitic Revival in 11th-century Hungary”

Mircea Dulus, CEU Budapest: “Norman Kingship and Monastic Orders in Sicily: Roger II (1130-1154), Benedictines and the Foundation of San Salvatore in Messina”

Alison Beach, University of Trier: "The Reform of Petershausen in a Changing Religious Landscape"

Fiona Griffiths, New York University: "Inseparable Companions. Women and the Apostles in the Twelfth Century"

Thomas Labusiak, Director of “Portal zur Geschichte” (Bad Gandersheim), Post-Doc of the Research Program Frauenstift Gandersheim: “Illustrations in Benedictine rules”

Eszter Czoma, Museum of Fine Arts Szépmüveszeti Múzeum) Budapest: “The sculpture program of the cloisters Ss. Pietro et Orso in Aosta”

Béla Zsolt Szakács, CEU Budapest: “Regional aspects of romanesque monastic architecture in Hungary”

Katharina Mersch, University of Göttingen, former doctoral student of the International Max-Planck Research School Göttingen: “Baptismal fonts in benedictine nunneries and canonesses houses in 12th century Germany: Liturgy, objects and social meaning”

Stanislava Kuzmova, CEU Budapest: “The Holy Bishop, the Monks and the Canons. The Cult of St. Stanislaus of Cracow in a Monastic Landscape”

Hedwig Röckelein / József Laszlovszky: Conclusion

Kontakt

Prof. Dr. Hedwig Röckelein
Georg-August-Universität Göttingen
Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte
Platz der Göttinger Sieben 5
37073 Göttingen
Tel.: 0551 / 39 46 67
Fax.: 0551 / 39 46 32
e-mail: hroecke@gwdg.de
http://www.geschichte.uni-goettingen.de/roeckelein