Patterns of Episcopal Power in 10th and 11th century Western Europe

Patterns of Episcopal Power in 10th and 11th century Western Europe

Organisatoren
Professur für Geschichte mit dem Schwerpunkt Mittelalterliche Geschichte, Universität Bayreuth; DFG-Projekt „Der Handlungsspielraum von Bischöfen. Eine vergleichende Untersuchung am Beispiel der ottonisch-salischen und angelsächsischen Herrscherwechsel“, Universität Bayreuth; Prinz-Albert-Gesellschaft, Coburg
Ort
Bayreuth
Land
Deutschland
Vom - Bis
03.04.2009 - 04.04.2009
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Von
Dominik Waßenhoven, Professur für Geschichte mit dem Schwerpunkt Mittelalterliche Geschichte, Universität Bayreuth

Der Handlungsspielraum von Bischöfen stand im Vordergrund eines internationalen Workshops, den die Professur für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Bayreuth im Rahmen des gleichnamigen DFG-Projekts (Der Handlungsspielraum von Bischöfen. Eine vergleichende Untersuchung am Beispiel der ottonisch-salischen und angelsächsischen Herrscherwechsel) und in Zusammenarbeit mit der Prinz-Albert-Gesellschaft am 3. und 4. April 2009 veranstaltete. Unter dem Titel „Patterns of Episcopal Power in 10th and 11th century Western Europe“ sollte der Frage nachgegangen werden, welche Möglichkeiten sich Bischöfen bei Thronvakanzen oder umstrittenen Herrscherwechseln boten und welche Strukturen bischöflicher Herrschaftsgewalt dabei zum Tragen kamen.

In seiner Einleitung plädierte LUDGER KÖRNTGEN (Bayreuth) dafür, Könige und Bischöfe im 10. und 11. Jahrhundert nicht von abstrakten Vorstellungen über Legitimation, Anspruch und Ideengehalt ihrer Ämter her zu beurteilen, sondern gemäß der aktuellen Forschung von der Amts- und Herrschaftspraxis auszugehen, da sich erst aus der Kommunikation und Interaktion der einzelnen Personen die Strukturen von Amt und Herrschaftsgewalt ableiten ließen. Der Vergleich der deutschen Bischöfe mit ihren angelsächsischen Amtsbrüdern sollte daher keine Gegenüberstellung statischer Institutionen sein, sondern im Blick auf die feststellbaren Aktivitäten der Amtsträger nach den impliziten Regeln des politischen Handelns fragen und dessen Grundlagen, Räume und Reichweiten zu rekonstruieren versuchen. MONIKA SUCHAN (Konstanz) hob die Rolle des Bischofs als Hirte hervor, die er in karolingischer Zeit gemeinsam mit dem König wahrnahm. In ottonischer Zeit dagegen wich das Modell des Hirten als Mahner einem konsensualen Herrschaftsstil. ERNST-DIETER HEHL (Mainz) konzentrierte sich in seinem Beitrag auf den Herrscherwechsel von 1002, als Otto III. überraschend gestorben war, ohne einen Nachkommen zu hinterlassen, und der spätere König Heinrich II. mit Herzog Hermann II. von Schwaben und Markgraf Ekkehard von Meißen um die Königskrone rang. Hehl wollte dabei die Vorstellung modifizieren, dass Bischöfe bei Herrscherwechseln von vornherein größere Handlungsspielräume als sonst besessen hätten. Seiner Ansicht nach sei nicht Handlungsspielraum das entscheidende Kriterium für Bischöfe in einer solchen Situation, sondern Entscheidungszwang. Hehl kam daher zum Ergebnis, dass die Bischöfe während einer Thronvakanz keine größeren, sondern eher kleinere Handlungsspielräume besaßen als zuvor. Außerdem stellte er heraus, dass es von Bedeutung war, ob die Bischöfe gemeinsam als Gruppe handeln konnten oder – wie es 1002 der Fall war – in ihren Entscheidungen isoliert agierten (oder agieren mussten).

Mit PAULINE STAFFORD (Liverpool) kam das angelsächsische Königreich erstmals stärker in den Blick. Sie widmete sich der Rolle königlicher Frauen bei Herrscherwechseln, speziell bei den kurzen und umkämpften Königsherrschaften nach dem Tod Knuds des Großen (Harold 1035/1037–1040; Harthacnut 1035/1040–1042; Edward Confessor 1041/1042–1066). Am Beispiel von Emma machte sie deutlich, wie eine komplexe Familiensituation das Handeln der Königin beeinflussen konnte. Emma hatte je zwei Söhne von zwei früheren Herrschern und sah sich schließlich dem Vorwurf ausgesetzt, nicht alle gleichermaßen unterstützt zu haben. Konsequenterweise spricht das von Emma in Auftrag gegebene Encomium Emmae Reginae nie von ihr als „Mutter“, sondern immer als „Königin“. Abschließend stellte Stafford die Rolle der königlichen Frauen und der Bischöfe einander gegenüber. Ein entscheidender Unterschied liege auf struktureller Ebene: Königinnen waren zwar häufig geweiht, im Gegensatz zu Bischöfen hatten sie aber kein Amt inne, so dass sie nach dem Tod ihres Mannes ihre Autorität verlieren konnten.

Am zweiten Tag nahm CATHERINE CUBITT (York) zunächst ebenfalls die Jahre 1035–42 in den Blick, richtete ihre Aufmerksamkeit aber auch auf frühere Herrscherwechsel im 10. Jahrhundert. Dabei stellte sie fest, dass die Nachfolge von mehreren Brüdern auf dem Königsthron in den angelsächsischen Königreichen (zwischen 924 und 955) offensichtlich weit weniger Probleme bereitete als die Nachfolge von Söhnen (955/59 und 975/78), bei denen es zu Parteiungen, Reichsteilungen und in einem Fall gar zum Mord kam. Cubitt machte auch einen generellen Unterschied zum ottonisch-salischen Reich aus, da die Bischöfe im angelsächsischen England größtenteils nicht aus dem hohen Adel rekrutiert wurden. Im letzten Beitrag verglich DOMINIK WASSENHOVEN (Bayreuth) das juristische Werk Burchards, Bischof von Worms (1000–1025), und Wulfstans, Bischof von London (996–1002) sowie Erzbischof von York (1002–1023) und gleichzeitig Bischof von Worcester, miteinander. Burchard, bekannt für sein „Dekret“, aber auch Autor der Lex familiae Wormatiensis ecclesiae, scheint seine Tätigkeit als Sammler und Autor von Gesetzestexten eher auf seine Diözese beschränkt zu haben. Wulfstan hingegen, dessen Œuvre sehr umfangreich, aber auch in vielen einzelnen, aufeinander bezugnehmenden Texten überliefert und daher unübersichtlich ist, hatte nicht nur mit den Gesetzen, die er für die Könige Æthelred und Knud verfasste, das gesamte Königreich im Blick.

In der abschließenden Diskussion wurde – wie schon mehrmals während des Workshops – deutlich, dass die Rolle der Bischöfe bei Herrscherwechseln sehr situationsbedingt ist und allgemeine Schlussfolgerungen nur mit Vorsicht gezogen werden sollten – sei es für die jeweiligen Königreiche oder im Vergleich miteinander. Gerade der komparatistische Ansatz ermöglicht eine differenzierte Herangehensweise, mit der die Besonderheiten und Unterschiede der einzelnen Herrscherwechsel herausgearbeitet und analysiert werden können.

Die Ergebnisse der Tagung werden in der Reihe „Prinz-Albert-Forschungen“ publiziert – zusammen mit den Beiträgen der Sektion „A Europe of Bishops“, die beim International Medieval Congress in Leeds stattfinden wird.

Konferenzübersicht:

Ludger Körntgen (Bayreuth): Introduction

Monika Suchan (Konstanz): Monition and Advice as Element of Politics

Ernst-Dieter Hehl (Mainz): Recht und »Politik« als Parameter bischöflichen Handelns: Willigis von Mainz und andere

Pauline Stafford (Liverpool): The Role of Women in Anglo-Saxon Royal Successions

Katy Cubitt (York): Bishops and Succession Crises in 10th and 11th Century England

Dominik Waßenhoven (Bayreuth): Legislation and Epsicopal Power — Burchard and Wulfstan compared


Redaktion
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