Die komplexe Welt der Kulturkontakte. 'Kontaktzone' und 'Rezeptivität' als Mittel für ihre Beschreibung und Analyse. Internationales Kolloquium aus Anlass des 60. Geburtstages von Christoph Ulf

Die komplexe Welt der Kulturkontakte. 'Kontaktzone' und 'Rezeptivität' als Mittel für ihre Beschreibung und Analyse. Internationales Kolloquium aus Anlass des 60. Geburtstages von Christoph Ulf

Organisatoren
Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Ort
Innsbruck
Land
Austria
Vom - Bis
26.01.2009 - 30.01.2009
Von
Irene Huber; Gundula Schwinghammer (unter Mithilfe von Martin Mauersberg und Ulrich Leitner), Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Interkulturalität erfreut sich in den letzten Jahrzehnten auch in den Altertumswissenschaften steigender Beliebtheit. Walter Burkert, Martin West und andere haben den Ertrag solcher Studien für das frühe Griechenland deutlich gemacht, zugleich aber auch die methodischen Schwächen vorliegender Konzepte offenbart: Häufig beschränkte man sich darauf, die technischen Möglichkeiten oder die Wahrscheinlichkeit einer Entlehnung zu untersuchen. Die Rolle der Transmittoren stand dabei eindeutig im Vordergrund, wogegen man die Wechselseitigkeit der Beeinflussung gerne übersah. Auch wenn es in den vergangenen Jahren interessante Erklärungsmodelle gab, fehlte bislang ein fundierter methodischer Überbau, der allen Facetten des Themas Kulturkontakt gerecht wird.

Der österreichische Althistoriker Christoph ULF hat in einem Aufsatz, der 2009 in der Zeitschrift Ancient West & East unter dem Titel „Rethinking cultural contact in the ancient world“ erscheinen wird, ein umfassendes theoretisches Modell zur wissenschaftlichen Analyse interkultureller Kontakte ausgearbeitet. Er untersucht nicht zuletzt mithilfe von modernen sozialpsychologischen Ansätzen jene Umstände, unter denen ein Kulturtransfer erfolgte. Gerade diese sind für die Bedeutung, die ein materielles oder ideelles Gut im neuen Kontext erhält, entscheidend. Ulf erkennt folglich mehrere Formen der Rezeptivität, die mit dem jeweiligen Ausmaß der Anwendung von Machtmitteln zu verbinden sind. So entsteht innerhalb des Modells eine Differenzierung zwischen „offenen“ und „dichten“ Kontaktzonen.

Der runde Geburtstag des Autors bot nunmehr den Anstoß, seine Thesen im Rahmen eines internationalen Kolloquiums auf ihre Anwendbarkeit in verschiedenen Disziplinen (Geschichtswissenschaft, Philologie, Archäologie) zu prüfen. 25 ReferentInnen sowie weitere renommierte WissenschaftlerInnen als ModeratorInnen aus neun Nationen folgten der Einladung nach Innsbruck. Ein erster großer Themenblock behandelte die Kulturen des Zweistromlandes, des alten Israel und Irans. In einem wissenschaftsgeschichtlichen Abriss befasste sich Erik VAN DONGEN (London) mit den unterschiedlichen Auslegungen der Begriffe „Vorderer Orient/Naher Osten“, die diese Region(en) als einheitlichen kulturellen Block erscheinen lassen. Der Referent plädierte dafür, solche Simplifizierungen zu vermeiden. Besonders der Orientbegriff ist durch den westlichen Orientalismus semantisch zu sehr aufgeladen und mithin als heuristische Kategorie unbrauchbar.

Hans NEUMANN (Münster) beleuchtete in seinem Vortrag die aus Handelsbeziehungen resultierenden Kulturkontakte im Raum des südlichen Mesopotamiens zur Ur III-Zeit. Sumerische literarische Texte und Briefe informieren nicht nur über die verhandelten Güter, sondern belegen, dass diese Kontakte durch Kaufleute und Händler getragen wurden, die im Auftrag der Herrscher, aber auch als Privatleute, eine Brückenfunktion im Informationsaustausch einnahmen. Die aus dem 13. Jahrhundert v.Chr. stammenden akkadischen Textfunde aus Emar dienten Betina FAIST (Berlin) als Grundlage für ihre Ausführungen zur schriftlichen Wiedergabe von Gewichtsangaben. Neben den gängigen Gewichtseinheiten Schekel und Mine findet sich eine dritte Form, die bislang als Fehlschreibung gedeutet wurde. Die Verwendung beider Rechensysteme und die daraus resultierende Verschmelzung zeigt, wie Kulturkontakt zu Innovationen führt. Ariel M. BAGGs (Berlin) Fragestellung konzentrierte sich auf das alte Israel. Der Vortragende bezeichnete Juda während der neuassyrischen Zeit als Beispiel einer dichten Kontaktzone mit offenem Einsatz von Machtmitteln. Die machtpolitische Situation in diesem Raum wurde häufig so gedeutet, dass die Assyrer eine „Assyrisierung“ ihrer eroberten Gebiete angestrebt hätten. Die Herrschaftssicherung in den hinzugewonnenen Gebieten war hingegen von Pragmatismus unter dem Motto „maximales Ergebnis bei minimalem Aufwand“ geprägt. Bagg zeigte anhand mehrerer Aspekte, dass eine Anpassung an die imperiale Kultur nicht erkennbar ist.

Kulturkontakte zwischen Parthern und Griechen stellte Josef WIESEHÖFER (Kiel) dar. Der Referent hielt allgemein fest, dass das Bild des Kontakts zwischen „dem Iran“ und „den Griechen“ über lange Zeit vornehmlich als kriegerisch angesehen wurde. In parthischer Zeit zeigt sich allerdings, dass Teile des parthischen Herrschaftsbereichs als dichte Kontaktzone mit direktem Transfer auszumachen sind, andere wiederum als „middle ground“ im Ulf’schen Sinne. Zudem erkennt er multiple Identifikationsmuster in den verschiedenen Netzwerken. Edward DĄBROWA (Krakau) untersuchte Elemente hellenistischer Herrscherideologie auf parthischen Münzen. Auf diesen lässt sich eine Entwicklung des „ideologischen Image“ erkennen. Im Vergleich zu griechischen Vorbildern zeigen sich Unterschiede, die darauf schließen lassen, dass die fremden Elemente nicht unkritisch imitiert, sondern der eigenen Königsideologie dienstbar gemacht wurden. Anhand der spezifischen Bildsprache der Architektur Palmyras veranschaulichte Stefan HAUSER (Konstanz) den Zusammenhang zwischen Kulturkontakt und der Selbstdarstellung einer Gruppe. Die spezifische Entwicklung der Grabmonumente und deren Reliefschmuck belegt, wie in Palmyra eine bewusste Selektion von fremden Elementen vorgenommen wurde, um sich in der Phase der Ablösung von der Stammesidentität als Sesshafte (Bürger) zu etablieren.

Kai RUFFING (Marburg) widmete sich dem mare Erythraeum in der römischen Kaiserzeit, das die ägyptische Küste des Roten Meeres bis nach Westindien umfasste und regelmäßige interkulturelle Begegnungen in den emporia als dichten Kontaktzonen ermöglichte. Dass es sich dabei durchaus um multilaterale Kontakte handelte, belegen die am Indienhandel beteiligten Ethnien wie Graeko-Ägypter, Palmyrener und Nabatäer. Aus der papyrologischen und epigraphischen Überlieferung werden die Transmittoren und deren sozialer Hintergrund deutlich: einerseits Händler aus der imperialen Oberschicht, andererseits auch das Schiffspersonal. Ein weiterer thematischer Block nahm den Raum des antiken Kleinasiens ins Visier. Giovanni LANFRANCHI (Padua) konzentrierte sein Untersuchungsfeld auf Kilikien in neuassyrischer Zeit, das in dieser Phase Rezipient und zugleich Transmittor war. Das veranschaulichte der Referent anhand der Wandlung des Begriffes „Kilikien“. In Keilschrifttexten umfasste Hilaqqu das Gebiet des Taurus-Gebirges, nicht jedoch das „ebene Kilikien“, das als Hiyawa/Qu’e bezeichnet wurde. Interessanterweise kennt Herodot diese ältere Bezeichnung noch. Als Qu’e dann von einer Dynastie aus Hilaqqu regiert wurde, übertrug man den Landesnamen „Kilikien“ auch auf diese Region. Die Übernahme des Toponyms in griechischen Quellen hat laut Lanfranchi daher einen ideologischen Hintergrund: sie ist als Reaktion auf das dominierende Konzept zu verstehen.

Barbara PATZEK (Essen) interpretierte das assyrische Traditionsgut in der Ilias als Beleg für intellektuellen Austausch zwischen Kleinasien und der Peripherie Assyriens. Die Ilias zeigt, dass die fremden Elemente nicht einfach kopiert, sondern ins griechische Denken übertragen wurden. Ihrer Ansicht nach sind besonders das Staunen über das Neue, die bewusste intellektuelle Auseinandersetzung und der Bedarf nach Selbstdefinition als Motivationen für die Rezeption zu nennen. Alexander FANTALKIN (Tel Aviv) beleuchtete die Rolle der lydischen Könige im Rahmen der ionischen Kolonisation. Sah man die Kontakte zwischen Ioniern und Lydern meist auf militärische Auseinandersetzungen beschränkt, schloss sich Fantalkin einer positiven Bewertung der Beziehungen an, indem er etwa auf mixed-marriages zwischen den Eliten von Ephesos und Sardes sowie die Prosperität der ionischen Siedlungen verwies. Als Folge dieser Kontakte vermutet er bei der Etablierung von Naukratis lydische Unterstützung, da das lydische Königshaus diplomatische Beziehungen mit den Herrschern Ägyptens unterhielt. Bemalte Holzbalken aus Kleinasien als Zeugnis der kulturellen Orientierung der Eliten des westlichen Achämenidenreichs bildeten das Thema von Bruno JACOBS (Basel). Die dargestellte Kampfszene lässt sich stilistisch nicht auf die Achämeniden zurückführen, da sie verschiedenste lokale Einflüsse und konventionelle Bausteine aufweist. Daher ist die Identifizierung des siegreichen Herrschers mit einem Perserkönig ebenso zweifelhaft wie eine kulturelle Durchdringung Kleinasiens durch das achämenidische Reichszentrum.

Einige ReferentInnen nahmen den Raum des antiken Griechenland als Ausgangspunkt für ihre Überlegungen zum Thema Kulturkontakt. Maria BROSIUS (Newcastle) unterstrich die Bedeutung professioneller Schreiber als Transmittoren kultureller Güter. Sie spannte den Bogen von den mehrsprachigen Schreibern der Sumerer bis zu den Phöniziern: die jeweilige Übernahme der Fertigkeit des Schreibens und die darauf folgende Adaption des Schriftsystems bedeutete zugleich eine Transformation der Kultur. Diese Mechanismen sieht sie ebenso bei der Übernahme der Alphabetschrift in Griechenland am Werk. Auch hier sei der Wissenstransfer eng mit der Tätigkeit von Schreibern verbunden gewesen. Ein Panoptikum der unterschiedlichen Ausformungen von Kulturkontakten im Rahmen der griechischen Kolonisation bot Gocha TSETSKHLADZE (Melbourne). Er begann mit der phokäischen Siedlung Emporion an der Küste des heutigen Kataloniens. Der archäologische Befund zeugt von guten Kontakten mit der indigenen Bevölkerung, die keiner Hellenisierung unterlief. Ein weiteres Beispiel führte nach Olbia an der Nordküste des Schwarzen Meeres. Auch dort adaptierte die skythische Elite zwar griechische Elemente, aber selbst antike Quellen wie Herodot berichten von einer starken kulturellen Eigenständigkeit der Skythen.

Herbert GRASSL (Salzburg) bot einen Überblick über offene Fragen, die sich bei seiner Lektüre des Ulf’schen Konzepts ergaben. Da der moderne konstruktivistische Kulturbegriff keine antike Kategorie ist, ist er mit Vorsicht anzuwenden. Auch bei der Behandlung von Raum als sozialem Konstrukt fehlt ihm die von der Natur vorgegebene Komponente. Die im Modell vorgenommene Aufschlüsselung in Produzenten, Transmittoren und Rezipienten erachtete Grassl als heuristisch wertvoll, um den komplexen Ausformungen des Kulturtransfers gerecht zu werden, was er am Beispiel der Beziehungen von Griechen und Persern exemplifizierte. Überregionale Heiligtümer in der griechischen Welt als institutionalisierte Orte der Begegnung behandelte Peter FUNKE (Münster). Sie dienten auf der Ebene der polis zur Konstituierung des sozialen Raumes und der Identitätsgebung, auf regionaler Ebene als Bezugspunkt für einen größeren geographischen Raum. Als Schauplätze von „panhellenischen“ Kulten wurden sie zu Kontaktzonen der Griechen untereinander, aber auch mit Personen der außergriechischen Welt.

Kurt RAAFLAUB (Providence) bemerkte, dass im Modell der Transfer von Ideen kaum berücksichtigt wird und führte als Beispiel die Idee der Gerechtigkeit an. Im Vorderen Orient baute sie auf die Gebote der Götter auf, was auch bei Homer und Hesiod noch greifbar ist. Bei Solon findet sich hingegen eine völlig diesseitsbezogene Idee der Gerechtigkeit, die keiner ideologischen Rückführung auf einen Götterwillen bedarf. Sollte die Idee der Gerechtigkeit in der griechischen Welt Impulse aus dem Vorderen Orient erhalten haben, so wurde sie den eigenen Bedürfnissen angepasst. Raaflaub sieht im Konzept der Kontaktzonen eine Chance, auch den Austausch von Ideen zu verorten. Als letzte geographische Region sei nun noch das Alte Italien bzw. der Raum des Imperium Romanum genannt. Erich KISTLER (Bochum) machte deutlich, dass das archaische Sizilien von einem dichten Mit- und Nebeneinander von Einheimischen, Phöniziern und Griechen geprägt war. Die Forschungstradition vereinfacht diese Komplexität jedoch durch zwei Stereotype: Die Phönizier als Händler und die Griechen als Kolonisatoren. Die Rolle der Einheimischen Westsiziliens wird damit auf den Part „stummer Statisten“ reduziert. Ulfs Modell verspricht „eine längst überfällige Emanzipation der Einheimischen zu echten Interaktionspartnern“. Durch den Vergleich mit anderen Regionen kam der Referent zu dem Schluss, dass Sizilien als offene Kontaktzone mit ausgebliebener Rezeptivität zu sehen ist.

Alessandro NASO (Innsbruck) legte Wert auf die Feststellung, dass die Beziehungen zwischen Etrurien und dem antiken Griechenland von gegenseitigen Einflüssen geprägt waren. Auf der einen Seite rezipierten die Etrusker die mythologischen Szenen griechischer Keramik, auf der anderen Seite übernahmen griechische Töpfer die Formen etruskischer bucchero nero-kantharoi. Ein weiteres Beispiel für die Transmittoren-Rolle Etruriens sind Metallobjekte, die nicht nur im griechischen Raum, sondern bis nach Spanien und die Türkei archäologisch greifbar sind. Christoph SCHÄFER stellte die Frage, ob Kleopatras Aufenthalt in Rom als Kulturkontakt zu interpretieren ist. Da die Königin sehr selbstbewusst auftrat, rief sie auch ablehnende Haltungen wie bei Cicero hervor. Cicero überlieferte jedoch nur eine Seite des Bildes von Kleopatra, denn sie galt selbst nach ihrer Abreise noch als Vorbild. Schäfer nahm ausführlich zum Modell von Ulf Stellung und zeigte, an welchen Stellen es sich gut auf sein Thema anwenden lässt und wo aufgrund der Quellenlage Probleme liegen.

Die Grundlage von Wolfgang KOFLERS (Innsbruck) Vortrag waren die Begriffe Imitation, Adaption und Derivation. Anhand der römischen Lyrik zeigte Kofler, dass der Begriff aemulatio die künstlerische Situation zur Zeit des Augustus nur unzureichend beschreibt. Dichter wie Horaz, Properz oder Vergil griffen griechische Kunstformen auf, stellten ihre Kunst aber in den Dienst der augusteischen Propaganda. Um diese Dynamik zu beschreiben, scheint Kofler der Begriff der Derivation besser geeignet. Der Vortragende wies jedoch darauf hin, dass das von Ulf vorgeschlagene Modell auf diese spezielle Situation nicht passt: Bei Kontakten mit einem dominanten Partner würde nämlich der Überlegene seine kulturellen Errungenschaften übertragen, wogegen hier Rom an die griechische Kultur anknüpft.

Mit einem der Schlüsselbegriffe des Ulf’schen Konzeptes, der Kultur, beschäftigte sich Michael SOMMER (Liverpool). Für das Imperium Romanum ersetzte er ihn durch Samuel Eisenstadts Begrifflichkeit der „großen“ und „kleinen Traditionen“, mithilfe derer er beispielsweise den Bauplan der römischen Villa im englischen Fishbourne oder die Grabanlagen in Palmyra interpretierte. Seine Ausführungen machten deutlich, dass nicht nur die Peripherien romanisiert, sondern jeweils auch das Zentrum „barbarisiert“ wurden. Rolf SCHNEIDER (München) befasste sich mit künstlerischen Darstellungen als Transmittoren von Ideen. Hierzu spannte er einen Bogen von der Entführung eines Kultsteins der Kybele nach Rom, über Darstellungen des trojanischen Sagenstoffes zu den ägyptischen Obelisken in Rom. In jedem der geschilderten Fälle ist eine Einbindung der übernommenen Ideen in das eigene Weltbild feststellbar. Es ging laut Schneider nicht darum, den Orient zu radikalisieren, sondern beide Kulturen neu aufeinander zu beziehen.

Ingomar WEILER (Graz) zeichnete die unterschiedlichen Stufen der Rezeption der griechischen Agonistik in Rom nach. In republikanischer Zeit veranstalteten heimkehrende Feldherren wie Sulla oder Pompeius griechische Spiele, die allerdings nicht die Gunst des Publikums gewinnen konnten. Erst durch Nero und Domitian konnte die Agonistik in Rom institutionalisiert werden. Die Rezeption war mehr als eine Imitation, denn die Spiele wurden der eigenen Umgebung im Sinne der Derivation angepasst. Der Vortrag Mischa MEIERs (Tübingen) führte in die zeitlich jüngste Phase dieses Kolloquiums, nämlich die römische Spätantike um 500 n.Chr. Der Referent sieht in der verlorenen Kommunikationsfähigkeit zwischen Ost und West das Hauptcharakteristikum dieser Zeit. In Bezug auf Ulfs Modell betonte er die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Kontakten und Kommunikation. Das Modell funktioniert für einen komplexen Kommunikationsraum wie das Imperium Romanum vor 500 nicht. Erst als elementare Mechanismen der Kommunikation versagen, wird es anwendbar. Für Meier eignet sich das Modell daher als Indikator, wann sich im 'Kommunikationsraum Mittelmeerwelt' in der Spätantike entscheidende Veränderungen vollziehen.

Anstelle einer Abschlussdiskussion erfolgte eine ausführliche Reaktion Christoph Ulfs auf die geforderten Modifizierungen seines Modells. Seine Gedanken sowie die Vorträge der ReferentInnen werden in einem Tagungsband nachzulesen sein, der noch 2009 erscheinen soll. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die aus unterschiedlichen Forschungstraditionen kommenden ReferentInnen überaus interessante und Erkenntnis gewinnende Beiträge zu Ulfs Thesen vorstellten und deutlich machten, dass viele Aspekte des Themas noch lange nicht ausgereizt sind. Abschließend ist besonders den beiden Organisatoren Kordula SCHNEGG und Robert ROLLINGER ein großes Kompliment für den erfolgreichen Ablauf dieser Veranstaltung auszusprechen.

Konferenzübersicht:

Montag, 26.1.2009

Sektion 1: Chair Hans van Wees

Barbara Patzek, Von der Peripherie des assyrischen Reiches ins griechische Hinterland

Giovanni Lanfranchi, Political and Cultural Interchanges in Cilicia during the Neo-Assyrian Period

Erich Kistler, Archaisches Westsizilien: Eine archäologische Fallstudie zur „komplexen Welt der Kulturkontakte“

Mischa Meier, „Von fremd zu fremd“ - Gelasius I., Anastasios und die verlorene Einheit der Mittelmeerwelt

Dienstag, 27.01.

Sektion 2: Chair Wilfrid Allinger-Csollich

Christoph Schäfer, Kleopatra in Rom. Kulturkontakt oder Herausforderung?

Josef Wiesehöfer, Kulturkontakte zwischen Parthern und Griechen

Edward Dąbrowa, Hellenistic elements in the Parthian kingship

Michael Sommer, ‚Kontaktzone‘ und ‚Rezeptivität‘ unter imperialem Vorzeichen - das Beispiel Rom. Eine Fußnote zur ‚komplexen Welt der Kulturkontakte‘

Sektion 3: Chair Brigitte Truschnegg

Stefan Hauser, Neue Bürgerlichkeit. Kulturkontakt und Selbstdarstellung in Palmyra

Erik van Dongen, The concept of ‚the Near East‘ as a cultural entity: A reconsideration

Betina Faist, Metrologische Notierung und Kulturkontakt im altorientalischen Emar (13. Jh. v. Chr.)

Mittwoch, 28.01.

Sektion 4: Chair Martin Lang

Alexander Fantalkin, Naukratis as a zone of intense cultural and political contact: revealing the Lydian connection

Ariel M. Bagg, Viel Lärm um nichts: Über die vermeintliche „Assyrisierung“ im Alten Israel

Sektion 5: Chair Manfred Schretter

Hans Neumann, Der überregionale Güter- und Wissenstransfer im alten Vorderasien im Spannungsfeld von Luxusbedürfnis und Gebrauchsnotwendigkeit

Peter Funke, Überregionale Heiligtümer – Orte der Begegnung mit dem Fremden

Gocha Tsetskhladze, From the Pillars of Hercules to the Cimmerian Bosporus: identifying ethno-cultural interactions

Donnerstag, 29.01.

Sektion 6: Chair Douglas Cairns

Kurt Raaflaub, Themis and the Horai – Eunomia, Dike, and Eirene: Greek concepts of justice in their Mediterranean context

Maria Brosius, Some remarks on the channels of the transmission of knowledge in the ancient Mediterranean world

Wolfgang Kofler, Literarische Texte als Träger von Transfergütern: ein Blick auf die lateinische Dichtung

Sektion 7: Chair Sigrid Jalkotzy-Deger

Kai Ruffing, Das mare Erythraeum als Kontaktzone in der römischen Kaiserzeit

Herbert Grassl, Warenströme und Kulturkontakte: Anmerkungen zum neueren Forschungsdiskurs

Sektion 8: Chair Florian Schaffenrath

Ingomar Weiler, Zur römischen Rezeption der griechischen Agonistik. Assoziationen zu den Thesen eines Kulturtransfers bei Peter Burke und Christoph Ulf

Freitag, 30.01.

Sektion 9: Chair Harald Stadler

Rolf Schneider, Fremde Gesichter? Östliche Kulturen im Stadt-Bild von Rom

Bruno Jacobs, Bildkunst als Zeugnis für Orientierung und Konsens innerhalb der Eliten des westlichen Achämenidenreichs

Alessandro Naso, Griechen und Etrusker: Kulturtransfer zwischen Sitten und Mode

Abschlussdiskussion/Reaktion von C. Ulf zu den Referaten

Kontakt

Mag. Irene Huber
Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik
Zentrum für Alte Kulturen
Leopold-Franzens-Universität
Langer Weg 11
A-6020 Innsbruck
i.huber@uibk.ac.at; gundula.schwinghammer@uibk.ac.at

http://www.uibk.ac.at/news/2009/01/kolloquium-ulf/
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