Die deutsche Stadt im 12. Jahrhundert

Die deutsche Stadt im 12. Jahrhundert

Organisatoren
Abteilung für Rheinische Landesgeschichte, Institut für Geschichtswissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn; in Verbindung mit dem Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Vom - Bis
29.09.2008 - 30.09.2008
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Von
Manuel Hagemann, Institut für Geschichtswissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Die diesjährige Herbsttagung der Bonner Abteilung für Rheinische Landesgeschichte des Instituts für Geschichtswissenschaft in Verbindung mit dem Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande am 29. und 30. September stand unter dem Titel „Die deutsche Stadt im 12. Jahrhundert“. In seiner Einführung erinnerte MANFRED GROTEN (Bonn) an die von Edith Ennen begründete Tradition der Stadtgeschichtsforschung in der Bonner Landesgeschichte, an die diese Tagung anknüpfen sollte. Ihr Ziel war die Bündelung aktueller Forschungsansätze der stark sektoral ausgerichteten Stadtgeschichtsforschung. Die Wahl des behandelten Zeitraums begründete Groten mit der These, die Zeit zwischen 1070 und 1180 sei als Vorbereitungsphase der mittelalterlichen deutschen Stadtgeschichte im engeren Sinne eine Epoche mit eigenem Profil. Als besonders aufschlussreich skizzierte er den Ansatz, sich dem Phänomen der Stadt aus der Perspektive der Zeitgenossen zu nähern. Im 12. Jahrhundert wurde der civitas-Begriff auf andere Siedlungsformen übertragen, für die sich in deutschen Quellen (anstelle von burg) der Begriff stat oder stede durchsetzte. Die innerstädtische Organisation wurde gegen Ende des 12. Jahrhunderts durch die Etablierung der Gemeinde im Rechtsverkehr auf eine neue Stufe gestellt, was zu einem entscheidenden Qualitätssprung in der Entwicklungsgeschichte der mittelalterlichen Stadt führte.

FRANK G. HIRSCHMANN (Trier) referierte im ersten Vortrag der Tagung über „Bischofsstädte im Reich während der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts“. Grundsätzlich waren bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts alle Städte des Reiches Kathedralstädte (mit Ausnahme Erfurts, das nur kurzzeitig während des 8. Jahrhunderts Bischofssitz gewesen war); allerdings gab es durchaus Bischofsstädte, die nur geringen urbanen Charakter besaßen, wie Bremen. Den jeweiligen Grad der Urbanität der einzelnen deutschen Städte suchte Hirschmann mit Hilfe eines Kriterienbündels fassbar zu machen: An erster Stelle wandte er sich den geistlichen Kommunitäten zu: Benediktinerklöster und Kollegiatstifte waren an den meisten, Frauenklöster an vielen Bischofssitzen vorhanden. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden vielerorts Augustinerchorherrenstifte. Die Zahl der Hospitäler verdoppelte sich während desselben Zeitraums. Schulen lassen sich als Indikatoren für Urbanität deswegen nur schwer heranziehen, weil ihre Existenz nur sehr zufällig in den Quellen belegt ist; gleichwohl ist für die meisten Bischofssitze das Vorhandensein von Schulen bezeugt. Als wichtiger Punkt stellt sich die Frage nach den Ansätzen einer bürgerlichen Organisation dar, die durch das Vorhandensein von Siegeln in Köln, Trier, Mainz und Verdun bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts sehr plastisch fassbar wird. Urbanität spiegelt sich auch in der bürgerlichen Bautätigkeit wider; neben Landgewinnungsprojekten und Brückenbauten entstanden während des Untersuchungszeitraums insbesondere diverse Befestigungsprojekte großen Ausmaßes. Als weitere Faktoren wurden das Vorhandensein jüdischer Gemeinden (die sich allerdings durchweg schon im 11. Jahrhundert angesiedelt hatten) und der Nachweis differenzierten Gewerbelebens genannt. In einem abschließend von Hirschmann vorgenommenen Städteranking zeigte sich, dass Köln mit großem Abstand die meisten Faktoren für Urbanität erfüllte, gefolgt von Metz, Lüttich, Mainz, Trier und Regensburg. Als weiteres Ergebnis hielt Hirschmann fest, dass die im 12. Jahrhundert wirksam werdenden neuen Ansätze von Westen – Nordfrankreich, Flandern und Brabant – her rezipiert wurden und nicht aus Italien kamen.

Dem Thema „Gemeindebildung und kommunale Organisation in Worms und Speyer (1073-1200)“ wandte sich GEROLD BÖNNEN (Worms) im nächsten Vortrag zu. Beide Städte einten als entschieden königsnahe Orte und Bischofssitze mit mehreren ortsansässigen Stiften gemeinsame Strukturmerkmale, die eine parallele Entwicklung der Gemeindebildung während des 12. Jahrhunderts zur Folge hatten. Eine zentrale Rolle in diesem Prozess wies Bönnen den Kollegiatstiften zu, die die Spitze einer gedachten Gemeinschaftshierarchie bildeten und personell eng mit der weltlichen Führungsschicht vernetzt waren. Auch zwischen Stadt und Reformklöstern sind intensive Verflechtungen zu beobachten, die im Zusammenhang mit dem Aufkommen bruderschaftlicher Organisationsformen zu sehen sind. Das städtische Meliorat war, so Bönnen, somit gleichsam religiös und laikal geprägt, geistliche und karitative Institutionen wurden zu Katalysatoren im Gemeindebildungsprozess. Neben den Hospitälern, die Ansatzpunkte für die Organisation städtischer Führungsschichten bieten konnten, förderten auch Kirchbauprojekte das gemeinschaftliche Handeln. Entscheidend für die kommunale Entwicklung in Worms und Speyer war das Nebeneinander bischöflicher und königlicher Stadtherrschaft. Die Schwäche der bischöflichen Macht wurde vom Königtum bewusst aufrechterhalten und zur verstärkten Einflussnahme genutzt; gleichzeitig begünstigte diese Konstellation bei Abwesenheit des Herrschers die Ausbildung gemeinschaftlichen Handelns der Bürgerschaft. Das Zollprivileg Heinrichs IV. für Worms von 1074, „die erste den Bewohnern einer Stadt als Kollektiv ausgestellte Herrscherurkunde im Deutschen Reich“, wie auch die Konstituierung der Bürger von Speyer als Gebetsgemeinschaft durch Heinrich V. 1111 anlässlich der Übertragung des Leichnams seines Vaters in die Familiengruft im dortigen Dom stellen den Anteil des salischen Königtums an diesem Prozess deutlich heraus. Mit dem in Worms erstmals 1180 begegnenden 40köpfigen Friedensgericht, aus dem sich 1198 der Stadtrat formierte, wurde der Rat zum Herrschaftsträger in der Stadt, deren Verfassung sich als „offenes System“ erweist.

Die Nachmittagssektion eröffnete der Vortrag von KARSTEN IGEL (Münster) über „Osnabrück im 12. und frühen 13. Jahrhundert“. Seit dem 8. Jahrhundert Bischofssitz ist Osnabrück erstmals zu 1079 als civitas belegt. Um 1150 wies der inmitten von Feuchtgebieten gelegene, unbefestigte Ort noch offene Siedlungsstrukturen mit mehreren Schwerpunkten auf. 1171 verlieh Kaiser Friedrich Barbarossa Osnabrück das ius de non evocando – eine Maßnahme, die sich wohl vor allem gegen Heinrich den Löwen als Vogt richtete. Unproblematisch gestaltet sich das Verhältnis der Stadt zu den Tecklenburgern, die die Vogtei seit 1182 innehatten; aus ihrer Familie entstammte Bischof Adolf (1216-24), Bischof Engelbert (1224-26) war mit ihnen verwandt. Die Stiftung eines Hospitals 1177 war womöglich Auslöser für den Mauerbau, der wohl bald nach 1200 abgeschlossen wurde. Im Zuge der Befestigungsmaßnahmen wurden die zwischen den bestehenden Siedlungspunkten gelegenen Überschwemmungsgebiete verfüllt und Wasserläufe kanalisiert; der neu gewonnene Raum wurde schließlich systematisch erschlossen, so dass Osnabrück sich im Inneren zu einem geschlossenen städtischen Raum fügen konnte. 1218 entstand St. Marien als drittes Kirchspiel, bis 1248 wurde die vierte Pfarre St. Katharinen eingerichtet, in deren Sprengel später ein Großteil der städtischen Führungsschicht wohnte. Die Anfänge kommunaler Selbstverwaltung liegen in den späten 1170er-Jahren; deutlich fassbar wird sie 1217, gleichzeitig ist das Stadtsiegel erstmals belegt. Das niedere Stadtgericht konnte Osnabrück 1225 vom Bischof erwerben, der seit dem Verzicht der Tecklenburger auf die Stadtvogtei 1236 alleiniger Stadtherr, allerdings bei der Bürgerschaft verschuldet war. Das gesteigerte städtische Selbstbewusstsein fand Ausdruck in einem Bündnis der Städte Osnabrück und Münster 1246, nachdem im Jahr zuvor die Bischöfe beider Städte ein Schutzbündnis geschlossen hatten.

MATHIAS KÄLBLE (Jena) sprach im Anschluss über „Gilden und Bruderschaften. Genossenschaftliche Grundlagen der Kommunebildung im 12. Jahrhundert“. Er stellte fest, dass über die Frage nach den Anfängen der mittelalterlichen Stadtgemeinde bei weitem noch kein Konsens herrsche. Während die Kommune lange als Weiterentwicklung der Kaufleutegilde betrachtet worden sei, habe die Forschung später die herrschaftlichen Aspekte zu sehr in den Vordergrund gerückt; erst in jüngster Zeit werde dem Mit- und Nebeneinander herrschaftlicher und genossenschaftlicher Elemente und den Unterschieden einzelner Stadttypen mehr Beachtung geschenkt. Neben den Kaufleutegilden gab es in der mittelalterlichen Stadt eine Vielzahl von Genossenschaften, die Kälble unter dem Forschungsbegriff „Bruderschaften“ fassen möchte. Darunter sind dauerhafte Vereinigungen mit eigenen Satzungen zu verstehen, deren Mitglieder sich zum gemeinsamen Handeln verpflichten und gemeinsame Ziele verfolgen. Besonderes Gewicht legte der Referent auf die religiösen Grundlagen der hochmittelalterlichen Bruderschaft und die intensive Rezeption kirchlicher Reformideen durch ihre Angehörigen, die auch für die Entstehung mittelalterlicher Städte von großer Bedeutung waren. Religiöse Laiengemeinschaften waren an örtliche Institutionen gebunden, Institution und Kultgemeinde somit eng aufeinander bezogen. Die Wahrnehmung karitativer Aufgaben eröffnete den Bruderschaften frühe Handlungsspielräume zu religiös-kirchlichen, sozialen und politischen Aktivitäten. Bruderschaftliche Verbandsbildung konnte damit zum Motor für eine kommunale Gemeindebildung werden.

Seinen Abschluss fand der erste Tagungstag in einem öffentlichen Abendvortrag von LUKAS CLEMENS (Trier), der das Städtewesen des 12. Jahrhunderts aus archäologischer Sicht beleuchtete. Der Mittelalterarchäologie verdankt die Stadtgeschichtsforschung vielfach neue Erkenntnisse; so konnte beispielsweise mit archäologischen Mitteln nachgewiesen werden, dass Freiburg im Breisgau 1120 nicht auf der ‚grünen Wiese’ entstand, sondern an eine bereits Ende des 11. Jahrhunderts bestehende nichtagrarische Siedlung anknüpfte. Mit der steigenden Bevölkerungszahl ging schon im Hochmittelalter eine Aufteilung innerstädtischer Parzellen einher, im 12. Jahrhundert wird die Tendenz zum Bau von Kellern und höheren Wohnbauten sowie zur vermehrten Nutzung von Stein als Baumaterial (unter anderem durch das Abräumen antiker Trümmerflächen) fassbar – in Trier konnten bislang über 20 steinerne rechteckige Wohntürme im Weichbild der Stadt nachgewiesen werden. Die Abfallentsorgung verlagerte sich durch den Bau von Latrinen von der Horizontalen in die Vertikale. Die Landgewinnung auf Kosten bisheriger Wasserflächen lässt sich anhand vorgefundener Hölzer häufig zuverlässig dendrochronologisch datieren. Der Bau der Stadtmauer von Basel – bislang für die Wende des 13. Jahrhunderts angenommen – konnte anhand archäologischer Befunde auf das 11. Jahrhundert vordatiert werden. Archäologische Untersuchungen von Werkstätten, Latrinen und Friedhöfen geben Einblicke in Alltagsleben, Handel, Ernährung und Bevölkerungsentwicklung, die aus Schriftquellen nicht oder nur selten gewonnen werden können.

Den zweiten Tagungstag leitete ERNST-DIETER HEHL (Mainz) mit einem Vortrag über „Kirchenrecht und Stadtbegriff im 12. Jahrhundert“ ein. Nach dem Kirchenrecht benötigt ein Bischof eine civitas als Bischofssitz, die seiner Autorität und Würde angemessen ist, eine nur mittelmäßige Stadt entwerte nach Meinung des Volkes das nomen episcopi. Eine angemessene civitas honorabilis benötigte eine gewisse Einwohnerzahl und sollte nach Möglichkeit seit alters her Bischofssitz sein. Letztlich blieb dieser civitas-Begriff aber stets dynamisch und nicht statisch, da die Definition vom Urteil der Zeitgenossen abhängig war. Hehl beleuchtete den Umgang mit dem städtischen honor am Beispiel von Mainz: Nachdem die Stadt ihren Erzbischof Adalbert 1118 gegen Kaiser Heinrich V. unterstützt hatte, verlieh ihr dieser ein Privileg, das er 1135 in einer Prachturkunde bestätigte und zudem inschriftlich am Domportal anbringen ließ. Damit kopierte er die Privilegienform, die Heinrich V. der Stadt Speyer 1111 hatte zukommen lassen und steigerte damit den honor der Stadt, der gleichzeitig auf ihn als Aussteller und bischöflichen Stadtherrn zurückstrahlte. Nachdem die Mainzer ihren Erzbischof Arnold 1160 erschlagen hatten, entzog Kaiser Friedrich Barbarossa der Stadt ihre Privilegien als bischöfliche civitas und ließ demonstrativ die Stadtbefestigung zerstören. Damit folgte er dem kirchenrechtlichen Grundsatz, dass eine Stadt, die ihren Bischof tötet, ihre bischöfliche Würde verlieren solle. Mainz blieb allerdings Metropolitansitz.

GABRIEL ZEILINGER (Kiel) widmete seinen Vortrag dem Thema „Eine ‚staufische’ Städtelandschaft? Die Urbanisierung des Elsass im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert“. Das Elsass zeichnete in dieser Periode eine sprunghafte Urbanisierung aus: während bis 1100 nur die römischen Gründungen Straßburg und Basel als Städte bestanden, existierten am Ende des Untersuchungszeitraums zehn Mittelstädte (die sogenannte Dekapolis) und etwa 50 kleinere Landstädte. Nach dem Anfall des salischen Erbes an die Staufer 1125 verstärkten diese ihre Positionen im Elsass. Insbesondere das auf staufischem Eigengut gelegene Hagenau wurde zu einer Vorzugs-Pfalz mit zentralörtlichen Funktionen ausgestaltet. Die vor allem durch Friedrich II. intensivierte Burgenbau- und Städteförderungspolitk zielte auf einen Herrschaftsausbau durch Verdichtung. Neben den staufischen Gründungen entstanden bis 1250 aber auch 12 bis 15 fremde Städtegründungen im Elsass. Für die Stadtrechtsentwicklung wurde neben Hagenau auch Colmar vorbildlich. Den Staufern wies Zeilinger schließlich eine wichtige Rolle als Städteförderer und Impulsgeber zu, wies aber daraufhin hin, dass die eigentlichen Kommunebildungen und die volle Entfaltung der elsässischen Städtelandschaft erst in die nachstaufische Zeit fielen.

„Städtebildende Faktoren im Rheinland im 12. Jahrhundert“ waren das Thema des Vortrags von MARGRET WENSKY (Bonn). Um 1180 gab es mit Köln, Duisburg, Aachen, Trier, Andernach und Koblenz sechs ‚Vollstädte’ im Rheinland, daneben eine größere Zahl von Orten, deren städtische Qualität als fraglich zu betrachten ist. Die Referentin arbeitete eine lange Liste von Orten mit urbanen Zentralfunktionen ab, um die jeweiligen städtebildenden Faktoren zu systematisieren. Köln und Trier wiesen als römische Bischofssitze den höchsten Grad an Urbanisierung auf, mehrere Städte waren aus römischen Kastell- und Fiskalorten entstanden. Die Lage am Rhein erwies sich für einen Großteil der behandelten Orte als städtebildender Faktor, der Handel und Gewerbe beflügelte und die Möglichkeit zur Einrichtung von Zollstätten bot. In Aachen, Duisburg, Kaiserswerth und Düren wurde eine Königspfalz zur Keimzelle der Stadt, wobei die eigentliche Stadtentwicklung meist erst nach Aufgabe der Pfalzfunktion einsetzte. In Xanten, Emmerich und Rees war die Stadtentwicklung eng mit den ortsansässigen Stiften verbunden. Den Entwicklungsvorsprung der vor 1250 entstandenen Städte konnten spätere Gründungen nicht mehr einholen.

Im letzten Vortrag der Tagung zeichnete THOMAS KRAUS (Aachen) die städtische Entwicklung Aachens im 12. und frühen 13. Jahrhundert nach. Aachen war bereits von Karl dem Großen gezielt zur sedes regni ausgebaut worden mit Marienstift, Regionalmarkt und Münzstätte. Unter den Ottonen waren die Aachener Krönungstradition und der Karlskult begründet worden. 1066 wurde Aachen erstmals oppidum genannt. 1127 werden Ansätze der politischen Willensbildung der Gesamtbürgerschaft fassbar. Unter Kaiser Friedrich Barbarossa erlebte Aachen eine massive Wirtschaftsförderung; die Heiligsprechung Karls des Großen 1165 ließ die Stadt zum sakralen Mittelpunkt des Reiches werden. Bis 1198 wurde Aachen mit Mauern und Gräben umgeben, möglicherweise wurde um diese Zeit auch das so genannte ‚älteste Karlssiegel’ in sekundärer Nutzung zum Stadtsiegel umfunktioniert. Unter Friedrich II., zu dem die Stadt auch nach dessen Bannung durch den Papst hielt, schritt die Kommunebildung weiter voran. Nach 1257 setzte die Erweiterung der Stadtbefestigung ein, durch die sich die innerstädtische Fläche mehr als verdreifachte. König Richard von Cornwall erkannte 1266 Bürgermeister und Rat an, 1267 erhielt die Stadt ihr erstes Rathaus.

In der Schlussdiskussion der gelungenen Tagung bündelte Manfred Groten die Ergebnisse der einzelnen Vorträge und umriss zukünftige Aufgaben der Stadtgeschichtsforschung. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen civitas und dem Phänomen der neuen Siedlungen des 12. Jahrhunderts müsse noch stärker in den Blick genommen werden. Auf welchem Weg erfolgte die Übertragung städtischer Terminologie, woher kamen die Anstöße für den Wandel? Die Bedeutung überörtlicher Kommunikation und des Gedankenaustausches sei noch stärker zu untersuchen. Auch das Verhältnis zwischen Stadt- und Landgemeinde bedürfe noch der Klärung. Eine offene Frage sei auch noch, wie der Übergang, beziehungsweise qualitative Sprung von der Bruderschaft zum größeren kommunalen Organisationsmodell abgelaufen sei. Ebenfalls müsse die gegenüber dem Bürgertum lange zu wenig beachtete Rolle des Klerus im Stadtentwicklungsprozess stärker beachtet werden.

Eine Auswahl der Vorträge wird in den Rheinischen Vierteljahrsblättern veröffentlicht.

Konferenzübersicht:

Frank G. Hirschmann (Trier):
Die Bischofssitze im Reich während der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts

Gerold Bönnen (Worms):
Gemeindebildung und kommunale Organisation in Worms und Speyer (1073-1200)

Karsten Igel (Münster):
Osnabrück im 12. und frühen 13. Jahrhundert

Mathias Kälble (Jena):
Gilden und Bruderschaften. Genossenschaftliche Grundlagen der Kommunebildung im 12. Jahrhundert

Lukas Clemens (Trier):
Archäologische Forschungen zum Städtewesen des 12. Jahrhunderts

Ernst-Dieter Hehl (Mainz):
Kirchenrecht und Stadtbegriff im 12. Jahrhundert

Gabriel Zeilinger (Kiel):
Eine „staufische“ Städtelandschaft? Die Urbanisierung des Elsass im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert

Margret Wensky (Bonn):
Städtebildende Faktoren im Rheinland im 12. Jahrhundert

Thomas Kraus (Aachen):
Aachen im 12. und frühen 13. Jahrhundert